Tykwer verzahnt subtil das „Sich – Finden - Müssen" mit Hilfe von einer unaufdringlich geradlinigen Bildersprache des schwermütigen „Nebeneinander - Herstampfens", und dem magisch umrahmten „Ins - Ungewisse – Driften".
Sissi, die Kaiserin irrer Sehnsucht, übergeschnappt vor lauter manischen Wortwiederholungen ihrer Untertanen – denen sie sogleich ihr beinah unwiderrufliches Schicksal zu verdanken hat – zerstückelt sensengleich verworrnes Suchen. Mystisch unbestimmt entspinnt sich herrenlose Zärtlichkeit ersehnten Halts und schlüssiger Erfüllung.
In diese sich heimlich windenden Sehnsüchte stößt der vom Verlust gebeutelte Bodo, im innersten wie übrig gelassen und es somit beim rohen Selbstschutz belassend. Kraft schnaubend durchquert er geordnete Stadtadern, bricht das Gesetz aus Stolz vor seinem ehrlichen Herzen, das sich eingestehen müsste: verschwundene Muster verwüsten erzognes Gleichmaß und kehren nie zurück. Vom satten Grün gekrönte Hügelblasen entheben seine gebrochenen Bärenpranken dem gleichgültig glucksenden Fleck Wirklichkeit, dem er entsprang. Doch der wehrt sich gegen Ignoranz und flößt Bodo unverzüglich unverdauten Lebenswillen ein.
Dehnt er nur die Arme nach links und rechts, überm Geländer der Autobahnbrücke gestreckt, um unbemerkt grinsend den Leichtsinn gewähren zu lassen, als befände sich unter ihm ein symmetrisches Auffangbecken? So will er uns entgleiten. Dahingegen schmiegt sich gemütlich erwärmtes Eis am noch unbewegten Fleisch puppenhafter Weiblichkeit und bereitet kleine Freuden, auf Erden. So gleitet sie doch unbewusst dem sterilen Glanz ihres Königreichs hinab und endet winselnd im Schlamm. Müssen in Blut getränkte Atemlosigkeit und erschossne Hoffnung Vorahnungen neu geordneter Zweisamkeit sein? Und wenn nur das gesagt wurde, was gesagt werden sollte und kein Missverständnis jemals bestehen konnte, außer das man nicht wusste wieso es mit einem und dem anderen geschah; kann dies wirklich schon als Liebe verstanden werden?
In traumwandlerische Tiefe gestürzt vermählen sich Bruder und Schwester, Mutter und Vater, Frau und Mann, die Gänsehaut verpflanzende Stille und der köstliche Schweiß kriegerischer Güte. Bodo und Sissi verlassen die Orte, an denen sie verzweifelt aneinander zerrten und betreten Pfade, die nach draußen fliehen bis ans Ende zu Erde gewordener Bewohnbarkeit. Gesundend vertrieben, getrieben an den Rand der „Welt". So weit entfernt und abwesend wie beide es schon immer waren.
DAS MEER IN MIR
Ein gebrochenes Kind, das Übermut und dazu gleichzeitig fürchterliche Ahnung gebähren musste, nimmt nun teil am Widersinn menschlicher Natur. Verschwägert mit aller Zuversicht, die ihm geblieben ist, verliebt sich Ramon in den Tod.
Das ihm versagte schweigt weise zum verbrämten Trauern über verlorene Zeit. Unverzagt im Leid spricht er sich deutlich frei von Selbstmitleid.
Von anderen empfängt er unzählige Male Geschenke in sich verliebter Sorgen. Doch hindern sie ihm nicht daran gegen, als auch für das Leben die Stimme zu erheben: es aufgeben zu wollen und sogleich, gestärkt durch illusionistisches Händeringen, dessen wiederholter Blüte in ausgemalten Wunschgedanken Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.
Ramons gebliebener Insektensinn, welcher unverwundet laut aufschäumt vor Glück, lässt das einstige Paar Flügel, neu gedeihend, vor sich ausbreiten, um geträumte Weitsicht durchstoßend, Baumkronenarmeen zu beherrschen und bald darauf sich nach nasskalter Angst des Schluchtenschlundes zu verzehren.
Ramon verbiegt den eignen Schädel, der scherzt, weinend lacht und nach vertrautem Bund zwischen versprochner Zärtlichkeit und ihm treuen Mut verlangt.
Wer tötet ihn, wenn nicht er sich selbst?
Verbrüdert mit dessen wabernden Schicksalsbergen, die sich, schon längst verführt, lasziv geräkelt haben und doch allein durch ungewolltem Aufschrei vererbter Rohheit, den Körper täuschten und zerrissen , verzeiht ein weltreisender Poet dem Meer. Er verliert das Bewusstsein durchs Umschlossensein von allem Sein, sinkt zu Boden, erschlagen schlummernd, trotz allen Gezeters derjenigen, die nicht verstehen.
