... ein, wie meine enttäuschter Bruder meinte, "Lost", "Goonies" und "The Mist" miteinander mischender, wie ich meine: einfach nur emotional äußerst packender, mit unglaublich sympathischen, weil nicht cool/beliebt sein wollende Figuren spielenden Jugenddarstellern ausgestatteter, stets sehr genau, manchmal vielleicht etwas zu eindeutig um seine Gefühlskonflikte kreisender, die Coming-of-Age-Aspekte organisch und gewitzt integrierender, den ersten Kuss der ersten Liebe aussparender, mit dem Handlungsgerüst "Alien will Heim" vielleicht etwas ausgelutschter, diese typische 80er-Jahre-Spielberg-Prämisse aber mit manchmal äußerst finsteren und brutalen Elementen anreichernder, in den passenden Momenten Humor aus skurrilen Situationen beziehender, vielleicht ein kitschiges, aber vollkommen wortloses, vollkommen sich auf die Kraft der Musik und Bilder verlassendes, die emotionalen Reibungen auflösendes Finale zeigender und - falls ich es noch nicht erwähnt habe - mit tollen und herzlichen Jungschauspielern ausgestatteter Film.

"All is full of Love..."
bekays Filmtagebuch
... ein sprachlos machender, mich in jedweder Szene - sei es Tanz, sei es Singen, sei es Romantik - zu Tränen rührender, am Anfang ultramodern, metaleptisch erzählender, am Ende in eine fast viertelstündige, an Wahnsinn nicht mehr zu übertreffende Tanzorgie ausbrechender, nationale Klischees bediendender, gleichzeitig an die Utopie der transnationalen Verständigung glaubender, zusätzlich Genderklischees gleichzeitig bestätigender und zertrümmernder, 1951 zwei unglaublich queer wirkende Männer durchs Bild laufend zeigender, bis in jeden Milimeter an Gestus und Bewegung durchchoreographierter, unglaublich pfiffige Wahrheiten über Künstler, Slackertum und das genussvolle Leben bereithaltender, flockig erzählter, ja eben wunderschöner Film.
... ein herausragend streng komponierter, kunstvoll zopfdramaturgisch erzählter, vielleicht zu Tarantinos besten zählender, vielleicht, wenn ich es mir nicht verboten hätte, als Meisterwerk zu bezeichnender, die Multilingualität ganz und gar für seine Spannungszwecke ausschöpfender, zwischen hochtragischen und urkomischen Momenten changierender, die emotionalen, mit Morricone untermalten Momente stets abrupt abbrechender, deswegen auf intelektuelle Distanz haltender, aus deutschen Schauspielern unglaublich unerhörte Leistungen hervorkitzelnder, völlig dem Film im Film gewidmeter Film.
... ein gar nicht so schlecht wie oftmals behauptet seiender, das Alien-Invasions-Genre zwar nicht neu erfindender, aber mit einer frischen Idee für den Invasionsgrund aufwartender, unterhaltsam Elemente aus Science-Fiction- und Kriegsfilm vermischender, mit mittelmäßigen bis großartigen Effekten ausgestatteter, aufregende und visuell teils beeindruckende Actionszenen bietender, streng aus der Soldaten-Perspektive erzählter, deswegen konzeptionell äußerst homogener, zum Ende hin dann leider mit pathetischen und martialischen Helden-Gebahren übersättigter Film.
... ein schwachsinniger, leerer, konzeptloser, vollkommen kalt lassender, emotional nicht berührender, unmenschlicher, debil dahinkonstruierter, nicht einmal in seinen Gleichnis-Aspekten goutierbarer, denn den Bezug zwischen Bild- und Sachebene nachlässig und simplizistisch darstellender, von jeglicher fesselnder Plotentwicklung befreiter, an seinen Figuren absolut desinteressierter, mit Gesichtsclowns besetzter, an der Verhandlung shakespeare'sch anmutender Schicksals- und Freiheitsfragen scheiternder, durch seine Panty Shots vielleicht die Fantasie männlicher Anime-Fans in der Pubertät anregender, deswegen in seinem Message-Gestus hinterfotzig seiender, visuell zwar beeindruckender, aber ca. zwei Stunden zu langer Film.
