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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden

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SHAO LIN SAN SHIH LIU FANG/Die 36 Kammern der Shaolin (Liu Chia-Liang, 1978)


Mit Kung-Fu-Filmen konnte ich noch nie viel anfangen, und so lief dieser allgemein als Klassiker gehandelte Streifen dermaßen an mir vorbei, dass mir noch nicht mal etwas einfällt, was ich darüber schreiben könnte, außer dass ich mich königlich gelangweilt habe.


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ZODIAC (David Fincher, 2007)


I Need to know who he is. I need to stand there, I need to look him in the eye and I need to know that it's him.

Nach Paul Verhoeven meldet sich mit David Fincher ein weiterer Lieblingsregisseur nach längerer Schaffenspause zurück. Mit Zodiac greift er ein Thema auf, das er bereits in seinem ersten Meisterwerk Se7en thematisiert hatte, aber seine Herangehensweise in Zodiac unterscheidet sich grundlegend von der in Se7en. Im Mittelpunkt stehen nicht die Taten des Zodiac – diese werden in der ersten halben Stunde relativ zügig abgehandelt – sondern die Besessenheit des Cartoonisten Robert Graysmith den Fall zu lösen, nachdem die Polizei daran nur noch halbherzig interessiert scheint. Graysmith stellt auf eigene Faust Nachforschungen an und ist bereit, alles für die Lösung des Falls zu opfern: seinen Arbeitsplatz, seine Familie. Am Ende ist er überzeugt, den Täter zu kennen. Er sucht ihn an dessen Arbeitsplatz auf, sieht ihm wortlos in die Augen und kann seiner Seele endlich die Erlösung zuteil werden lassen, die er in all den Jahren gesucht hat. Oberflächlich suchte er einen Serienmörder, in Wahrheit jedoch sein Seelenheil, seinen inneren Frieden. Dass der Mörder letztlich nicht überführt werden kann bzw. vor einem geplanten Verhör stirbt, hat für Graysmith wenig Bedeutung und entspricht im Übrigen auch den Fakten des echten Falls.

Überhaupt orientierte sich Fincher eng an den Fakten und inszenierte Zodiac in einem unaufgeregten, halbdokumentarischen Stil. Die Atmosphäre der späten 60er/frühen 70er Jahre zu Beginn wird hervorragend durch die vorherrschenden Gelb- und Brauntöne eingefangen, die nach und nach durch eine natürlichere Farbgebung verdrängt werden, je mehr sich die Zeit der Gegenwart annähert. Auf die für ihn so typischen sensationellen Kamerafahrten, die insbesondere seine beiden letzten Filme auszeichneten, verzichtet Fincher dieses Mal. Im Vergleich zu Fight Club oder Panic Room wirkt die Inszenierung weitaus ruhiger, ja irgenwie altmodisch, wobei ich das keineswegs negativ sondern vielmehr als dem Film dienlich empfunden habe. Einen erheblichen Anteil zum Gelingen des Films steuern die erstklassigen Darsteller bei, wobei vor allem die beiden Hauptdarsteller Jake Gyllenhaal und Mark Ruffalo zu nennen sind, aber auch Robert Downey Jr. und John Carroll Lynch überzeugen ohne Einschränkung. Während der doch recht stattlichen Spieldauer von fast 160 Minuten kommt nie so etwas wie Langeweile auf.

Mit Zodiac bleibt Fincher seinem (vermutlich nicht beabsichtigten) Rhythmus treu, indem er einem guten Film (Alien3, The Game, Panic Room) immer einen außergewöhnlichen (Se7en, Fight Club, Zodiac) folgen lässt. Bleibt nur zu hoffen, dass er mit dieser Tradition mit seiner nächsten Arbeit bricht und The Curious Case of Benjamin Button nicht nur ein guter Film wird sondern seine nächste Großtat.

David Fincher


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LA RESA DEI CONTI/Der Gehetzte der Sierra Madre (Sergio Sollima, 1966)


Ein recht ordentlicher Western, mit dem Sollima auf Leones Spuren wandelt, ohne dessen Klasse zu erreichen. Die deutsche Synchro war eine Zumutung und machte es mir schwer, den Film richtig einzuschätzen. Eine echte Bereicherung mal wieder der tolle Score von Morricone. Lee van Cleef sehe ich auch gerne, obwohl er mir in der Rolle des Bösen besser gefällt. Hier liefert er sich jedenfalls ein tolles Duell mit Thomas Milian, der den Gejagten Cuchillo als charmantes Schlitzohr verkörpert. So richtig gepackt hat mich der Film trotzdem nicht, wobei ich jetzt nicht genau sagen kann warum. Vielleicht lag's doch an der Synchro.


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DUEL (Steven Spielberg, 1971)


Spielbergs Debut fesselt von der ersten Minute an und lässt den Zuschauer bis zum Ende nicht mehr los. Geniale Idee, mit einfachen Mitteln äußerst effektiv und spannend umgesetzt. Dabei profitiert der Film vor allem davon, dass man den Fahrer des Trucks nie zu Gesicht bekommt. Dennis Weaver übertreibt zwar stellenweise etwas mit seiner Darstellung, überzeugt insgesamt aber in der Rolle des Gejagten und trägt den Film souverän über die knapp 90 Minuten.

Steven Spielberg


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YI GE DOU BU NENG SHAO/Keiner weniger (Zhang Yimou, 1999)


Ein ungemein sympathischer Film von Zhang Yimou mit einer ebenso simplen wie ergreifenden Story, ausladenden Bildern und überzeugenden Laiendarstellern, die allesamt vollkommen glaubwürdig agieren und sehr authentisch wirken – vermutlich gerade weil sie keine Profis sind. Zhang kritisiert das chinesische Schulsystem und die immer noch weit verbreitete Armut unter der Landbevölkerung ohne den Holzhammer auszupacken. Er legt den Finger auf die Wunde, aber er streut kein Salz hinein. Schöner Film.

