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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden

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SAVAGES (Oliver Stone, 2012)


Rasant inszenierter Thriller um zwei kalifornische Drogendealer, die sich mit einem mexikanischen Kartell anlegen. Solange man nicht weiter über die an den Haaren herbeigezogene und grausam konstruiert wirkende Handlung nachdenkt, kann man durchaus eine Menge Spaß mit dem Film haben. Stellenweise wirkte er auf mich wie eine auf Ernst getrimmte Geschichte aus dem Universum der Coen-Brüder. Man muss sich schon an den Kopf fassen, wenn einem beispielsweise einer der beiden Drogendealer als Gutmensch ersten Ranges verkauft wird, der seinen illegal erworbenen Reichtum selbstlos nutzt, um durch die Welt zu reisen und Projekte in Entwicklungsländern zu finanzieren. Und der andere ist auch nur deshalb manchmal böse, weil er bei seinen Kriegseinsätzen in Afghanistan und im Irak ganz furchtbar traumatisiert wurde. Das ist so absurd, dass es schon wieder lustig ist.

Savages zählt ganz gewiss nicht zu Stones größten Taten, aber unterhaltsam ist er allemal. Überflüssig hingegen ist das doppelte Ende. Die „erste“ Auflösung wäre der perfekte Ausklang gewesen...

Oliver Stone


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RIDE WITH THE DEVIL (Ang Lee, 1999)


Western vor dem Hintergrund des Sezessionskriegs werden von mir immer gerne genommen, wobei die Konzentration auf die kleineren Scharmützel zwischen den beiden Guerilla-Gruppen (Bushwackers auf der einen und Jayhawkers auf der anderen Seite) einen interessanten Ansatz bildet. Nicht nur die Grenzen zwischen Zivilisten und Miliz sind fließend, sondern auch die zwischen Unionisten und Konföderierten. Dies zeigt die tiefe Zerrissenheit der amerikanischen Bevölkerung in jenen Tagen. Ang Lee kleidet die Geschichte in die für ihn so typischen ausladenden und betörend schönen Bilder. Und im CGI-Zeitalter tut es immer wieder gut, echte Reiterhorden mit lebenden Pferden und lebenden Menschen zu sehen. Runde Sache.


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3:10 TO YUMA (Delmer Daves, 1957)


Das Remake des Leonard-Westerns habe ich vor einigen Jahren gesehen und für gut befunden, ohne jetzt noch eine nennenswerte Erinnerung daran zu haben. Ein Vergleich zwischen Original und Remake ist mir somit nicht möglich. Das Original jedenfalls gefiel mir durch seinen puristischen Ansatz und die kargen Bilder. Ähnlich wie in High Noon steigert sich die Spannung bis zum großen Finale, wobei hier das psychologische Duell zwischen Ben Wade und Dan Evans im Mittelpunkt steht. Mit den ganz großen Namen kann Daves nicht aufwarten, doch machen die Darsteller – allen voran Van Heflin und Glenn Ford – ihre Sache sehr gut. Vor allem Letzterer gibt eine erstaunlich charismatische Vorstellung und meistert die Gratwanderung zwischen skrupellosem Mörder und sympathischem Draufgänger ganz vorzüglich. Und der deutsche Filmtitel ist sogar noch bescheuerter als der des Remakes. Das ist auch eine Leistung.


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THE WILD BUNCH (Sam Peckinpah, 1969)


The wild Bunch wird gemeinhin dem Sub-Genre des Spätwesterns zugeordnet und steht damit unter dem Generalverdacht, ein Abgesang auf den Western zu sein, eine Abrechnung mit seinen Mythen und dem Heroismus einer glorreichen Zeit. Dies trifft jedoch nur bedingt zu und spielt allenfalls eine untergeordnete Rolle. Am ehesten lässt sich dies noch an den alternden Banditen festmachen, die noch einmal einen dicken Coup landen wollen, bevor sie endgültig zu alt dafür sind. Pike schafft es kaum noch, alleine auf sein Pferd zu steigen. Durch mehrere Rückblenden versucht Peckinpah, den Charakteren Tiefe zu verleihen, doch will dies nicht recht gelingen. Für einen amerikanischen Western ist The wild Bunch äußerst zynisch, doch anno 1969 war dies auch nichts Besonderes mehr, nachdem Sergio Leone zuvor mit seiner Dollar-Trilogie das Feld bestellt hatte. Fraglos innovativ sind die Zeitlupenstudien während der ausladenden Schusswechsel.

Unter dem Strich bleibt ein ordentlicher Western mit drei großen Szenen (der Überfall zu Beginn, der Überfall auf den Zug und die Schießerei am Schluss) und einiges an Leerlauf dazwischen. Den Kultstatus, der dem Film zugesprochen wird, konnte ich nie nachvollziehen. Daran ändert auch die jüngste Sichtung nichts. Schön anzusehen ist er trotzdem.


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PIETA (Kim Ki-duk, 2012)


Nach seiner depressiven Phase und dem daraus hervorgehenden Dokumentarfilm Arirang bezeichnete Kim Ki-duk Pieta als einen Neuanfang. Allerdings liegt dazwischen noch sein Film Amen, dessen ich bisher leider noch nicht habhaft werden konnte. Auf den ersten Blick unterscheidet sich Pieta kaum von seinen früheren Arbeiten, doch bei genauerer Betrachtung fallen schon einige Unterschiede auf. So zeigt er in Pieta ganz explizit die Schattenseiten des Kapitalismus, die Verlierer des Systems, die in baufälligen Blechhütten hausen und mit ihrem traditionellen Handwerk ihr karges Dasein fristen. Leben können sie davon nicht, so dass sie gezwungen sind, Geld zu leihen in dem Wissen, es nicht zurückzahlen zu können. Der skrupellose Geldeintreiber Kang-do hat daher seine ganz eigenen Methoden entwickelt, die geliehene Summe samt 10-fachem Zinsaufschlag zu bekommen. Die Schuldner werden verstümmelt, damit die bei Kreditgewährung abgeschlossene Unfallversicherung einspringt und enden meist als Bettler oder Alkoholiker. Oder sie suchen den Freitod.