Physiologische Reaktionen auf das Kinoerlebnis sind ja so eine Sache - denn sie sind höchst subjektiv und daher verbietet es sich von selbst, hier etwas zu verallgemeinern. Aber für mich ist Lars van Trier auf der großen Leinwand erst einmal gestorben. Wo verdammt noch einmal ist die Flugbegleiterin, die einem die Kotztüte reicht? Aber gut: Der unverschämte Kinopreis von 8,30€ hier im Erfurter Cinestar lässt sich so wenigstens zu einer Art überlangem Ritt auf einem Rummel-Fahrgeschäft umdeuten. Sehr faszinierend der erste Moment nach dem elegischen Zeitlupen-Prolog (aus dem wohl alle Pressefotos des Film stammen - außer das mit Dunsts Hupen), der sich fast über 10 Minuten oder so erstreckt: Die Kamera ruckelt so zwischen Brautpaar Kirsten Dunst und Alexander Skarsgård hin und her, dass man in Panik gerät... Geht das so jetzt wirklich den ganzen Film über? Ja, das tut es. Das wusste ich da zwar noch nicht - aber ich hätte jeden verstanden, der aufgrund der Vermutung, Trier hat die Kamera nur in ausgewählten Anfall-Momenten einem Epileptiker überlassen, nun das Kino verlassen hätte, um sein Abendessen doch noch bei sich zu halten. Langsam gewöhnt man sich daran-- nein, halt! Eigentlich nicht: Es gibt Momente, wo einem nur unwohl ist, und dann wiederum jene der Speiübelkeit. Und ich meine wirklich den Zustand jener Sorte, wo einem ganz heiß um den Kopf wird und der Körper gegen den Drang, sich zu übergeben, ankämpft. Generalisierbar oder nicht: Mit meinen zwei Kinobegleitern habe ich kurz nach dem Film einzig und allein über die verschiedenen Strategien, mit der Melankotzia während der Sichtung umzugehen, gesprochen. Ich meine klipp und klar: So geht das nicht! Besonders, weil dies ja eigentlich ein so abgrundtief traurig-schöner Film über die menschliche Selbstzerstörung, über dunkelste Gefühle, über unangenehme Momente (der ganze erste Teil, diese Hochzeit fast in Echtzeit!) und so vieles mehr ist, was zwischen den Menschen schief läuft. Überall Darsteller, die authentisch und nicht allzu übertrieben die menschliche Fähigkeit zur Misskommunikation und zum Arschloch-Sein verkörpern. Und trotzdem strahlt der Film ein tiefes Interesse, ja sogar Sympathie, für sein emotional verkorktes Schwesternpaar aus, deren subtile und vielschichtige Beziehung im Mittelpunkt steht. Ich hätte gern mehr davon gesehen - leider musste ich regelmäßig die Augen schließen, um in die wohltuende unskaky cam absoluter Dunkelheit einzutauchen ...
HANNA von Joe Wright ist ein moderner Märchenfilm. Sein Storygerüst mag zwar nicht danach klingen: genetisch verbessertes Mädchen rächt sich für den Mord an ihrer Mutter an einer skrupellosen Agentin. Aber doch ist alles in diesem Film mit Magie und Phantastik aufgeladen. Das beginnt bereits in der schneeweißen Einöde, in der Hanna mit ihrem Vater aufwächst und von diesem zu einer Mordmaschine ausgebildet wird. Die Hütte, in der sie mitten im Wald leben, ist bereits wie ein sonderbarer Einbruch des Märchenhaften inszeniert. Und obwohl sich der Plot in Folge zu einem Agenten-Katz-und-Maus-Spiel entwickelt, so ist er eigentlich doch eine Heldenreise: Hanna muss sich Prüfungen stellen in einer ihr fremden Welt. Die Heldenreise ist der Archetyp jeglicher Erzählung, auch der Märchen mit ihren phantastischen Begebenheiten. Derer gibt es im Film genug. Denn Hanna kennt nur das karge Leben im kargen Schnee-Wald in einer kargen Hütte. Die Wüste Marrokos, ein TV-Gerät, romantische Dates, Flamenco-Klänge, heruntergekommene Häuserblocks in Deutschland - all das sind ihr ganz und gar neue Erfahrungen, die auch dem Zuschauer als solche präsentiert werden. Durch allerlei Verfemdungseffekte - in erster Linie wohl der pulsierend-elektronischen Musik der Chemical Brothers - entsteht ein bezaubernder magischer Realismus. Überhaupt ist der Film besonders ein Film für Deutsche: Eine Verneigung vor ihrer Märchenkultur, die insbesondere durch die Gebrüder Grimm geprägt ist, auf welche der Film stets und ständig direkt verweist. Im Zuge dieser Verneigung werden die Bilder Deutschlands (wo der Film hauptsächlich gedreht wurde) zu einer Projektionsfläche für geheimnisvolle Orte, Ereignisse und