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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden

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UNFORGIVEN (Clint Eastwood, 1992)


It's a hell of a thing, killing a man. Take away all he's got and all he's ever gonna have.

Seit ich Eastwoods finale Abrechnung mit dem Western 1992 im Kino gesehen habe, zählt sie zu meinen Lieblingsfilmen. Er korrigiert hier auf drastische Weise das Bild des wortkargen, kaltblütigen Revolverhelden, den er selbst jahrzehntelang verkörpert hatte. Ein durch und durch großartiges Werk, Eastwoods mit Abstand beste Arbeit und ganz nebenbei der beste Western der letzten 40 Jahre.

Clint Eastwood


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VALHALLA RISING (Nicolas Winding Refn, 2009)


Ein mythischer, geheimnisvoller Film, dessen größten Schauwerte zweifellos die grandiosen Landschaftsaufnahmen sind. Refn bezeichnete seinen Film in einem Interview als Science Fiction, und das ist durchaus zutreffend, wenn man dies im Sinne von der Realität entrückt begreift. Exzessives Color-Grading und der beinahe vollständige Verzicht auf Umgebungs- und Naturgeräusche lassen die Umwelt verlassen und tot erscheinen, was unweigerlich zu der Frage führt, ob sich die Charaktere tatsächlich in der Hölle befinden - wie es einer der eingeblendeten Zwischentitel verheißt. Ein beinahe hypnotisches Filmerlebnis, das mich ziemlich geplättet zurückließ. Das schreit nach einer baldigen Zweitsichtung.

Nicolas Winding Refn


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BIRD (Clint Eastwood, 1988)


Eastwood zeigt den unaufhaltsamen Niedergang des genialen Saxophonisten Charlie Parker in düsteren Bildern, bei denen Blautöne und Nachtaufnahmen dominieren. Eine gnadenlose Chronik der Selbstzerstörung. Statt einer chronologischen Erzählweise entschied er sich, die Geschehnisse stückchenweise in einzelnen Episoden zu erzählen, wobei ich manchmal Schwierigkeiten hatte, diese im zeitlichen Gesamtablauf einzuordnen. Eine dominierende Rolle spielt natürlich die Musik, neben Forest Whitaker der eigentliche Hauptdarsteller.

Leider ist der Film in seiner Gesamtheit unheimlich zäh und langatmig geraten und so ertappte ich mich gleich mehrfach beim Blick auf die Uhr. Darstellerisch lässt Eastwood nix anbrennen, auch die Atmosphäre ist stimmig, wobei die beschwingte Heiterkeit der Musik in interessantem Gegensatz zur düsteren Grundstimmung steht. Die Schwächen liegen im Drehbuch einerseits und den uninspirierten Dialogen andererseits. Dass Musiker-Biografien auch kurzweilig und spannend sein können, hat James Mangold mit Walk the Line hinreichend bewiesen.

Clint Eastwood


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5 x 2 (François Ozon, 2004)


Ozon erzählt die Geschichte von Marion und Gilles anhand von fünf markanten Szenen ihrer Beziehung in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge. Beginnend mit dem Scheidungstermin arbeitet er sich über ein Abendessen mit Freunden, bei dem die Spannungen zwischen den Beiden schon deutlich zu spüren sind, die Geburt des Sohnes Nicolas und die Hochzeit schließlich bis zum Beginn ihrer Beziehung im Italienurlaub vor. Interessant dabei ist, dass in jeder Szene einer der beiden durch ein gewisses Fehlverhalten auffällt. Sei es die Geschichte von der Orgie, die Gilles gegen Marions Willen erzählt, Gilles Feigheit bei der Geburt des Sohnes oder Marions Schäferstündchen mit dem Amerikaner in der Hochzeitsnacht, während Gilles besoffen im Bett schläft. Und auch dem Beginn ihrer Beziehung liegt ein Betrug zugrunde, indem Gilles seine Freundin Valerie alleine zu einer Bergwanderung schickt und in ihrer Abwesenheit Marion trifft.

Möglicherweise auch eine zu harsche Interpretation meinerseits, die aber nur beweist, dass Ozons Konzept aufgeht, nämlich durch die umgekehrte Reihenfolge den Zuschauer zu zwingen, in jeder der folgenden Sequenzen nach ebensolchem Fehlverhalten, nach Hinweisen für das unausweichliche Scheitern der Beziehung zu suchen. Und so fragt man sich immer wieder, inwieweit diese oder jene Aktion ein kleines Stück weit dazu beigetragen hat - oder eben auch nicht. Zudem ermöglicht diese Vorgehensweise, den Zuschauer mit einem Quasi-Happy-End aus dem Film zu entlassen, auch wenn es in Wirklichkeit keines ist.