Die Verortung der Geschichte in einer sozialen Randgruppe und zudem im alten Arbeiterviertel Cheonggyecheon in Seoul ist in dieser Form ungewöhnlich für Kim, waren seine bisherigen Filme doch meist losgelöst von sozialen Strukturen und stellten zwischenmenschliche Probleme und Beziehungen in den Mittelpunkt. Das für ihn so typische Thema der Abhängigkeit kommt in Pieta natürlich ebenfalls vor. Nachdem Kang-do akzeptiert hat, dass Min-sun seine Mutter ist, nimmt ihre Beziehung zunehmend die Formen einer Abhängigkeit an. Die damit einhergehende Läuterung Kang-dos im Schnelldurchgang ist nicht sonderlich glaubwürdig und wirkt arg konstruiert, doch ist dies der einzige Schwachpunkt des ansonsten rundum überzeugenden Films. Im Vergleich mit Werken wie Samaria, Seom oder gar Bad Guy wirkt Pieta wesentlich bodenständiger und damit auch massentauglicher, wobei die krassen Gewaltszenen, die allerdings meist nur angedeutet werden, vermutlich dafür sorgen werden, dass der Mainstream-Filmfreund auch mit Kims 18. Film nicht viel wird anfangen können.

Kim Ki-duk


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THE INFORMANT! (Steven Soderbergh, 2009)


Höchst vergnügliche Satire um die Lysin-Preisabsprache in den 90er Jahren und deren Protagonisten Mark Whitacre, hier vorzüglich verkörpert von Matt Damon. Soderbergh erzählt die Geschichte mit viel Witz, Esprit und in gewohnt rasanten Tempo. Er hält sich gar nicht erst mit Nebensächlichkeiten auf und belässt den Fokus immer auf der Kerngeschichte. Man kann sich gut vorstellen, dass bei einer weniger komprimierten Erzählweise leicht ein Drei-Stunden-Film entstanden wäre. Nicht so bei Soderbergh. In der letzten halben Stunde hat man als Zuschauer aufgrund der vielen Wendungen gar etwas Mühe, mit dem Geschehen Schritt zu halten, aber am Ende kriegt er noch die Kurve. Sehr schön auch der beschwingte Score, der wunderbar zur heiteren Atmosphäre des Films beiträgt. Rundum gelungen.

Steven Soderbergh


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THE GIRLFRIEND EXPERIENCE (Steven Soderbergh, 2009)


Ziemlich belangloses Filmchen, zu dem mir nicht viel einfällt. Ereignisse aus dem Leben einer Hostess werden in nicht-chronologischer Reihenfolge erzählt. Das ist zwar alles einigermaßen unterhaltsam, aber ich fragte mich die ganze Zeit, was Soderbergh dem Zuschauer mit diesem Film sagen will. Wahrscheinlich weiß er das selbst nicht genau. Ziemlich penetrant sind die ständigen Verweise auf die Wirtschaftskrise und den damals laufenden US-Wahlkampf. Die ehemalige (?) Pornodarstellerin Sasha Grey ist ganz nett anzusehen und hat sogar so etwas wie Ausstrahlung. Kann man sich also durchaus mal anschauen, muss man aber nicht. Der bisher schwächste Film im Rahmen meiner kleinen Soderbergh-Reihe.

Steven Soderbergh


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HIGH NOON (Fred Zinnemann, 1952)


I've never run from anybody before.

Wie viele andere klassische Western habe ich High Noon zum letzten Mal gesehen, als ich ein Jugendlicher war. Der Spagetti-Western sagte mir seit jeher mehr zu, wobei High Noon zweifellos ein herausragender Vertreter seines Genres ist. Dies nicht nur wegen seiner filmhistorischen Bedeutung, sondern vor allem deshalb, weil er ohne jedes Pathos auskommt und sein Protagonist genau das Gegenteil eines strahlenden Helden ist. Die Verteidigung der Stadt übernimmt er nicht aus irgendeinem Anstands- oder Ehrgefühl heraus, sondern ausschließlich aus egoistischen Gründen, nämlich weil er weiß, dass Miller und seine Leute ihn andernfalls jagen würden bis zu seinem Tod. Da ist ein Showdown in seiner Stadt, in der er sich auskennt, einem möglichen Angriff aus dem Hinterhalt vorzuziehen. Ein zweiter Aspekt, der High Noon so außergewöhnlich macht, ist die Komprimierung der Handlung auf die letzten anderthalb Stunden vor dem Eintreffen Millers und den eigentlich Showdown. Der Film läuft also praktisch in Echtzeit ab. Die damit einhergehende Simplifizierung reduziert die Story auf die vergeblichen Versuche Kanes Leute zu finden, die ihm helfen, während er auf die Ankunft Millers wartet. Amüsant ist dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass in diese außerordentlich simple und geradlinige Story schon alles Mögliche hineininterpretiert wurde. In Wahrheit ging es Zinnemann wohl eher darum, eine möglichst einfache Story möglichst spannend zu erzählen. Dies ist ihm zweifellos gelungen und so ist High Noon unbestritten ein Highlight unter den klassischen Western. Einziger Schwachpunkt aus meiner Sicht ist die immer wiederkehrende Thematisierung des Titelsongs, der mir vom Grunde her zwar gefällt und auch hervorragend zur Handlung passt, nach der fünfzehnten Wiederholung aber doch anstrengend wird. Dennoch natürlich ein zeitloser Klassiker.


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THE QUICK AND THE DEAD (Sam Raimi, 1995)


The law has come back to town.