MATHILDE
Jeunet vertraut jeder Zeit der warmfärbenden Kraftmalerei phantasievoller Narrration, die auftretende Erzählsplitter und Zeitsprünge durcheinander bringt und doch wiederum miteinander, voneinander abhängig, vermengt. Daraus konstruiert der Maestro völlig selbstbewusst und schon fast routiniert naiv-sättigende, bemüht schöne Bilderkleie um der, wohl wenigstens im metaphorischen Sinne stets vorhandenen, „Liebe" in epischer Breite aus gewohnter Perspektive des Geschichtenerzählers huldigen zu können.
Gekonnt werden, per einschmeichelnder Erklärung aus dem Off, grotesk-schrullige Eigenheiten des ein oder anderen Idyllenträgers verspielt heruntergespult.
Gleich darauf entsteht im nächsten visuell großartig komponierten Schwenk der Anspruch, vermittels des bis an die Zähne bewaffneten Bizarren, die todernste Scheußlichkeit des Krieges ansehnlich spürbar werden zu lassen. Hieraus spinnen sich dann verworrene Schicksale und Tragödien - die hinter der vermeintlichen Uniformität jedes einzelnen behelmten bärtigen Kriegers zu lauern scheinen - ein Netz versteckter Auslöser zum Gerührtsein von der eigenen Geschichte.
Und auch wenn Rache, Verwechslung und Hoffnung dabei bis zur Irrsinnigkeit ihre Kreise ziehen mögen, und genauso beharrlich vor Augen geführt werden wie es dem Starrsinn des Albatros dem Windwiderstand nicht nachgeben zu wollen zu eigen ist; so versiegt doch deren emotionales Wesen allmählich im Morast daran unbeteiligter Erzähltiefe. Ein Überfluss an Nebenfiguren erdrückt Audrey Tautou's putzigen Trotzigkeitspathos und zwingt sie förmlich dazu, reduziert auf zwei im See der Trauer badende Augäpfelchen, vor dem vermeintlich komplexeren Monströsitäten ihrer Umwelt zurückzutreten.
Da hilft auch kein versöhnlich stimmender Kitsch mehr um die entwaffnende Leere dieses Films verbergen zu können. Was nämlich „Mathilde-..." vorbildlich bilderbuchhaft zu propagieren wagt, im Kern zwar hinreichend illustriert und dennoch nie erreicht, ist die Vermittlung von Gefühl, Authenzität und Menschlichkeit ... denn ein verhaltendes Schmunzeln reicht nicht immer aus um zu berühren.
Sissi, die Kaiserin irrer Sehnsucht, übergeschnappt vor lauter manischen Wortwiederholungen ihrer Untertanen – denen sie sogleich ihr beinah unwiderrufliches Schicksal zu verdanken hat – zerstückelt sensengleich verworrnes Suchen. Mystisch unbestimmt entspinnt sich herrenlose Zärtlichkeit ersehnten Halts und schlüssiger Erfüllung.
In diese sich heimlich windenden Sehnsüchte stößt der vom Verlust gebeutelte Bodo, im innersten wie übrig gelassen und es somit beim rohen Selbstschutz belassend. Kraft schnaubend durchquert er geordnete Stadtadern, bricht das Gesetz aus Stolz vor seinem ehrlichen Herzen, das sich eingestehen müsste: verschwundene Muster verwüsten erzognes Gleichmaß und kehren nie zurück. Vom satten Grün gekrönte Hügelblasen entheben seine gebrochenen Bärenpranken dem gleichgültig glucksenden Fleck Wirklichkeit, dem er entsprang. Doch der wehrt sich gegen Ignoranz und flößt Bodo unverzüglich unverdauten Lebenswillen ein.
Dehnt er nur die Arme nach links und rechts, überm Geländer der Autobahnbrücke gestreckt, um unbemerkt grinsend den Leichtsinn gewähren zu lassen, als befände sich unter ihm ein symmetrisches Auffangbecken? So will er uns entgleiten. Dahingegen schmiegt sich gemütlich erwärmtes Eis am noch unbewegten Fleisch puppenhafter Weiblichkeit und bereitet kleine Freuden, auf Erden. So gleitet sie doch unbewusst dem sterilen Glanz ihres Königreichs hinab und endet winselnd im Schlamm. Müssen in Blut getränkte Atemlosigkeit und erschossne Hoffnung Vorahnungen neu geordneter Zweisamkeit sein? Und wenn nur das gesagt wurde, was gesagt werden sollte und kein Missverständnis jemals bestehen konnte, außer das man nicht wusste wieso es mit einem und dem anderen geschah; kann dies wirklich schon als Liebe verstanden werden?
