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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden

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PROPHECY (John Frankenheimer, 1979)


Ein billiger Horrorstreifen mit einer unsagbar dämlichen Story, die dem Zuschauer ihre Öko-Message mit dem Dampfhammer einbläut. Und damit nicht genug: neben der Umweltverschmutzung durch Quecksilber werden auch gleich noch die Lebensbedingungen der verarmten schwarzen Bevölkerung, der Landraub an den indianischen Ureinwohnern und der Hunger in der Dritten Welt thematisiert, vertreten durch den Gutmenschen Dr. Robert Verne, der es als verantwortungslos ansieht, Kinder in die Welt zu setzen angesichts der vielen tausend verwaisten Kinder, die auf eine Adoption warten. Etwas viel Ballast für einen simplen Schocker, ein gutes Stück weit natürlich dem damaligen Zeitgeist geschuldet. Vollends zur Nervenprobe wird das Ganze durch die wehleidige, stets griesgrämig dreinguckende Talia Shire, die mir mit ihrem weltschmerzverzerrten Gesicht ziemlich auf den Keks ging. Allerdings muss man Frankenheimer zugute halten, dass der Film recht spannend inszeniert ist. Die meisten Schockeffekte sitzen gut, die Special Effects schwanken zwischen gelungen und peinlich. Alles in allem nicht gerade eine Glanzleistung, aber man hat schon Schlimmeres gesehen.

John Frankenheimer


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LES FILLES DU BOTANISTE/Die Töchter des chinesischen Gärtners (Daï Sijie, 2006)


Die Töchter des chinesischen Gärtners - man fragt sich, was der Zusatz "chinesisch" im deutschen Titel soll, schließlich spielt der Film ja in China - ist ein Film über eine zum Scheitern verurteilte lesbische Liebe, der zwar durch seine Bildgewalt beeindruckt, auf erzählerischer Ebene jedoch nicht sonderlich viel zu bieten hat. Zu vorhersehbar und zu plakativ ist das alles. Nett anzuschauen ist es trotzdem.


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REBECCA (Alfred Hitchcock, 1940)


Es galt mal wieder, eine filmische Bildungslücke zu schließen, denn Rebecca ist einer der wenigen „großen“ Hitchcocks, die ich noch nicht kannte. Nach einem etwas schleppenden Beginn zogen mich die düsteren Bilder und die erdrückende Atmosphäre schnell in ihren Bann. Auf Manderley dominiert die unheimliche Mrs. Danvers (klasse: Judith Anderson), die die verstorbene Rebecca wie eine Göttin verehrt. Man fühlt mit der armen, namenlosen Protagonistin mit, die der ihr eigentlich unterstellten Chefin der Dienstmädchen nicht gewachsen ist und regelrecht Angst vor ihr hat. Nach der überraschenden Enthüllung der tatsächlichen Geschehnisse um Rebeccas Tod hängt Hitchcock noch einen völlig überflüssigen dritten Teil an, der die juristische Aufarbeitung dieser Geschehnisse zum Inhalt hat und dem Film mehr nimmt als gibt.

Alfred Hitchcock


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BLOOD SIMPLE (Joel Coen, 1984)


Als kürzlich die 4-DVD-Box der Coens aus England eintraf, fiel mir auf, dass die beiden Brüder in meinem FTB sträflich unterrepräsentiert sind. Lediglich einen kümmerlichen Eintrag habe ich gefunden, nämlich den zu No Country for old Men. Höchste Zeit also, dieses schiefe Bild zu korrigieren, und dazu bietet die vorgenannte Box eine gute Gelegenheit.

Der erste Film der Coens ist immer noch einer meiner liebsten, weil er die Stärken der Brüder kompakt auf den Punkt bringt: ihre Vorliebe für skurrile Figuren, die dennoch stets wie aus dem Leben gegriffen wirken, ihr Faible für absurde Situationen und ihre unkonventionelle Art, mit den Zuschauererwartungen umzugehen, oft begleitet von einem subtilen, unterschwelligen Humor. Zur Vollendung gebracht haben sie dies in ihrem Meisterwerk Fargo, doch auch ihr Debut weist all diese Qualitäten auf. Dialoge werden sparsam dosiert, dafür aber umso geschickter pointiert, zumeist jedoch lassen sie die düsteren Bilder Barry Sonnenfelds sprechen. Die Darsteller hätte man besser nicht wählen können: Dan Hedaya sieht aus wie Guildo Horn und gibt einen veritablen Kotzbrocken ab, Frances McDormand ist souverän wie immer, den Vogel aber schießt M. Emmet Walsh in der Rolle des schmierigen Privatschnüfflers ab, sicher eine der abstoßendsten Figuren im Coen-Universum.

Coen Brothers


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THE HARDER THEY FALL (Mark Robson, 1956)


Auf Bogart ist Verlass. Wo sein Name drauf steht, ist Qualität drin. So auch bei diesem Film über die skrupellosen Machenschaften im Boxsport, bei dem die Manager im Hintergrund sich die Taschen voll machen, während für die Kämpfer bestenfalls Brotkrumen abfallen. Neben Bogart glänzen vor allem Rod Steiger und der mir unbekannte Mike Lane in der Rolle des unbedarften argentinischen Boxers. Ein mitreißendes Filmerlebnis, dass allerdings auch eine gehörige Portion Wehmut hinterlässt, handelt es sich doch um Bogarts letzten Film. Neun Monate nach der Premiere verstarb er.