Zhang Yimou


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THE DESCENT (Neil Marshall, 2005)


Mit "modernen" Horrorfilmen kann ich normalerweise wenig anfangen, aber auf The Descent war ich schon ein kleines bißchen neugierig, nachdem ich einige positive Kritiken gelesen hatte. Also schön das Wohnzimmer abgedunkelt und auf anderthalb gruselige Stunden gefreut, aber stattdessen gab es nur Tristesse und gähnende Langeweile. Nach der ersten halben Stunde wollte ich schon ausschalten, weil mir die Mädels tierisch auf die Nerven gingen, aber wenn ich einen Film mal angefangen habe, stehe ich ihn normalerweise auch bis zum Ende durch. Die 105 Minuten zogen sich wie Kaugummi, echte Spannung kam zu keiner Zeit auf und es war mir auch völlig egal, ob die Tanten alle in der Höhle krepieren oder nicht. Erkennen konnte man sowieso nicht viel, die Kämpfe mit den Albino-Gollums waren ein einziges Durcheinander, aus dem ab und zu eine rote Blutfontäne hervorstach. Ein immer wieder gemachter Fehler bei Filmen dieser Art ist es, den Schrecken zu deutlich zu zeigen und ihn damit seiner Wirkung zu berauben. So auch hier. Hat man die buckligen Viecher erstmal gesehen, sitzen nicht einmal mehr die Schockeffekte, wenn eines von ihnen unverhofft auftaucht. Mehr als billige Effekthascherei und ein paar derbe Splattereinlagen, die aufgrund der Dunkelheit, der wackligen Kameraführung und des epilepsieauslösenden Schnittstakkatos sowieso nicht zu erkennen sind, hat der Film nicht zu bieten. Obwohl - nicht ganz: die letzten 5 Minuten fand ich wirklich gelungen, aber das war's auch schon. Schade um die verschenkte Zeit.

PS: warum die eine (Namen vergessen) der anderen (Namen auch vergessen) am Schluss die Axt ins Bein haut, habe ich nicht verstanden. Ist aber auch egal.


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THE PLUMBER (Peter Weir, 1979)


Bei The Plumber handelt es sich um Film, den Peter Weir für das australische Fernsehen gedreht hat. Jill ist alleine zu Hause, als eines morgens der Klempner Max klingelt und behauptet, er müsse im Auftrag der Wohnungseigentümer die Abflussrohre im Bad überprüfen. Jill lässt ihn gewähren und wundert sich bald über das sonderbare Gebaren des Handwerkers, der zunächst mal die Dusche benutzt statt seiner Arbeit nachzugehen. Nachdem er dann schließlich eines der Wasserrohre in der Wand freigelegt hat, informiert er Jill, dass in größerem Umfang Rohre auszuwechseln sind. Während der folgenden Tage entwickelt Jill ein immer größeres Misstrauen Max gegenüber, das schließlich in regelrechte Angst umschlägt. Hinzu kommt, dass sie mit ihren Ängsten alleine ist, da ihr Mann beruflich sehr beschäftigt ist und ihr kaum zuhört, wenn sie vom Klempner erzählt, und ihre Freundin Max eher attraktiv findet als bedrohlich.

Der Film schafft es Spannung aufzubauen, ohne das großartig etwas passiert. Abgesehen davon, dass Max das Badezimmer in eine Großbaustelle verwandelt, scheint er ein zwar leicht durchgeknallter aber doch recht sympathischer Bursche zu sein, der auf eine etwas unkonventionelle Weise seiner Arbeit nachgeht. Dennoch ist man sich nie ganz sicher, ob an Jills Befürchtungen nicht doch was dran sein könnte, zumal ich einen derartig schlampig arbeitenden Handwerker schon nach dem ersten Tag nicht mehr ins Haus gelassen hätte. Jill hingegen erscheint komplett unfähig, eine Entscheidung zu treffen und Max wüster Arbeit Einhalt zu gebieten. Ihr einziges Mittel, sich gegen ihn durchzusetzen, ist, auf seiner geringen Bildung und seiner ihr unterlegenen Intelligenz herumzureiten. Dort liegt seine Schwachstelle, die Jill dann am Ende gnadenlos ausnutzt, um ihn endgültig loszuwerden.

Unter dem Strich war mir der Film dann doch etwas zu unspektakulär, trotz des gelungenen Twists zum Schluss. Formal wie inhaltlich unterscheidet sich The Plumber recht deutlich von Weirs übrigen Arbeiten, und hätte ich es nicht gewusst, wäre ich nie darauf gekommen, dass er Regie geführt hat. Ein nett gemachter, kleiner Film für zwischendurch – mehr nicht.

Peter Weir


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THE CARS THAT ATE PARIS (Peter Weir, 1974)


Yeah, those old pedestrians are a real problem, aren't they?

Peter Weirs Spielfilm-Debut steht schon lange auf meiner Liste der zu sichtenden Filme. Gestern kam endlich die DVD, und so landete das gute Teil gleich im Player. Die durch den Titel ausgelöste Befürchtung, hier handele es sich um einen Film mit menschenfressenden Autos, bestätigte sich zum Glück nicht. Auch wenn hier und da Elemente des Horrorfilms verwendet werden, handelt es sich in erster Linie um eine zynische Komödie, die mehr als einmal ins Surreale driftet.

Die Bewohner der Kleinstadt Paris, irgendwo im australischen Hinterland gelegen, leben von einem Tourismus der besonderen Art: Besucher werden vorsätzlich in Autounfälle verwickelt, die oftmals tödlich in den steil abfallenden Abhängen der Zufahrtsstraße enden. Überlebende werden entweder zwangsweise in die Gemeinschaft integriert oder vom lokalen Arzt medizinischen Experimenten unterzogen, die sie als hilflose „Veggies“ zurücklassen. In der Zwischenzeit plündern die Einwohner die Autowracks und machen sich über die Habseligkeiten der Opfer her.

So ergeht es auch Arthur, der als Beifahrer mit seinem Bruder auf der Suche nach Arbeit im Auto unterwegs ist und auf dem Weg nach Paris verunglückt. Während sein Bruder stirbt, wird Arthur vom Bürgermeister überredet, in Paris zu bleiben. Aufgrund eines Traumas, das er erlitten hat weil er vor Jahren einen älteren Mann totgefahren hat, kann er nicht mehr autofahren und wäre ohnehin nicht in der Lage, ohne Hilfe die Stadt zu verlassen. Er darf zunächst beim Bürgermeister wohnen, dessen zwei Töchter ebenfalls Unfallopfer sind, und bekommt Arbeit als Parkplatzkontrolleur. Alle sind nett und hilfsbereit und doch dämmert es Arthur sehr bald, dass mit diesen Menschen etwas nicht stimmt...

Weirs Kernthema, nämlich der Konflikt zwischen zwei verschiedenen Kulturen/Weltanschauungen, offenbart sich hier in der Auflehnung der Jugend, die mit aus Schrottteilen zusammengebauten und bunt bemalten Autos die Unfälle verursacht und von den Älteren kaum noch kontrolliert werden kann gegen eben diese Älteren, deren skrupellose, systematische Morde an Durchreisenden der Verrohung der Jugend Vorschub geleistet haben. Die Lage eskaliert, nachdem es zu einem Sergio-Leone-mäßigen Showdown zwischen dem Parkplatzwächter Arthur und einem falsch parkenden Jungspund samt Kumpels kommt. Die darauffolgende Bestrafung des Falschparkers durch Abfackeln seines Autos ist ein Affront, den die Jugendlichen nicht hinnehmen können, da in Paris das Auto nicht nur ein Statussymbol ist sondern praktisch alles, was das Leben ausmacht. Die Autos sind die Seele der Menschen oder die Autos haben ihre Seele „gefressen“ – so lässt sich auch der Titel des Films erklären.

