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Camelback Cinema

Tommy The Cats filmische Sternstunden




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James-Bond-Serie #20: DIE ANOTHER DAY (Lee Tamahori, 2002)



In Missachtung des kollegialen Rats habe ich Bond Nr. 20 dann doch nüchtern geguckt, und abgesehen von dem miesesten Score der Bondgeschichte sah das Gebotene zunächst gar nicht übel aus. Eine gelungene Pre-Credits-Sequenz (wenn auch etwas unbeholfen inszeniert), ein brauchbarer Titelsong, dem man gewisse Ohrwurmqualitäten nicht absprechen kann, obwohl er so klingt, als hätte die Tonspur Aussetzer und eine interessante Story, die Abwechslung vom üblichen Bond-Einerlei versprach. Dazu mit Kuba endlich mal wieder eine richtig exotische Location und interessante Frauen gibt’s auch. Halle Berry ist zwar recht unsympathisch, sieht aber sehr gut aus, Rosamund Pike ist ebenso giftig wie süß und für Madonna habe ich schon seit jeher ein Faible. So weit, so gut.

Nach etwa einer Stunde geht’s dann nach Island und was dann kam, übertraf meine schlimmsten Befürchtungen. Und damit meine ich jetzt nicht etwa den fehlenden Realismus, das hat mich bei Bond noch nie gestört, denn kein einziger Film der Reihe ist realistisch, auch wenn der hier neue Höchstmarken in Sachen Schwachsinn setzt. Viel schlimmer wiegen andere Dinge. Alle bisherigen Bondfilme verzichteten auf Computereffekte und boten „ehrliche“, handgemachte Action. Natürlich wurde man auch da als Zuschauer „betrogen“, es wurden Miniaturen eingesetzt, Matte-Paintings und Stuntmen. Aber die Stunts waren real. Wenn in TMWTGG der Lotus mit einer 360°-Drehung über den Fluss fliegt, dann sitzt da ein Stuntman drin, der diesen Sprung tatsächlich so geschafft hat. Sieht man dagegen den völlig lächerlichen 180°-Dreher des Aston Martin in DAD, schreit der an allen Ecken und Enden CGI. Das wäre ja vielleicht noch zu ertragen, wenn es wenigstens gut aussehen würde. Aber zu allem Überfluss bietet Bond Nr. 20 die miesesten, ja peinlichsten, CGI-Effekte, die mir bisher untergekommen sind. Als das Raketenauto über den Abgrund hinausschoss und anschließend gegen die Wand schlug, musste ich laut lachen, so scheiße sah das aus! Gar nicht zu reden von der unsäglichen Surftour. Und das in einer Serie, die jahrzehntelang Maßstäbe setzte, was die spektakuläre Inszenierung von Action angeht, die Trendsetter war für ein ganzes Genre! Es ist einfach nicht zu glauben.

Das zweite große Ärgernis ist die Optik im Allgemeinen, die weniger an die bisherigen Bonds als vielmehr an elende John-Woo-goes-Hollywood-Machwerke wie MI2 oder Paycheck erinnert. Einfrierende Bilder, Jump-Cuts und eine rotierende Kamera – das passt einfach nicht zu Bond. Und scheiße aussehen tut’s auch. Da haben nur noch in Zeitlupe fliegende Kugeln gefehlt. Der Showdown im Flugzeug erinnerte mich dann irgendwie an Wolfgang Petersens peinlichen Air Force One und vermittelte weder Spannung noch Dynamik noch Bondfeeling noch irgendwas. Da kommt gar nix rüber. Nur der Kampf zwischen den beiden Frauen war ganz witzig, aber zu dem Zeitpunkt hatte ich mich innerlich schon längst von dem Film verabschiedet. An einigen Stellen war ich kurz davor auszuschalten und es bedurfte schon all meiner Willenskraft, diesen seelenlosen Murks bis zum Ende durchzustehen. Und als hätte Tamahori mich noch nicht genug gequält, taucht kurz vor Schluss auch noch die fürchterliche Samantha Bond als Moneypenny auf. Hier bleibt einem wirklich nichts erspart! Das war der erste Bond, bei dem ich froh war, als endlich die Endcredits liefen. Der traurige Tiefpunkt einer Serie, deren Anfänge fester Bestandtteil meiner Kindheit waren und die mir in den letzten Wochen doch sehr ans Herz gewachsen ist.

Nur gut, dass Albert Broccoli das nicht mehr erleben musste...

James Bond



Filmtagebuch von...

Tommy The Cat
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