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KINGDOM OF HEAVEN - Director's Cut (Ridley Scott, 2005)


Nachdem ich bei Erscheinen der Kinofassung Scotts zweites Sandalen-Epos in Augenschein genommen hatte, war ich mir sicher, den Film nie wieder sehen zu wollen. Im Unterschied zu Stones Alexander konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass man diesen Murks durch eine andere Schnittfassung würde retten können. Nachdem ich aber nun einige positive Meinungen über den D.C. gehört hatte und die britische DVD so günstig ist, erfasste mich der blanke Wagemut und ich bestellte die DVD. Und zu meinem großen Erstaunen ist die neue Fassung ein ganz anderer Film als der sinn- und seelenlose Murks, den uns Scott anno 2005 aufgetischt hatte. Plötzlich bekommt die Figur des Balian Herz und Seele, plötzlich kann man seine Wandlung vom einfachen Hufschmied zum Verteidiger Jerusalems nachvollziehen. Die ganze Story erscheint in einem anderen Licht und ergibt endlich Sinn. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber in der erweiterten Fassung ist Kingdom of Heaven ein richtig guter Film mit nur wenigen Schwachpunkten, zu denen in erster Linie der stellenweise zu pathetische Score zählt.

Möglicherweise war ich bei der Erstsichtung auch ungewöhnlich schlecht drauf und ich tue der Kinofassung jetzt Unrecht (die Tatsache, dass ich mich nur noch schemenhaft erinnern kann, trägt das ihre dazu bei), aber das ist ja letztlich egal. Entscheidend ist, dass mich die vorliegende Fassung über die gesamte Spieldauer vorzüglich unterhalten und mir zudem einen tiefen Einblick in die Geschehnisse um die Eroberung Jerusalems durch Saladins Truppen im Jahre 1187 gewährt hat, auch wenn sich Scott respektive William Monahan, der für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, natürlich einige Freiheiten genommen und die Geschichte im Dienste des Films etwas umgedichtet haben. Ich bin mir jedenfalls ziemlich sicher, dass dies hier nicht meine letzte Sichtung war.

Ridley Scott


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FLEISCH (Rainer Erler, 1978)


Nach einem interessanten Beginn verheddert sich Erler in einem zunehmend unplausiblen Plot, der zum Ende hin regelrecht Kapriolen schlägt. Auch die bei deutschen TV-Produktionen übliche billige Machart und die eigenartige Synchro (obwohl der Film größtenteils mit deutschen Schauspielern gedreht wurde, hat man anscheinend alle synchronisiert) tragen nicht zum Unterhaltungswert bei. So bleibt es letztlich bei ein paar interessanten Ansätzen, die an der unzureichenden Umsetzung scheitern.


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THE DEVIL RIDES OUT (Terence Fisher, 1968)


Nachdem die letzten beiden Fisher-Filme ja eher durchwachsen waren, tat Rehabilitierung dringend Not. Daher wählte ich eine vermeintlich sichere Nummer, denn The Devil rides out ist sicherlich allgemein eine von Fishers am meisten geschätzten Arbeiten - zu Recht, wie ich betonen muss. Spannend von Beginn an bis zum etwas eigenartigen Ende, dabei stets düster und mit einer unheilschwangeren Atmosphäre garniert. Christopher Lee schwebt mehr oder weniger souverän über dem Geschehen, aber auch Charles Gray gefiel mir ausgesprochen gut in der Rolle des bösen Magiers Mocata. Und das Zusammenspiel Lees mit Leon Greene hat etwas von Sherlock Homes und Dr. Watson im fast 10 Jahre früher entstandenen The Hound of the Baskervilles. Sehr schön.

Terence Fisher


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NIGHT OF THE BIG HEAT (Terence Fisher, 1967)


Ein ungewöhnlich trashiger Film des britischen Horror-Regisseurs, der in seiner Machart etwas an die Jack-Arnold-Klassiker der 50er Jahre erinnert (die allerdings auf einem deutlich höheren Niveau angesiedelt sind) und so gar nicht zu dem Bild passen will, das meine bisherigen filmischen Begegnungen mit Fisher mir von ihm vermittelt haben. Umso erstaunlicher, dass sich gestandene Filmgrößen wie Peter Cushing und Christopher Lee für dieses Spektakel hergaben, wobei ihre Auftritte immerhin dafür sorgen, dass das Ganze nicht vollendes in plattem Klamauk versinkt. Zudem kann Jane Merrow mit ein paar optischen Reizen aufwarten, und mit dem kantigen Patrick Allen bietet man einen Protagonisten mit starkem Identifikationspotential. Die Krönung aber sind die außerirdischen Wesen, die wie aufgedunsene Verwandte meiner kleinen Schreibtischlampe aussehen. Einen gewissen Unterhaltungswert jedenfalls kann man Night of the big Heat trotz – oder gerade wegen – seiner billigen Machart nicht absprechen.

Terence Fisher


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THE PHANTOM OF THE OPERA (Terence Fisher, 1962)


Fishers sehr freie Interpretation des bekannten Romans von Gaston Leroux kommt nicht so recht in die Gänge. Das Set-Design ist gewohnt überzeugend, aber die atmosphärische Dichte anderer Fisher-Werke wie The Hound of the Baskervilles oder Dracula wird nicht mal im Ansatz erreicht. So schleppt sich der Film über 80 Minuten dahin, ohne jemals den Hauch von Spannung oder gar Grusel zu versprühen. Zu dem eher drögen Gesamteindruck tragen auch die Darsteller bei, die mit Ausnahme von Herbert Lom in der Titelrolle jegliche Ausstrahlung vermissen lassen. Unter dem Strich also eine nur bedingt unterhaltsame Angelegenheit.

Terence Fisher


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THE HORSEMEN (John Frankenheimer, 1971)


Hhm, ich weiß nicht so recht, was ich zu Frankenheimers Verfilmung von Joseph Kessels Roman über die afghanischen "Buzkashi"-Reiter schreiben soll. Dass mich dieses rohe, primitive Spiel schon bei Rambo 3 gelangweilt hat? Dass ich dem Kamelkampf zu Beginn noch weniger abgewinnen konnte? Dass Afghanistan ein landschaftlich wunderschönes Land ist, dessen Anziehungskraft Frankenheimer durchaus ansprechend in Szene zu setzen wusste?