In traumwandlerische Tiefe gestürzt vermählen sich Bruder und Schwester, Mutter und Vater, Frau und Mann, die Gänsehaut verpflanzende Stille und der köstliche Schweiß kriegerischer Güte. Bodo und Sissi verlassen die Orte, an denen sie verzweifelt aneinander zerrten und betreten Pfade, die nach draußen fliehen bis ans Ende zu Erde gewordener Bewohnbarkeit. Gesundend vertrieben, getrieben an den Rand der „Welt". So weit entfernt und abwesend wie beide es schon immer waren.
DAS MEER IN MIR
Ein gebrochenes Kind, das Übermut und dazu gleichzeitig fürchterliche Ahnung gebähren musste, nimmt nun teil am Widersinn menschlicher Natur. Verschwägert mit aller Zuversicht, die ihm geblieben ist, verliebt sich Ramon in den Tod.
Das ihm versagte schweigt weise zum verbrämten Trauern über verlorene Zeit. Unverzagt im Leid spricht er sich deutlich frei von Selbstmitleid.
Von anderen empfängt er unzählige Male Geschenke in sich verliebter Sorgen. Doch hindern sie ihm nicht daran gegen, als auch für das Leben die Stimme zu erheben: es aufgeben zu wollen und sogleich, gestärkt durch illusionistisches Händeringen, dessen wiederholter Blüte in ausgemalten Wunschgedanken Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen.
Ramons gebliebener Insektensinn, welcher unverwundet laut aufschäumt vor Glück, lässt das einstige Paar Flügel, neu gedeihend, vor sich ausbreiten, um geträumte Weitsicht durchstoßend, Baumkronenarmeen zu beherrschen und bald darauf sich nach nasskalter Angst des Schluchtenschlundes zu verzehren.
Ramon verbiegt den eignen Schädel, der scherzt, weinend lacht und nach vertrautem Bund zwischen versprochner Zärtlichkeit und ihm treuen Mut verlangt.
Wer tötet ihn, wenn nicht er sich selbst?
Verbrüdert mit dessen wabernden Schicksalsbergen, die sich, schon längst verführt, lasziv geräkelt haben und doch allein durch ungewolltem Aufschrei vererbter Rohheit, den Körper täuschten und zerrissen , verzeiht ein weltreisender Poet dem Meer. Er verliert das Bewusstsein durchs Umschlossensein von allem Sein, sinkt zu Boden, erschlagen schlummernd, trotz allen Gezeters derjenigen, die nicht verstehen.
MATHILDE
Jeunet vertraut jeder Zeit der warmfärbenden Kraftmalerei phantasievoller Narrration, die auftretende Erzählsplitter und Zeitsprünge durcheinander bringt und doch wiederum miteinander, voneinander abhängig, vermengt. Daraus konstruiert der Maestro völlig selbstbewusst und schon fast routiniert naiv-sättigende, bemüht schöne Bilderkleie um der, wohl wenigstens im metaphorischen Sinne stets vorhandenen, „Liebe" in epischer Breite aus gewohnter Perspektive des Geschichtenerzählers huldigen zu können.
Gekonnt werden, per einschmeichelnder Erklärung aus dem Off, grotesk-schrullige Eigenheiten des ein oder anderen Idyllenträgers verspielt heruntergespult.
Gleich darauf entsteht im nächsten visuell großartig komponierten Schwenk der Anspruch, vermittels des bis an die Zähne bewaffneten Bizarren, die todernste Scheußlichkeit des Krieges ansehnlich spürbar werden zu lassen. Hieraus spinnen sich dann verworrene Schicksale und Tragödien - die hinter der vermeintlichen Uniformität jedes einzelnen behelmten bärtigen Kriegers zu lauern scheinen - ein Netz versteckter Auslöser zum Gerührtsein von der eigenen Geschichte.
Und auch wenn Rache, Verwechslung und Hoffnung dabei bis zur Irrsinnigkeit ihre Kreise ziehen mögen, und genauso beharrlich vor Augen geführt werden wie es dem Starrsinn des Albatros dem Windwiderstand nicht nachgeben zu wollen zu eigen ist; so versiegt doch deren emotionales Wesen allmählich im Morast daran unbeteiligter Erzähltiefe. Ein Überfluss an Nebenfiguren erdrückt Audrey Tautou's putzigen Trotzigkeitspathos und zwingt sie förmlich dazu, reduziert auf zwei im See der Trauer badende Augäpfelchen, vor dem vermeintlich komplexeren Monströsitäten ihrer Umwelt zurückzutreten.
Da hilft auch kein versöhnlich stimmender Kitsch mehr um die entwaffnende Leere dieses Films verbergen zu können. Was nämlich „Mathilde-..." vorbildlich bilderbuchhaft zu propagieren wagt, im Kern zwar hinreichend illustriert und dennoch nie erreicht, ist die Vermittlung von Gefühl, Authenzität und Menschlichkeit ... denn ein verhaltendes Schmunzeln reicht nicht immer aus um zu berühren.