Formidabler Rache-Western mit Starbesetzung, von den kompetenten Händen Sam Raimis äußerst stylisch in Szene gesetzt. Dabei bedient er sich in erster Linie beim Italo-Western. Die schräge Inszenierung und die stereotypen, völlig überzeichneten Figuren gefallen ebenso wie die blutigen Schießereien und der Score von Alan Silvestri, der stellenweise arg morriconesk daherkommt. Nicht zuletzt kann The Quick and the Dead mit einer ausgesprochen attraktiven Protagonistin (Sharon Stone) aufwarten - ein Novum in einem Western. Ein Film, der einfach gute Laune verbreitet und ausgezeichnet unterhält.


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OCEAN'S THIRTEEN (Steven Soderbergh, 2007)


Wesentlich geschmeidiger als der zweite Streich und inhaltlich wieder mehr am ersten orientiert. Dies liegt vor allem daran, dass es dieses Mal ein vernünftiges Drehbuch gab, und auch der Verzicht auf Julia Roberts tut dem Film gut. Handeln die Gauner jedoch in Ocean's Eleven aus reinem Gewinnstreben, geht es hier um ein moralisch höheres Ziel, nämlich Rache für Kumpel Reuben, der vom skrupellosen Willy Bank (lustiger Name!) so über den Tisch gezogen wurde, dass er einen Herzinfarkt erleidet. Es geht also weniger darum, sich selbst zu bereichern, als vielmehr Willy einen möglichst großen Schaden zuzufügen. Die Streiche, die man dabei dem armen Hoteltester spielt, erinnern zwar eher an die Dumme-Jungen-Streiche aus den alten Lümmel-Filmen mit Hansi Kraus, recht spaßig ist das aber dennoch. Insgesamt ein versöhnlicher Abschluss der Ocean-Reihe.

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OCEAN'S TWELVE (Steven Soderbergh, 2004)


Bedeutend schwächer als der Vorgänger. Zwar sind Bilder und Musik genauso stylisch und die Atmosphäre ebenso lässig, doch krankt der Film vor allem an der dünnen Story, die doch arg konstruiert ist. Die Wendungen sind teilweise an den Haaren herbeigezogen und dienen lediglich dem Selbstzweck. Die schon beeindruckende Darstellerriege des ersten Teils wurde noch um zusätzliche Stars erweitert, die zum Teil mehr schlecht als recht in die Handlung integriert wurden. Insbesondere der Auftritt von Bruce Willis ist nicht mehr als ein unmotiviertes Schaulaufen. Eine echte Bereicherung sind hingegen Catherine Zeta-Jones und Vincent Cassel. Stellenweise ist Ocean's Twelve dann doch noch ganz vergnüglich, doch bleibt am Schluss ein bitterer Nachgeschmack.

Steven Soderbergh


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OCEAN'S ELEVEN (Steven Soderbergh, 2001)


That's terrific! It'll be nice working with proper villains again.

Sehr vergnügliches und kurzweiliges Remake des Milestone-Films, das jenen locker übertrifft, wobei das auch nicht sonderlich schwer ist. Soderbergh schildert den Ablauf des Überfalls mit chirurgischer Präzision und in extrem stylischen Bildern. Jede Kameraeinstellung passt, jeder Schnitt sitzt perfekt. Dabei wirken die Aktionen so lässig wie ein Getränkekauf im örtlichen Supermarkt. Die imposante Darstellerriege tut das ihre, um den Spaßfaktor hochzuhalten. Das ist alles weder spannend noch irgendwie originell, aber eben verdammt unterhaltsam. Ein großer Spaß!

Steven Soderbergh


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CONTAGION (Steven Soderbergh, 2011)


Soderberghs Variante des Katastrophenfilms beschränkt sich nicht auf die Darstellung eines Einzelschicksals, obwohl die Story um Matt Damon so etwas wie das Zentrum des Films bildet, sondern schildert die direkten und indirekten Folgen, die eine verheerende Seuche auf den Alltag hätte. Dazu zählen neben den unmittelbaren Auswirkungen der Krankheit auch der zunehmende Verlust der öffentlichen Ordnung, der mit Plünderungen und Überfällen einhergeht und einer Entwicklung hin zu anarchischen Strukturen. Dies wird alles kühl distanziert, teilweise im Stile einer Nachrichtensendung abgehandelt. Dies ermöglicht es Soderbergh, die Entwicklung nicht nur regional oder personell beschränkt, sondern global in ihrem vollen Ausmaß zu betrachten. Mir ist kein anderer Katastrophenfilm bekannt, der dies in derart gekonnter Weise zustandebringt. Auch die neuen Medien finden Berücksichtigung, hier personifiziert durch den Blogger Alan Krumwiede (klasse: Jude Law in einer wahrhaft bösartigen Rolle). Die Inszenierung ist wieder völlig makellos und von einer rasanten Erzählweise geprägt, die atemlose Spannung erzeugt. Formal Haywire sehr ähnlich, emotional jedoch wesentlich distanzierter, vermittelt Contagion einen hervorragenden Eindruck von den Folgen einer Pandemie in unserer stark vernetzten Welt.

Steven Soderbergh


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SEX, LIES, AND VIDEOTAPE (Steven Soderbergh, 1989)


Soderberghs Debut, für das er die Goldene Palme gewann, ist aus heutiger Sicht eher unspektakulär, ungeachtet seines Einflusses auf die Entwicklung des Independentfilms. Man kann sich jedoch vorstellen, wie der Film vor mehr als zwanzig Jahren im prüden Amerika angekommen sein muss. Sein Thema ist natürlich zeitlos, die Probleme in der Beziehung zwischen Mann und Frau haben sich seither nicht wesentlich verändert. Und aufgrund der pointierten Dialoge und der guten Darstellerleistungen ist Sex, Lies, and Videotape immer noch äußerst kurzweilig und unterhaltsam.

