DER LETZTE MANN
Deutschland, 1924
Universum Film (UFA)
Regie: F.W. Murnau
Produktion: Erich Pommer
Buch: Carl Mayer
Kamera: Karl Freund
Musik: Giuseppe Becce
Darsteller: Emil Jannings (Hotelportier), Maly Delschaft (seine Nichte), Max Hiller (ihr Bräutigam), Emilie Kurz (Tante des Bräutigams), Hans Unterkircher (Geschäftsführer), Olaf Storm (junger Gast), Hermann Vallentin (spitzbäuchiger Gast), Georg John (Nachtwächter), Emmy Wyda (dünne Nachbarin), O.E. Hasse
Erstaufführung: 23. Dezember 1924
Filmszene
Inhalt: Ein in die Jahre kommender Hotelportier (Emil Jannings) ist mit seiner Uniform ein angesehener Mann in seiner heruntergekommenen Wohngegend. Eines Tages wird er aufgrund seines Alters zum Toilettenmann degradiert und durch einen Jüngeren ersetzt. Aus Angst vor dem Verlust seines gesellschaftlichen Status entwendet er die Portiersuniform und spielt seiner Nachbarschaft weiterhin den Portier vor. Doch die Lüge kann er nicht lange aufrecht erhalten.
DER LETZTE MANN stellt einen weiteren künstlerischen Triumph für Friedrich Wilhelm Murnau dar. Beworben wurde er mit der „entfesselten Kamera“. In der Tat ist die Kamera in beinahe stetiger Bewegung, vollführt Fahrten als ob sie nicht noch immer ein schweres Ungetüm wäre. Meisterkameramann Karl Freund liefert mit seiner „Stachow“ Kabinettstückchen die sich als äußerst innovativ erweisen sollten. Sei es eine Kamerafahrt durch ein geschlossenes Fenster oder das einschmieren der Linse mit Vaseline, um den sogenannten Weichzeichnereffekt zu erreichen.
Rühmen kann sich DER LETZTE MANN auch damit der einzige Film zu sein, der es jemals geschafft hat ohne Zwischentitel auszukommen. Alles erklärt sich über Gesten und Symbole. Obwohl ein Insert benutzt Murnau hier. Und zwar das, um sich von dem aufgesetzten Happy End abzugrenzen, welches ihm die damalige Zensur aufzwang. Murnau kam seiner „Pflicht“ nach und verpasste seinem stets namenlosern Hauptcharakter ein versöhnliches Ende, was er aber mit einem Sarkasmus und überzogen inszenierte und das Insert sozusagen entschuldigend einschob.
Dass einem das Drama ziemlich nahe geht, dafür sorgt auch Emil Jannnings mit seiner umwerfenden Leistung. Er überzeugt mit nachhaltigen Blicken und reduzierten Gesten, wo andere Stummfilmdarsteller in Theatralik fallen würden. Ich muss sagen, was Jannings hier abliefert ist eine der besten schauspielierischen Darbietungen, die ich je in einem Stummfilm gesehen habe. Wenn nicht sogar überhaupt.
Das Thema an sich hat von seiner Aktualität nichts verloren. DER LETZTE MANN ist nicht nur eine Parabel auf den (eigentlich unsinnigen) Gesichtsverlust durch den Verlust einer Uniform, sondern erzählt auch von dem Abstellgleis, auf das Menschen auch heute noch ab einem gewissen Alter abgeschoben wird. Und natürlich die allgegenwärtige Angst vor dem Verlust des Lebensstandards sowie dem sozialen und gesellschaftlichen Abstiegs.
1955 entstand unter der Regie von Harald Braun ein gleichnamiges Tonfilmremake mit Hans Albers in der Hauptrolle. An seiner Seite waren u.a. Joachim Fuchsberger und Romy Schneider zu sehen.
2003 wurde DER LETZTE MANN restauriert. Die als Original geltende deutsche Fassung war nicht mehr vollständig erhalten. So wurde diese ergänzt aus zwei weiteren Fassungen – einer Exportfassung für den Weltmarkt sowie einer Exportfassung für die USA, die sich jeweils mit alternativ gedrehten Einstellungen voneinander unterschieden. Die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung rühmt sich im Fall von DER LETZE MANN mit einer besonders geglückten Restaurierung, da tatsächlich die originale Schnittfolge wiederhergestellt werden konnte.
Bei der Restaurierung wurden auch Teile der Originalmusik von Giuseppe Becce wiederentdeckt werden, deren Lücken Komponist Detlev Glanert auf gelungene Weise wieder füllte.