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Ich habe dir niemals einen Hasenbraten versprochen

Cjamangos neues Filmtagebuch




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In Eis und Schnee, nördlich irgendwo...



Valkoinen peura (FIN-TV)

Pirita ist eine junge Frau, die im finnischen Eisland einen Jäger heiratet. Dieser läßt sie aber links liegen, so daß sie die Hilfe einer männlichen Kräuterhexe (eines Wurzelseppes?) in Anspruch nimmt. Ein gebrauter Zaubertrank soll ihr die Aufmerksamkeit des Gatten erhaschen, doch muß sie das erste Lebewesen am großen Altar opfern, das ihr über den Weg läuft, und das ist ein süßes kleines Rentier. Tatsächlich wirkt sie danach sehr anziehend auf die Männer der Umgebung, doch verwandelt sie sich auch beizeiten in ein weißes Rentier, das die Jäger in den Tod lockt...

Ein sehr obskurer finnischer Film von 1952, der jenseits seines Produktionslandes fast unbekannt ist. Tatsächlich gehört VALKOINEN PEURA („Das weiße Rentier“) zu den wenigen Filmen seiner Art, die mir Tränen in die Augen getrieben haben, weil sie einfach nur unsagbar schön sind. Die Geschichte – eigentlich eher ein folkloristisches Märchen – spielt sich ab in einer kargen Eislandschaft, in der die Nutztierhaltung die Haupteinnahmequelle zu sein scheint. Die Menschen dort sind offen und fröhlich, aber auch von ausgesprochener Robustheit und gelegentlich schroff wie ein Fels. Sentimentalität gibt es da keine. Genauso präsentiert sich der Film: Er wird von Anfang bis Ende dominiert von der atemberaubenden Landschaft, in der die Menschen – nicht unähnlich alten 30er-Jahre-Filmen von Trenker oder Fanck – nahezu verschwinden vor der Majestät der Natur. Die Menschen, die den Film bevölkern, machen größtenteils den Eindruck von Laiendarstellern. Sie wirken auf jeden Fall sehr realistisch. Der Dialog wird sparsam eingesetzt, wie auch die Menschen in dieser Umgebung eher wortkarg sein müssen. Mir ist erneut aufgefallen, was für prachtvolle Tiere Rentiere eigentlich sind. Ganz was anderes als so ein zotteliger Werwolf... Die psychologische Deutung, die sich bei Werwolffilmen anbietet und gerade in neueren Exemplaren aus Amerika auch gerne überexpliziert wird, ist hier ganz nebensächlich. Man fühlt eher, daß die Hexe (Wer-Rentier? Vampirin?) hier zum einen die Strafe zu schmecken bekommt für ihren Hochmut (christlich), zum anderen aber auch die Natur repräsentiert, gegen die der Mensch sich nicht versündigen darf. Bemerkenswerterweise handelt es sich auch um einen feministischen Horrorfilm, da man Pirita kaum böse sein kann für ihre „Übertretung“. Mit Frauen wird in der Welt des Filmes nur geschachert, sie werden in Gold aufgewogen; sie sind aber keine eigenständigen Persönlichkeiten. Pirita wird, durch den Fluch, zu einer eigenständigen Persönlichkeit – sie hat Macht, sie ist kraftvoll, sie ist schön, als Mensch wie als Tier. Man kann nicht umhin, die Frau zu bewundern, und den Schluß fand ich sogar noch trauriger als jenen von KING KONG. („Die bösen Deppen sollen meiner Hexe nichts tun, schnüff...“) Die Schauspielerin, die Pirita spielt, war obendrein die Ehefrau des Regisseurs, so daß es nicht weiter überrascht, daß von ihr ein Glanz ausgeht, auch wenn sie „böse“ ist... Untermalt wird der gerade einmal 67 Minuten lange Film von einem umwerfenden Soundtrack, der symphonische Idylle mit atonalen Passagen, unheimlichen Chören und schamanischen Rhythmen verbindet. Kurzum, ein Film, der mich völlig umgehauen hat! Bitte auf DVD rausbringen, aber ganz schnell! Und bitte – BITTE! – kein Hollywood-Remake...




Kann ich alles nur unterstreichen! Wunderschönes Ding. :love:
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