Steven Soderbergh


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ZULU DAWN (Douglas Hickox, 1979)


Zulu Dawn ist eine Art Prequel zum 15 Jahre früher erschienen Zulu. Im Gegensatz zu jenem war Zulu Dawn nur mäßiger Erfolg beschieden - freundlich formuliert. In Deutschland lief der Film noch nicht mal im Kino, und ich gebe zu, dass ich bis vor zwei Wochen gar nichts von seiner Existenz wusste. Hinter dem Titel hätte ich vermutlich auch eher einen Horrorfilm vermutet. Erzählt wird die historische Schlacht am Berg Isandhlwana am 22. Januar 1879, bei der eine britische Heeresabteilung von etwa 1.300 Mann trotz technischer Überlegenheit von mehr als 20.000 Zulu-Kriegern komplett vernichtet wurde. Dies geschah unmittelbar vor dem Kampf um Rorke's Drift, von dem der Film Zulu erzählt. Das Drehbuch stammt von Cy Endfield, der beim ersten Film Regie geführt hat. Was ihn bewogen hat, 15 Jahre später und im fortgeschrittenen Alter diese Drehbuch zu schreiben, würde mich schon interessieren. Vielleicht war es tatsächlich das 100-jährige Jubiläum dieser historischen Niederlage.

Nun denn, mit entsprechend geringen Erwartungen bin ich die Sichtung angegangen und wurde äußerst positiv überrascht. Schon anhand des Casts wird schnell klar, dass es sich hier keineswegs um eine Low-Budget-Produktion handelt. Burt Lancaster, Peter O'Toole und John Mills sind Namen, die für Qualität stehen, zudem steuerte Elmer Bernstein den Score bei. Wie schon beim ersten Film wurde ausschließlich vor Ort gedreht, insbesondere in der südafrikanischen Provinz Natal. Das Ergebnis ist ein episches und überaus bildgewaltiges Abenteuer, das für die Entstehungszeit völlig untypisch ist. Solche Filme kennt man eher aus den 50er und 60er Jahren. Ursächlich für die bittere Niederlage der britischen Truppen war nach heutigem Kenntnisstand eine Kette von Fehlentscheidungen und Fehleinschätzungen der kommandierenden Offiziere, was im Film auch deutlich herausgearbeitet wird. Persönliche Eitelkeiten und Streitereien darüber, wer denn nun das Kommando habe, und taktische Fehler gehörten ebenso dazu wie eine permanente Geringschätzung des Gegners. Dies resultierte in der für kriegerische Auseinandersetzungen in den Kolonialgebieten ungewöhnlich hohen Zahl eigener Verluste. Für die Zulus war es ein Pyrrhussieg. Es dauerte kein halbes Jahr mehr bis zu ihrer endgültigen Vernichtung durch das britische Empire.

Warum Zulu Dawn mit einer derartigen Ignoranz seitens der Filmfreunde gestraft wird, ist mir völlig schleierhaft. Der filmhistorische Stellenwert der beiden Filme lässt sich übrigens prima an der Bluray-Umsetzung ablesen. Während der fast 50 Jahre alte Zulu in atemberaubender Farbenpracht auf die Scheibe gebannt wurde, ist die Bildqualität des 15 Jahre jüngeren Prequels bestenfalls als dem Alter angemessen zu bezeichnen. Verdient hat Zulu Dawn diese Missachtung wirklich nicht.


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UNDER SIEGE 2: DARK TERRITORY (Geoff Murphy, 1995)


Assumption is the mother of all fuck-ups.

Nach dem großen Erfolg des ersten Teils musste natürlich eine Fortsetzung her. Diese ist im Allgemeinen nicht sehr beliebt, ich hingegen mag sie genauso gerne wie Teil 1. Das Setting in einem Zug gefällt mir sogar noch besser als das Schiffs-Szenario des Vorgängers. Im Vergleich zu diesem wurde das Budget deutlich aufgestockt, was u. a. eine grandiose Actionsequenz am Ende ermöglichte, in der der Zug auf einer Brücke frontal mit einem mit Benzin beladenem Güterzug kollidiert. Für die Regie verpflichtete man den Neuseeländer Geoff Murphy, der mich schon mit dem zehn Jahr zuvor entstandenen Endzeitfilm The Quiet Earth nachhaltig beeindrucken konnte und auch hier gute Arbeit ablieferte. Einige Abstriche muss man beim Cast machen. Zwar gelang es, den kompletten Krisenstab des ersten Teils wieder zu verpflichten, doch haben die beiden Oberschurken Everett McGill und Eric Bogosian nicht das Charisma eines Gary Busey oder gar Tommy Lee Jones. Dies lässt sich aber leicht verschmerzen, zumal die Vertonung dieses Mal in den kompetenten Händen von Basil Poledouris lag. Und so bietet Under Siege II anderthalb Stunden beste Unterhaltung. Und der Spruch, den ich als Zitat vorangestellt habe, ist inzwischen Legende.


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HAYWIRE (Steven Soderbergh, 2011)


Als ich kürzlich einen Artikel über Steven Soderbergh las, wurde mir bewusst, dass ich nur wenige Filme von ihm kenne, diese aber alle gut finde. Höchste Zeit also, den eigenen Horizont etwas zu erweitern...