Weirs Frühwerk zeigt schon viel von seiner späteren Brillanz, wenn auch einige Schwächen nicht zu übersehen sind, wie diverse Logiklöcher oder das nicht vorhandene Charisma des Hauptdarstellers, das eine Identifizierung mit ihm schwer macht. Die positiven Aspekte überwiegen aber bei weitem. Die Story ist ebenso witzig wie originell, die Darsteller machen ihre Sache gut, inbesondere John Meillon als Bürgermeister weiß zu überzeugen, und auch die Materialschlacht am Schluss, wenn die Autos der Jugend den Ort in Trümmer legen, ist angesichts des mageren Budgets ansprechend in Szene gesetzt.

Mächtig gespannt bin ich nun auf den Bonusfilm The Plumber, den ich mir aus Zeitgründen gestern leider nicht mehr angucken konnte.

Peter Weir


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WITNESS (Peter Weir, 1985)


Witness beginnt wie ein normaler Thriller, schlägt aber sehr bald romantische Töne an. Wie bei fast allen Filmen Peter Weirs steht auch hier das Aufeinandertreffen zweier Kulturen im Mittelpunkt. Der weltlich geprägte Polizist John Book taucht bei den Amish unter, nachdem seine korrupten Kollegen die Jagd auf ihn eröffnet haben. Dabei verlagert sich sein anfänglich rein dienstliches Interesse an dem kleinen Samuel, der der einzige Zeuge eines Mordes ist, nach und nach auf dessen frisch verwitwete Mutter Rachel. Eine Liebe, die aufgrund der unterschiedlichen Lebensumstände zum Scheitern verurteilt ist.

Die teilweise recht spaßigen Bemühungen der Amish-Darsteller deutsch zu sprechen weckten Erinnerungen an den famosen Die Hard, auch wenn Hans Gruber und Konsorten dort noch unbeholfener klingen. Jedenfalls hatte ich weitaus mehr Mühe, die deutsch gesprochenen Passagen zu verstehen als die englischen. Ansonsten aber ein rundum gelungener Film, der nach dem beinahe besinnlichen Mittelpart bei den Amish noch mit einem spannenden Showdown aufwartet.

Peter Weir


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BAD TASTE (Peter Jackson, 1987)


I'm a Derek. Dereks don't run.

Peter Jacksons Debut zählt zu den wenige Filmen, bei denen ich lauthals lachen kann, und das, obwohl ich es schon so oft gesehen habe. Eine solche Anhäufung von bekloppten Einfällen findet man selten, alleine Dereks Bemühen, die auf dem Boden liegende Hirnmasse wieder in seinem aufgeplatzten Schädel unterzubringen und das Ganze mit seinem Gürtel zu fixieren, haut mich jedesmal fast vom Sofa. Überhaupt: die Story um die Außerirdischen, die eine Fastfood-Kette mit Menschenfleisch betreiben, kann sich nur ein Geisteskranker wie Jackson ausdenken. :) Zusätzliche Pluspunkte sammelt er dadurch, dass er mit ein paar nicht minder bekloppten Kumpels alle Kulissen und Requisiten in mühevoller Kleinarbeit selbst gebaut hat. Hier waren echte Filmfreaks im wahrsten Sinne des Wortes am Werk, und soviel Idealismus gehört alleine schon belohnt. In diesem Sinne: Eat lead, sucker!

Peter Jackson


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THREE SEASONS (Tony Bui, 1999)


Three Seasons erzählt parallel mehrere Geschichten, die ganz lose miteinander verbunden sind: eine Blumenverkäuferin, die eine besondere Beziehung zu ihrem leprakranken Chef entwickelt, der sich komplett von der Außenwelt zurückgezogen hat, ein Fahradkurrier, der sich in eine Nutte verliebt, die sich wiederum nach einem besseren Leben sehnt (was sie zunächst mit finanziellem Reichtum gleichsetzt) und ein kleiner Straßenjunge, der auf einen ehemaligen US-Soldaten auf der Suche nach seiner Tochter trifft, und diesen verdächtigt, seinen Bauchladen gestohlen zu haben.

Tony Buis bisher einziger Spielfilm ist eine vietnamesisch-amerikanische Koproduktion, die u.a. von Harvey Keitel, der auch den US-Soldaten spielt, produziert wurde. Dieser repräsentiert, stellvertretend für die USA, das nicht verarbeitete Trauma Vietnam, das sich in Form seiner ihm unbekannten Tochter offenbart, die er anhand eines Fotos sucht, das ihre Mutter, mit der er in seiner Zeit in Vietnam eine Beziehung hatte, ihm vor ihrem Tod geschickt hat. Er will seine Tochter finden, um endlich innerlich mit dem Thema Vietnam abschließen zu können und seinen Seelenfrieden zu finden. Die Geschichte um den Fahradkurrier und die Nutte zeigt das Aufeinandertreffen des alten traditionellen Vietnam mit der neuen kapitalistischen, westlichen Welt, der sich die Nutte gerne zugehörig fühlen würde.

Der Film punktet mit seinen ungemein sympathischen Darstellern, wunderschönen Bildern, seiner poetischen Erzählweise und nicht zuletzt seiner positiven Grundaussage.


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TUCKER: THE MAN AND HIS DREAM (Francis Ford Coppola, 1988)


Coppola setzte seine persönliche Faszination für den legendären 1948 Tucker Sedan (Coppola hatte ebenso wie Produzent George Lucas bei Drehbeginn noch 2 Exemplare in seinem Besitz – wie das heute aussieht, weiß ich leider nicht) in Anlehnung an den 1948er Werbefilm für das Auto Tucker: The man and his car um und nutzte sogar eine leichte Abwandlung des Titels für seinen eigenen Film. Dem entsprechend wirkt Tucker (der Film) speziell zu Beginn wie ein Werbefilm, und auch im späteren Verlauf werden immer wieder aus dem Off gesprochene Passagen in typischer Verkäufermanier eingefügt. Ergänzt wird dies durch eine leicht theatralische Darbietung der Schauspieler, insbesondere Jeff Bridges spielt wie ein Darsteller auf einer Theaterbühne. Überhaupt ist es in erster Linie der brillanten Leistung von Bridges zu verdanken, dass der Film so gut funktioniert, denn er spielt den Idealisten Preston Tucker mit einer solchen Hingabe und Begeisterung, dass man als Zuschauer am liebsten selbst mitanpacken würde, damit das Auto schneller fertig wird. Beeindruckend zu sehen, wie weit Tucker damals seiner Zeit voraus war und wie er die zahlreichen Probleme, die sich ihm in den Weg stellten und den immensen zeitlichen Druck meisterte.