Die Inszenierung ist betont ruhig und zurückhaltend. Gesprochen wird nur wenig; stattdessen konzentriert sich der Film ganz auf das Spiel der beiden Hauptdarsteller, die diese Aufgabe hervorragend lösen. Die übrigen Figuren spielen keine große Rolle, abgesehen vielleicht von Marions Eltern. Der Rest besteht aus austauschbaren Statisten.

François Ozon


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TRUE CRIME (Clint Eastwood, 1999)


Solider, gut gemachter Thriller von Eastwood, in dem er zum wiederholten Mal die Rolle des abgehalfterten Trunkenboldes spielt, der zwar inzwischen dem Alkohol entsagt hat und doch im Alltag, insbesondere in der Rolle des Familienvaters, versagt. Das spannende Script und die guten Darsteller sorgen dafür, dass man als Zuschauer schnell Partei für Frank Beechum ergreift. Hervorzuheben ist vor allem die Leistung Isaiah Washingtons, der den unschuldig Verurteilten sehr glaubwürdig spielt. Der Abschied von seiner Familie wenige Stunden vor der geplanten Hinrichtung ist wirklich herzzerreißend. Das Ende ist natürlich vorhersehbar, mit der Einschränkung, dass ich mich bis kurz vor Schluss fragte, wie der Unschuldsnachweis zustande kommen würde, doch angesichts der Sympathie, die man im Filmverlauf Beechum und seiner Familie entgegenbringt, wäre ein anderes Ende auch eine unschöne Überraschung gewesen.

Keine Großtat Eastwoods, aber wie so oft gute und spannende Unterhaltung.

Clint Eastwood


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ROBIN HOOD - Director's Cut (Ridley Scott, 2010)


Nach Jahren endlich mal wieder ein Scott-Film, dem ich im Vorfeld mit hohen Erwartungen entgegenblickte. Und diese Erwartungen sollten nicht enttäuscht werden, ist dem Briten doch ein trotz einiger Unzulänglichkeiten rundum stimmiges Werk gelungen, das die fiktive Vorgeschichte des bekannten Robin-Hood-Mythos erzählt und dabei geschickt historisch verbürgte Ereignisse - wenn auch in einem angepassten zeitlichen Kontext - in die Handlung integriert. In einigen Punkten sind Scott respektive seine Drehbuchautoren zwar übers Ziel hinausgeschossen - beispielhaft sei hier die Wendung erwähnt, nach der sich Robin Hoods Vater letztlich als Verfasser der Magna Carta entpuppt - und auch die Anbiederungen an den modernen Zeitgeist, ohne die heutzutage kein Historienspektakel mehr auszukommen scheint, missfallen, doch kann das dem Film als Ganzes nur wenig anhaben. So begeistern die akribisch gestalteten Sets und Kostüme ebenso wie die epischen Schlachten und Scotts routinierte, stets äußerst straffe Inszenierung, die trotz stattlicher Spielzeit keine Sekunde Langeweile aufkommen lässt.

Ridley Scott


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THE EIGER SANCTION (Clint Eastwood, 1975)


Ein Film, bei dem es sich kaum lohnt, viele Worte zu verlieren. Ein dümmlicher Plot, der auf die Logik scheißt, kernige Oneliner und ein paar nette Mädels, die nur um ihrer optischen Reize willen mehr schlecht als recht in die Handlung integriert wurden. Das Ganze ergibt dennoch eine erstaunlich unterhaltsame Mischung, bei der lediglich die letzten zwanzig Minuten, in denen die Helden die Eiger Nordwand zu bezwingen versuchen, langweilen, zumal mir schon nach der Hälfte des Films klar war, wer der Gesuchte ist. Sicherlich keine Glanztat Eastwoods und eher im unteren Drittel seines Gesamtwerks einzuordnen, aber besser als der bescheuerte Firefox ist The Eiger Sanction allemal.