Tatsache ist: ich wurde nicht richtig warm mit The Horsemen. An Omar Sharif lag es nicht, seine Interpretation des eitlen, selbstverliebten Uraz, dem Stolz und Ehre über alles gehen, ist ohne Einschränkung überzeugend. Auch die übrigen Darsteller geben sich keine Blöße. Und doch funktioniert der Film für mich einfach nicht. Frankenheimer wirkt hier wie ein unbeholfener Schüler David Leans, ohne die epische Größe eines Lawrence of Arabia, von dem sein FIlm erkennbar beeinflusst ist, auch nur im Ansatz zu erreichen. Alles in allem kein richtig schlechter Film, aber der schwächste Frankenheimer, den ich bisher gesehen habe.

John Frankenheimer


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THE ILLUSIONIST (Neil Burger, 2006)


Eine leidliche spannende Geschichte, ein stimmungsvoller Score und ein tolles Setting im Wien des ausklingenden 19. Jahrhunderts. Jessica Biel ist 'ne hässliche Kröte, Edward Norton und Paul Giamatti überzeugen, Rufus Sewell weniger. Insgesamt recht unterhaltsam.


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SE, JIE / Gefahr und Begierde (Ang Lee, 2007)


Nach Wo hu cang long ist Se, Jie erst meine zweite Begegnung mit Lee, was auch daran liegt, dass er des öfteren Themen verarbeitet, die mich nicht einmal im Ansatz interessieren. Mir ist jedenfalls bisher kein Grund eingefallen, warum ich mir Hulk oder Brokeback Mountain anschauen sollte.

Ganz anders diese groß angelegte Spionage-Geschichte, die inhaltlich verblüffende Parallelen zu Verhoevens Zwartboek aufweist, obwohl Lee die Sache ganz anders angeht als der von mir so verehrte Niederländer. Angesiedelt im japanisch besetzten China der 40er Jahre erzählt Lee über eine Spieldauer von 2 1/2 Stunden eine Geschichte über Liebe und Verrat, über Misstrauen, Einsamkeit und unerfüllte Sehnsüchte. Er konzentriert sich auf die beiden Hauptfiguren Yi (ein großartiger Tony Leung) und Mak Tai Tai, die von der Debütantin Wei Tang mitreißend verkörpert wird und räumt den Nebenrollen nur wenig Platz ein. Dabei geht es Lee weniger um einen spannenden Spionage-Thriller (der Se, Jie nicht ist), als um eine atmosphärisch dichte Schilderung der fiktiven Geschehnisse. Bildgewaltig und mit fast pedantischer Akribie lässt er das Shanghai der 40er Jahre vor den Augen des Zuschauers wiederauferstehen und zieht dabei alle Register. Ausstattung, Sets und Kostüme sind schlichtweg eine Wucht. Ungewöhnlich sind die recht krassen Sexszenen inklusive einer halben Vergewaltigung, die dem Film in den USA ein NC-17-Rating verpassten. Diese Szenen, in denen die beiden Darsteller an ihre Grenzen gehen, zeigen exemplarisch die innere Zerrissenheit der Figuren, speziell die erste, in der Yi mit einer angedeuteten Leibesvisitation beginnt, ihr die Kleider vom Leib reißt, sie mit dem Gürtel schlägt und fesselt, während ihre angewiderte Abwehrhaltung zu Beginn einer immer stärkeren Hingabe weicht. Großartig gespielt. Guter Film.


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THE BERMUDA TRIANGLE (René Cardona Jr., 1978)


In den Anfangszeiten des deutschen Privatfernsehens lief der Streifen des öfteren zu nächtlicher Stunde bei RTL, wo er mich mit seiner düsteren, furchteinflößenden Atmosphäre regelmäßig zu begeistern wusste. Seit meiner letzten Sichtung sind mehr als zwanzig Jahre vergangen und so war ich gespannt, inwieweit Cardonas Filmchen über das Bermuda-Dreieck mich noch würde beeindrucken können. Einigermaßen überrascht war ich, dass John Huston mitspielt, der normalerweise für Qualität steht, unabhängig davon, ob er vor oder hinter der Kamera agiert. Wobei man in diesem Fall von Qualität eigentlich nicht sprechen kann, denn objektiv betrachtet ist The Bermuda Triangle ein kleines, billiges Horrorfilmchen mit mäßig agierenden Darstellern, schlampigen Effekten und einer nicht immer schlüssigen Story. Dennoch kann und will ich nicht verhehlen, dass ich mich von dem Dargebotenen äußerst gut unterhalten fühlte. Von dem undurchsichtig agierenden kleinen Mädchen mit der unheimlichen Puppe geht eine morbide Faszination aus, der man sich nur schwer entziehen kann, wenn auch die Idee alles andere als neu ist. Zudem vermeidet Cardona den Fehler, die Vorgänge irgendwie erklären zu wollen und überlässt es dem Zuschauer, sich die Details zusammenzureimen. Sein Film funktioniert nach dem simplen 10-kleine-Negerlein-Prinzip, nur dass man hier meistens vorher weiß, wer als nächstes dran glauben muss, weil das kleine Mädchen es ankündigt. Da ist das verwirrende Ende nur konsequent, das den Film in perfekter Weise abrundet.


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PARAN DAEMUN/Birdcage Inn (Kim Ki-duk, 1998)


Im Vergleich zu Kims rohem Erstling Crocodile ist sein dritter Film (den zweiten, Wild Animals, kenne ich leider noch nicht) ein Rückschritt. Deutlich glatter, geradliniger und gewöhnlicher und zudem für Kims Verhältnisse auch außerordentlich geschwätzig erzählt er zwar eine interessante Geschichte, der allerdings die rechte Würze fehlt. Nach dem kürzlich gesichteten Hwal nun der nächste "Kim light". Nicht zuletzt aufgrund der ungewöhnlich vielen Dialoge für Neueinsteiger sicherlich einer seiner zugänglichsten Filme. Seine sperrigen Werke sind mir dennoch lieber.