Coppola hält sich weitgehend an die tatsächlichen Geschehnisse, nimmt sich jedoch gegen Ende auch einige dramaturgische Freiheiten. Wenn man sich den oben bereits erwähnten Werbefilm ansieht, der auf der hervorragenden DVD von Paramount als Bonus enthalten ist, merkt man wie detailversessen Coppola gearbeitet hat. Die Szene, in der der Proto-Typ des Tucker der Öffentlichkeit vorgestellt wird, ist beinahe eine exakte Kopie der echten Szene, inklusive der unfreiwilligen Champagnerdusche.

Tucker ist ein mitreißender, wunderschön fotografierter Film über den visionären Autobauer, dessen Ideen damals revolutionär waren und heute Standard in jedem Auto sind (Sicherheitsgurte, Scheibenbremsen, Benzineinspritzung, etc.). Besonders ergreifend fand ich sein Plädoyer am Ende der Gerichtsverhandlung, wo er es mit nur wenigen Sätzen schafft, den ganzen Saal für sich einzunehmen.

Francis Ford Coppola


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THE CONVERSATION (Francis Ford Coppola, 1974)


I don't care what they're talking about. All I want is a nice, fat recording.

Gene Hackman spielt den Abhörspezialisten Harry Caul, der durch seine spektakulären Arbeiten innerhalb der Szene einen gewissen Ruhm erlangt hat. Bei seinem neuesten Auftrag soll er ein Pärchen während der Mittagspause abhören, mitten auf einem belebten Platz. Doch kein Problem für Caul, der bisher noch jeden Auftrag gemeistert hat.

Nach dem etwas langsamen Beginn, in dessen Verlauf Caul das zunächst harmlos klingende Gespräch über insgesamt drei Mikrofone aufzeichnen lässt, entwickelt diese Aufnahme recht bald eine Brisanz, die nicht nur Caul sondern auch den Zuschauer unweigerlich in ihren Bann zieht. Eine der Stärken des Films ist (Antonionis Blow-Up lässt grüßen), dass dem Zuschauer das Brisante des Gesprächs geradezu beiläufig vermittelt wird. Es gibt keinen großen Aha-Effekt; die Erkenntnis, dass es sich eben nicht um eine harmlose Plauderstunde handelt, stellt sich erst nach und nach im Verlauf einer halben Stunde ein. Dies gelingt Coppola mit seiner ruhigen, unaufgeregten Erzählweise, der sich Hackmans sparsam dosiertes Spiel perfekt anpasst und der ständigen Wiederholung der entscheidenden Passagen.

Harry Caul ist sozial isoliert, er leidet unter Verfolgungswahn. Er erzählt nichts von sich, er hat seine Wohnungstür mit einem doppelten Schloss und Alarmanlage gesichert, er ist unfähig, anderen Menschen zu vertrauen oder eine normale Beziehung zu einer Frau einzugehen. Sein grundlegendes Prinzip ist, sich bei der Arbeit darauf zu beschränken, dem Auftraggeber die gewünschten Resultate zu liefern und sich nicht für den Inhalt der Aufnahmen zu interessieren. Doch weil er mit einem seiner Aufträge in der Vergangenheit die Grundlage für die Ausrottung einer ganzen Familie gelegt hat, will er nicht untätig bleiben und sein Gewissen mit weiteren Opfern belasten. Seine tiefe Religiosität, die sich in vielen Details während des Handlungsverlaufs offenbart, scheint auf diese Schuldgefühle zurückzuführen zu sein. Er versucht daher alles, den geplanten Mord, von dem er zu wissen glaubt, zu verhindern, indem er die Aufnahme nicht seinem Auftraggeber aushändigen sondern zerstören will. Zu spät merkt er, dass er die Unterhaltung völlig falsch interpretiert hat und wird schließlich Mitwisser eines kaltblütigen Mordes, den er mit seiner Arbeit erst ermöglicht hat. Doch damit nicht genug: als er am Telefon erfährt, dass er nun selbst abgehört wird, weil er zuviel weiß, bricht seine Welt endgültig zusammen. Am Ende sitzt er in seiner von ihm selbst auf der vergeblichen Suche nach der Abhöreinrichtung verwüsteten Wohnung, Saxophon spielend, dem Wahnsinn nahe.

Francis Ford Coppola


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THE GUNS OF NAVARONE (J. Lee Thompson, 1961)


Ein durchweg spannender Abenteuerfilm um ein Spezialteam, das den zunächst hoffnungslos erscheinenden Auftrag hat, die beiden Geschütze von Navarone zu sprengen. Wie die ähnlich angelegten Where Eagles Dare und The Dirty Dozen dient der Krieg eigentlich nur als Kulisse, wenn auch hin und wieder anklingt, dass die Männer kriegsmüde sind und am liebsten einfach nach Hause gehen würden. Innerhalb der Gruppe kommt es auch immer wieder zu Konflikten, insbesondere Mallory und Miller geraten des öfteren aneinander. Erwähnenswert noch, dass der Film sich nicht auf die für dieses Genre übliche Schwarzweiß-Zeichnung beschränkt und die Unterschiede in der Gesinnung zwischen dem sadistischen SS-Hauptmann und den übrigen Soldaten deutlich herausstreicht. Trotzdem ist The Guns Of Navarone ein reinrassiger Abenteuer- und Actionfilm, und nichts anderes will er sein. Und als solcher funktioniert er - auch dank seiner Starbesetzung (Gregory Peck, David Niven und Anthony Quinn) - ausgesprochen gut.


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THE CAINE MUTINY (Edward Dmytryk, 1954)


Humphrey Bogart einmal nicht in der Rolle des supercoolen Machos, den nichts aus der Ruhe bringen kann. Seine Verkörperung des paranoiden Captain gefiel mir ausgesprochen gut. Auch die übrigen Darsteller geben sich keine Blöße und machen The Caine Mutiny zu einem hervorragenden Stück Film. Dafür sorgen nicht zuletzt auch die erstklassigen Dialoge. Die Special Effects während des Sturms verraten natürlich das Alter des Films, aber das tut dem Vergnügen keinen Abbruch. Die Krönung jedoch waren die letzten 10 Minuten, in denen der Anwalt die scheinbar triumphalen Sieger des Prozesses auf den Boden der Tatsachen zurückholt und ihnen knallhart ihr eigenes Fehlverhalten aufzeigt.