Clint Eastwood


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IT CAME FROM OUTER SPACE (Jack Arnold, 1953)


Ein feiner und erstaunlich dezenter Film, den Arnold da abgeliefert hat. Die Außerirdischen sind keine bösen Eindringlinge mit Eroberungsabsichten sondern gestrandete Reisende, die nur versehentlich auf der Erde gelandet sind. Ihr Bedrohungspotential liegt dann auch weniger in ihren spektakulären technischen Werkzeugen und Waffen als in ihrer Fähigkeit, jede organische Form 1:1 nachzubilden. Auf Actioneinlagen wird weitgehend verzichtet zugunsten einer sich stetig aufbauenden paranoiden Stimmung, die ein Stück weit natürlich auch dem damaligen Zeitgeist geschuldet ist. So bezieht der Film seine Spannung hauptsächlich daraus, dass man nicht genau weiß, ob die Fremden in Wahrheit nicht doch andere Ziele haben. Nachfolgende Arbeiten wie beispielsweise Siegels Invasion of the Bodysnatchers oder auch Spielbergs Close Encounters of the Third Kind sind von It came from Outer Space maßgeblich beeinflusst. Nicht unerwähnt bleiben soll schließlich die Tatsache, dass es sich um einen der ersten SciFi-Filme in 3D handelte.

Jack Arnold


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PIRANHAS (Joe Dante, 1978)


Ein in Ansätzen ganz spaßiger Versuch, im Soge des Jaws-Erfolges mitzuschwimmen, wobei Dantes Filmchen dem großen Vorbild natürlich nicht mal ansatzweise das Wasser reichen kann. Wo dieses eine zwar zugespitzte, aber dennoch halbwegs glaubwürdige Story bietet, ist das Drehbuch von Piranhas dermaßen albern, dass man den Film nur ertragen kann, wenn man nicht weiter darüber nachdenkt. Aber sei's drum: Joe Dante hatte sicherlich nicht den Anspruch, einen ernsthaften Horrorfilm abzuliefern. Als Komödie wiederum ist der Film nicht lustig genug. Vor allem aber fehlt es ihm deutlich an Spannung. Solche kommt nämlich zu keinem Zeitpunkt auf. Trotz aller Defizite fand ich das Ganze dann doch einigermaßen unterhaltsam, was in erster Linie an den beiden Hauptdarstellern liegt. Nicht dass diese eine herausragende Leistung böten, nein, aber die von ihnen verkörperten Figuren können den ein oder anderen Sympathiepunkt verbuchen.


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TARGETS (Peter Bogdanovich, 1968)


Meine erste Begegnung mit Bogdanovich. Die Entstehungsgeschichte dieses Low-Budget-Thrillers ist beinahe so interessant wie der Film selbst. Bogdanovich erzählt zwei parallel verlaufende Handlungsstränge, die zum Schluss zueinander finden. Die Geschichte um den Amokläufer ist stellenweise etwas langatmig. Umso beeindruckender die Leistung des damals 80-jährigen Boris Karloff, auch wenn er im Grunde genommen nur sich selbst spielt.


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ELECTRIC APRICOT (Les Claypool, 2006)


You only make your first record once.

Wer mich kennt, weiß es; und wer mich nicht kennt, kann es anhand meines Nicks und meines Avatars erahnen: ich bin ein großer Fan der kalifornischen Band Primus. Ihr Mastermind, Les Claypool, ist nicht nur einer der weltbesten Bassisten, sondern ein wahres Multitalent. Mit seinem Debutfilm Electric Apricot hat er den Beweis angetreten, dass er neben all seinen anderen Talenten auch ein passabler Regisseur ist. Es handelt sich bei dem Film um das, was man neudeutsch als Mokumentary bezeichnet, also eine fiktive Dokumentation über die ebenso fiktive titelgebende Jam-Band. Natürlich ließ Claypool es sich nicht nehmen, eines der Bandmitglieder zu spielen, und zwar den Drummer Lapdog. Dass er neben dem Bass auch Gitarre und Drums beherrscht, hat er ja bereits mit seinem 1996er Soloalbum Highball with the Devil gezeigt, auf dem er einige Drumparts beisteuerte.

Electric Apricot ist ein recht witziges Filmchen geworden, dessen Darsteller überaus authentisch wirken. Die Dialoge sind so natürlich, dass sie vermutlich größtenteils improvisiert wurden. Der Humor lädt nicht zum lauten Loslachen ein, sondern bewegt sich eher auf Schmunzelniveau. Köstlich zum Beispiel die Sequenz, wo die Bandmitglieder erläutern wie der Bandname zustande kam oder die Szene, in der Lapdog von seinen selbstgeblasenen Glasdildos erzählt. Unter dem Strich eine kurzweilige Angelegenheit.