Kim Ki-duk


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LAURA (Otto Preminger, 1944)


Ein Klassiker des Film Noir, der genauso gut von Hitchcock stammen könnte. Ein spannend inszenierter Whodunnit, der mit einer ganzen Reihe zwielichtiger Gestalten und einigen unerwarteten Plottwists aufwarten kann. Als Zuschauer ist man ähnlich wie McPherson ständig hin- und hergerissen, wen man nun verdächtigen soll, wobei die totale Faszination Lauras auf die Männerwelt aufgrund der etwas spröden Darstellung Gene Tierneys nur bedingt nachzuvollziehen ist. Herausragend für mich die Performance von Clifton Webb, der mit seinen messerscharfen zynischen Wortpfeilen den anderen die Show stiehlt. Ein Misanthrop wie aus dem Bilderbuch.


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CINCINNATI KID (Norman Jewison, 1965)


Die Handlung weist bei oberflächlicher Betrachtung starke Ähnlichkeiten mit The Hustler auf, doch im Gegensatz zu diesem setzt Jewisons Film weniger auf Charakterentwicklung denn auf vordergründige Spannung. Die Charaktere bleiben relativ flach und machen auch keine nennenswerte Entwicklung durch, so dass der Streifen seine Spannung einzig und allein aus der Frage bezieht, wer am Ende siegreich sein wird. Was nicht heißen soll, dass der Film schlecht ist, nein, das Ganze ist durchaus spannend inszeniert und atmosphärisch sehr gelungen. Die Darstellerriege beeindruckt schon allein durch die Ansammlung hochkarätiger Namen. Unter dem Strich sehr ansehnlich, aber doch eine ganze Klasse unterhalb von The Hustler angesiedelt.


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MR. DEEDS GOES TO TOWN (Frank Capra, 1936)


Den Film habe ich vor etwa 30 Jahren mal im Fernsehen gesehen. Deeds Plädoyer am Ende ist mir seither in Erinnerung geblieben und war der Antrieb, den Film nochmal zu sichten. Im Grunde genommen eine harmlose Komödie, die den arglosen Gutmenschen Longfellow Deeds, absolut liebenswürdig verkörpert von Gary Cooper, in den Mittelpunkt stellt, der sich aufgrund einer Millionen-Erbschaft genötigt sieht, sein friedliches Dörfchen Mandrake Falls zu verlassen und nach Manhattan zu ziehen.

Mr. Deeds goes to Town ist in seiner Schwarzweiß-Malerei so herrlich einfältig, wie es nur ein Capra-Film sein kann. Hier das ruhige, beschauliche Mandrake Falls mit seinen schrulligen, aber liebenswerten Einwohnern, dort die Hölle der Großstadt, mit der armen, arbeitslosen Bevölkerung auf der einen und den gierigen, nimmersatten Anwälten, Reportern und entfernten Verwandten des Verblichenen auf der anderen Seite. Und mitten drin der unbedarfte Mr. Deeds, der das viele Geld gar nicht will und in dem ganzen Wirrwarr beinahe auf der Strecke bleibt. Und so ganz nebenbei findet er die große Liebe seines Lebens, für die er sich quasi aufgespart hat. Unfassbar naiv, aber auch unbestreitbar schön. Typisch Capra eben.


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JOYEUX NOËL (Christian Carion, 2005)


Ein in Ansätzen recht ansehnlicher Versuch, die bruchstückhaft überlieferten Ereignisse des Weihnachtsfriedens 1914 in Form eines Spielfilms aufzubereiten. Wie so oft leidet die Glaubwürdigkeit unter der massenkompatiblen Ausarbeitung der Details, die ihren unrühmlichen Höhepunkt in dem völlig unplausiblen Subplot um den Tenor Nikolaus Sprink und seine dänische Geliebte Anna Sörensen findet. Wenn Diane Krüger in ihrem dünnen Kleidchen, aber immerhin mit dickem Pelzmantel, engelsgleich durch den Schützengraben schwebt, möchte man sich mit der flachen Hand auf die Stirn schlagen. Nicht zu vergessen die schlecht inszenierten Playbackszenen, wenn die beiden mit aufgerissenem Mund ihre Arien schmettern oder die gemeinsame Flucht in den französischen Graben, hinein in die (freiwillige) Kriegsgefangenschaft.

Und doch: abgesehen von den oben beschriebenen Ärgernissen werden die Zwischenfälle recht glaubwürdig geschildert. Die meisten Charaktere bleiben zwar flach wie ein Zimtstern, aber es gibt eine Reihe gelungener Szenen, zu denen insbesondere die Dialoge zwischen dem deutschen Oberleutnant (Daniel Brühl) und seinem französischen Gegenspieler (Guillaume Canet) zählen und auch Gary Lewis gefällt in der Rolle des schottischen Seelsorgers. Letztlich gelingt es Carion ganz gut, das Bedürfnis der Soldaten nach Frieden und Menschlichkeit in Kontrast zum erbarmungslosen Alltag des Stellungskrieges zu setzen, ohne dabei zu sehr auf dem Offensichtlichen herumzureiten, so dass man Joyeux Noël insgesamt als durchaus gelungen bezeichnen kann. Dennoch bezeichnend, dass die kurze Eröffnungsszene, in der nacheinander drei Schulkinder die jeweils gegnerische Nation in Landessprache verfluchen, die mit Abstand stärkste Szene des ganzen Films ist.


