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Cine-Phil schreibt Filmgeschichte

Ein historischer FIlmtageblog




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25 Jahre Kino (1895 – 1929): eine Bilanz



25 muntere Jahre erlebte das Kino, seit es am 28. Dezember 1895 in Paris das Dämmerlicht der Welt erblickte. Vom einminütigen statischem Abfilmen banaler Ereignisse bis zum vielschichtigen Monumentalepos hat der Film seither Quantensprünge der Evolution durchgemacht. Aus dem von seinen Erfindern, den Brüdern Lumière vorgesagten frühen kommerziellen Tod ihrer Erfindung wurde bis zum Ende der 20er Jahre ein El Dorado, das zum Geldscheffeln geradezu einlud. Lassen wir noch einmal die wichtigsten Meilensteine Revue passieren.

1895 bis 1899
Am 28. Dezember 1896 erlebte das Kino seine Geburt im Salon Indien du Grand Café in Paris. Die Brüder Auguste und Louis Lumière waren zwar nicht die ersten, die einen Film an eine Leinwand projezierten, dennoch war diese Aufführung der denkwürdige Anstoß, der die Geschichte bedeutend beeinflussen sollte. Die Lumières sahen in ihrer Erfindung nichts weiter als eine Fortentwicklung der herkömmlichen Fotografie. Bewegte Schnappschüsse sollte man damit machen können. Zuwas die Kinematographie noch zu leisten im Stande war, das konnten sich die beiden schlauen Köpfe auch nicht ausmalen.

Einer der ersten, die das künstlerische Potenzial erkannten war der passionierte Zauberkünstler Georges Méliès, dem es gelang, das Medium zu seinen Zwecken zu nutzen. Mal durch Tüfteln und mal durch Zufall holte er Ungeahntes aus dem Filmmaterial raus. Der Vater der Special Effects erkannte die Möglichkeiten der Unterhaltung, die die Innovation bot. Und inspirierte damit wiederum seine Nachzügler.

1900 bis 1909
Die erste Dekade des 20. Jahrhunderts sollte die Weichen stellen und die Entscheidung darüber bringen, ob das Kino als Jahrmarktattraktion von gestern eingemottet wird oder Fortbestand hat. Das Letzteres der Fall war, haben wir zahlreichen wagemutigen Filmemachern zu verdanken, die unaufhörlich daran werkelten, dass sich der Film stetig weiterentwickelte.

Waren Filme bis zu Beginn der Jahrhundertwende einminütige Einakter war nun dank der Filmmontage noch mehr möglich. Filme gingen nun mehrere Minuten und konnten bisweilen innerhalb ihrer Laufzeit ganze Geschichten erzählen, die diese Bezeichnung auch verdient haben. Weitesgehend hatten die Franzosen und die Engländer in diesem Jahrzehnt die Nase vorn und brachten das Medium entscheidend voran.

Dennoch steckte das Kino bereits in ersten existentiellen Krisen. Das Publikum wurde mit Remakes und Plagiaten geradezu überhauft. Das bewegte Bild allein reichte nicht mehr, um sie bei der Stange zu halten. Es waren wiederum die Franzosen, die dem entegegensteuerten. Mit der Film d'Art, einem künsterischen Zusammenschluss von Film- und Theatermachern sollte dem Film ein Mehrwert gegeben werden. Mit Erfolg. Das Kino zog nun ganz neue Zuschauergruppen an und wurde von der Kritik erstmals ernst genommen. Auch wenn das Kino noch sehr weit davon entfernt war, als eigenständige Kunstform ernstgenommen zu werden.

Ein entscheidender Impuls ging auch aus dem bis dato von Kinoschaffen recht unbefleckten Australien aus. Mit ihrer Outlaw-Ballade THE STORY OF THE KELLY GANG entstand der erste abendfüllende Spielfilm. Auch das blieb nicht ohne Folgen.

1910 bis 1919
Da das Jahrzehnt bekanntlich vom 1. Weltkrieg geprägt wurde, war das Filmgeschehen, welches nun mehr und mehr kontrolliert wurde und sich politischen Sanktionen ausgesetzt sah, für die Menschen zweitrangig. Zumeist lässt sich hier Stillstand feststellen, aber auch nicht unwichtige Entwicklungen.

Zum Einen etablierte sich der Langfilm und machte den herkömmlichen Film kürzerer Laufzeit zur Nebenattraktion. Film wird in dieser Zeit mehr und mehr zur Industrie, Produktionsfirmen schießen aus dem Boden. Der Starkult beginnt zu erblühen. Max Linder und Asta Nielsen sind die Namen, die die Kassen klingeln lassen.

1920 bis 1929
In den „Roaring Twenties“ erlebt der Film seine große Blütezeit. Gagen für die Stars, die jetzt an jeder Ecke zu finden sind, erreichen astronomische Höhen. Hollywood wird zum Mecca unzähliger Möchtegernsternchen, die den großen Traum von Ruhm und Reichtum träumen.

Gab zunächst noch der deutsche expressionistische Film den künstlerischen Ton an, wurde er abgelöst von hochbudgetierten Materialschlachten aus Hollywood. Der Splapstick gab den Takt vor. Charles Chaplin, Harold Lloyd, Buster Keaton sowie Stan Laurel und Oliver Hardy verdienten Unsummen, die dem Bruttosozialprodukt manches Kleinstaates übertrafen. Ob Douglas Fairbanks, Greta Garbo oder Rudolf Valentino. Die Superstars der damaligen Zeit werden noch heute als Legenden gefeiert.

