Leans 6. Regiearbeit weist starke Gemeinsamkeiten mit Brief Encounter auf. Stellenweise wähnt man sich gar in einem Remake desselben. Die Namen der handelnden Personen sind zwar andere und auch ihre Beziehung untereinander differiert, aber die Grundkonstellation – eine verheiratete Frau zwischen zwei Männern – ist doch sehr ähnlich. Mit Trevor Howard ist sogar einer der Protagonisten wieder dabei, und das in beinahe der gleichen Rolle. Tatsächlich basiert The passionate Friends jedoch auf einer Vorlage H. G. Wells, die Ähnlichkeiten mit Brief Encounter sind wohl eher auf das generelle Interesse Leans an diesem Thema zurückzuführen, zumal die Entstehungszeit des Films in die Trennungsphase von seiner zweiten Frau fällt. Wenige Monate nach der Veröffentlichung heiratete er die Hauptdarstellerin Ann Todd.
Trotz aller Ähnlichkeiten geht Brief Encounter das Thema wesentlich behutsamer an als The passionate Friends. In Ersterem widerstehend die Liebenden letztlich der Versuchung und unterwerfen sich den gesellschaftlichen Konventionen. Laura Jesson entscheidet sich schweren Herzens aber bewusst für ihre Kinder und den Ehemann, während Mary Justin von ihrem Mann verstoßen wird und am Ende alleine und verlassen zurückbleibt, weil auch ihr Geliebter zu seiner Familie zurückkehrt. In ihrer Verzweiflung wirft sie sich vor den ankommenden Zug und wird im letzten Moment von ihrem Mann zurückgerissen, der sie dann doch wieder bei sich aufnimmt. Brief Encounter enthält eine sehr ähnliche Szene, auch hier will sich Laura vor einen Zug stürzen, entscheidet sich jedoch aus dem Verantwortungsbewusstsein ihren Kindern gegenüber und ohne das Eingreifen eines Dritten dagegen. Mary hingegen hat keine Kinder und nachdem sie ihre beiden Männer (scheinbar) verloren hat nichts mehr zu verlieren als das nackte Leben.
The passionate Friends geht in beinahe allen Belangen einen Schritt weiter als der Vorgänger. Aber gerade die subtile Herangehensweise, das Gefangensein in gesellschaftlichen Zwängen und Moralvorstellungen, der Triumph des Geistes über das Herz sind die herausragenden Qualitäten, die diesen auszeichnen und ihm den Status eines Klassikers einbrachten. The passionate Friends blieb dies (zu Recht) verwehrt, denn obwohl er mich durchaus zu fesseln wusste, weckte er beileibe nicht die Emotionen wie Brief Encounter. Der wohl entscheidende Unterschied zwischen einem guten Film und einem Klassiker.
David Lean
Trotz aller Ähnlichkeiten geht Brief Encounter das Thema wesentlich behutsamer an als The passionate Friends. In Ersterem widerstehend die Liebenden letztlich der Versuchung und unterwerfen sich den gesellschaftlichen Konventionen. Laura Jesson entscheidet sich schweren Herzens aber bewusst für ihre Kinder und den Ehemann, während Mary Justin von ihrem Mann verstoßen wird und am Ende alleine und verlassen zurückbleibt, weil auch ihr Geliebter zu seiner Familie zurückkehrt. In ihrer Verzweiflung wirft sie sich vor den ankommenden Zug und wird im letzten Moment von ihrem Mann zurückgerissen, der sie dann doch wieder bei sich aufnimmt. Brief Encounter enthält eine sehr ähnliche Szene, auch hier will sich Laura vor einen Zug stürzen, entscheidet sich jedoch aus dem Verantwortungsbewusstsein ihren Kindern gegenüber und ohne das Eingreifen eines Dritten dagegen. Mary hingegen hat keine Kinder und nachdem sie ihre beiden Männer (scheinbar) verloren hat nichts mehr zu verlieren als das nackte Leben.
The passionate Friends geht in beinahe allen Belangen einen Schritt weiter als der Vorgänger. Aber gerade die subtile Herangehensweise, das Gefangensein in gesellschaftlichen Zwängen und Moralvorstellungen, der Triumph des Geistes über das Herz sind die herausragenden Qualitäten, die diesen auszeichnen und ihm den Status eines Klassikers einbrachten. The passionate Friends blieb dies (zu Recht) verwehrt, denn obwohl er mich durchaus zu fesseln wusste, weckte er beileibe nicht die Emotionen wie Brief Encounter. Der wohl entscheidende Unterschied zwischen einem guten Film und einem Klassiker.
David Lean