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THE LAST MAN ON EARTH (Ubaldo Ragona/Sidney Salkow, 1964)


Im Nachhinein betrachtet bin ich froh, dass ich I am Legend vor der Erstverfilmung von Richard Mathesons gleichnamigem Roman gesehen habe, da das Remake im direkten Vergleich doch einige Schwächen offenbart. Der Plot der Erstverfilmung ist deutlich schlüssiger, vom stellenweise aufdringlichen Pathos des Smith-Films keine Spur, mit Vincent Price verfügt er über den charismatischeren Hauptdarsteller und als i-Tüpfelchen versteht er es sogar, die Bedeutung des Romantitels zu erklären, obwohl dieser gar nicht titelgebend war. Da ich den Roman nicht kenne, habe ich mich bei I am Legend nämlich gefragt, warum der Film überhaupt so heißt. Handwerklich ist die Erstverfilmung im besten Fall solide umgesetzt, insbesondere der Showdown wirkt etwas holprig. Dafür punktet man mit einer fesselnden düsteren Atmosphäre und einer relativ schlüssigen Umsetzung einer von der Menschheit verlassenen Welt. Und dass George Romero sich hier einen Großteil der Ideen für seinen nur wenige Jahre später entstandenen Klassiker Night of the living Dead hergeholt hat, ist nun wirklich nicht zu übersehen.


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ANATOMY OF A MURDER (Otto Preminger, 1959)


Detailliert ausgearbeitetes Gerichtsdrama, dessen Faszination vor allem darin gründet, dass der Zuschauer im Ungewissen gelassen wird, was im Vorfeld des Mordes passiert ist. Der Mord selbst ist unstrittig, die Zeugenaussagen seinen Ablauf betreffend stimmen überein. Unklar hingegen bleibt bis zum Schluss, ob Laura tatsächlich vergewaltigt wurde oder es sich um einen Mord aus Eifersucht handelt. Das Verhalten des Angeklagten und seiner Frau deuten zwar eher auf Letzteres hin, sicher sein kann man sich dessen aber nicht. Somit befindet sich der Zuschauer in einer ähnlichen Situation wie die Geschworenen und muss sich basierend auf den Zeugenaussagen selbst zusammenreimen, was genau an jenem Abend vorgefallen ist. Etwas verwunderlich fand ich das Aussparen der Plädoyers, normalerweise Höhepunkt eines Gerichtsdramas, zumal mir die Entscheidung der Jury aufgrund des Handlungsverlaufs nicht recht einleuchten will. Ich jedenfalls hätte den Angeklagten schuldig gesprochen, wäre ich Mitglied der Jury gewesen.

Neuere Genrebeiträge sind erkennbar von Anatomy of a Murder beeinflusst. So findet sich beispielsweise die Figur des versoffenen Anwalts Parnell in A Time to kill in Form der von Donald Sutherland verkörperten Figur wieder, die Rededuelle der Anwälte und der gesamte Ablauf der Verhandlung standen offensichtlich Pate für A few good Men. Im Gegensatz zu diesen beiden recht ernsten Filmen bietet Anatomy of a Murder eine gehörige Portion Humor und begeistert mit ebenso scharfsinnigen wie witzigen Dialogen. Bei den Darstellern traf Preminger voll ins Schwarze und bot mit James Stewart und George C. Scott, den ich erst kürzlich in The Hustler zu schätzen gelernt habe, zwei Kontrahenten auf, die einander auf Augenhöhe begegnen.


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SOMEONE TO WATCH OVER ME (Ridley Scott, 1987)


Ein wenig beachteter Film von Scott, der zwischen Blade Runner und Black Rain unterging. Im Prinzip handelt es sich um einen gängigen 80er-Jahre-Cop-Thriller, der sich allerdings aufgrund der großartigen Inszenierung von der Masse abhebt und zudem weniger auf Action und Spannung setzt als vielmehr die Person des Vorortpolizisten in den Vordergrund stellt, der den Reizen seiner zu schützenden Zeugin erliegt. Ein Hauch von Film Noir weht durch den Streifen und rückt ihn – auch aufgrund der düsteren Sets und des blueslastigen Scores von Michael Kamen – atmosphärisch in die Nähe von Blade Runner. Mimi Rogers sieht umwerfend aus und man kann den armen Mike nur zu gut verstehen, dass er sich von der schönen Millionärin den Kopf verdrehen lässt. Der Plot wird zwar mit zunehmender Spieldauer immer unglaubwürdiger (insbesondere die Geiselnahme von Mikes Familie erscheint wenig plausibel), doch tut das dem Vergnügen keinen Abbruch.

Ridley Scott


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HWAL / Der Bogen (Kim Ki-duk, 2005)


Ich würde mich durchaus als Freund der Kim'schen Arbeiten bezeichnen, doch Hwal fand ich ungeachtet seiner kurzen Spieldauer eher langweilig. Zwar gibt es auch hier wieder das für ihn so typische Verhältnis einer Abhängigkeit, zwar bietet Hwal interessante und äußerst verschlossene Charaktere, doch im Gegensatz zu seinen früheren Filmen passiert hier kaum etwas (die Handlung lässt sich problemlos in zwei Sätze fassen) und auch die Bildkomposition erreicht bei weitem nicht das sonst übliche Niveau. Hwal wirkte auf mich wie eine extrem weichgespülte Version von Seom. Natürlich ist das Ganze wieder sehr symbolbeladen, die Wandlung des jungen Mädchens zur Frau ist mit dem Pfeil und dem austretenden Blut sehr schön umgesetzt. In Ansätzen durchaus gelungen, aber insgesamt war mir Hwal einfach zu brav.


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THE HUSTLER (Robert Rossen, 1961)


Ein großartiges Beziehungsdrama, das unter dem Deckmantel eines Billard-Films daherkommt, das Spiel als solches aber nur oberflächlich behandelt. Im Mittelpunkt steht der Pool-Billard-Spieler Eddie Felson, der zu den talentiertesten Spielern des Landes gehört und gegen andere um Geld spielt. Trotz seines Talents und seines überbordenden Selbstbewusstseins ist er nicht in der Lage, den Topspieler Minnesota Fats zu schlagen, der ihm zwar technisch unterlegen, charakterlich jedoch überlegen ist. Felsons charakterliche Schwäche offenbart sich im Umgang mit Alkohol, dem er häufig über die Maßen zuspricht. Erst im Laufe des Films, befördert vor allem durch Sarahs Selbstmord, für den er Gordon verantwortlich macht, entwickelt er die Charakterstärke, die notwendig ist, gegen einen Spieler vom Schlage Minnesota Fats zu gewinnen. Im entscheidenden Aufeinandertreffen am Schluss trinkt er keinen Tropfen Alkohol und spielt seinen Gegner in Grund und Boden. Dennoch hat er anschließend die Größe, seinem Kontrahenten zu dessen Leistung zu gratulieren.