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BOXCAR BERTHA (Martin Scorsese, 1972)


Ein Frühwerk Scorseses aus der Corman-Schmiede, das stellenweise etwas unbeholfen wirkt, mir aber insbesondere aufgrund der tollen Atmosphäre und der Darsteller ausgesprochen gut gefallen hat. Die Dialoge sind für Scorsese-Verhältnisse äußerst zahm, die Bilder hingegen ganz und gar nicht. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass seine später so markante Handschrift hier kaum zu erkennen ist. Obwohl der Film zur Zeit der Depression angesiedelt ist, versprüht er doch eher den Geist seiner Entstehungszeit, sprich: der 70er Jahre, wobei ich gerade diesen Gegensatz reizvoll fand. Boxcar Bertha ist ein kleiner ungeschliffener Rohdiamant, dem die Brillanz der späteren Scorsese-Werke abgeht, der aber dennoch einen wichtigen Punkt in der Entwicklung des Regisseurs markiert.

Martin Scorsese


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VANISHING POINT (Richard C. Sarafian, 1971)


Sarafian verfolgt bei Vanishing Point einen ähnlich minimalistischen Ansatz wie Steven Spielberg beim im gleichen Jahr entstandenen Duel. Der ganze Film besteht im Grunde genommen aus einer Verfolgungsjagd, quer durch drei Bundesstaaten. Dabei trifft Kowalski auf diverse skurrile Personen, die ihm fast alle wohlgesonnen sind. Ein blinder Radio-DJ erhebt ihn sogar zum letzten wahren Helden Amerikas, zum Symbol der Freiheit. Kowalski will von all dem nichts wissen. Er sieht sich weder als Freiheitssymbol noch als Helden. Das Angebot der nackten Motorradfahrerin, alles für ihn zu tun, lehnt er ebenso ab wie das angebotene Gras. Wobei er insgeheim die Fahrt wohl dennoch als letztes Aufbäumen, als letzten Ritt durch die Freiheit begreift, bevor er seinem verkorksten Leben ein donnerndes Ende setzt.


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CREATURE FROM THE BLACK LAGOON (Jack Arnold, 1954)


Auch ein Klassiker aus Kindertagen. Im Gegensatz zu anderen Arnold-Filmen wie Tarantula oder The incredible shrinking Man ist dieser hier deutlich schlechter gealtert. Das fängt mit dem Monster an, das weniger wie ein prähistorisches Wesen wirkt, sondern eher wie ein besoffener Karnevalist, der sich verlaufen hat. Vor allem verwundert, wie langsam und ungeschickt die Kreatur schwimmt, soll sie doch beinahe ihr ganzes Leben unter Wasser verbracht haben. Die Story ist nicht sonderlich originell, erfüllt aber ihren Zweck. Wie beim großen Vorbild King Kong bemüht man auch hier den Beauty-and-the-Beast-Aspekt, der vor allem in der gemeinsamen Schwimmszene mit Kay und der Kreatur erkennbar wird. Und während ihre männlichen Mitstreiter nach und nach massakriert werden, wird Kay natürlich entführt. Immerhin erspart man dem Zuschauer die Verbringung der Kreatur in die Zivilisation - das sollte dem Nachfolger Revenge of the Creature vorbehalten bleiben.

Trotz all dieser Schwächen ist der Film dennoch recht spaßig geraten, was vor allem der straffen, schnörkellosen Inszenierung und dem stimmungsvollen Schauplatz zu verdanken ist.

Jack Arnold


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NEW YORK, NEW YORK (Martin Scorsese, 1977)


Kein Musical im klassischen Sinne, aber ein Film, in dem die Musik eine tragende Rolle spielt. Eine Musik, die mir leider vollkommen fremd ist und meine Nerven auf eine harte Probe stellte. Darüber hinaus hat New York, New York nicht viel zu bieten. Eine belanglose Liebesgeschichte zwischen zwei Musikern inklusive Hochzeit und späterer Trennung. Der ein oder anderer interessante Ansatz geht im Strudel der Musik unter.

Martin Scorsese


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A BUG'S LIFE (John Lasseter, 1998)


Im Gegensatz zu den neueren Pixarfilmen kann man A Bug's Life ruhigen Gewissens als Kinderfilm bezeichnen, was nicht heißen muss, dass man nicht auch als Erwachsener seine Freude daran haben kann. Der tiefgründige Humor der späteren Werke fehlt hier gänzlich; stattdessen dominieren einfache Witzchen und Slapstick. Technisch gesehen wirkt der Film auf mich irgendwie unfertig. Optisch sehr beeindruckende Szenen wie der Regenguss wechseln sich ab mit relativ schlichten Animationen, aber womöglich ist das Auge angesichts der aktuellen Pixarhits schon zu verwöhnt. Trotz dieser Defizite machte der Film mir auch heute wieder eine Menge Spaß, hab' ich die bunte Zirkustruppe doch im Laufe der Jahre in mein Herz geschlossen.

