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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden




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ALEXANDER - Final Cut (Oliver Stone, 2004)



Die Kinofassung konnte mich seinerzeit nicht vollends überzeugen, auch wenn sie mir insgesamt recht gut gefallen hatte. An Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern, aber ich weiß noch, dass mein Hauptproblem in der nicht erkennbaren Motivation Alexanders für seine beispiellosen Eroberungszüge lag. Diese kam in der Kinofassung nicht richtig zur Geltung, ebenso wie die beinahe unglaublichen kriegerischen Erfolge ein wenig ins Hintertreffen gerieten.

Ganz anders nun der Final Cut (den Director's Cut hatte ich mir in weiser Voraussicht gleich geschenkt): Stone geht viel detaillierter auf die Motive Alexanders ein und verleiht seinem Charakter durch zahlreiche Rückblicke auf dessen Kindheit enorme Tiefe. Er zeichnet Alexander als einen Mann, der ähnlich wie sein Streitross quasi Angst vor seinem eigenen Schatten hat und auf der ständigen Flucht vor sich selbst ist. Diese treibt ihn quer durch Europa bis nach Indien, wo er schließlich nach einer schweren Verwundung die Heimreise antritt. Ob diese Motive Alexanders den historischen Tatsachen entsprechen, sei mal dahingestellt und wird sowieso nie geklärt werden – auf mich wirken sie glaubwürdig. Damit enthält der Final Cut den entscheidenden Mosaikstein, der der Kinofassung fehlte. Und nicht nur dass: die Kampfszenen wirken nun viel realistischer und dynamischer und vermitteln dem Zuschauer ein Gefühl dafür, wie eine solche Schlacht in Wirklichkeit ablief. Dazu gehören auch die zahlreichen blutigen Details, die Stone eingefügt hat, wie abgehackte Gliedmaßen und dergleichen. Ich bin nun wahrlich kein Gorefreak, aber das viele zusätzliche Blut gibt den Kämpfen die Härte und Brutalität, die die Kinofassung vermissen ließ.

Gut gefiel mir auch der neue dramaturgische Aufbau. Stone erzählt Alexanders Leben in nichtchronologischer Reihenfolge und wechselt ständig in der Zeit hin- und her, ohne dass dies übermäßig konstruiert wirkt. Die Sets sind teilweise atemberaubend schön, insbesondere Babylon ist hervorragend gelungen und lässt erkennen, wofür die 160 Mio, die der Film gekostet hat, verwendet wurden. Makellos ist der Final Cut zwar immer noch nicht, denn mit Angelina Jolie in der Rolle der Olympia kann ich mich nach wie vor nicht anfreunden und auch das geschwätzige Ende wäre entbehrlich gewesen. Ich hätte den Abspann direkt nach der Sterbeszene Alexanders gestartet, mit dem Zerbrechen des Siegelrings. Aber das sind angesichts der Stärken des Gesamtwerks eher Kleinigkeiten, die den rundum positiven Eindruck nicht nachhaltig trüben können.

Alexander der Große war einer der größten Feldherrn aller Zeiten. Wirkte er in der Kinofassung eher wie ein starker, aber historisch völlig unbedeutender Kriegsfürst, ist es Stone nun mit dem Final Cut gelungen, dem Zuschauer diese Größe Alexanders auch in Bildern zu vermitteln. Ein mitreißendes Filmerlebnis, dass trotz der stattlichen Spieldauer von 3 ½ Stunden keine Minute langweilig wird.

Oliver Stone



Filmtagebuch von...

Tommy The Cat
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