Begegnungen. Seien es die bereits erwähnten Plattenbauten mit ihrem bröckelnden Putz und den davor aufgereihten Wäscheleinen, hässliche Inneneinrichtungen irgendwann aus den Siebzigern, Berliner U-Bahn-Stationen, zwei Neonazis oder der geschlossene Spreepark mit seinem Märchenwald - als Deutscher wird man viele Bilder als Teil seines Landes wiedererkennen und doch über die dunkle Exotik erstaunt sein, die der Film diesen zuweist. Sie alle haben ihre Funktion in diesem modernen Märchen und sind atmosphärisch bis zum Zerbersten aufgeladen: Ganz Deutschland wird zum "deutschen Wald", diesem romantischen Schlagwort aus dem 19. Jahrhundert - als Manifestation einer unheimlichen Kraft, als Schauplatz für sagenhafte Ereignisse. Dass der Film letztendlich nicht in plumpe Fantasy umkippt, ist einer behutsamen Inszenierung, deren triste Bilder der Surrealität ein starkes Gegengewicht entgegensetzen, und den zwei Hauptdarstellerinnen zu verdanken. Saoirse Ronan als Hanna ist zwar durch ihr engelhaftes Äußeres entrückt, gibt ihrer Figur aber genug pubertierenden Schmerz, um der Heldenreise auch einen authentischen Coming-of-Age-Aspekt abzuringen. Und Cate Blanchett spielt derart doppelbödig, dass sie stets zwischen böser Hexe und unbarmherziger Agentin hin- und herflirrt. Überhaupt: Der Film flirrt, schwerfällig zwar in seiner Tristesse - und gerade deshalb umso mehr...
9/10
9/10
"Rise of the Plant of the Apes"? Wie, verdammt noch einmal, soll man das übersetzen? So wohl die Übersetzer des deutschen Verleihs dieses Films. "Aufstieg des Planets der Affen" ... hier stört natürlich besonders der etwas umständliche Genitiv "des Planets", der auch bei anderen Übertragungen ein Problem darstellen würde (beisielsweise bei der poetischen Variante: "Dämmerung des Planets der Affen"). Das ist, nur so nebenbei, auch der Grund dafür, dass der Genitiv wohl noch in meiner Lebensspanne aus der deutschen Grammatik gestrichen werden wird, egal wie sehr Herr Sick sich aufplustert. Dieser Kasus ist eben einfach eine verzichtbare Schwierigkeit. Die Fortsetzungen der alten Reihe haben es glücklicherweise ja auch so hinbekommen, auf ihn zu verzichten: "Rückkehr zum Planet der Affen", "Flucht vom Planet der Affen", "Eroberung vom Planet der Affen", "Die Schlacht um den Planet der Affen". Wie auch immer: Am Ende hat man sich in irgendeiner (wahrscheinlich zu dunklen und menschenleeren) Kammer des deutschen Verleihs für den dämlichen Titel "Planet der Affen: Prevolution" entschieden. Eine aus der englischen Sprache entliehene Wortschöpfung!? Das scheint zuviel Ambition, die kaum mehr erquickend ist. Obgleich der Dummhaftigkeit der Neuvokabel "Prevolution", so muss man wohl leider - jedenfalls nach Sichtung des Films - zugeben, dass dieses Wortspiel wunderbar alle Ebenen des Films miteinbezieht:
(1) Das "Pre", abgeleitet von lat. prae für "vor", spiegelt passend die Dämmerungsatmosphäre des Films wider. Eines muss hier klargestellt werden: Dieser Film ist kein Prequel, weder zur klassischen "Planet der Affen"-Reihe noch zu Tim Burtons komischen Filmversuch, sondern eine waschechte Neuerzählung. Allen Unkenrufen zum Trotz ist das Konzept der Neuerzählung altbekannter Inhalte ein Teil jeder sich weiterentwickelnden Kultur und sollte nicht ständig so feindselig abgewatscht werden, wie es leider mit der derzeitigen, sehr begrüßenswerten Reboot-, Prequel- und Sequel-Strategie Hollywoods passiert. Hier wird nur das gemacht, was immer in der Kultur gemacht wird: Die Erzählungen werden an geänderte Zeitkontexte angepasst. Und so fragt auch dieser Film die höchst moralische Frage: Was wäre, wenn die Menschen sich durch ihre Hybris selbst auslöschen? Zwar wird diese Frage hinsichtlich der modernen Umstände (Gentechnik) neu formuliert, aber im Kern ist das eines der ältesten, brennendsten menschlichen Themen. Und so schließt dieser Film weniger an den Genre-Klassiker mit Charlton Heston an, als das er vielmehr nagelneu ist und nach einer Fortsetzung schreit. Und dem Erfolg nach zu urteilen, wird diese auch kommen, was ich nur gutheißen kann. Obwohl das offene Ende auch so genug Eindruck schindet, um ganz ohne nächsten Teil zu bestehen...