Neben dem guten Drehbuch und der wundervollen Bildregie sind es vor allem die Darsteller, die Rossens Film zu recht zum Status eines Filmklassikers verhalfen: Paul Newman in der Rolle des schnellen Eddie, der sich vom unbeherrschten trinksüchtigen Talent zum charakterlich gefestigten Zocker wandelt, Jackie Gleason, der optisch etwas an Franz-Josef Strauß erinnert, mit seiner raumverdrängenden Präsenz die Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt, die seine Rolle erfordert, George C. Scott als Bert Gordon, ein schmieriger Gangster, der keinerlei Skrupel hat und dessen einzigen Interessen darin bestehen, Geld zu verdienen und Macht über andere auszuüben und nicht zuletzt Piper Laurie in der Rolle der abgehalfterten Sarah, ein menschliches Wrack, mehr noch als Eddie dem Alkohol verfallen.

The Hustler erinnerte mich stark an Kazans famosen On the Waterfront, obwohl die beiden Filme auf den ersten Blick kaum Gemeinsamkeiten haben. Und doch sind die Ähnlichkeiten zwischen Eddie Felson hier und dem Marlon-Brando-Charakter dort frappierend, zumal beide auch eine ähnliche Entwicklung durchlaufen. Ich bin schon mächtig gespannt auf Scorseses Fortsetzung, die ich hoffentlich in Kürze sichten werde.


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NO COUNTRY FOR OLD MEN (Joel Coen, 2007)


Ein etwas eigenartiger Film über einen alternden Sheriff, der die Welt um ihn herum nicht mehr versteht bzw. mit den Veränderungen seiner Umgebung nicht Schritt halten kann. Aber eigenartig sind ja die meisten Filme der Coen-Brüder, jedenfalls die guten. Und das hier ist ein Guter. Eine große Rolle spielt auch das Schicksal, verkörpert durch den Killer Anton Chigurh (Javier Bardem mit einer wahrhaft furchteinflößenden Leistung), der dafür sorgt, dass niemand seiner Bestimmung entgehen kann, es sei denn, er lässt sich auf ein Spielchen mit ihm ein. Der Sheriff kommt folgerichtig auch immer einen Schritt zu spät, ist nie da, wenn er gebraucht wird und tappt den ganzen Film über meist im Dunkeln. Und wer es bis zum Showdown nicht gerafft hat, dem machen die Coens es dadurch klar, dass sie eben jenen Showdown ausfallen lassen, indem sie den Zuschauer die Szene aus der Perspektive des Gesetzeshüters erleben lassen. Er kommt erst an, als alle tot am Boden liegen. Gemäß den Konventionen des Thriller-Genres hätte der Film hier eigentlich enden können (sollen), doch spätestens in den letzten Minuten wird deutlich, dass die Konfrontation zwischen Llewelyn Moss (auch gut: Josh Brolin) und dem Killer nicht das Kernthema des Films ist, obwohl einem das ja schon bei der Einblendung des Titels zu Beginn klar sein müßte. Diese Konfrontation steht sinnbildlich für die immer stärker aufkommende Gewalt Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre in Zusammenhang mit dem stark florierenden Drogenhandel. Eine Gewalt, die oft auch völlig sinnlos und unmotiviert ist, eine Gewalt, mit der die "alten Männer" nicht mehr klarkommen. Statt also einen spannenden Shoot-Out zu erleben, dürfen wir einem alten Mann lauschen, wie er seiner Frau seine wirren Träume erzählt.

Schon in ihren früheren Filmen zeigten die Coens eine Vorliebe dafür, die Erwartungen des Zuschauers zu unterlaufen, ihn vor den Kopf zu stoßen. So konsequent wie hier haben sie dies bisher nicht umgesetzt.

Coen Brothers


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ALL ABOUT EVE (Joseph L. Mankiewicz, 1950)


Ein interessanter Film, der schonungslos die Intrigen und Lügen hinter den Kulissen eines Theaters offenlegt. Die Inszenierung ist recht behäbig und der Film steht sich mit seiner umständlichen Erzählweise, geprägt durch Rückblenden und Erzählungen diverser Personen aus dem Off, selbst im Weg. Punkten kann er hingegen mit seinen spritzigen Dialogen (obwohl ich nur die deutsche Synchronfassung gesehen habe) und durchweg hervorragenden Darstellerleistungen. Der im gleichen Jahr produzierte, thematisch ähnliche Sunset Blvd. gefiel mir um einiges besser, aber auch Mankiewicz Film ist überaus sehenswert.


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THERE WILL BE BLOOD (Paul Thomas Anderson, 2007)


I'm finished sagt Plainview am Schluss. „Finished" ist er in doppelter Hinsicht. Er hat nicht nur seinen alten Widersacher Eli fertiggemacht, sondern auch sich selbst. Im Gegensatz zu seinem ersten Mord kann er diesen hier nicht vertuschen und er weiß, dass es ihm trotz seines vielen Geldes nicht gelingen wird, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Seelisch ist er ohnehin am Ende, steinreich, aber ohne Freunde, ohne Familie, den (Adoptiv-)sohn verstoßen, dem Alkohol verfallen. Ein vom Hass zerfressener Mann, der sein nahendes Ende vermutlich als Erlösung begreift.

