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"All is full of Love..."

bekays Filmtagebuch




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Silent Running (1972)



Was soll man zu einem Film sagen, der mit dem Bild eines durch das All fliegenden Glasdoms endet, in dem ein Roboter Pflanzen gießt? Während Joan Baez eine Öko-Ballade trällert? Genau: beeindruckend! SILENT RUNNING gehört offensichtlich zur Sorte der progressiven Science-Fiction-Filme, vier Jahre nach Kubricks 2001 und wohl auch in dessen Fahrwasser entstanden. Verantwortlich zeichnet sich dementsprechend auch Douglas Trumbull, "special photographic effects supervisor" von Kubricks Weltraum-Meditation. Der Film trägt seine Öko-Botschaft zwar etwas auffällig vor sich her, aber setzt doch Hingucker-Akzente: Denn die Natur wurde outgesourct. Sie existiert nur noch in riesigen Glaskuppeln, die an Raumschiffen befestigt nahe des Saturns ihre Runden drehen. Wie die Erde ganz ohne Grün aussieht, wird dem Zuschauer verweigert. Es gibt nur Andeutungen in Gesprächen - positive wie negative. Die gesellschaftliche Frage stellt der Film also nicht. Eher die ganz persönliche. Denn als entschieden wird, diesen letzten Garten Eden zu sprengen (offenbar wird er nicht mehr benötigt), verliert Astronaut Freeman Lowell (Bruce Dern) die Kontrolle über sich und tötet die drei anderen Besatzungsmitglieder. Die Zerstörung des Naturreservats irgendwo in der Kälte des Alls kann er nicht zulassen: Er ernährt sich von ihr (was die restliche Crew schon fast als anstößig empfand) und hat eine enge Verbindung zu Pflanzen und Tieren dort aufgebaut. Nun vollkommen allein, leisten ihm nur noch zwei Wartungsroboter Gesellschaft. (Ganz toll übrigens: die armen Teufel, die sich da reinzwängen mussten, werden in den Schluß-Credits gleich als erstes erwähnt.) Also doch nicht ganz allein. Wie der Film die Isolation aber der Mitte der Laufzeit und Lowells Versuche, die Roboter zu vermenschlichen, schildert, hat einen schon fast unheimlichen Zug. Geplagt von Schuldgefühlen, angriffslustig durch kurze Blenden in die Vergangenheit angezeigt, werden ihm die Roboter zu Gefährten. Ob das, was diese erwidern, "authentisch" oder nur Teil einer Programmierung ist, wird nur sparsam angedeutet. Eindeutig ist nichts in dieser merkwürdigen Atmosphäre, die durch einige erstklassige Effektaufnahmen des Raumschiffes im Weltraum unterstrichen wird. Am Ende ist es dann doch ein dialektisches Verhältnis, dass der Film zur Ökologie aufbaut. Man könnte solche Aussagen aus ihm herauslesen, wie: Der Natur ist es egal, ob sie nun von einem Menschen oder Roboter gepflegt wird. Oder: Was nützt einem die Schönheit der Natur, wenn man einsam ist? Dass Lowell zum Schluß nicht weiß, dass es das fehlende Licht ist, welches der Biosphäre zu schaffen macht, mag eines dieser "Logiklöcher" sein. Oder aber der Hinweis, dass er eigentlich keine Ahnung von Pflanzen hat, dass auch ihm diese total fremd geworden sind und er aus rein egoisitischen Impulsen seine Crew umbrachte - nicht als Öko-Krieger handelte. Ja, vielleicht ist dies das unerhört Beeindruckende: Goodbye, Nature? (Das hätte Joan Baez singen sollen...)




Mir hat auch sehr gut gefallen, wie der Film nicht alles zuende erklärt. Du hast die Verhältnisse auf der Erde angesprochen. Man muß ja davon ausgehen, daß diese zerstört und verseucht ist, vermutlich nach einem Atomkrieg. Zustand Postapokalypse. Die artifiziellen Gärten der Raumschiffflotte dienen vermutlich einer "Wiederanpflanzung" auf der Erde (gab es nicht auch einige Tiere in diesen Wäldern?). Wenn nun aber das Kommando kommt, die Glasdome zu sprengen, was bedeutet dies für die Erde?
Dass der größere Rahmen ausgespart wird, macht einen großen Teil des Horrors aus, den der Film mittransportiert, der zugleich aber nur im Hintergrund* vorhanden ist.

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*Einige visuelle Signale sind mir dagegen zu stark geraten, etwa wenn die Mönchskutte des "Blumenkinds" gegen die Go-Kart-Fahrer gesetzt wird.
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So ein Zufall, ich habe erst gestern noch den Soundtrack gehört. Den Film will ich mir auch seit langem mal wieder anschauen. Ich schätze, "Silent Running" ist der einzige New-Hollywood-SciFi-Film.
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Bastro sagte am 16. August 2010, 08:39:

Du hast die Verhältnisse auf der Erde angesprochen. Man muß ja davon ausgehen, daß diese zerstört und verseucht ist, vermutlich nach einem Atomkrieg. Zustand Postapokalypse. Die artifiziellen Gärten der Raumschiffflotte dienen vermutlich einer "Wiederanpflanzung" auf der Erde (gab es nicht auch einige Tiere in diesen Wäldern?). Wenn nun aber das Kommando kommt, die Glasdome zu sprengen, was bedeutet dies für die Erde?
Nicht einmal eine Postapokalypse deutet der Film an - weswegen ich mich auch nicht traute, den Film im Register mit diesem Tag zu versehen. :D Es gab da ein zentrales Gespräch zwischen Lowell und den anderen Besatzungsmitgliedern, in der diese darauf hinwiesen, dass Arbeitslosigkeit und Kriminalität kaum mehr existiert. An das synthetischen Essen hat man sich auch gewöhnt. Wie eine Welt nach der Katastrophe hört sich das nicht an. Was das für die Erde bedeutet, dass nun die letzten Tier(genau, gab es dort auch)- und Pflanzenbestände zerstört werden sollen, ist kaum vorstellbar. Anscheinend hat man sich auf das Leben ohne Natur eingestellt (wie das mit dem Sauerstoff gehen soll, bleibt dabei natürlich vollkommen fraglich) und diese im All rumschwebenden Biospähren hatten nur mehr rein symbolischen Wert, dessen Erhaltung zu viel Geld kostete. Das bleibt alles ein Rätsel, welches den Film ganz grundlegend umwittert. Weswegen ich ja auch von einer eher persönlichen Umweltbotschaft ausging - Lowell ist gar nicht an einer Wiederbepflanzung der Erde interessiert. Alles in allem: höchst enigmatisch.

@Kutte: Ja, die wirkte dann doch eher lächerlich und sehr auffällig - besonders im fraglichen ökologischen Kontext, den ich gerade ansprach.

@Funxton: Hab ihn gar nicht als New-Hollywood-Film betrachtet. Aber gut zu wissen, dass man dies tun kann. :cheers:
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