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THE DUELLISTS (Ridley Scott, 1977)


Scotts erster Spielfilm gehört sicherlich zu seinen besseren Werken, auch wenn er mich nicht ganz zufriedenstellt. Die Story um zwei verfeindete Offiziere während der Zeit Napoleons, die sich wegen einer Nichtigkeit bei jedem Treffen duellieren, basiert auf einem Roman Joseph Conrads, den ich allerdings nicht kenne. Scotts visuelle Umsetzung punktet vor allem mit den atemberaubenden Landschaftsaufnahmen, die oftmals wie Gemälde der Romantik aussehen. Insbesondere die diversen Duelle im Morgengrauen wirken fast so, als hätte man die Darsteller in zeitgenössische Gemälde hineinprojiziert. Zudem gelang es Scott, durch Auswahl der richtigen Locations den Film wesentlich teurer wirken zu lassen als er tatsächlich war. Das vergleichsweise geringe Budget von nicht einmal einer Million Dollar sieht man ihm jedenfalls zu keiner Zeit an.

Was mich allerdings etwas stört ist die Kälte, mit der der Film umgesetzt ist. Das Verhältnis des Betrachters zu den Figuren bleibt die gesamte Spielzeit über sehr distanziert, man erfährt kaum etwas über die Charaktere. Selbst über D'Hubert, aus dessen Perspektive erzählt wird, weiß man am Ende nicht viel. Dies macht eine Identifizierung mit den handelnden Personen nicht gerade leicht. Hinzu kommt, dass der Schnitt – insbesondere in der ersten Hälfte, aber auch später, unfertig wirkt. So als wäre der Film ursprünglich viel länger gewesen, als hätte man ihn mit Gewalt auf die jetzige Laufzeit getrimmt. Immer wieder werden Personen eingeführt, die plötzlich dann wieder verschwinden oder es tauchen aus dem Nichts heraus Figuren aus, wie beispielsweise D'Huberts Schwester (?), bei der er plötzlich wohnt und mit ihren Kindern spielt, ohne dass man weiß warum. Ok, mag vielleicht auch Absicht sein, dennoch habe ich das Gefühl, dass der Film noch wesentlich besser sein könnte, wenn man den Figuren etwas mehr Raum zugestanden hätte.

Dennoch – auch wenn sich jetzt so negativ liest: The Duellists ist ein richtig guter Film geworden, der einfach schön anzusehen ist. Und immerhin läutete er Scotts beste Schaffensphase sein, denn seine beiden Meisterwerke, die Kinogeschichte schrieben (Alien und Blade Runner) folgten unmittelbar danach.

Achja: der Hilfsschüler, der sich den bescheuerten deutschen Titel „Die Duellisten“ ausgedacht hat, hätte vielleicht erstmal einen Duden zur Hand nehmen sollen um festzustellen, dass es im Deutschen „Die Duellanten“ hätte heißen müssen. :doc:

Ridley Scott


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THE LAST TEMPTATION OF CHRIST (Martin Scorsese, 1988)


Ich muss gestehen, dass der einzige Grund, warum ich mir den Film überhaupt angesehen habe, die Tatsache ist, dass Martin Scorsese Regie geführt hat. Als Atheist habe ich naturgemäß wenig Interesse am Leben Jesus Christus, obgleich mir Gibsons Film überraschend gut gefallen hat. Als zusätzliche Abschreckung wirkte die Wahl des Hauptdarstellers Willem Dafoe, den ich mir in dieser Rolle einfach nicht vorstellen konnte. Allerdings zeigte sich schnell, dass zumindest dieser Vorbehalt unbegründet war, denn Dafoe macht seine Sache außerordentlich gut. Weniger gefiel mir Harvey Keitel (den ich normalerweise sehr gerne sehe) in der Rolle des Judas; er wirkte einfach fehl am Platz.

Der Film selbst bietet zunächst nicht viel, was man in anderen Filmen zu diesem Thema nicht schon gesehen hat – abgesehen von einigen Provokationen wie die explizite Darstellung von Maria Magdalenas „Arbeit" oder die Tatsache, dass Jesus Kreuze für die Römer zimmert und dafür von seinen Landsleuten verachtet wird. Scorsese porträtiert Jesus als einen innerlich zerrissenen Mann, der die ihm zugedachte Rolle des Heiland nicht annehmen will und lieber ein normales Leben führen würde. Dennoch fühlt er sich dieser Rolle verpflichtet und veranlasst schließlich sogar Judas, ihn an die Römer zu verraten, damit seine Bestimmung sich erfüllen kann. Richtig mitgerissen wurde ich jedoch erst, als Jesus von Satan in Form eines blonden Mädchens vom Kreuz „gerettet" wird. Plötzlich bietet sich ihm die Gelegenheit, das Leben eines normalen Mannes zu führen, eine Familie zu haben, befreit von der Last, Erlöser der Menschheit zu sein. Und als sich ihm die Gelegenheit zu einem Seitensprung bietet, nutzt er sie, denn nach Aussage seines blonden „Schutzengels" gibt es ja nur eine Frau auf der Erde, jedoch mit vielen verschiedenen Gesichtern. Erst auf dem Sterbebett erkennt er schließlich seine wahre Bestimmung, die er über all die Jahre verdrängt hat, als Judas ihm die Augen öffnet und ihm zeigt, dass er in Wahrheit der Versuchung Satans erlegen ist.

Ein Film, den ich sicherlich nochmal sehen muss, um ihn abschließend beurteilen zu können.

Martin Scorsese


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A PASSAGE TO INDIA (David Lean, 1984)


Leans letzter Film steht ganz in der Tradition seiner monumentalen Epen Lawrence Of Arabia oder Doctor Zhivago. Judy Davis spielt die junge Engländerin Adela Quested, die mit ihrer künftigen Schwiegermutter nach Indien reist, um ihren Verlobten zu ehelichen. Fasziniert von der exotischen Landschaft und der fremden Kultur, aber auch abgestoßen von der Arroganz, mit der die Kolonialherren den Einheimischen begegnen, fragt sie sich schon bald, ob ihr Verlobter, der Richter Ronny Heaslop, tatsächlich der Mann fürs Leben ist, zumal auch er die Inder herablassend behandelt und im übrigen keinerlei Anstalten macht, sich ihr körperlich zu nähern. Sie jedoch sehnt sich nach Zuneigung und körperlicher Liebe, was sich u.a. in ihren sehnsüchtigen Blicken auf die in Stein gemeißelten Skulpturen äußert oder auch in ihrem erwartungsvollen Blick in der Szene, als Heaslop an ihre Zimmertür klopft und ihr eine gute Nacht wünscht, ohne die Tür zu öffnen. Von ihren Gefühlen hin- und hergerissen, lässt sie sich von dem indischen Arzt Dr. Aziz zu einem Ausflug zu den Marabar-Höhlen überreden, bei dem es zu einem Vorfall kommt, der - auch für den Zuschauer - nie ganz aufgeklärt wird. Adela beschuldigt Dr. Aziz der versuchten Vergewaltigung, woraufhin dieser angeklagt und vor Gericht gestellt wird.