Haywire ist ein James-Bond-artiger Actionfilm mit ständig wechselnden Sets rund um die Welt. Barcelona, Dublin, New York, New Mexico, Vera Cruz, Mallorca - viel mehr geht auch beim britischen Geheimagenten nicht. Bei Haywire ist die Protagonistin eine Frau, und zwar die frühere Mixed-Martial-Arts-Kämpferin Gina Carano, die nicht nur phantastisch aussieht, sondern aufgrund ihrer früheren Tätigkeit über höchst beeindruckende kämpferische Fähigkeiten verfügt. Sie ist es dann auch, die den Film so sehenswert macht. Die (nicht allzu große) schauspielerische Herausforderung meistert sie leidlich, doch die Kampfszenen sind nicht nur erstklassig choreografiert, sondern wirken darüber hinaus größtenteils sehr realistisch. Aufgrund ihrer Technik nimmt man es ihr durchaus ab, dass sie die Männer gleich reihenweise vermöbelt. Die Inszenierung ist makellos. Bemerkenswert ist die Montage der Befreiungssequenz des chinesischen Dissidenten in Barcelona: während sie sich optisch an den üblichen Formalien orientiert wie schnelle Schnittfolge, wackelnde Kamera, etc., wird die natürliche Geräuschkulisse zunächst komplett durch Musik überlagert. Als dann die ersten Schüsse fallen, sind diese nur dumpf zu hören, während die anfangs sehr langsame Musik stetig an Tempo gewinnt und im Laufe der Verfolgungsjagd immer dynamischer wird. In gleichem Maße kommen dann auch wieder die natürlichen Geräusche zum Einsatz, die sich zunächst mit der Musik mischen und diese zum Schluss ganz verdrängen. Großartig! In den Nebenrollen kann Soderbergh mit einem beeindruckenden Cast aufwarten: Ewan McGregor, Michael Douglas, Bill Paxton, Antonio Banderas und Michael Fassbender.

Nüchtern betrachtet ist Haywire ein formelhafter und spannender Actionreißer, der sich jedoch durch seine perfekte Inszenierung und die wunderbare Hauptdarstellerin, die zugleich Gefahr und Sex-Appeal ausstrahlt, von der Masse abhebt.

Steven Soderbergh


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ZULU (Cy Endfield, 1964)


We dropped at least 60, wouldn't you say? - That leaves only 3,940.

Sehr guter Kriegsfilm über die geschichtlich belegte Schlacht um Rorke's Drift, bei der etwa 150 britische Soldaten einem Angriff von 3.000 - 4.000 Zulu-Kriegern standhielten. Endfield bemühte sich um eine objektive Darstellung der gegnerischen Parteien, wobei die Zulus natürlich nur eine gesichtslose Masse bleiben. Er verzichtete jedoch auf jeden Pathos, und so stehen die Sieger am Ende nicht als strahlende Gewinner da, sondern als glückliche Überlebende eines grausamen Massakers, auf das niemand stolz sein kann. "Sick" erwidert dann auch folgerichtig Lt. Bromhead (Michael Caine in seiner ersten größeren Rolle) nach gewonnener Schlacht auf die Frage, wie er sich fühle. Übelkeit, Ekel und Erschöpfung statt wehender Fahnen und Siegesfeiern. Sehr überzeugende Darsteller, allen voran Stanley Baker, der den Film auch mitproduziert hat. Endfield porträtiert ihn nicht als heldenhaften Führer, sondern als zaudernden Kommandeur, der zwischenzeitlich sogar kurz davor ist, dem Kampf zu entfliehen und sich hinter seiner nur leichten Verletzung zu verstecken. Letztlich trifft er jedoch die richtigen Entscheidungen und hat das notwendige Glück, die Schlacht zu überstehen. Zum Schluss wird's dann doch noch pathetisch, als die Zulus nochmal anrücken, die Briten in Kampfstellung gehen, um dann festzustellen, dass die Zulus ihnen durch einen Gesang Ehrerbietung für ihren tapferen Kampf erweisen und anschließend friedlich von dannen ziehen. Das ist natürlich kompletter Unsinn. In Wahrheit sind die völlig erschöpften Zulus abgerückt, weil die britische Verstärkung eintraf.


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RAISING ARIZONA (Joel Coen, 1987)


Eine Komödie der Coen Brothers in ihrem unverwechselbaren Stil, die teilweise recht albern daherkommt. Einige Gags sind doch erschreckend flach. Nicolas Cage hasse ich ja sowieso, wobei er hier noch einigermaßen zu ertragen ist. Ansonsten gibt es viel Altbewährtes. Highlights sind natürlich wieder alle Szenen mit John Goodman - der Typ ist einfach klasse! Nicht gerade mein Lieblings-Coen, aber besser als Intolerable Cruelty oder O Brother, Where Art Thou? ist das hier allemal. Einmal gucken reicht dann aber auch.

Coen Brothers


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FROM DUSK TILL DAWN (Robert Rodriguez, 1996)


Psychos do not explode when sunlight hits them, I don't give a fuck how crazy they are!

Noch ein Roadmovie, das auf einem Tarantino-Drehbuch basiert, oder besser gesagt eine Mischung aus Roadmovie und Vampirfilm. Ein prägendes Element neben den staubigen Straßen ist die großartige Musik von Tito & Tarantula, die für ein perfektes Südstaaten-Flair sorgt. Im direkten Vergleich mit True Romance fällt From Dusk Till Dawn doch deutlich ab. Tarantinos Einfluss ist wieder deutlich zu spüren, wobei ich aufgrund der Tatsache, dass Rodriguez sein Kumpel ist und er selbst zudem als Darsteller in Erscheinung tritt, vermute, dass sein Einfluss hier ungleich größer war. Ein Problem des Streifens ist aus meiner Sicht, dass die Eröffnungsszene in dem Liquor-Store die mit Abstand beste Szene des ganzen Films ist. Danach geht es langsam aber stetig bergab, wobei immerhin der knisternde Auftritt Salma Hayeks nochmal ein Ausrufezeichen setzen kann. Höchst amüsant finde ich, dass Tarantino diese Szene ganz unverfroren dazu nutzte, um quasi seine persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen.

From Dusk Till Dawn bietet trotz seiner Schwächen - vor allem in der zweiten Hälfte - gute und überwiegend kurzweilige Unterhaltung. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Robert Rodriguez Quentin Tarantino


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TRUE ROMANCE (Tony Scott, 1993)


Cicilians were spawned by niggers.

Nach den waschechten Tarantino-Filmen müssen natürlich noch die beiden Umsetzungen seiner Drehbücher folgen (Natural Born Killers spare ich dabei mal großzügig aus, kann man doch diesen unabhängig von seinen nicht zu leugnenden Qualitäten nicht als adäquate Umsetzung in Tarantinos Sinne betrachten). True Romance hatte ich auch schon Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Wurde also mal wieder höchste Zeit.