(2) Die "Evolution" des Titels ist eine schöne Anspielung auf das wunderbar langsame, geradezu unmoderne Erzählprinzip, dem sich hier voll und ganz verschrieben wird. Der Film geht ganz langsam auf sein unausweichliches Ende zu, dem "Aufstieg des Plantes der Affen" (und selbst dieser wird eher im Abspann angedeutet, als auch nur irgendwie konkret ausformuliert). Es wird sich Zeit gelassen: Paradoxer- und überraschenderweise nicht für seine menschlichen Figuren, die zwar alle von sehr fähigen Schauspielern überzeugend gebracht werden (James Franco, Freida Pinto, John Lithgow, Brian Cox, Tom Felton, David Oyelowo). Aber das Drehbuch hat wenig Interesse an jenen: Sie sind plastisch genug präsentiert, um nicht zu langweilen, aber wenig genug konturiert, um tatsächlich von Interesse zu sein. Im Mittelpunkt steht ein computeranimierter Schimpanse, für dessen Mimik und Gestik sich einmal mehr Andy Serkis verantwortlich zeichnete. Von einer Paraderolle zu sprechen, mag angesichts der Unerkennbarkeit des Schauspielers in seinem Digital-Pendant etwas ironisch erscheinen, aber hier ist es wohl angemessen. Ceasar, so der Name des Affens, der durch die menschliche Experimentiersucht mir einer außergewöhnlichen Intelligenz ausgestattet ist, leidet die eigentlichen Konflikte des Films durch. Und es ist überzeugend, fesselnd und schlichtweg atemberaubend, wie man hier einer digitalen Figur bei der Selbstfindung zusehen kann. Eine Selbstfindung, die in der Abwendung vom Menschengeschlecht - seine Erschaffer und Erzieher - enden wird. Eine zwar nicht überraschende Wendung, die aber so authentisch den Schluss des Films bildet, dass bei mir schon die eine oder andere Träne kullerte. Eine Coming-of-Age-Geschichte also auch, nur eben mit (entfernt) apokalyptischen Folgen...
(3) Der "Revolution" ist das letzte Viertel des Films gewidmet, einem Ausbruch und Angriff der Affen in San Francisco, welche von Caesar angeführt werden. (Überhaupt San Francisco: eine der Keimzellen auch ganz anderer menschheitserschütternder Bewegungen...) Interessanterweise etabliert der Film aber bereits weitere markante Affenfiguren, die in möglichen Fortsetzungen Entwicklungen durchmachen und für Konfliktpotentiale herhalten können. Dass dieser Actionteil so mitreißend wirkt, ist allein der behutsamen Vorbereitung des Films zu verdanken. Selbst die eine oder andere etwas unsaubere Computeranimation ist angesichts des Verständnisses und der Empathie für die Affen, die das klassische Erzähltempo erzeugt, locker wegzustecken. Von diesem milden Vorwurf will ich aber die CGI-Augen ausschließen, die einen wirklich weghauen! Sympathie hat man letztendlich aber doch nicht: Der Film vergisst nicht Thriller zu sein und die profunde Andersartigkeit der Affen, die besonders in ihren Instinkten und Aggressionen liegt, zu betonen. Spannend!
8/10
(1) Das "Pre", abgeleitet von lat. prae für "vor", spiegelt passend die Dämmerungsatmosphäre des Films wider. Eines muss hier klargestellt werden: Dieser Film ist kein Prequel, weder zur klassischen "Planet der Affen"-Reihe noch zu Tim Burtons komischen Filmversuch, sondern eine waschechte Neuerzählung. Allen Unkenrufen zum Trotz ist das Konzept der Neuerzählung altbekannter Inhalte ein Teil jeder sich weiterentwickelnden Kultur und sollte nicht ständig so feindselig abgewatscht werden, wie es leider mit der derzeitigen, sehr begrüßenswerten Reboot-, Prequel- und Sequel-Strategie Hollywoods passiert. Hier wird nur das gemacht, was immer in der Kultur gemacht wird: Die Erzählungen werden an geänderte Zeitkontexte angepasst. Und so fragt auch dieser Film die höchst moralische Frage: Was wäre, wenn die Menschen sich durch ihre Hybris selbst auslöschen? Zwar wird diese Frage hinsichtlich der modernen Umstände (Gentechnik) neu formuliert, aber im Kern ist das eines der ältesten, brennendsten menschlichen Themen. Und so schließt dieser Film weniger an den Genre-Klassiker mit Charlton Heston an, als das er vielmehr nagelneu ist und nach einer Fortsetzung schreit. Und dem Erfolg nach zu urteilen, wird diese auch kommen, was ich nur gutheißen kann. Obwohl das offene Ende auch so genug Eindruck schindet, um ganz ohne nächsten Teil zu bestehen...