Lean versteht es sehr geschickt, die Rassenproblematik in die Story einzubinden, ohne dass man dies als Hauptthema des Films wahrnimmt - was sie auch nicht ist. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine verunsicherte junge Frau und ihr Kampf mit sich selbst. Täuscht sie die versuchte Vergewaltigung vor, um Aufmerksamkeit zu erregen oder wünscht sie sich insgeheim Sex mit Dr. Aziz? Ihre Fragen nach seiner toten Frau und ihren körperlichen Kontakten während der Ehe könnten ein Indiz dafür sein. Lean lässt sogar die Möglichkeit offen, dass die Vergewaltigung tatsächlich stattgefunden hat, da nie gezeigt wird, was in der Höhle tatsächlich passierte und der Brief, in dem Dr. Aziz am Ende des Films Adela dafür dankt, ihn vor dem Gefängnis bewahrt zu haben, auch entsprechende Interpretationen zulässt - auch wenn dies zugegebermaßen nicht sehr wahrscheinlich ist. In jedem Fall erhält der Film dadurch eine geheimnisvolle Note und lässt in gewisser Hinsicht Reminiszensen an Peter Weirs Picnic At Hanging Rock anklingen.

A Passage To India ist ein geheimnisvoller, exotischer Trip nach Indien während der britischen Kolonialzeit mit in jeder Hinsicht überzeugenden Darstellern, phantastischen Aufnahmen und einer Atmosphäre, die einen schnell vergessen lässt, dass man zuhause auf dem Fernsehsessel sitzt. Eine mehr als würdige Abschlussarbeit eines der größten Regisseure des vergangenen Jahrhunderts.

David Lean


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POINT BLANK (John Boorman, 1967)


Ein äußerst zynischer Thriller von Boorman, der mit einer für die damalige Zeit recht ungewöhnlichen Kameraarbeit und einer nichtlinearen Schnitttechnik aufwartet. Marvin spielt Walker als Wandler zwischen den Welten, noch nicht ganz tot, aber auch nicht mehr richtig lebendig, gequält von immer wiederkehrenden Flashbacks, Albträumen, Halluzinationen, angetrieben von einem einzigen Ziel: sich sein Geld zurückzuholen.

Herausragend für mich die Szene, in der sich Walker auf den Weg zu seiner Frau macht, man hört seine rhythmischen, bedrohlich näherkommenden Schritte, während man sie beim Schminken sieht, zwischendurch immer wieder Walker, wie er durch einen langen Korridor schreitet. Als die Schritte schließlich ganz nahe sind, tritt Walker die Tür ein und Bild und Ton finden wieder zueinander. Ein absolutes Highlight ist auch der kurze Dialog zwischen Marvin und Dickinson: "What's my last name?" - "What's my first name?" Göttlich! :love:


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THE NIGHT OF THE HUNTER (Charles Laughton, 1955)


Nachdem ich den Film schon viermal verpasst hatte, hat es im fünften Anlauf endlich geklappt. Rückwirkend betrachtet könnte ich meine zahlreichen Fehlversuche auch als wohlwollende Eingriffe einer höheren Macht betrachten, die mir den Konsum dieses albernen Filmchens ersparen wollte. ;) Blödsinnige Dialoge, meist noch mit überbordendem Pathos vorgetragen (ok - das kann auch an der Synchro liegen), eine schlichtweg peinliche Darbietung von Robert Mitchum, das schwache Drehbuch und die immer wieder im belehrenden Ton vorgetragenen Weisheiten im Stile eines Märchenerzählers ließen mich schon nach 15 Minuten fast verzweifeln. Hinzu kommt, dass der Film so furchtbar altbacken wirkt, dass man meinen könnte, er sei schon 20 Jahre früher entstanden. Von einigen wenigen tollen Kameraeinstellungen (das erste Auftauchen des Predigers als Schatten im Kinderzimmer, die wehenden Haare der Leiche im Fluss, etc.) abgesehen, ein äußerst nerviger Film. Mir ist unbegreiflich, wie dieses Machwerk einen solchen Klassikerstatus erreichen konnte.


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COLLATERAL (Michael Mann, 2004)


Collateral ist ein weiterer Beleg für die hervorragende Arbeit, die Michael Mann seit Jahren leistet. Ein auf Hochglanz polierter Thriller, um den Taxifahrer Max, der einen Profikiller zu seinen Opfern fahren und teilweise sogar hilflos mit ansehen muss, wie diese hingerichtet werden. Ich bin nicht gerade ein Fan von Tom Cruise, aber die Rolle des Killers Vincent scheint ihm wie auf den Leib geschneidert – obwohl diese im krassen Gegensatz zu den üblicherweise von ihm verkörperten Charakteren steht. Er spielt den Killer mit einem gewissen Charme, der sogar so etwas wie Sympathie für Max zu entwickeln scheint. Er hilft ihm mehrfach, indem er z. B. seinen Boss am Telefon zurechtweist, als dieser versucht, Max die Kosten für den Schaden am Taxi aufzuerlegen, er besucht mit ihm seine kranke Mutter und kauft ihr sogar Blumen, um schließlich Max in dem Club das Leben zu retten, indem er ihn in letzter Sekunde davor bewahrt, erschossen zu werden. Natürlich tut er dies alles nicht aus Menschenliebe, sondern in erster Linie weil er Max weiterhin braucht, um seinen Auftrag auszuführen. Manns Verdienst ist es, dass diese Aktionen keineswegs aufgesetzt wirken sondern im Gegenteil perfekt zu dem Bild des Menschen Vincent passen, das man sich im Laufe der Taxifahrt von ihm macht. Auf der anderen Seite wird aber auch nie versucht, Vincents Arbeit in irgendeiner Form zu rechtfertigen. I do this for a living sagt er mehrmals. Er ist ein intelligenter, eiskalt berechnender Killer, der dies nur macht, um damit sein Geld zu verdienen.