Pixar


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WALL·E (Andrew Stanton, 2008)


Bei der Erstsichtung vor anderthalb Jahren im Kino hielt sich meine Begeisterung doch sehr in Grenzen, insbesondere was die zweite Hälfte des Films angeht. Heute gefiel er mir deutlich besser. Dennoch bedauere ich, dass Wall·E nach der beinahe magischen ersten Hälfte, in der praktisch nichts gesprochen wird, derart abfällt, auch wenn mir der Unterschied nicht mehr so krass erschien wie im Kino. Letztlich bleibt nur ein durchschnittlicher Pixarfilm, der viel von seinem Potential ungenutzt lässt.

Pixar


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BARTON FINK (Joel Coen, 1991)


Grandioses Werk der Coen Brothers, das zum Besten zählt, was ich bisher von den Brüdern gesehen habe. Eine äußerst gelungene Mischung aus bissiger Satire - das System Hollywood wird respektlos durch den Kakao gezogen - und surrealem Drama, das die Leiden des Autors Barton Fink in den Mittelpunkt stellt, großartig verkörpert von John Turturro. Der Film würde vermutlich auch als Theaterstück gut funktionieren. Die Handlung besteht fast ausschließlich aus Dialogen und spielt sich nur an wenigen Orten ab, überwiegend in dem heruntergekommenen Hotelzimmer mit dem scheinbar endlosen düsteren Flur. Die Atmosphäre ist so dicht, dass man sie beinahe mit Händen greifen kann. Neben Turturro überzeugt vor allem John Goodman, den ich noch nie besser gesehen habe. Als Zuschauer ist man dem bizarren Treiben ähnlich hilflos ausgeliefert wie Fink; man weiß nie, was als nächstes passiert. Zum Schluss bleiben viele Fragen ungeklärt, was Anlass genug ist, sich auch nach dem Abspann weiter intensiv mit dem Film zu beschäftigen. Die Schlusseinstellung bietet den perfekten Ausklang. Viel besser geht's nicht mehr.

Coen Brothers


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TOY STORY 3 (Lee Unkrich, 2010)


Auf Pixar ist Verlass. Mit schöner Regelmäßigkeit bietet das kalifornische Animationsstudio beste Unterhaltung für die ganze Familie. Mit ihrem nunmehr elften Spielfilm greifen die Mannen um John Lasseter zum dritten Mal das Toy-Story-Thema auf; dieses Mal erzählen sie vom Ende der Kindheit, vom Erwachsenwerden und der damit einhergehenden Trennung von den Spielzeugen aus Kindertagen. Nach dem relativ schwachen zweiten Teil, den ich für den bisher schwächsten Pixarfilm halte, kann Teil 3 wieder voll überzeugen und bietet die gewohnte Qualität. Die 3D-Effekte wurden relativ dezent eingesetzt und fallen nach wenigen Minuten nicht mehr großartig auf. Tricktechnisch ist das Ganze natürlich auf höchstem Niveau, doch auch dies ist bei Pixar Standard. Nichts Neues also, und das ist auch gut so.

Pixar


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THE INVISIBLE MAN (James Whale, 1933)


Wie der große Bruder Frankenstein bildet auch The invisible Man einen Meilenstein des Horrorfilms. Whales Adaption des Wells-Romans zog eine ganze Reihe von Fortsetzungen, Spin-Offs und Remakes nach sich, von denen ich allerdings die wenigsten kenne. Claude Rains ist hier in seinem ersten Hollywood-Film zu sehen, oder besser gesagt zu hören, denn seiner ansichtig wird man nur in der letzten Szene. Als sensationell muss man die Special Effects bezeichnen, die auch nach mehr als 75 Jahren vollauf überzeugen können. Interessant dabei ist, dass die damalige Umsetzung durch John Fulton im Prinzip dem heute üblichen Bluescreen-Verfahren entspricht, indem die durchsichtigen Körperteile mit schwarzem Tape abgedeckt und später durch separat aufgenommene Hintergrundbilder ersetzt wurden.