(2) Die "Evolution" des Titels ist eine schöne Anspielung auf das wunderbar langsame, geradezu unmoderne Erzählprinzip, dem sich hier voll und ganz verschrieben wird. Der Film geht ganz langsam auf sein unausweichliches Ende zu, dem "Aufstieg des Plantes der Affen" (und selbst dieser wird eher im Abspann angedeutet, als auch nur irgendwie konkret ausformuliert). Es wird sich Zeit gelassen: Paradoxer- und überraschenderweise nicht für seine menschlichen Figuren, die zwar alle von sehr fähigen Schauspielern überzeugend gebracht werden (James Franco, Freida Pinto, John Lithgow, Brian Cox, Tom Felton, David Oyelowo). Aber das Drehbuch hat wenig Interesse an jenen: Sie sind plastisch genug präsentiert, um nicht zu langweilen, aber wenig genug konturiert, um tatsächlich von Interesse zu sein. Im Mittelpunkt steht ein computeranimierter Schimpanse, für dessen Mimik und Gestik sich einmal mehr Andy Serkis verantwortlich zeichnete. Von einer Paraderolle zu sprechen, mag angesichts der Unerkennbarkeit des Schauspielers in seinem Digital-Pendant etwas ironisch erscheinen, aber hier ist es wohl angemessen. Ceasar, so der Name des Affens, der durch die menschliche Experimentiersucht mir einer außergewöhnlichen Intelligenz ausgestattet ist, leidet die eigentlichen Konflikte des Films durch. Und es ist überzeugend, fesselnd und schlichtweg atemberaubend, wie man hier einer digitalen Figur bei der Selbstfindung zusehen kann. Eine Selbstfindung, die in der Abwendung vom Menschengeschlecht - seine Erschaffer und Erzieher - enden wird. Eine zwar nicht überraschende Wendung, die aber so authentisch den Schluss des Films bildet, dass bei mir schon die eine oder andere Träne kullerte. Eine Coming-of-Age-Geschichte also auch, nur eben mit (entfernt) apokalyptischen Folgen...
(3) Der "Revolution" ist das letzte Viertel des Films gewidmet, einem Ausbruch und Angriff der Affen in San Francisco, welche von Caesar angeführt werden. (Überhaupt San Francisco: eine der Keimzellen auch ganz anderer menschheitserschütternder Bewegungen...) Interessanterweise etabliert der Film aber bereits weitere markante Affenfiguren, die in möglichen Fortsetzungen Entwicklungen durchmachen und für Konfliktpotentiale herhalten können. Dass dieser Actionteil so mitreißend wirkt, ist allein der behutsamen Vorbereitung des Films zu verdanken. Selbst die eine oder andere etwas unsaubere Computeranimation ist angesichts des Verständnisses und der Empathie für die Affen, die das klassische Erzähltempo erzeugt, locker wegzustecken. Von diesem milden Vorwurf will ich aber die CGI-Augen ausschließen, die einen wirklich weghauen! Sympathie hat man letztendlich aber doch nicht: Der Film vergisst nicht Thriller zu sein und die profunde Andersartigkeit der Affen, die besonders in ihren Instinkten und Aggressionen liegt, zu betonen. Spannend!