Der Academy Award wurde ausgelobt, der Farbfilm machte sich langsam breit, der Tonfilm erlebte seine unumgängliche Revolution. Die Weichen für die Zukunft waren gestellt. Doch in den 30er Jahren sollte das Paradies einen erheblichen Dämpfer erhalten...


25 Jahre Kino, für mich Gelegenheit ein erstes persönliches Resümme zu ziehen.

Meine Top 10 der Magic Moments des Kinos von 1895 bis 1929:

Platz 1:
Der naive Hutter bekommt es des Nachts auf dem Schloss des seltsamen Grafen Orlok mit der Angst zu tun. Ist an dem Aberglaube der ihn warnenden Einheimischen doch etwas dran? Er öffnet die Tür seines Schlafgemachs und vor ihm steht im Halbdunkel der Vampir – Nosferatu – mit langen spinnenartigen Fingern mit krallenartigen Fingernägeln und fletscht seine spitzen Rattenzähne. (NOSFERATU, EINE SYMPHONIE DES GRAUENS/1922)

Platz 2:
Zwei Kriegsschiffe stehen sich mit Kanonen im Anschlag gegenüber. Die sich zuspitzende Schnittfrequenz und die dramatische Musik erzeugen eine atemlose Spannung. Gelungen ist dies Sergej M. Eisenstein. Noch heute wird er nachgeahmt. (BRONENOSETS POTYOMKIN/1925)

Platz 3:
Ein Mann bezieht eine Wohnung und holt allerlei abenteuerliche Sachen aus seinem Koffer. Eine atemlose Special Effect-Orgie, in der Georges Méliès was (ihm) 1908 möglich war und verblüfft damit weit mehr als so mancher aktueller CGI-Overkill. (LA LOCATAIRE DIABOLIQUE/1908)
Ein Fabriktor öffnet sich.

Platz 4:
Zwei Männer kloppen sich auf einer eingeschneiten Berghütte um ein Gewehr. Der kleine Tramp Charlie versucht dem Gewehrlauf auszuweichen, doch wo immer er sich zu verstecken versucht, er befindet sich immer in Schußrichtung. Eine von vielen zum Umfallen lustigen Szenen, die das Genie Charlie Chaplins aufzeigen. (THE GOLD RUSH/1925)

Platz 5:
Eine Horde Menschen strömt heraus. Nicht das, was man immer sehen wollte, aber eins ist gewiss: jetzt geht’s los! (LA SORTIE DES USINES LUMIÈRE/1895)

Platz 6:
Harold Lloyd (gehandicappt durch den Verlust einiger Finger seiner rechten Hand) erklimmt einen Wolkenkratzer. Zu der Zeit riskierten die Slapstickkomiker für ihr Publikum noch Kopf und Kragen. (SAFETY LAST!/1923)

Platz 7:
Greta Garbo kannte ich nur vom Hörensagen. Mit ihrem ersten Auftritt in FLESH AND THE DEVIL ist es um mich geschehen. Die „Göttliche“ hat auch mich mit ihrer unglaublichen Ausstrahlung in ihren Bann gezogen. (FLESH AND THE DEVIL/1926)

Platz 8:
Eine blonde Frau steigt aus dem Bett mit dem Messer in der Hand, mit dem sie gerade ihren Vergewaltiger erstochen hat. Ihr verstörter Blick geht durch und durch. Harter Tobak für 1929, auch heute noch hart zu schlucken. Der erste richtige Hitchcock-Moment. (BLACKMAIL/1929)

Platz 9:
D.W. Griffith lässt Babylon wieder auferstehen im bis dato teuersten Film aller Zeiten. Von der Krtik zerrissen, vom Publikum verschmäht. Seine Kosten konnte er nie wieder einspielen. Die Kulissen, die Ausstattung und die Masse an Statisten brennt sich dennoch ins Gedächtnis. (INTOLERANCE/1916)

Platz 10:
Wait a minute, wait a minute! You ain't heard nothin' yet! Das Kino lernt Singen und Sprechen. (THE JAZZ SINGER/1927)


Meine 10 Lieblingsfilme 1895 bis 1929:

1.NOSFERATU, EINE SYMPHONIE DES GRAUENS (F.W. Murnau, 1922)
2.CIRCUS (DER ZIRKUS) (Charles Chaplin, 1928)
3.BRONENOSETS POTYOMKIN (PANZERKREUZER POTEMKIN) (Sergej M. Eisenstein, 1925)
4.SAFETY LAST! (AUSGERECHNET WOLKENKRATZER) (Fred C. Newmeyer/Sam Taylor, 1923)
5.METROPOLIS (Fritz Lang, 1927)
6.THE GOLD RUSH (GOLDRAUSCH) (Charles Chaplin, 1925)
7.DAS CABINET DES DR. CALIGARI (Robert Wiene, 1920)
8.THE LOST WORLD (DIE VERLORENE WELT) (Harry O. Hoyt, 1925)
9.BLACKMAIL (ERPRESSUNG) (Alfred Hitchcock, 1929)
10.HÄXAN (HEXEN) (Benjamin Christensen, 1922)




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