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THERE WILL BE BLOOD (Paul Thomas Anderson, 2007)
von Tommy The Cat ·
30 Dezember 2008
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I'm finished sagt Plainview am Schluss. „Finished" ist er in doppelter Hinsicht. Er hat nicht nur seinen alten Widersacher Eli fertiggemacht, sondern auch sich selbst. Im Gegensatz zu seinem ersten Mord kann er diesen hier nicht vertuschen und er weiß, dass es ihm trotz seines vielen Geldes nicht gelingen wird, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Seelisch ist er ohnehin am Ende, steinreich, aber ohne Freunde, ohne Familie, den (Adoptiv-)sohn verstoßen, dem Alkohol verfallen. Ein vom Hass zerfressener Mann, der sein nahendes Ende vermutlich als Erlösung begreift.
Die letzte Szene zeigt dem Zuschauer noch einmal in aller Deutlichkeit, was den Menschen Daniel Plainview ausmacht. Seine unersättliche Gier geht soweit, dass er sich nicht mit seinem Reichtum und einem moralischen Sieg über den verhassten Gegner zufrieden gibt. Er will mehr. Es reicht ihm nicht, dass Eli wimmernd vor ihm auf dem Boden kriecht, ihm eingestanden hat, dass er nicht nur ein Lügner und Heuchler, sondern auch finanziell am Ende ist. Plainview ist das nicht genug, er will seinen Gegner endgültig zerstören. Er gönnt niemandem etwas. I have a competition in me. I want no one else to succeed. I hate most people sagt er anfangs zu seinem vermeintlichen Bruder. Auch bei seinem adoptierten Sohn macht er keine Ausnahme. Als dieser im mitteilt, er wolle seine eigene Ölfirma gründen, begreift Plainview dies nicht als Teil eines natürlichen Abnabelungsprozesses, sondern als Affront, als Verrat. Er sieht in ihm nicht mehr seinen Sohn, sondern nur noch einen Konkurrenten. This makes you my competitor.
Diese Gier, dieser grenzenlose Hass auf jeden Konkurrenten zieht sich wie ein roter Faden durch Andersons Film. Wobei Anderson keinen Hehl daraus macht, dass genau dies die Triebfeder des Kapitalismus mit all seinen guten wie schlechten Seiten ist. Die derzeitige Bankenkrise ist dafür Beweis genug und so mancher gefallene Börsenstar wird sich dieser Tage ein Stück weit in Daniel Plainview wiederfinden. Doch nicht nur der Kapitalismus bekommt sein Fett weg, auch der religiöse Fanatismus, hier vertreten durch die „Church of the Third Revelation", wird nicht verschont. Der heuchlerische Prediger Eli, der mit seinem religiösen Mummenschanz den Leuten das Geld aus der Tasche zieht und paradoxerweise im Zuge der Weltwirtschaftskrise alles verliert, ist eine ebenso zeitlose Figur wie die des Ölbarons. Völlig am Boden sucht er seine Rettung in den Armen des Kapitalismus, vertreten durch Plainview, und wird von diesem eiskalt abserviert. Am Ende besiegt der Kapitalismus (Plainview) die Religion (Eli), genauer gesagt: er vernichtet sie.
Darstellerisch ist There will be Blood ganz großes Kino. Wenn einer der größten Schauspieler unserer Zeit (Day-Lewis) sich alle paar Jahre dazu herablässt, einen Film zu machen, lässt man sich das nicht entgehen. Und gerade im Vergleich zum vorgestern gesichteten The Dark Knight wird der Unterschied zwischen einem guten Schauspieler (Ledger) und einem Meister seines Fachs (Day-Lewis) deutlich: während Ledger wie ein Schauspieler wirkt, der einen Psychopathen spielt, geht Day-Lewis komplett in seiner Figur auf und ist als Person gar nicht mehr wahrnehmbar. Die Tatsache, dass er dafür einen Oscar bekommen hat, zeigt, dass selbst die Academy manchmal gute Entscheidungen trifft. Erstaunlicherweise kann der junge Paul Dano dieses hohe Niveau mitgehen (wobei er natürlich wesentlich weniger Screentime hat als Day-Lewis) und liefert in der Rolle des religiösen Fanatikers Eli eine beeindruckende Vorstellung. Nicht gefallen hingegen hat mir der viel zu penetrante Score von Jonny Greenwood. Von dieser Schwäche abgesehen, verschaffte mir There will be Blood ein höchst befriedigendes Filmerlebnis.
