Leans letzter Film steht ganz in der Tradition seiner monumentalen Epen Lawrence Of Arabia oder Doctor Zhivago. Judy Davis spielt die junge Engländerin Adela Quested, die mit ihrer künftigen Schwiegermutter nach Indien reist, um ihren Verlobten zu ehelichen. Fasziniert von der exotischen Landschaft und der fremden Kultur, aber auch abgestoßen von der Arroganz, mit der die Kolonialherren den Einheimischen begegnen, fragt sie sich schon bald, ob ihr Verlobter, der Richter Ronny Heaslop, tatsächlich der Mann fürs Leben ist, zumal auch er die Inder herablassend behandelt und im übrigen keinerlei Anstalten macht, sich ihr körperlich zu nähern. Sie jedoch sehnt sich nach Zuneigung und körperlicher Liebe, was sich u.a. in ihren sehnsüchtigen Blicken auf die in Stein gemeißelten Skulpturen äußert oder auch in ihrem erwartungsvollen Blick in der Szene, als Heaslop an ihre Zimmertür klopft und ihr eine gute Nacht wünscht, ohne die Tür zu öffnen. Von ihren Gefühlen hin- und hergerissen, lässt sie sich von dem indischen Arzt Dr. Aziz zu einem Ausflug zu den Marabar-Höhlen überreden, bei dem es zu einem Vorfall kommt, der - auch für den Zuschauer - nie ganz aufgeklärt wird. Adela beschuldigt Dr. Aziz der versuchten Vergewaltigung, woraufhin dieser angeklagt und vor Gericht gestellt wird.
Lean versteht es sehr geschickt, die Rassenproblematik in die Story einzubinden, ohne dass man dies als Hauptthema des Films wahrnimmt - was sie auch nicht ist. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine verunsicherte junge Frau und ihr Kampf mit sich selbst. Täuscht sie die versuchte Vergewaltigung vor, um Aufmerksamkeit zu erregen oder wünscht sie sich insgeheim Sex mit Dr. Aziz? Ihre Fragen nach seiner toten Frau und ihren körperlichen Kontakten während der Ehe könnten ein Indiz dafür sein. Lean lässt sogar die Möglichkeit offen, dass die Vergewaltigung tatsächlich stattgefunden hat, da nie gezeigt wird, was in der Höhle tatsächlich passierte und der Brief, in dem Dr. Aziz am Ende des Films Adela dafür dankt, ihn vor dem Gefängnis bewahrt zu haben, auch entsprechende Interpretationen zulässt - auch wenn dies zugegebermaßen nicht sehr wahrscheinlich ist. In jedem Fall erhält der Film dadurch eine geheimnisvolle Note und lässt in gewisser Hinsicht Reminiszensen an Peter Weirs Picnic At Hanging Rock anklingen.
A Passage To India ist ein geheimnisvoller, exotischer Trip nach Indien während der britischen Kolonialzeit mit in jeder Hinsicht überzeugenden Darstellern, phantastischen Aufnahmen und einer Atmosphäre, die einen schnell vergessen lässt, dass man zuhause auf dem Fernsehsessel sitzt. Eine mehr als würdige Abschlussarbeit eines der größten Regisseure des vergangenen Jahrhunderts.
David Lean
Lean versteht es sehr geschickt, die Rassenproblematik in die Story einzubinden, ohne dass man dies als Hauptthema des Films wahrnimmt - was sie auch nicht ist. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine verunsicherte junge Frau und ihr Kampf mit sich selbst. Täuscht sie die versuchte Vergewaltigung vor, um Aufmerksamkeit zu erregen oder wünscht sie sich insgeheim Sex mit Dr. Aziz? Ihre Fragen nach seiner toten Frau und ihren körperlichen Kontakten während der Ehe könnten ein Indiz dafür sein. Lean lässt sogar die Möglichkeit offen, dass die Vergewaltigung tatsächlich stattgefunden hat, da nie gezeigt wird, was in der Höhle tatsächlich passierte und der Brief, in dem Dr. Aziz am Ende des Films Adela dafür dankt, ihn vor dem Gefängnis bewahrt zu haben, auch entsprechende Interpretationen zulässt - auch wenn dies zugegebermaßen nicht sehr wahrscheinlich ist. In jedem Fall erhält der Film dadurch eine geheimnisvolle Note und lässt in gewisser Hinsicht Reminiszensen an Peter Weirs Picnic At Hanging Rock anklingen.
A Passage To India ist ein geheimnisvoller, exotischer Trip nach Indien während der britischen Kolonialzeit mit in jeder Hinsicht überzeugenden Darstellern, phantastischen Aufnahmen und einer Atmosphäre, die einen schnell vergessen lässt, dass man zuhause auf dem Fernsehsessel sitzt. Eine mehr als würdige Abschlussarbeit eines der größten Regisseure des vergangenen Jahrhunderts.
David Lean