Die letzte Szene zeigt dem Zuschauer noch einmal in aller Deutlichkeit, was den Menschen Daniel Plainview ausmacht. Seine unersättliche Gier geht soweit, dass er sich nicht mit seinem Reichtum und einem moralischen Sieg über den verhassten Gegner zufrieden gibt. Er will mehr. Es reicht ihm nicht, dass Eli wimmernd vor ihm auf dem Boden kriecht, ihm eingestanden hat, dass er nicht nur ein Lügner und Heuchler, sondern auch finanziell am Ende ist. Plainview ist das nicht genug, er will seinen Gegner endgültig zerstören. Er gönnt niemandem etwas. I have a competition in me. I want no one else to succeed. I hate most people sagt er anfangs zu seinem vermeintlichen Bruder. Auch bei seinem adoptierten Sohn macht er keine Ausnahme. Als dieser im mitteilt, er wolle seine eigene Ölfirma gründen, begreift Plainview dies nicht als Teil eines natürlichen Abnabelungsprozesses, sondern als Affront, als Verrat. Er sieht in ihm nicht mehr seinen Sohn, sondern nur noch einen Konkurrenten. This makes you my competitor.

Diese Gier, dieser grenzenlose Hass auf jeden Konkurrenten zieht sich wie ein roter Faden durch Andersons Film. Wobei Anderson keinen Hehl daraus macht, dass genau dies die Triebfeder des Kapitalismus mit all seinen guten wie schlechten Seiten ist. Die derzeitige Bankenkrise ist dafür Beweis genug und so mancher gefallene Börsenstar wird sich dieser Tage ein Stück weit in Daniel Plainview wiederfinden. Doch nicht nur der Kapitalismus bekommt sein Fett weg, auch der religiöse Fanatismus, hier vertreten durch die „Church of the Third Revelation", wird nicht verschont. Der heuchlerische Prediger Eli, der mit seinem religiösen Mummenschanz den Leuten das Geld aus der Tasche zieht und paradoxerweise im Zuge der Weltwirtschaftskrise alles verliert, ist eine ebenso zeitlose Figur wie die des Ölbarons. Völlig am Boden sucht er seine Rettung in den Armen des Kapitalismus, vertreten durch Plainview, und wird von diesem eiskalt abserviert. Am Ende besiegt der Kapitalismus (Plainview) die Religion (Eli), genauer gesagt: er vernichtet sie.

Darstellerisch ist There will be Blood ganz großes Kino. Wenn einer der größten Schauspieler unserer Zeit (Day-Lewis) sich alle paar Jahre dazu herablässt, einen Film zu machen, lässt man sich das nicht entgehen. Und gerade im Vergleich zum vorgestern gesichteten The Dark Knight wird der Unterschied zwischen einem guten Schauspieler (Ledger) und einem Meister seines Fachs (Day-Lewis) deutlich: während Ledger wie ein Schauspieler wirkt, der einen Psychopathen spielt, geht Day-Lewis komplett in seiner Figur auf und ist als Person gar nicht mehr wahrnehmbar. Die Tatsache, dass er dafür einen Oscar bekommen hat, zeigt, dass selbst die Academy manchmal gute Entscheidungen trifft. Erstaunlicherweise kann der junge Paul Dano dieses hohe Niveau mitgehen (wobei er natürlich wesentlich weniger Screentime hat als Day-Lewis) und liefert in der Rolle des religiösen Fanatikers Eli eine beeindruckende Vorstellung. Nicht gefallen hingegen hat mir der viel zu penetrante Score von Jonny Greenwood. Von dieser Schwäche abgesehen, verschaffte mir There will be Blood ein höchst befriedigendes Filmerlebnis.

Paul Thomas Anderson


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THE DARK KNIGHT (Christopher Nolan, 2008)


Eine ziemliche Enttäuschung. Nach dem überragenden Batman begins hatte ich eine Fortsetzung erwartet, die die Stärken des Vorgängers beibehält, aber weit gefehlt. Wo Nolans erster Batman durch eine gekonnte Mischung aus Charakterstudie und dunkler Rachegeschichte überzeugen konnte, mit interessanten Figuren und einer packenden Story, angesiedelt in einem dreckigen Moloch, der direkt aus dem Blade-Runner-Universum stammen könnte, reduzieren sich die Showwerte des Nachfolgers auf eine relativ platte Aneinanderreihung sauber choreografierter Actionszenen in einer "normalen" Großstadt ohne jeden Wiedererkennungswert. Eine 08/15-Comic-Umsetzung, die jemanden wie mich, der mit Comics noch nie etwas anfangen konnte, nur schwer begeistern kann. Die Figur des Bruce Wayne tritt komplett in den Hintergrund bzw. wird reduziert auf ihr Alter Ego, das immer dann auftaucht, wenn Not am Mann ist. Nolan haut dem Zuschauer eine zweieinhalbstündige Actionplatte um die Ohren, dass einem Hören und Sehen vergeht. Sicher ist das alles nett anzuschauen, eines Christopher Nolan, der mich bisher noch mit jedem seiner Filme restlos begeistern konnte, ist dies nicht würdig. Von Werken wie Memento, The Prestige oder auch Batman begins ist das hier meilenweit entfernt.

In der 2. Hälfte schlägt die Story derartige Kapriolen, dass man sich beinahe in einem James-Bond-Film wähnt. Stellenweise fühlte ich mich gar an Die hard with a Vengeance erinnert ("Simon says..."). Die Krönung aber ist der völlig sinnlose Schluss. Warum sollte es die Moral der Einwohner von Gotham City stärken, wenn der einzige öffentliche Kämpfer für die Gerechtigkeit tot ist, ihr bisher einziger effektiver Beschützer jedoch plötzlich zum bösen Buben gemacht wird? Die Einwohner also niemanden mehr haben, der sich für Gerechtigkeit einsetzt? Ich hab's jedenfalls nicht verstanden, möglicherweise ist mir auch ein klärendes Detail entgangen, da mich der Film mit zunehmender Spieldauer nur noch bedingt fesseln konnte.