James Whale


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BODY OF LIES (Ridley Scott, 2008)


Routiniert heruntergekurbelter Agententhriller von der Stange, der mich sehr ordentlich unterhalten hat. Als Ersatz für die zahlreichen Locations im Nahen Osten musste mal wieder Marokko herhalten. Aber - das muss man Scott respektive seiner Crew lassen - die Sets wirken äußerst authentisch und glaubwürdig. Die Story bietet nichts Besonderes, typischer Kampf-gegen-den-Terror-Kram halt, was aber nicht weiter stört. Etwas ärgerlich ist die obligatorische Einbindung einer Liebesbeziehung zu einer Einheimischen, die zu allem Überfluss auch noch den unfreiwilligen Lockvogel spielen muss. Die finale Falle, in die zunächst Roger Ferris und dann Al-Saleem tappt, ist völlig unglaubwürdig und hinterlässt einen faden Nachgeschmack. Dennoch: spannende Hochglanz-Unterhaltung bietet Body of Lies allemal, und mehr kann man vom einstigen Visionär Scott ja schon seit längerem nicht mehr erwarten. Von daher: Mission accomplished.

Ridley Scott


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YOUTH WITHOUT YOUTH (Francis Ford Coppola, 2007)


Auch einen Tag nach der Sichtung des ersten Coppola-Films seit dem dürftigen The Rainmaker weiß ich nicht recht, was ich dazu schreiben soll. Sicher ist: nach der seelenlosen vorgenannten Auftragsarbeit handelt es sich hier wieder um einen echten Coppola. Er basiert auf dem Roman des Rumänen Mircea Eliade und verbindet u. a. die Themen Zeit, Sprachen und Seelenwanderung bzw. Reinkarnation zu einer in Ansätzen interessanten Geschichte, die allerdings seltsam unausgegoren wirkt. Dies gleich als "Eso-Quatsch" zu bezeichnen, wie in einigen Kritiken der Fall, ist allerdings übertrieben und wird dem Film nicht gerecht. (Außerdem springt mir, wenn ich die Schublade mit der Beschriftung "Eso-Quatsch" öffne, immer sofort Aronofskys The Fountain entgegen ;).) Auch die in Kritiken öfter erwähnte unfreiwillige Komik habe ich nicht wahrgenommen. Darstellerisch gibt es wenig zu bemängeln. Vor allem Tim Roth liefert eine überzeugende Leistung ab. Gedreht wurde ausschließlich an Originalschauplätzen. Auch Sets und Kostüme geben keinen Anlass zur Kritik. So richtig glücklich bin ich mit Youth without Youth trotzdem nicht. Für meine Begriffe hätte der Story eine kräftige Entschlackung gutgetan; insbesondere der Nazi-/Geheimdienst-Subplot wirkte fehl am Platz, auch wenn ich die Idee mit dem Hakenkreuz auf dem Strumpfband sensationell fand. Der Film wirkt überfrachtet und in sich nicht immer schlüssig. Alles in allem also eine durchaus zwiespältige Angelegenheit.

Francis Ford Coppola


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MIDNIGHT IN THE GARDEN OF GOOD AND EVIL (Clint Eastwood, 1997)


Ein ungewöhnlicher Film im Œuvre Eastwoods. Mir scheint, es ging ihm hier in erster Linie darum, das Städtchen Savannah als Sammelbecken für skurrile Charaktere darzustellen. Die ein oder andere Figur könnte auch problemlos dem Coen-Universum entsprungen sein. Der Zuschauer kann sich der Faszination des bunten Treibens ebenso wenig entziehen wie der Journalist John Kelso, der eigentlich nur einen kleinen Beitrag über die Weihnachtsfeier des exzentrischen Millionärs Jim Williams schreiben wollte. Der Film changiert zwischen Kleinstadtstudie und klassischem Gerichtsdrama und weiß vor allem mit den schrulligen aber überwiegend liebenswerten Charakteren zu überzeugen. Eastwoods entspannte und unaufgeregte Art, seine Geschichten zu erzählen, lobe ich in fast jedem Text zu einem seiner Filme, daher will ich es hier nicht schon wieder tun. Und einen schwachen Film hat er in den letzten 20 Jahren wohl sowieso nicht gemacht.

Clint Eastwood


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BRIDE OF FRANKENSTEIN (James Whale, 1935)


Ebenso wie sein Vorgänger ein Meilenstein des Horrorfilms. Insgesamt vielleicht noch eine Spur besser als der erste Film, weil er im Gegensatz zu diesem keine nennenswerten Schwächen aufweist und dessen Stärken übernimmt. Nach der Sichtung habe ich gleich noch einen weiteren Whale-Film bestellt.