Tony Scott hat einige Änderungen am ursprünglichen Drehbuch vorgenommen. Er machte aus der nicht chronologischen Struktur eine lineare Erzählweise und verpasste dem Film ein Happy-End, in dem Clarence die Schießerei unter Verlust seines Auges überlebt. Ungeachtet dieser Änderungen ist Tarantinos Einfluss an allen Ecken und Enden spürbar. Seien es die ebenso skurrilen wie liebenswerten Charaktere, die für ihn so typischen Dialoge, der starke Bezug zum Film im Allgemeinen und dem asiatischen Kino im Besonderen oder etwa der Mexican Standoff am Ende – inzwischen ja ein immer wiederkehrendes Element seiner Filme. Nicht zuletzt ist die Figur des Clarence erkennbar durch Tarantinos eigene Biografie inspiriert. Der wesentliche Punkt, der True Romance von den „echten“ Tarantino-Filmen unterscheidet, ist die schnörkellose, temporeiche Inszenierung, die ohne Umwege direkt zum Punkt kommt. Tarantino geht da doch etwas verspielter zu Werke.

Die Darstellerriege, die Scott hier versammeln konnte, ist sehr beachtlich und trägt erheblich dazu bei, jeder noch so kleinen Nebenrolle eine besondere Note zu verleihen. Den denkwürdigsten Part haben dabei Christopher Walken und Dennis Hopper in der wohl besten Szene, die Tarantino je geschrieben hat. Doch auch darüber hinaus bietet True Romance eine Vielzahl erinnerungswürdiger Momente. Ein ganz wundervoller Film und die mit großem Abstand beste Arbeit von Tony Scott. Dieses Qualitätsniveau hat er danach nie wieder erreicht.

Quentin Tarantino


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THELMA & LOUISE (Ridley Scott, 1991)


You finally got laid properly. That's so sweet!

Starke Frauenfiguren sind in Scotts von Männern dominiertem Kino mindestens so ungewöhnlich wie ein Roadmovie mit zwei Frauen auf der Flucht im Kino im Allgemeinen. Doch Scotts Film ist nicht nur Roadmovie, sondern auch Charakterstudie. Insbesondere Thelma durchläuft eine tiefgreifende Wandlung, nämlich die vom ängstlichen, braven aber auch frustrierten Heimchen am Herd zur starken, selbstbewussten Frau, die sich nimmt, was sie will. Dabei fängt alles so harmlos an. Ein Wochenendausflug der beiden Freundinnen Thelma und Louise, ein kleiner Flirt mit einem Fremden, eine versuchte Vergewaltigung, eine anschließende Provokation, ein Mord. Und schon ist aus einer unbeschwerten Spritztour eine hektische Flucht geworden, die schließlich zu einem Selbstzerstörungstrip mutiert. Durch unglückliche Zufälle, vor allem aber auch durch eigene Dummheit werden die beiden Flüchtigen immer mehr in die Enge getrieben und greifen zu immer radikaleren Mitteln. Spätestens nach dem Telefonat zwischen Louise und Hal ist klar, dass sie aus der Nummer nicht mehr rauskommen werden. Dies führt dazu, dass sie auch noch die letzten Hemmungen ablegen und ihre kostbare Zeit verschwenden, um den notgeilen LKW-Fahrer für sein ungebührliches Verhalten ihnen gegenüber zu bestrafen.

Die Irrfahrt der beiden erinnerte mich in mehrerlei Hinsicht an Kowalskis Odyssee in Vanishing Point. Letzten Endes bleibt ihnen hier wie ihm dort nur die Wahl zwischen Gefängnis und Freiheit, wobei Letztere nur durch den Freitod zu erreichen ist. Schon früh wird klar, für welche Varianten sich die beiden Frauen entscheiden werden. Der finale Abflug in die Tiefen des Grand Canyon ist an Symbolkraft nur schwer zu übertreffen.

Der Film lebt vor allem vom Spiel seiner sympathischen Hauptdarstellerinnen. Die Besetzung ist ideal. Susan Sarandon, die ich ohnehin immer als Feministin wahrgenommen habe, gibt die toughe Louise, die aufgrund traumatischer Erfahrungen in der Vergangenheit, die der Film erfreulicherweise im Dunkeln lässt, Männern mit Misstrauen gegenübertritt. Und Geena Davis als liebenswertes, naives Dummchen, das durch Ungeschicklichkeit nicht unerheblich zur stufenweisen Eskalation der Geschehnisse beiträgt. Auch toll: Harvey Keitel als väterlicher Polizist, der den Fliehenden grundsätzlich wohlgesonnen ist, weil er ahnt, dass sie in erster Linie durch die Umstände getrieben werden. Bei dem Versuch, sie zur Vernunft zu bringen, scheitert er jedoch auf ganzer Linie. Grandiose Landschaftsaufnahmen gibt es nebenbei übrigens auch noch. Das alles passend untermalt von Hans Zimmers wunderbarem Score.

Immer wieder schön zu sehen, dass Ridley Scott neben seinen beiden alles überstrahlenden Meisterwerken Alien und Blade Runner noch andere gute Filme gemacht hat. Thelma & Louise ist einer davon.

Ridley Scott


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FROM BEYOND (Stuart Gordon, 1986)


Nach dem überraschend guten Dagon ging ich die Sichtung von From Beyond mit großen Erwartungen an, führte hier doch ebenfalls Stuart Gordon Regie, und wie auch bei Dagon war Brian Yuzna der Produzent. Umso größer die Enttäuschung über dieses alberne, billige Horrorfilmchen, von dem nach der Sichtung vor allem schlechte Masken und schwache Effekte in Erinnerung bleiben. Spannung und Atmosphäre Fehlanzeige. Mit Lovecraft hat das nicht viel zu tun, obwohl der Protagonist, der Filmtitel und die Grundkonstellation seiner gleichnamigen Kurzgeschichte übernommen wurden. Ein Film, auf den die Welt getrost hätte verzichten können.