Darstellerisch hingegen läßt Nolan nichts anbrennen. Bale hat kaum Möglichkeiten, sich in Szene zu setzen, dafür agieren Caine, Freeman und vor allem Gary Oldman gewohnt souverän. Und auch Aaron Eckhart weiß zu gefallen. Im Zentrum des Films steht jedoch die Figur des Joker, die von Heath Ledger solide umgesetzt wurde. Die überschwänglichen Lobeshymnen, die in der Folge seines tragischen Todes angestimmt wurden, sind jedoch völlig überzogen und die Forderungen, ihm posthum einen Oscar zu verleihen zeigen nur, wie stark der Blick auf eine Person durch ihren frühen Tod verklärt wird. Wer würde heute noch über Kurt Cobain reden, wenn er sich nicht die Rübe weggepustet hätte, wer würde heute noch James Dean für einen guten Schauspieler halten, wenn er nicht so jung gestorben wäre? Wobei ich mir kein Urteil über Heath Ledger als Schauspieler erlauben will, da ich zu wenig von ihm gesehen habe. Seine Leistung als "Joker" ist jedenfalls aufgrund seiner stellenweise arg gekünstelten Darstellung und seiner immer gleichen nervösen Gesten nicht mehr als guter Durchschnitt.

The Dark Knight ist sicher kein schlechter Film. Einen solchen traue ich Nolan auch (noch) nicht zu. Allerdings macht er mit diesem Film einen großen Schritt in Richtung Mainstream-/Blockbusterkino. Gut, das war der Vorgänger im Prinzip auch, aber dort blieb er dennoch seinem Stil treu. The Dark Knight hingegen wirkt wie ein Fremdkörper in seinem bisherigen Schaffen und hätte ich es nicht gewusst, wäre ich vermutlich nicht darauf gekommen, dass er hier Regie geführt hat. Vieles von dem, was seine bisherigen Filme ausgezeichnet hat, fehlt hier und damit hat er sich meiner Meinung nach auf einen schlechten Weg begeben. Immerhin: der Masse scheint es zu gefallen, wie die Einspielergebnisse und die lachhaft hohe imdb-Note zeigen. Und das ist ja immerhin etwas.

Christopher Nolan


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STAGECOACH (John Ford, 1939)


Als Kind habe ich den ein paar mal gesehen. Die Szene, in der John Wayne von der Kutsche aufs Pferd springt, war mir noch in Erinnerung. Den Rest hatte ich vergessen und das sagt trotz der langen Zeit, die seitdem vergangen ist, eine Menge aus über Fords Film: nett anzusehen, aber nichts, was sich nachhaltig im Gedächtnis verankert. Überhaupt kann ich Fords Western meist nicht viel abgewinnen, auch nicht dem allseits so gelobten The Searchers. Immerhin bietet Stagecoach ein paar interessante Charaktere (wenn auch kein Klischee ausgelassen wird) und den schön gefilmten Angriff der Apatschen auf die Kutsche, spart aber leider den Showdown zwischen Ringo und den Plummer-Brüdern aus. Etwas ärgerlich ist die Musikuntermalung, die immer wieder in unpassenden Momenten die Soundkulisse überlagert, wie beispielsweise in der schon angesprochenen Überfall-Sequenz. Als endlich die Soldaten zu Hilfe kommen und sich deren Ankunft durch das Ertönen des Schlachthorns ankündigt, erstickt Ford das Signal, indem er völlig unmotiviert die ohnehin nicht sehr gelungene Filmmusik darüber klatscht. Und auch die Unart, bei jedem getroffenen Indianer das Pferd zu Fall zu bringen, statt den Getöteten vom Pferd stürzen zu lassen, trübt die Stimmung. Doch die guten Darsteller und die mehr als ansehnliche Bildkomposition verhindern, dass das Ganze dann in völlige Tristesse abgleitet und so bietet Stagecoach dann unter dem Strich zumindest kurzweilige Unterhaltung.


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MISERY (Rob Reiner, 1990)


Als alter Stephen-King-Fan (wenn auch mein Interesse an seinen neueren Büchern immer mehr schwindet) stehe ich den Verfilmungen seiner Werke meist kritisch gegenüber. Viele sind schlichtweg Müll oder haben mit der Vorlage nicht mehr viel gemeinsam, wobei ich mich durchaus an einer freien Interpretation erfreuen kann, wenn das Ergebnis qualitativ in Ordnung geht. Soll heißen: Maßstab für eine gelungene Verfilmung ist für mich ausschließlich die Qualität des Films und nicht die Frage, wie werkstreu dieser umgesetzt wurde. Die Rob-Reiner-Filme zählen ebenso wie die Frank-Darabont-Umsetzungen zu den wenigen King-Verfilmungen, die beide Kriterien erfüllen: sie halten sich eng an die Vorlage und können zudem in ihrer filmischen Qualität überzeugen.

Misery kann zwar nicht ganz mit dem 5 Jahre früher entstandenen Stand by me mithalten, ist für sich betrachtet jedoch ein äußerst intensives und beklemmendes Kammerspiel, das in erster Linie von einem großartig aufspielenden James Caan getragen wird. Kathy Bates hingegen kann nur in Ansätzen überzeugen, ihre Versuche, die Psychopathin zu mimen, wirken über weite Strecken wenig glaubwürdig. Lustigerweise hat sie für ihre allenfalls durchschnittliche Leistung sogar einen Oscar bekommen, aber die Geschichte der Academy ist ja reich an fragwürdigen Entscheidungen. Bates Performance ist aber die einzige (kleine) Schwäche eines ansonsten rundum gelungenen Thrillers, der auch nach der 5. oder 6. Sichtung nichts von seiner Faszination eingebüßt hat.

Stephen King





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Tommy The Cat
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