Inszenatorisch ist Collateral schlichtweg eine Wucht. Schon die ersten Bilder reißen den Zuschauer in einen Sog, der ihn bis zum Schluss nicht mehr loslässt. Dazu tragen neben den phantastischen Nachtaufnahmen der Stadt L.A., unterlegt von einem beeindruckenden Klangteppich, der diverse Musikrichtungen von Klassik über Jazz und Alternative bis hin zu modernen Disco-Rhythmen einbindet, vor allem die glaubwürdigen Charaktere und die hervorragenden Dialoge bei. So werden immer wieder philosophische Themen gestreift, ohne sich jedoch in akademischen Diskussionen zu verlieren. Die Dosierung passt. In wenigen Worten entlarvt Vincent Max Pläne von einem Limo-Service als das was sie sind: Tagträume ohne jede Substanz. Die angedeutete Romanze zwischen Max und der Staatsanwältin wirkt natürlich, auch wenn sie letztlich der Story dient und einen spannenden Showdown ermöglicht. Am Ende sitzt Vincent tot in der U-Bahn und niemand bemerkt es – ganz so wie der Mann, den er in der ersten Unterhaltung mit Max als Beleg für seinen Hass gegenüber L.A. anführt.

Michael Mann


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HOUSE OF USHER (Roger Corman, 1960)


Neben dem Gespann Fisher/Cushing(/Lee) faszinierten mich als Jugendlicher natürlich auch die Verwurstungen diverser Poe-Vorlagen durch Roger Corman mit Vincent Price in den Hauptrollen. House Of Usher ist zwar nicht der beste Film dieses Duos, aber derzeit der einzige, den ich auf DVD vorliegen habe, und sehenswert ist er allemal. Dafür sorgt alleine schon Vincent Price, für mich im Bereich des Horrorfilms bis heute der mit Abstand beste Darsteller überhaupt. Seine morbide Ausstrahlung dominiert praktisch jeden Film, in dem er mitspielt, und fängt den Geist Edgar Allan Poes (dessen Storys ich schon als Kind geliebt habe) auf ein so geniale Weise ein, dass ich überzeugt bin, Poe hätte seine Freude daran gehabt. Und selbst die Filme, die nicht auf einer Story Poes basieren, lässt er oft wie solche erscheinen – er POEsiert sie quasi.

Ansonsten setzt Corman hier auf das bewährte Rezept: ein schiefes, düsteres Haus mit dunklen Gängen, mitten im stets nebelumwaberten Sumpf, unheimliche Geräusche in der Nacht und von Todessehnsucht geprägte Bewohner, die unaufhaltsam ihrem Untergang entgegengehen.

Roger Corman Edgar Allan Poe


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AFTER HOURS (Martin Scorsese, 1985)


Ein junger Mann trifft sich mit einer Frau, das Treffen läuft nicht so wie geplant, also will er wieder nach Hause. Er hat aber kein Geld, um die U-Bahn zu bezahlen und so stolpert er in eine Reihe bizarrer Vorfälle, die immer irsinniger werden um am Ende sogar sein Leben bedrohen, wenn er vom Mob durch die Straßen Sohos gejagt wird.

Dennoch ist After Hours weder ein Horrorfilm noch ein Thriller im herkömmlichen Sinne, dafür sind die einzelnen Ereignisse zu witzig. Scorsese ist eine äußerst faszinierende Mischung aus Comedy und surrealem Kunstfilm gelungen, getragen von einem überzeugenden Hauptdarsteller, mit dem man schon während des Dates mit der durchgeknallten Marcy Mitleid bekommt. Die Darsteller überzeugen allesamt durch die Bank. Linda Fiorentino ist sowieso immer ein Hingucker, obwohl ich sie hier fast gar nicht erkannt habe. Weitere Highlights sind die erstklassige Kameraarbeit von Michael Ballhaus und das gewohnt souveräne Editing von Scorseses langjähriger Weggefährtin Thelma Schoonmaker.

Ein erfrischend anderer Film von Scorsese, der nichtsdestotrotz das bei ihm übliche hohe Niveau erreicht und vielleicht sogar zu seinen besten Arbeiten zählt.

Martin Scorsese


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THE INCREDIBLES (Brad Bird, 2004)


War ich bei meiner ersten Sichtung vor etwa 2 Jahren etwas enttäuscht, muss ich mein Urteil nun revidieren. Der Film hat mir (wie alle Pixars außer Toy Story 2) großen Spaß gemacht. Es ist schon erstaunlich, welch hohes Niveau Pixar seit Jahren hält, unabhängig davon, ob es in dem Film um Fische, Ameisen, Autos oder eben Superhelden geht. Dabei liegt der Unterschied zur Konkurrenz von Dream Works und Konsorten in der unglaublichen Detailverliebtheit, die sich in jeder Szene, ja in jedem einzelnen Bild offenbart. In jedem Pixarfilm gibt es so viele Dinge zu entdecken, dass eine Mehrfach-Sichtung einfach Pflicht ist, wobei The Incredibles der einzige Film des Studios ist, den ich nicht mindestens dreimal gesehen habe. Was mich damals so störte, kann ich heute gar nicht genau sagen, aber irgendwie übten die im Ruhestand befindlichen Superhelden nicht die gleiche Faszination auf mich aus wie die Figuren aus den Vorgängerfilmen.

Vielleicht lag es daran, dass The Incredibles einfach anders ist als die übrigen Pixars, so eine Art Comic-Version von James Bond. Bird lässt den Zuschauer knapp 2 Stunden lang kaum zur Ruhe kommen, es gibt Action nonstop. Die Figur des Syndrome ist zwar komplett lächerlich, aber selbst darüber sehe ich inzwischen hinweg.

Pixar


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UN CHIEN ANDALOU (Luis Buñuel, 1929)


So, nun habe ich ihn auch gesehen. Eine sinnlose Aneinanderreihung bizarrer Szenen, die sich jedem Deutungsversuch verschließen, aber nett anzuschauen sind. Buñuels vordergründiges Ziel war es sicherlich, mit den Bildern zu schockieren und das Publikum vor den Kopf zu stoßen. Das wird bereits bei der ersten Szene klar, in der er einer Frau den Augapfel durchschneidet. Zweifellos ist Un Chien Andalou von filmhistorischer Bedeutung. Das große Meisterwerk kann ich darin dennoch nicht sehen. Wenn ich meine Träume verfilmen würde, wäre das Ergebnis wahrscheinlich noch weitaus surrealistischer... :muhaha:


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THE LADYKILLERS (Alexander Mackendrick, 1955)


Ein herrlich schrulliges Filmchen, das ich schon mehrfach im Fernsehen gesehen habe und nun zum ersten Mal auf DVD im O-Ton erleben durfte. Normalerweise mag ich keine Komödien, aber The Ladykillers bietet schwarzen britischen Humor vom Feinsten, und da mache ich schon mal eine Ausnahme. Die Grenze zum Slapstick wird zwar mehrfach überschritten (z. B. bei der Jagd nach dem Papagei), aber es bleibt noch im erträglichen Rahmen. So richtig dreht der Film dann zum Ende hin auf, wenn die Gangster sich nicht einigen können, wer die liebenswerte Mrs. Wilberforce um die Ecke bringt, und sich im Zuge dessen alle gegenseitig eliminieren. Erwähnenswert ist außerdem die Leistung der damals 80jährigen Katie Johnson, die neben Alec Guinness der Star des Films ist.