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INGLOURIOUS BASTERDS (Quentin Tarantino, 2009)


Amerikanisches Olympiagold lässt sich mit Negerschweiß aufwiegen.

Inglourious Basterds ist der erste Tarantino-Film, der nicht in der Gegenwart spielt. Selbstreferenzen sucht man daher vergebens. Stattdessen bedient er sich historischer Figuren und mischt sie mit fiktiven Elementen, um daraus die Geschichte in seinem Sinne umzuschreiben, was I. B. stellenweise wie eine Comic-Verfilmung wirken lässt oder wie einen Nazi-Schundroman. Auffällig sind die vielen Bezüge auf Regisseure und die Filmindustrie der damaligen Zeit sowie die zentrale Rolle des Mediums Film, dem hier sogar die ehrenvolle Rolle zuteil wird, den zweiten Weltkrieg zu beenden. Leider schwächelt auch Inglourious Basterds bei den Dialogen - viele sind schlichtweg langweilig. Die Eröffnungsszene auf dem französischen Bauernhof hätte man beispielsweise locker auf die halbe Spielzeit zusammenstreichen können. Das größte Problem, das ich mit dem Film habe, ist die Tatsache, dass es keine Figuren gibt, die die Möglichkeit der Identifikation mit ihnen bieten oder zumindest Empathie für sie zu empfinden. Fast sämtliche Charaktere sind entweder vollkommen unsympathisch oder nerven wie Sau. Den Vogel schießt Brad Pitt ab, den ich normalerweise gerne sehe, aber hier geht er mir einfach nur auf den Keks. Und auch Christoph Waltz, den ich im Übrigen für einen exzellenten Schauspieler halte, nervt mit seinem selbstgefälligen Geschwätz.

Inglourious Basterds ist alles andere als ein schlechter Film, es gibt eine Reihe witziger Einfälle, solide Darstellerleistungen und einen gelungenen Score. Und doch ist es Tarantinos bisher schwächster. Und vom Niveau seiner ersten fünf Filme ist das hier ziemlich weit entfernt.

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DEATH PROOF (Quentin Tarantino, 2007)


Death Proof ist der erste Film Tarantinos, der leichte Schwächen aufweist und das Niveau seiner Vorgänger nicht ganz erreicht. Das liegt an der ersten Stunde, die stellenweise arg belanglos vor sich hinplätschert. Die Mädels, die im Mittelpunkt des Geschehens stehen, sind doch eher langweilig und vermögen keinen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen. Lediglich die hübsche Sydney Tamiia Poitier fällt hier positiv auf. Das alles ändert sich komplett nach dem inszenierten Unfall. Die zweite Gruppe bietet viel interessantere Charaktere, und auch die Dialoge sind plötzlich deutlich besser. Vor allem Zoë Bell hat es mir angetan. Und die Idee, Ship's Mast auf dem 1970er Dodge Challenger zu spielen, ist herrlich bescheuert. Gegen Ende nimmt Death Proof dann mächtig Fahrt auf und endet in einem furiosen Finale, das für die ein oder andere Länge zu Beginn entschädigt. Insgesamt ein toller Film, der jedoch hinter seinen fünf Vorgängern zurückbleibt. Das ist aber keine Schande.

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KILL BILL: VOL. 2 (Quentin Tarantino, 2004)


I overreacted.

Nach dem rasanten ersten Teil kommt Volume 2 etwas gediegener daher. Die Erzählweise ist deutlich ruhiger, was vor allem an den zahlreichen Rückblenden in die Zeit vor dem Two-Pines-Massaker liegt. Die Fragen, die im ersten Teil aufgeworfen wurden, wollen beantwortet, die Profile der Charaktere geschärft werden. Tarantinos Zitierfreude hat das natürlich keinen Abbruch getan und auch sonst knüpft Volume 2 nahtlos an die Stärken des 1. Teils an. Was auch nicht weiter verwundert, schließlich war Kill Bill ja ursprünglich als ein Film konzipiert. Aufgrund der dialogbetonten Erzählweise verfügt Vol. 2 dennoch über eine eigenständige Note, richtige Actionszenen gibt es nur wenige. Herausragend in jedem Fall der furiose Kampf im Wohnwagen zwischen Beatrix Kiddo und Elle Driver, bei der nahezu das komplette Inventar in seine Bestandteile zerlegt wird. Insgesamt gefällt mir Vol. 2 einen Tick weniger gut als Vol. 1, aber auch so ist es ein herausragender, ein meisterhafter Film.

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KILL BILL: VOL. 1 (Quentin Tarantino, 2003)


Well, give me the gory details, son number one!

Tarantinos großes Rache-Epos, für das er sich sechs Jahre Zeit gelassen hat, ist so lang geraten, dass er es in zwei Teilen ins Kino bringen musste. Nach wie vor betrachtet er jedoch die beiden Kill-Bill-Teile als einen Film, was man auch daran erkennt, dass er Django Unchained unlängst als seinen siebten Film bezeichnete. Nicht, dass das unbedingt wichtig wäre, doch wenn er seine Ankündigung wahrmachen sollte, nach zehn Filmen seine Karriere als Regisseur zu beenden, weiß man seither immerhin, dass er noch drei Filme vor sich hat.

Der erste Teil bildet einen bunten stilistischen Mischmasch und bedient sich u. a. beim klassischen Kungfu-Film, dem Spagetti-Western und dem japanischem Manga. Durchsetzt mit Pulp-Elementen und in nichtchronologischer Reihenfolge erzählt wirkt er in seiner Gesamtheit dennoch wie aus einem Guss. Die Inszenierung ist betont dynamisch und bietet keinerlei Leerlauf. Sehr gelungen ist auch die Musikauswahl. Das fängt schon mit dem melancholischen Bang Bang von Nancy Sinatra an, das den passenden Ausklang für die Schwarzweiß-Sequenz mit der blutverschmierten Braut bildet. Natürlich ist die Story kompletter Blödsinn, aber die Art und Weise, wie Tarantino jedes noch so absurde Detail höchst stilvoll zelebriert, nötigt mir nach wie vor großen Respekt ab. Ein Paradebeispiel dafür ist die phantastische Splitscreen-Montage, in der sich Daryl Hannah als Krankenschwester verkleidet und mit einer Giftspritze bewaffnet der komatösen Braut nähert, kongenial untermalt von Bernard Herrmanns Twisted Nerve.

