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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden




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DA HONG DENG LONG GAO GOA GUA/Rote Laterne (Zhang Yimou, 1991)



Schon die Eröffnungsszene ist bedrückend. Man sieht Songlian (Gong Li) in Großaufnahme, während sie mit ihrer Mutter im Off spricht. Ich werde heiraten, sagt sie. Einen reichen Mann. Ganz langsam rollt eine Träne ihre Wangen hinab.

Kurz nach ihrer Ankunft im neuen Zuhause gerät sie schon mit ihrer Dienerin aneinander. Die Atmosphäre am Hof ist geprägt von Neid, Eifersucht und Misstrauen, nicht nur der vier Ehefrauen untereinander sondern auch teilweise den Bediensteten gegenüber. Interessant dabei ist, dass keine der handelnden Personen richtig unsympathisch ist, irgendwie kann man alle mehr oder minder verstehen. Selbst der Herr des Hauses, den man immer nur in der Totalen oder im Halbdunkeln zu Gesicht bekommt, scheint kein schlechter Mensch zu sein – erst später stellt sich heraus, dass er zum kaltblütigen Mörder werden kann. Überhaupt scheint zu Beginn alles anders zu sein als es tatsächlich ist. Herrin Nr. 2 kümmert sich beinahe rührend um Songlian, ist dabei aber die größte Intrigantin am Hof und schadet ihr im Hintergrund wo sie kann, während Herrin Nr. 3 ihr sehr abweisend aber immerhin ehrlich gegenübertritt. Gonglian ist zwar unglücklich, scheint aber anfangs durchaus in der Lage, das böse Spiel mitzuspielen. Sie kontert geschickt die Anfeindungen durch Herrin Nr. 3 und entledigt sich auf recht elegante Weise ihrer ungeliebten Dienerin. Erst als sie die wahre Natur der Herrin Nr. 2 enttarnt, beginnt sich das Blatt zu wenden, und Gonglian muss auf schmerzhafte Weise erkennen, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, mit den Gegebenheiten am Hofe umzugehen: sie stillschweigend zu ertragen und souverän über den Dingen zu stehen wie Herrin Nr. 1 oder dagegen anzukämpfen und früher oder später daran zugrundezugehen, sei es wie Herrin Nr. 3 durch den Tod oder eben den Verlust der Realität und das Abdriften in den Wahnsinn.

Zhang Yimou schildert dies alles in ruhigen, fast statischen Bildern. Es gibt wenig Bewegung und die Tatsache, dass der komplette Film in der herrschaftlichen Anlage spielt, verleiht ihm dem Charakter eines Bühnenstücks. Dabei verlässt sich Zhang neben den wunderschönen Aufnahmen der verschiedenen Hofbereiche voll auf seine in allen Belangen überzeugenden Darsteller. Von seiner Machart ist Rote Laterne seinem aktuellen Film Curse of the golden Flower nicht unähnlich, auch wenn Ersterer weitaus zurückhaltender in Szene gesetzt wurde und mir auch insgesamt ein wenig besser gefällt.

Ein formal sehr schöner, aber auch bedrückender Film. Die DVD wandert auf meine Kaufliste.

Zhang Yimou



Filmtagebuch von...

Tommy The Cat
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