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THE MUMMY (Terence Fisher, 1959)


Ein typischer Terence-Fisher-Film. Den hier kannte ich bisher noch gar nicht, trotzdem wusste ich immer schon vorher, was als nächstes kommt. Das Tolle an Fishers Filmen ist, dass sie trotz aller Vorhersehbarkeit, trotz des immer gleichen Schemas nach dem sie gestrickt sind, immer vorzüglich unterhalten. Wenn John Banning zu seiner Frau sagt, dass sie große Ähnlichkeit mit Ananka habe, ahnt man sofort, dass die Mumie gleich Banning attackieren und dann von ihm ablassen wird, wenn ihr Blick auf seine Frau fällt und sie glaubt, einer Reinkarnation Anankas gegenüberzustehen. Und so kommt es dann auch. Dennoch hält der Film den Spannungsbogen die ganze Zeit über aufrecht. Atmosphärisch natürlich wie immer top, als störend empfand ich lediglich, dass der Beschwörungsritus auf englisch vorgetragen wurde, dies wirkte etwas unpassend. Zudem fragte ich mich, woher Isobel Banning am Ende Kharis Namen wusste. Aber über diese Kleinigkeiten sieht man großzügig hinweg, wenn man so gut unterhalten wird.

Terence Fisher


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BELLE DE JOUR (Luis Buñuel, 1967)


Meine 3. Begegnung mit Buñuel. Während mir die anderen beiden Filme gut (Le Journal d'une femme de chambre) bzw. sehr gut (Le Charme discret de la bourgeoisie) gefielen, konnte ich mit Belle de Jour überhaupt nichts anfangen. Keiner der Charaktere konnte mein Interesse wecken und die Story um eine junge Frau, die als Kind vom Vater missbraucht wurde, dadurch zu körperlicher Liebe mit ihrem künftigen Mann nicht fähig ist, sich zum Ausleben ihrer Triebe stundenweise in einem Bordell als Hure anbietet und sich dafür in ihren masochistischen Träumen bestrafen lässt, fand ich weder schlüssig noch ansatzweise interessant. Der Film ist ein ziemlicher Langweiler, und ich war froh als er endlich aus war. :gaehn:


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A BRONX TALE (Robert de Niro, 1993)


Robert de Niro zeigt sich bei seinem Debut als Regisseur deutlich von Martin Scorsese beeinflusst, was nicht verwundert angesichts der vielen hervorragenden Filme, die die beiden zusammen gedreht haben.

Den Kern der Geschichte bildet der Konflikt der beiden "Väter" Calogeros: auf der einen Seite der echte, leibliche Vater Lorenzo, verkörpert von Robert de Niro, der seinen heranwachsenden Sohn vor dem vermeintlich bösen Sonny schützen will, auf der anderen Seite eben der Gangsterboss Sonny, der Calogero wie einen Sohn betrachtet, weil der ihn durch einen Falschaussage vor dem Zuchthaus bewahrt hat. Sonny versucht zwar, Einfluss auf C. zu nehmen, aber seine Ratschläge sind wohlgemeint und ehrlich. Zu keiner Zeit versucht er, C. für seine Zwecke einzuspannen oder ihm zwielichtige Jobs aufzudrängen, was ihm wohl ein Leichtes gewesen wäre, wenn er es gewollt hätte. Seine Zuneigung erscheint ehrlich und er bemüht sich, C. von dunklen Geschäften fernzuhalten, er hält seine schützende Hand über ihn und warnt ihn vor seinen Freunden, die seiner Meinung nach einen schlechten Einfluss auf ihn haben. So gesehen hat also Lorenzo gar keinen Grund Sonny zu misstrauen, beide wollen im Grunde genommen nur das Beste für C. - eben jeder auf seine Weise. Dennoch stehen sie in einer Konkurrenzsituation zueinander, die auch von Eifersucht auf Seiten Lorenzos geprägt ist, weil er weder das Geld noch die Machtposition Sonnys hat, somit C. also auch nicht so viel bieten kann. Dies wird besonders deutlich in der Szene, wo Vater und Sohn sich den Boxkampf von einem der hinteren Plätze anschauen und Sonny, der in der ersten Reihe sitzt, den beiden anbietet, nach vorne zu kommen.

Leider verzettelt sich de Niro gegen Ende etwas in einer diffusen Liebesgeschichte, eingebettet in einen Rassenkonflikt zwischen Italienern und Schwarzen. Auf mich wirkte das wie ein Stilbruch, der bis dahin so geschmeidig dahinfließende Film geriet aus dem Rhythmus. Auch das abrupte Ende Sonnys fand ich unbefriedigend, ganz zu schweigen von dem albernen Geschwafel an Sonnys Sarg, wobei Letzteres auch auf die Unzulänglichkeiten der Synchro zurückzuführen sein kann - der O-Ton lag mir leider nicht vor. Jedenfalls konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dem Autor am Ende die Pferde durchgegangen sind. Insgesamt dennoch ein gelungenes Debut von de Niro.


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THE CURSE OF FRANKENSTEIN (Terence Fisher, 1957)


I'll give you life again.

Ihren Charme haben die Hammer-Filme nach all den Jahren nicht verloren. Sicher, ich mache mir nicht mehr vor Angst fast in die Hose, wie damals im Alter von 12 oder 13 Jahren, aber die besondere Stimmung, die düstere Atmosphäre, die den meisten dieser Filme innewohnt, nimmt mich noch heute gefangen. The Curse Of Frankenstein steht dabei nur stellvertretend für viele Hammer-Produktionen, auch wenn er für mich zu den besten Outputs des legendären Filmstudios zählt.

Cushing und Lee waren meines Wissens hier erstmals zusammen in einem Film zu sehen, wobei sich die Auftritte von Lee auf mehrere kurze Szenen beschränken. Sein schlumpfig blaues Make-Up sorgte bei mir für einen kleinen Schmunzler, aber gerade diese Unzulänglichkeiten sind es, die den Film so liebenswert machen. Die Kulissen sind stimmig, die Darstellerleistungen durchgehend souverän und der Score von James Bernard bildet die perfekte Untermalung für diesen Horrorspaß.

Terence Fisher





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Tommy The Cat
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