Kill Bill: Vol. 1 ist eine irre Achterbahnfahrt durch 30 Jahre Filmgeschichte, die vor witzigen Einfällen und bizarren Ideen nur so strotzt. Meisterhaft!

Quentin Tarantino


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JACKIE BROWN (Quentin Tarantino, 1997)


Wanna fuck?

Jackie Brown ist der einzige Tarantino-Film, der auf einer Romanvorlage basiert, auf Elmore Leonards Rum Punch genauer gesagt. Inwieweit dieser Zusammenhang ursächlich ist für die zurückgenommene, beinahe gemächliche Erzählweise weiß ich nicht, Fakt aber ist, dass ebenjene Jackie Brown zu einem ungeheuer entspannten Film macht. Vielleicht aber wollte Tarantino auch einfach nur die Erwartungen des Zuschauers unterlaufen. Ein Hauptaugenmerk legte er wieder einmal auf die detaillierte und liebevolle Zeichnung der Charaktere und hier hat er sich selbst übertroffen. Jackie Brown und Max Cherry sind wahrscheinlich die beiden liebenswertesten Figuren im Tarantino-Universum. Und selbst der egomanische, rücksichtslose Waffenhändler Ordell, der so gerne eine große Nummer wäre, in Wahrheit aber nur Kleinganoven und Drogensüchtige zu seinen Kunden zählen und damit höchstens seinen heruntergekommenen, schmierigen Kumpel Louis (grandios: Robert de Niro) beeindrucken kann, ist einem irgendwie sympathisch. Auch mit der Wahl der Darsteller hat Tarantino voll ins Schwarze getroffen. Die Blaxploitation-Ikone Pam Grier ist einfach wunderbar und dominiert den Film durch ihre starke Präsenz und Robert Forster steht ihr in nichts nach.

Jackie Brown ist ein großartiger Film voller magischer Momente und liebevoller Details. Und ganz unzweifelhaft eine von Tarantinos besten Arbeiten.

Quentin Tarantino


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PULP FICTION (Quentin Tarantino, 2004)


But you know what's on my mind right now? It ain't the coffee in my kitchen, it's the dead nigger in my garage.

Pulp Fiction war der erste Tarantino-Film, den ich gesehen habe, und es ist bis heute auch der Meistgesehene. Mein Lieblings-Tarantino war er hingegen nie, insbesondere deshalb, weil ich den Mittelteil (die Bruce-Willis-Story) immer als recht langatmig empfunden habe. Heute hingegen kam sie mir gar nicht so lang vor, und Pulp Fiction hat mir noch nie so viel Spaß gemacht wie dieses Mal. Highlights des Films sind natürlich die gemeinsamen Szenen von Samuel L. Jackson und John Travolta, insbesondere die "Bonnie-Situation" hat es mir seit jeher angetan. Pulp Fiction greift verschiedene Elemente aus dem Vorgänger auf und führt sie konsequent weiter, ist insgesamt jedoch deutlich überzeichneter als jener, ganz getreu dem Filmtitel. Aufgefallen ist mir dieses Mal, wie oft Vincent auf dem Klo rumhängt. Die entscheidenden Dinge bekommt er nie mit und am Ende wird er sogar erschossen, als er vom Klo kommt. Toll auch wieder die Musikauswahl, und wie schon beim Vorgänger (und beim Nachfolger) ist die Musik immer Teil der jeweiligen Szene und kommt nie von außerhalb als bloße Untermalung. Ein Prinzip, von dem sich Tarantino schon lange verabschiedet hat.

Was seinen filmgeschichtlichen Status und seinen popkulturellen Einfluss angeht, ist Pulp Fiction ganz zweifellos Tarantinos bedeutendster Film. In jedem Fall ein Werk, das die Filmwelt ein Stück weit verändert hat.

Quentin Tarantino


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NACHT ÜBER BERLIN (Friedemann Fromm, 2013)


Lief vorgestern auf Eins Festival. Eine deutsche Fernsehproduktion, die den Brand des Reichtages im Februar 1933 thematisiert. In bester David-Lean-Tradition wird eine fiktive Liebesgeschichte - eingebettet in einen historischen Kontext - erzählt. Eine interessante Idee, da die Zeit der Weimarer Republik in der Filmgeschichte doch eher stiefmütterlich behandelt wurde. Das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen, ist allerdings auch mit einigen Schwächen behaftet. Die augenscheinlichste sind die wenig natürlich wirkenden Kulissen. Zwar hat man sich alle Mühe gegeben, das Berlin der 30er Jahre wieder auferstehen zu lassen, doch hat man meist das Gefühl, sich in einem überdimensionierten Studio zu befinden. Bei der Rekonstruktion des Reichstags kam gar CGI zum Einsatz. Dies geht natürlich zu Lasten der Atmosphäre, wird allerdings teilweise durch die detailverliebte Ausstattung kompensiert. Die Liebesgeschichte zwischen der Ballhausbesitzerin und dem jüdischen Arzt, der zudem für die SPD im Reichstag sitzt, ist belanglos und dient nur dazu, den Zuschauer emotional in das Geschehen einzubeziehen. Das funktioniert soweit auch ganz gut, was in erster Linie ein Verdienst des überzeugenden Schauspielerehepaares Loos/Liefers ist. Insgesamt eine recht unterhaltsame Angelegenheit.





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Tommy The Cat
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