Paul Thomas Anderson
Die letzte Szene zeigt dem Zuschauer noch einmal in aller Deutlichkeit, was den Menschen Daniel Plainview ausmacht. Seine unersättliche Gier geht soweit, dass er sich nicht mit seinem Reichtum und einem moralischen Sieg über den verhassten Gegner zufrieden gibt. Er will mehr. Es reicht ihm nicht, dass Eli wimmernd vor ihm auf dem Boden kriecht, ihm eingestanden hat, dass er nicht nur ein Lügner und Heuchler, sondern auch finanziell am Ende ist. Plainview ist das nicht genug, er will seinen Gegner endgültig zerstören. Er gönnt niemandem etwas. I have a competition in me. I want no one else to succeed. I hate most people sagt er anfangs zu seinem vermeintlichen Bruder. Auch bei seinem adoptierten Sohn macht er keine Ausnahme. Als dieser im mitteilt, er wolle seine eigene Ölfirma gründen, begreift Plainview dies nicht als Teil eines natürlichen Abnabelungsprozesses, sondern als Affront, als Verrat. Er sieht in ihm nicht mehr seinen Sohn, sondern nur noch einen Konkurrenten. This makes you my competitor.
Diese Gier, dieser grenzenlose Hass auf jeden Konkurrenten zieht sich wie ein roter Faden durch Andersons Film. Wobei Anderson keinen Hehl daraus macht, dass genau dies die Triebfeder des Kapitalismus mit all seinen guten wie schlechten Seiten ist. Die derzeitige Bankenkrise ist dafür Beweis genug und so mancher gefallene Börsenstar wird sich dieser Tage ein Stück weit in Daniel Plainview wiederfinden. Doch nicht nur der Kapitalismus bekommt sein Fett weg, auch der religiöse Fanatismus, hier vertreten durch die „Church of the Third Revelation", wird nicht verschont. Der heuchlerische Prediger Eli, der mit seinem religiösen Mummenschanz den Leuten das Geld aus der Tasche zieht und paradoxerweise im Zuge der Weltwirtschaftskrise alles verliert, ist eine ebenso zeitlose Figur wie die des Ölbarons. Völlig am Boden sucht er seine Rettung in den Armen des Kapitalismus, vertreten durch Plainview, und wird von diesem eiskalt abserviert. Am Ende besiegt der Kapitalismus (Plainview) die Religion (Eli), genauer gesagt: er vernichtet sie.
Darstellerisch ist There will be Blood ganz großes Kino. Wenn einer der größten Schauspieler unserer Zeit (Day-Lewis) sich alle paar Jahre dazu herablässt, einen Film zu machen, lässt man sich das nicht entgehen. Und gerade im Vergleich zum vorgestern gesichteten The Dark Knight wird der Unterschied zwischen einem guten Schauspieler (Ledger) und einem Meister seines Fachs (Day-Lewis) deutlich: während Ledger wie ein Schauspieler wirkt, der einen Psychopathen spielt, geht Day-Lewis komplett in seiner Figur auf und ist als Person gar nicht mehr wahrnehmbar. Die Tatsache, dass er dafür einen Oscar bekommen hat, zeigt, dass selbst die Academy manchmal gute Entscheidungen trifft. Erstaunlicherweise kann der junge Paul Dano dieses hohe Niveau mitgehen (wobei er natürlich wesentlich weniger Screentime hat als Day-Lewis) und liefert in der Rolle des religiösen Fanatikers Eli eine beeindruckende Vorstellung. Nicht gefallen hingegen hat mir der viel zu penetrante Score von Jonny Greenwood. Von dieser Schwäche abgesehen, verschaffte mir There will be Blood ein höchst befriedigendes Filmerlebnis.
Paul Thomas Anderson