James Whale


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INGLOURIOUS BASTERDS (Quentin Tarantino, 2009)


Mit einiger Verzögerung kam ich endlich in den Genuss des neuesten Tarantino-Streifens. Seit vielen Jahren sorgt der Meister mit seinen Filmcollagen bei mir für Begeisterung, und erwartungsgemäß bietet auch Inglourious Basterds wieder eine bunte Mischung aus Versatzstücken und Zitaten, hier erstmals bereichert um eine historische Komponente. Aber Tarantino wäre nicht Tarantino, hätte er die Gelegenheit nicht genutzt, die Geschichte in seinem Sinne umzuschreiben. Bezeichnenderweise ist es ein Kino, in dem der Führer samt Gefolge den Tod findet. Die Schlussszene ist zugleich Höhepunkt des Films, wenn Shosannas wild lachendes Gesicht von den Flammen verzehrt wird, während den Kinobesuchern erst allmählich dämmert, dass die Flammen kein Teil des Films sondern echt sind. Etwas ärgerlich hingegen ist der Subplot um die titelgebenden Basterds. Vor allem Brad Pitt ging mir seiner gekünstelten Darstellung ziemlich auf den Keks. Auch Martin Wuttke als Hitler ist eine einzige Lachnummer, wobei das möglicherweise beabsichtigt war. Gut gefiel mir hingegen Sylvester Groth als Goebbels.

Inglourious Basterds erinnerte mich von Aufbau und Erzählstruktur stark an Pulp Fiction, und so ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass ich diese beiden Filme für die schwächsten Tarantinos halte. Was natürlich nicht heißen soll, dass es schlechte Filme sind, im Gegenteil. Doch von seinen Sternstunden Reservoir Dogs oder dem unvergleichlichen Jackie Brown ist das hier doch ein ganzes Stück entfernt. Wobei durchaus die Möglichkeit besteht, dass mich künftige Sichtungen eines Besseren belehren.

Quentin Tarantino


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LITTLE CAESAR (Mervyn LeRoy, 1931)


Hervorragender Film, der seinen Platz in der Filmgeschichte schon alleine deshalb verdient hat, weil er quasi das Subgenre des Gangsterfilms begründete. Meines Wissens der erste Film, der die ebenso steile wie kurze Karriere eines Gangsters in den Mittelpunkt der Erzählung stellt und es dem Zuschauer ermöglicht, sich in seine Rolle zu versetzen. Kurz gilt leider auch für den Film als solchen, denn nach gut 70 Minuten ist das Vergnügen schon wieder vorbei, was angesichts der Entstehungszeit natürlich nicht ungewöhnlich ist. Little Caesar machte nicht nur Edward G. Robinson zum Weltstar, sondern war stilbildend und wegbereitend für die nachfolgenden Generationen.


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THE MIST (Frank Darabont, 2007)


Gelungene King-Verfilmung von Frank Darabont. Den Special Effects sieht man das niedrige Budget leider deutlich an. Da trifft es sich gut, dass die religiösen Fanatiker um Mrs. Carmody sich zunehmend als größere Bedrohung erweisen als die Außerirdischen. Das Ende ist ein gewaltiger Schlag in die Magengrube und wahrscheinlich das fieseste, das ich in den letzten 20 Jahren gesehen habe. Nicht nur, dass es den vermeintlichen Helden als größten Verlierer dastehen lässt, erfüllt es in gewisser Weise auch Mrs. Carmodys Prophezeiung. Die eigentliche Heldin ist somit die Frau, die sich anfangs alleine in den Nebel wagte, um ihre Kinder zu retten.

Frank Darabont Stephen King


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THE BRIDGES OF MADISON COUNTY (Clint Eastwood, 1995)


Eastwood kann auch Romanzen. Dabei ist er erkennbar von David Lean beeinflusst. Sein Film weist frappierende Parallelen zu Leans Brief Encounter auf. Im Grunde genommen erzählt er sogar die gleiche Geschichte und er macht sich nicht einmal die Mühe, das zu verbergen, sondern lehnt sich auch inszenatorisch an Lean an. Wie dieser verwendet er lange Kameraeinstellungen, lässt die Blicke der Darsteller die Gefühle vermitteln. Eine flüchtige Berührung hier, ein sehnsuchtsvoller Blick dort. Die Chemie stimmt zwischen Streep und Eastwood, man spürt das Knistern vom ersten Augenblick an. Wie Laura Jesson im großen Vorbild entscheidet sich Francesca letztlich für die Familie und gegen Robert; die Vernunft siegt über die Emotion. Ein klassisches Lean-Thema, das den britischen Meisterregisseur während seiner gesamten Karriere als Filmemacher begleitete. Das kann man von Eastwood nun nicht behaupten.