8/10
Vor ein paar Tagen ging ein Empörungsschrei durch die Film-Seiten des Internets. Da hat doch tatsächlich so'n hohes Tier bei Disney (der Animation Studios Chief Technical Officer... äh, okay) gemeint, dass die Story bei Blockbustern keine Relevanz hätte. Dass diese irgendwie von Bedeutung wäre, sei "bullshit [...] Visual spectacle, he said, drives attendance in a film’s first few weekends." Was wurde sich über diese ach so zynische Unternehmersicht aufgeregt - wahrscheinlich von den gleichen Geeks, die beim neusten Event-Movie-Trailer über jeden Effekt-Shot abwichsen. Ich persönlich sehe diese Botschaft positiv: Die Bereitschaft von Großunternehmen, viel Geld in visuelles Spektakel zu stecken, ist eine künstlerische Belebung sondersgleichen. Wenn dann auch noch ein Autorenfilm anmutendes Werk wie TRON: LEGACY dabei herauskommt, wieso sollte man sich beschweren? Selten habe ich aus Hollywood einen Film mit einer solch strengen und beharrlichen ästhetischen Vision gesehen. Formen, Farben, Linien, Musik, Einstellungen (man beachte die überbordende Zahl an strengen Bildsymmetrien, die schon fast avangardistisch anmutet) - alles aus einem Guss und einem übergeordneten Konzept verpflichtet. Dieses ist weniger inhaltlicher als eben - genau: visueller und ästhetischer Natur. L’art pour l’art. Die Schaffung einer künstlichen Welt, deren einziger Zweck ihre Künstlichkeit ist. Zur inhaltlichen Auseinandersetzung um die Frage, wie sich nicht darstellbare Compurterphänomene (Bits und Bytes, Speicher- und Rechenvorgänge) in Bilder umsetzen, leistet dieser Film eigentlich kaum einen Beitrag. (Da sind der erste TRON-Teil und die MATRIX-Filme fruchtbarer.) Somit bleibt zu sagen, dass TRON: LEGACY eigentlich noch viel zu viel Story hat. Kappt doch die ganzen Schema-F-Handlungsstränge, skelettiert den Plot aufs Nötigste! Gut, hier passiert bereits sehr viel aus heiterem Himmel und ohne viel Motivierungsblabla, aber da geht noch mehr. Verzichtet auf die Rede des Bösewichts zu seiner sowieso nur programmierten digitalen Armee! Noch mehr auteuristische Strenge und weniger Ersatzteile aus dem epischen Fantasy-Lager! Dann wird es endlich klappen: Experimentalfilme aus Hollywood! Way to go, Disney ...

Dralles KZ-Püppchen sucht historische Einmaligkeit
von bekay ·
20. August 2011, 01:01
Aufrufe: 1.259
DIE MÖRDER SIND UNTER UNS ist - darüber sollte die Überschrift nicht hinwegtäuschen - ein historisch einmaliger, wichtiger Spielfilm. Er ist nicht nur der erste deutsche Nachkriegsfilm nach 1945, er ist auch die allererste DEFA-Produktion. Die Dreharbeiten begannen 1946 sogar fast zwei Wochen vor der offiziellen Gründung der Deutsche Film Aktiengesellschaft, zu dieser Zeit noch ein Projekt unter der Führung der sowjetischen Militäradministration. Drei Jahre später, mit der Gründung der DDR, wird die DEFA ein volkseigener Betrieb und einzige Filmproduktionsfirma im sozialistischen Teil Deutschlands.
1945: Künsterlin Susanne Wallner (Hildegard Knef) kehrt aus dem KZ nach Berlin zurück. Aber eigentlich sieht sie wie frisch aus der Modelagentur aus. Von einem Trauma keine Spur. Ganz im Gegensatz zu dem Mann, der sich in ihrer ehemaligen Wohnung breit gemacht hat: Dr. Hans Mertens (Ernst Wilhelm Borchert) stakst entgeistert und alkoholisiert durch die surreale Trümmerwelt Berlins. Ehemals Chirurg und Soldat im Krieg, hat sich ihm etwas so in die Seele gebrannt, dass er sich nicht mehr in der Lage sieht, seiner Berufung als Mediziner nachzukommen. Die Zwangs-WG wird, trotz Tuscheleien der Nachbarn, aufrechterhalten und entwickelt sich schließlich zu einer ernsten Beziehung. Als Mertens auf einen totgeglaubten Vorgesetzten aus dem Krieg trifft, wird seine Traumatisierung forciert. Dieser Ferdinand Brückner (Arno Paulsen) ist nun erfolgreicher Unternehmer und führt mit seiner Familie ein üppiges Leben in der zerstörten Stadt. Mertens beschließt, ihn am Weihnachtsabend zu erschießen, nachdem er in sein Tagebuch notiert: "Die Mörder sind unter uns!" ...
