Bei Leans letzter Zusammenarbeit mit Drehbuchautor Noel Coward greift er zum ersten Mal ein Thema auf, das ihn später noch häufiger beschäftigen sollte: das der unerfüllten Sehnsucht nach der wahren Liebe. Eine Seelenverwandtschaft Laura Jessons mit Rosy Ryan (Ryan's Daughter) oder Adela Quested (A Passage to India) lässt sich nicht leugnen. Allerdings gibt Laura sich nicht in letzter Konsequenz ihren Gefühlen hin, sondern lässt im entscheidenden Moment ihren Verstand die Oberhand behalten. Gezwungen von ihren Moralvorstellungen (oder denen ihrer Umwelt) sowie ihrem Pflichtgefühl gegenüber Ehemann und Kindern, folgt sie nicht dem Ruf ihres Herzens. Ihr Handeln bleibt letztlich ohne große Konsequenzen (ihr Mann ahnt zwar, dass etwas vorgefallen ist, nimmt sie aber dankbar wieder auf), während Adela Quested und vor allem Rosy Ryan sich selbst zugrunde richten. Allerdings sind die jeweiligen Situationen der drei Frauen auch nur bedingt vergleichbar. Den „sicheren Hafen" Ehe, in den Laura sich zurückziehen kann, hat Adela Quested beispeilsweise nicht. Interessant ist in dem Zusammenhang auch die Tatsache, dass David Lean insgesamt sechsmal verheiratet war. Kein Wunder, dass ihn das Thema immer wieder in seinen Filmen beschäftigte.
Optisch und technisch markiert Brief Encounter einen weiteren Fortschritt in der Entwicklung Leans. Bisher zweifellos sein schönster Film, die Kameraführung ist exzellent und schafft eine beinahe Film-Noir-artige Stimmung. Zudem kann er sich auf eine ausnahmslos überzeugende Darstellerriege verlassen, allen vora Celia Johnson und Trevor Howard. Die Chemie stimmt zwischen den beiden, und dies ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Film funktioniert.
Ich will nicht bestreiten, dass ich im Vorfeld angesichts der Story eine gewisse Skepsis hegte, inwieweit Lean die schwierige Gratwanderung zwischen ehrlichem Gefühlskino und prätentiösem Kitsch gelingen würde, aber es zeigte sich schnell, dass meine Bedenken unbegründet waren. Er meisterte die Herausforderung ohne Probleme und hat mit Brief Encounter eine ehrlichen, mitreißenden und bewegenden Film geschaffen. Das einzige, was mir missfallen hat, sind die vielen Bemerkungen Lauras aus dem Off. Gewisse Erläuterungen sind sicher hilfreich, zumal die Handlung nichtlinear und in Rückblenden erzählt wird, aber viele Erklärungen sind auch einfach unnötig und nehmen dem Film etwas von seiner Atmosphäre. Beispielsweise wäre die Szene, in der sich Laura vor den Zug stürzen will, auch ohne ihren Kommentar eindeutig zu deuten gewesen, das muss man nicht noch mit Worten erklären. Von dieser kleinen Schwäche abgesehen eine runde Sache.
David Lean
Optisch und technisch markiert Brief Encounter einen weiteren Fortschritt in der Entwicklung Leans. Bisher zweifellos sein schönster Film, die Kameraführung ist exzellent und schafft eine beinahe Film-Noir-artige Stimmung. Zudem kann er sich auf eine ausnahmslos überzeugende Darstellerriege verlassen, allen vora Celia Johnson und Trevor Howard. Die Chemie stimmt zwischen den beiden, und dies ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Film funktioniert.
Ich will nicht bestreiten, dass ich im Vorfeld angesichts der Story eine gewisse Skepsis hegte, inwieweit Lean die schwierige Gratwanderung zwischen ehrlichem Gefühlskino und prätentiösem Kitsch gelingen würde, aber es zeigte sich schnell, dass meine Bedenken unbegründet waren. Er meisterte die Herausforderung ohne Probleme und hat mit Brief Encounter eine ehrlichen, mitreißenden und bewegenden Film geschaffen. Das einzige, was mir missfallen hat, sind die vielen Bemerkungen Lauras aus dem Off. Gewisse Erläuterungen sind sicher hilfreich, zumal die Handlung nichtlinear und in Rückblenden erzählt wird, aber viele Erklärungen sind auch einfach unnötig und nehmen dem Film etwas von seiner Atmosphäre. Beispielsweise wäre die Szene, in der sich Laura vor den Zug stürzen will, auch ohne ihren Kommentar eindeutig zu deuten gewesen, das muss man nicht noch mit Worten erklären. Von dieser kleinen Schwäche abgesehen eine runde Sache.
David Lean