Clint Eastwood


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WHITE HUNTER BLACK HEART (Clint Eastwood, 1990)


If there's half as much love in this old gal as there is talk, I may be dead in the morning.

Nach dem kürzlich gesichteten African Queen verspürte ich den dringenden Wunsch, endlich mal Eastwoods Verfilmung der in Peter Viertels Roman festgehaltenen teils fiktiven, teils wahren Begebenheiten um die Dreharbeiten des Huston-Films zu sehen. Da die neue US-DVD damals bereits angekündigt war, wurde sie sofort vorbestellt. Am Freitag traf sie endlich bei mir ein.

Die ruhige, gelassene Inszenierung und die phantastischen Landschaftsaufnahmen erinnerten mich an den zwei Jahre später entstandenen Unforgiven. Und auch wenn White Hunter Black Heart nicht ganz dessen Klasse erreicht, so steht schon nach der ersten Sichtung fest, dass der Film zum Besten zählt, was Eastwood bisher gemacht hat. Inwieweit die Geschehnisse auf Tatsachen beruhen, kann ich nicht beurteilen und ist mir im Grunde genommen auch egal, aber hier passt einfach alles zusammen: erstklassige Darsteller, betörend schöne Landschaftsaufnahmen, schnittige Dialoge und ein großartiger Score.

Clint Eastwood


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ONE FROM THE HEART (Francis Ford Coppola, 1982)


Funxtons Text zu The Outsiders erinnerte mich daran, dass es noch einige Sichtungslücken im filmischen Schaffen des von mir sehr geschätzten italo-amerikanischen Regisseurs zu schließen gilt. Da traf es sich gut, dass noch zwei seiner Filme ungesehen auf DVD bei mir im Regal standen.

One from the Heart war Coppolas erster Film nach Apocalypse Now. Die Produktionskosten stiegen während der Dreharbeiten ins Unermessliche und lagen am Ende mehr als zehnmal so hoch wie ursprünglich veranschlagt, was – in Kombination mit den mageren Einspielergebnissen – Coppola an den Rande des finanziellen Ruins trieb. Hauptgrund für die immensen Kosten war der hohe künstlerische Anspruch, den Coppola an sich selbst stellte und der ihn darauf bestehen ließ, den kompletten Film an nachgebauten Sets in den Hallen seines Zoetrope Studios zu drehen statt an Originalschauplätzen in Las Vegas bzw. der umliegenden Wüste. Die Marschrichtung ist dann auch von der ersten Filmminute an klar: es geht Coppola nicht um das Erzählen einer interessanten Geschichte – die Story um eine kriselnde Beziehung könnte banaler kaum sein – sondern darum, die Kunstformen Theater und Kino miteinander zu verbinden. So ist ein in hohem Maße künstlicher und künstlerischer Film entstanden, dessen teils surreale Szenen der Wirklichkeit weit entrückt sind. Hier seien insbesondere die Liebesszene zwischen Hank und Leila und die nachfolgenden Sequenzen genannt.

Die musikalische Untermalung von Crystal Gayle and Tom Waits trifft nicht unbedingt meinen Geschmack, passt aber hervorragend, zumal die Songtexte oft direkten Bezug auf das Geschehen auf dem Bildschirm nehmen. Frederic Forrest und Teri Garr geben ein glaubwürdiges und durchaus sympathisches Paar ab und stehen mit ihrer Bodenständigkeit und Natürlichkeit in krassem Gegensatz zu den künstlichen, zumeist in grelle Neonfarben getauchten Kulissen. Bemerkenswert sind auch die optischen Spielereien, die Coppola bei zahlreichen Übergängen einsetzt, z. B. wenn er die Folgeszene als Hintergrundbild der noch laufenden Szene einblendet.

One from the Heart ist ein Film, bei dem es so viel zu entdecken gibt, dass es bei der ersten Sichtung gar nicht möglich ist, alles richtig zu erfassen. Ein ebenso experimenteller wie mutiger Film, dessen Schöpfer bei seiner Fertigung wie ein Pokerspieler alles auf eine Karte setzte – und verlor. In finanzieller Hinsicht versteht sich, denn dass One from the Heart unter rein künstlerischen Aspekten ein Gewinn ist, steht außer Frage.

Francis Ford Coppola





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Tommy The Cat
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