BRONENOSETS POTYOMKIN
(dt. Titel: PANZERKREUZER POTEMKIN)
Sowjetunion, 1925
Goskino
Regie: Sergei M. Eisenstein
Produktion: Jakow Bljoch
Buch: Sergei M. Eisenstein
Kamera: Eduard Tisse, Vladimir Popov
Schnitt: Sergei M. Eisenstein
Darsteller: Alexander Antonow (Grigori Wakulintschuk), Wladimir Barski (Kommandant Golikow), Grigori Alexandrow (Gilijarowski), Iwan Bobrow (junger Matrose), Michail Gomorow (Matjuschenko), Alexander Leschwin (Unteroffizier)m, N. Poltavtseva (Frau), Konstantin Feldman (aufwiegelnder Student), Prokopenko (Mutter), A. Glauberman (verwundeter Junge), Beatrice Vitoldi (Frau mit Kinderwagen), Brodsky (Student), Julia Eisenstein (Frau mit Essen), Sergei M. Eisenstein (Bürger von Odessa), Andrei Fajt (Rekrut), Korobei (beinloser Veteran), Marusow (Offizier), Protopopow (alter Mann), Repnikowa (Frau an der Treppe), Wladimir Uralsky, Zerenin (Student), Aleksanteri Ahola-Valo
Erstaufführuung: 21. Dezember 1925
Filmszene
Inhalt: Die Matrosen des russischen Schlachtschiffes Potyomkin leiden unter unmenschlicher Knechtschaft. Als sie auch verfaultes Fleisch essen sollen ist für sie das Fass übergelaufen und sie proben den Aufstand. Als sie dafür exekutiert werden sollen kommt es auf dem Schiff zur Meuterei. Dabei kommt der Matrose Wakulintschuk (Alexander Antonow) ums Leben. In der Hafenstadt Odessa wird sein Leichnam aufgebahrt, er als Märtyrer gefeiert. Das inspiriert die Bürger Odessas selbst dazu, sich gegen das Zarentum aufzulehnen.
1905 bis 1907 rumpelte es gewaltig im zaristischen Russland. Der russisch-japanische Krieg sowie der Petersburger Blutsonntag vom Januar 1905 lösten heftige Unruhen aus, die als Russische Revolution in die Geschichte eingingen. Sie bedeuteten den Beginn eines langen Sterbens des Zarentums und ebnete den Weg für die rote Front, die im Jahr 1922 die Sowjetunion gründete.
Klar, dass die Sowjetregierung den 20. Jahrestag zünftig zelebrierte. Dazu beauftragte man unter anderem die namhaftesten Regisseure des Landes eine Filmreihe mit dem Titel „Das Jahr 1905“ zu realisieren, die sich eben mit den besagten Ereignissen befassen sollte. Gleich der Auftakt der Reihe wurde zu einem Triumph, nach dem nichts mehr so sein wollte, wie es vorher war. Sergei Michailowitsch Eisenstein (1898 - 1948) dessen STACHKA (STREIK) im Frühjahr 1925 für internationales Aufsehen sorgte, nach mit den Ereignissen auf dem Kampfschiff Potemkin einer Randnotiz der Revolution an, die von großer Symboltracht wurde.
Sergei M. Eisenstein
BRONENOSETS POTYOMKIN stellte nicht nur eine Revolution dar, nein, er stellte (*hust*, 'tschuldigung) eine Revolution dar. Eisenstein erfand die Bildsprache des Kinos neu. Das patriotisch-pathetische Werk zeichnet sich aus durch seine bahnbrechende Schnittarbeit, die von einer genialen Kameraführung unterstützt wird. Dramaturgischer Höhepunkt ist der IV. Akt, der das Massaker in Odessa widergibt, als die bis dahin eher gewaltlose Revolution von zarisistischen Militärtruppen blutig niedergeschlagen wurde. Als Sinnbild prägte sich das symbolbehaftete Bild des Kinderwagens, welcher im Kugelhagel die große Treppe von Odessa runterrollt. Bis heute finden sich in den Werken Hollywoods immer wieder Hommagen an diesen entscheidenden Kinomoment. Sei es bei Brian de Palma, der die Szene minutiös in THE UNTOUCHABLES zitiert oder Barry Levinson, in dessen SLEEPERS aus dem Kinderwagen ein Hot Dog-Stand wird, um nur zwei populäre Beispiele zu nennen.
In Russland war BRONENOSETS POTYOMKIN der erwartete überwältigende Erfolg. In Deutschland war er zeitweise jedoch sogar noch erfolgreicher als in seinem Heimatland. Wobei der Kinostart hier von der Zensurbehörde zunächst, wegen „Gefährdung der öffentlichen Ordnung“ verboten wurde. Erst unter der Auflage von 14 Schnitten, die zumeist die in bisher ungekannter drastischen Realistik gezeigten Gewaltszenen betrafen, wurde der Film freigegeben. Eisenstein selber, der zu der Zeit gerade in Berlin weilte, nahm widerwillig die Kürzungen vor.
In vielen Ländern wurde das Meisterwerk zensiert und bearbeitet. So lief in der DDR etwa eine Fassung, die um fast zehn Minuten Handlung beraubt und mit einem Offkommentar versehen wurde, der die sozialistische Lobpreisung noch hervorhob.
Unter der Leitung von Enno Patalas gelang es schließlich in jahrelanger mühevoller Arbeit, die Premierenfassung nahezu wieder herzustellen. Diese Fassung wurde 2005 auf der Berlinale präsentiert. Hierzu fand die Musik Verwendung, die Edmund Meisel 1926 eigens für die deutsche Aufführung komponierte. Eine russische Originalmusik ist nicht überliefert.