Dieser Film eröffnet also den kurzen Reigen der Trümmerfilme: Die Ruinen bilden den Schauplatz für seine Handlung. Jegliche Außenaufnahme, welche in den wirklichen Trümmern Berlins entstanden, raubt einem schlichtweg den Atem. Das Ausmaß der Zerstörung hier quasidokumentatrisch, wenn auch nur als Setting für eine fiktive Geschichte, präsentiert zu bekommen, ist ein "Geschenk" der Filmgeschichte; ein fragwürdiges natürlich, aber nichtsdestotrotz ein ebensolches. An diesen Bildern fällt auch sofort auf, dass sie meistens leicht geneigt gefilmt wurden. Überhaupt besticht der Film durch eine oft unkonventionelle, schiefe und sehr expressionistische Bildführung. Im Grunde genommen werden hier bereits all die formalen Eigenheiten eines THE THIRD MAN (1949) drei Jahre zuvor durchgespielt - samt der Kontrastierung der Trümmerbilder mit einer fröhlich-flotten Musik. Es ist meist die Figur Mertens, welche durch die Überreste zerstörter Gebäude wandert, seine eigene seelische Zerklüpftetheit symbolisierend. Ernst Wilhelm Borchert spielt ganz klar die Hauptrolle - er hat die Verantwortung, die Zuschauer moralisch zu erziehen: Seine markanten Gesichtszüge mit den eingefallenen Augen und seine manischen Ausbrüche berichten deutlich genug vom Grauen des Krieges. Die Knef hingegen spielt solide das Liebchen mit Rehaugen, welche daheim auf ihren Liebsten wartet. Überhaupt: Die Liebe der Beiden wird in der Mitte des Films plötzlich und ohne vorherige Anzeichen zu einem Fakt gemacht. Das Ganze wirkt dann doch sehr unmotiviert und hat einen starken Hang ins Schnulzenhafte.
Aber zwischen der melodramatischen Schnulze luken immer wieder starke moralische Botschaften hervor, die der Film - das ist leider sein Problem - viel zu direkt formuliert. Ob es wirklich notwendig gewesen wäre, den Grund für Mertens Trauma - Brückners Kriegsverbrechen: er hat die Erschießung aller Einwohner eines polnischen Dorfes angeordnet - in einem Flashback gegen Ende des Films zu zeigen? Der Mut zur Leerstelle und das Verlassen auf die Signalwirkung der Trümmer und auf das leere Gesicht Mertens wären vielleicht angebrachter gewesen. An solch rohe, sperrige und enigmatische Vertreter des Trümmerfilms, wie es beispielsweise Roberto Rossellinis DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL (1948) ist, wird hier nicht herangereicht. Dafür ist der Film dann doch zu konventionell geraten. Und trotzdem: Seine klare Schilderung der Nachkriegssituation - die unbehelligte Kontinuität der Kriegsverbrecher im Alltag, gar ihr Opportunismus - und seine eindeutige Position - keine Selbstjustiz, sondern Bestrafung durch den Staat - sind schlichtweg beeindruckend und vorbildlich. Sogar der Holocaust wird mit einem kurzen Blick auf eine Zeitungsschlagzeile ("Zwei Millionen Menschen vergast") in den Film eingearbeitet, wenn auch reichlich plakativ dazu ein seelenruhig frühstückender Brückner gezeigt wird. Das Antikriegerische wird jedenfalls von jeder Einstellung geatmet. Apropos Einstellung: Der Film ist handwerklich wirklich spitze gemacht. Besonders seine expressionistischen Schwarz-Weiß-Kontraste führen manchmal zu Bildern ausgewählter Schönheit, welche aber zugleich von der tiefen Einsamkeit und Erschütterung Mertens künden. Oder die gewitzte Idee, Röntgenaufnahmen als Ersatz für die kaputten Fensterscheiben zu verwenden. Nicht nur ist das ein visueller Blickfang, gleichzeitig spiegelt es Mertens gesundendes Verhältnis zu seinem Mediziner-Beruf wider. Der Film lohnt also allemal, auch wenn er hier und da viel zu samtig für sein Sujet ist.
1945: Künsterlin Susanne Wallner (Hildegard Knef) kehrt aus dem KZ nach Berlin zurück. Aber eigentlich sieht sie wie frisch aus der Modelagentur aus. Von einem Trauma keine Spur. Ganz im Gegensatz zu dem Mann, der sich in ihrer ehemaligen Wohnung breit gemacht hat: Dr. Hans Mertens (Ernst Wilhelm Borchert) stakst entgeistert und alkoholisiert durch die surreale Trümmerwelt Berlins. Ehemals Chirurg und Soldat im Krieg, hat sich ihm etwas so in die Seele gebrannt, dass er sich nicht mehr in der Lage sieht, seiner Berufung als Mediziner nachzukommen. Die Zwangs-WG wird, trotz Tuscheleien der Nachbarn, aufrechterhalten und entwickelt sich schließlich zu einer ernsten Beziehung. Als Mertens auf einen totgeglaubten Vorgesetzten aus dem Krieg trifft, wird seine Traumatisierung forciert. Dieser Ferdinand Brückner (Arno Paulsen) ist nun erfolgreicher Unternehmer und führt mit seiner Familie ein üppiges Leben in der zerstörten Stadt. Mertens beschließt, ihn am Weihnachtsabend zu erschießen, nachdem er in sein Tagebuch notiert: "Die Mörder sind unter uns!" ...
Dieser Film eröffnet also den kurzen Reigen der Trümmerfilme: Die Ruinen bilden den Schauplatz für seine Handlung. Jegliche Außenaufnahme, welche in den wirklichen Trümmern Berlins entstanden, raubt einem schlichtweg den Atem. Das Ausmaß der Zerstörung hier quasidokumentatrisch, wenn auch nur als Setting für eine fiktive Geschichte, präsentiert zu bekommen, ist ein "Geschenk" der Filmgeschichte; ein fragwürdiges natürlich, aber nichtsdestotrotz ein ebensolches. An diesen Bildern fällt auch sofort auf, dass sie meistens leicht geneigt gefilmt wurden. Überhaupt besticht der Film durch eine oft unkonventionelle, schiefe und sehr expressionistische Bildführung. Im Grunde genommen werden hier bereits all die formalen Eigenheiten eines THE THIRD MAN (1949) drei Jahre zuvor durchgespielt - samt der Kontrastierung der Trümmerbilder mit einer fröhlich-flotten Musik. Es ist meist die Figur Mertens, welche durch die Überreste zerstörter Gebäude wandert, seine eigene seelische Zerklüpftetheit symbolisierend. Ernst Wilhelm Borchert spielt ganz klar die Hauptrolle - er hat die Verantwortung, die Zuschauer moralisch zu erziehen: Seine markanten Gesichtszüge mit den eingefallenen Augen und seine manischen Ausbrüche berichten deutlich genug vom Grauen des Krieges. Die Knef hingegen spielt solide das Liebchen mit Rehaugen, welche daheim auf ihren Liebsten wartet. Überhaupt: Die Liebe der Beiden wird in der Mitte des Films plötzlich und ohne vorherige Anzeichen zu einem Fakt gemacht. Das Ganze wirkt dann doch sehr unmotiviert und hat einen starken Hang ins Schnulzenhafte.
Aber zwischen der melodramatischen Schnulze luken immer wieder starke moralische Botschaften hervor, die der Film - das ist leider sein Problem - viel zu direkt formuliert. Ob es wirklich notwendig gewesen wäre, den Grund für Mertens Trauma - Brückners Kriegsverbrechen: er hat die Erschießung aller Einwohner eines polnischen Dorfes angeordnet - in einem Flashback gegen Ende des Films zu zeigen? Der Mut zur Leerstelle und das Verlassen auf die Signalwirkung der Trümmer und auf das leere Gesicht Mertens wären vielleicht angebrachter gewesen. An solch rohe, sperrige und enigmatische Vertreter des Trümmerfilms, wie es beispielsweise Roberto Rossellinis DEUTSCHLAND IM JAHRE NULL (1948) ist, wird hier nicht herangereicht. Dafür ist der Film dann doch zu konventionell geraten. Und trotzdem: Seine klare Schilderung der Nachkriegssituation - die unbehelligte Kontinuität der Kriegsverbrecher im Alltag, gar ihr Opportunismus - und seine eindeutige Position - keine Selbstjustiz, sondern Bestrafung durch den Staat - sind schlichtweg beeindruckend und vorbildlich. Sogar der Holocaust wird mit einem kurzen Blick auf eine Zeitungsschlagzeile ("Zwei Millionen Menschen vergast") in den Film eingearbeitet, wenn auch reichlich plakativ dazu ein seelenruhig frühstückender Brückner gezeigt wird. Das Antikriegerische wird jedenfalls von jeder Einstellung geatmet. Apropos Einstellung: Der Film ist handwerklich wirklich spitze gemacht. Besonders seine expressionistischen Schwarz-Weiß-Kontraste führen manchmal zu Bildern ausgewählter Schönheit, welche aber zugleich von der tiefen Einsamkeit und Erschütterung Mertens künden. Oder die gewitzte Idee, Röntgenaufnahmen als Ersatz für die kaputten Fensterscheiben zu verwenden. Nicht nur ist das ein visueller Blickfang, gleichzeitig spiegelt es Mertens gesundendes Verhältnis zu seinem Mediziner-Beruf wider. Der Film lohnt also allemal, auch wenn er hier und da viel zu samtig für sein Sujet ist.
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