Dr. Jekyll and Sister Hyde
Neben der Angst vor dem Schmerz und der körperlichen Auflösung speist sich der Horrorfilm vor allem aus der tiefsitzenden Angst vor dem Identitätsverlust, wobei beide Ängste sich häufig die Bälle zuspielen. Außerirdische oder metaphysische Gestalten bemächtigen sich unserer Körper, wir verlieren das Gesicht und damit unsere Persönlichkeit, ein anderes Wesen wächst in unserem Körper heran, um ihn zu mutieren. In tausenderlei Variationen werden diese Möglichkeiten im Horrorfilm durchgespielt.
Um so verblüffender ist, daß die Transformation von Mann zu Frau und umgekehrt nahezu keine Rolle in der Filmgeschichte spielt. Wie tiefsitzend die Angst, seine Geschlechtsidentität zu verlieren, wie zwanghaft der Versuch, die biologisch falsche Geschlechterdichotomie aufrechtzuerhalten. Hier setzt Roy Ward Bakers Film an - die Verwandlung von Dr. Jekyll ist gleichzeitig eine Geschlechtsverwandlung. Das hat Konsequenzen, denn sowohl der männliche als auch der weibliche Anteil Jekylls haben ein Auge auf ein über Jekyll wohnendes Geschwisterpaar geworfen. Zünftig zwar immer auf das heterosexuelle Gegenüber, aber zwischendurch weiß Jekyll manchmal selbst nicht mehr, ob er Männchen oder Weibchen ist.
Dieses Konstrukt hätte mächtig in die Hose gehen können, dank des ausgefeilten Drehbuchs von Brian Clemens, der auch schon The Avengers bereichert hat, wirkt die Verknüpfung mit einer ganzen Reihe von urenglischen Kulturmythen stimmig. Besonders erwähnenswert ist die Einarbeitung des Rippermotivs, das gleich eingangs mit einer Hasenschlachtung metaphorisch vermittelt wird. Interessant, in wievielen Bildelementen die Mann-Frau-Teilung auftaucht. Unsere Welt wird förmlich von dieser falschen Idee strukturiert. Aber auch der Regisseur hat erheblichen Anteil an der Überzeugungskraft der seltsam anmutenden Konstruktion. Die Verwandlung der sich recht ähnlich sehenden Ralph Bates und Martine Beswick ist ohne großen technischen Aufwand dank einiger cleverer Ideen umgesetzt, wobei die Schlußeinstellung dem Film mehr schadet als nutzt. Sehr gelungen ebenfalls die Austarierung von komischen Dialogen und der Härte, in der manche der Tötungen inszeniert werden.
Wirklich ein positives Beispiel, daß man das Verlassen der vermeintlich natürlichen Geschlechterrolle nicht vorrangig der schenkelklopfenden Komödie überlassen sollte. Und man sich nicht auf Judith Butler kaprizieren muß, um sinnvoll über Sex und Gender reden zu können.
Kino OV
Neben der Angst vor dem Schmerz und der körperlichen Auflösung speist sich der Horrorfilm vor allem aus der tiefsitzenden Angst vor dem Identitätsverlust, wobei beide Ängste sich häufig die Bälle zuspielen. Außerirdische oder metaphysische Gestalten bemächtigen sich unserer Körper, wir verlieren das Gesicht und damit unsere Persönlichkeit, ein anderes Wesen wächst in unserem Körper heran, um ihn zu mutieren. In tausenderlei Variationen werden diese Möglichkeiten im Horrorfilm durchgespielt.
Um so verblüffender ist, daß die Transformation von Mann zu Frau und umgekehrt nahezu keine Rolle in der Filmgeschichte spielt. Wie tiefsitzend die Angst, seine Geschlechtsidentität zu verlieren, wie zwanghaft der Versuch, die biologisch falsche Geschlechterdichotomie aufrechtzuerhalten. Hier setzt Roy Ward Bakers Film an - die Verwandlung von Dr. Jekyll ist gleichzeitig eine Geschlechtsverwandlung. Das hat Konsequenzen, denn sowohl der männliche als auch der weibliche Anteil Jekylls haben ein Auge auf ein über Jekyll wohnendes Geschwisterpaar geworfen. Zünftig zwar immer auf das heterosexuelle Gegenüber, aber zwischendurch weiß Jekyll manchmal selbst nicht mehr, ob er Männchen oder Weibchen ist.
Dieses Konstrukt hätte mächtig in die Hose gehen können, dank des ausgefeilten Drehbuchs von Brian Clemens, der auch schon The Avengers bereichert hat, wirkt die Verknüpfung mit einer ganzen Reihe von urenglischen Kulturmythen stimmig. Besonders erwähnenswert ist die Einarbeitung des Rippermotivs, das gleich eingangs mit einer Hasenschlachtung metaphorisch vermittelt wird. Interessant, in wievielen Bildelementen die Mann-Frau-Teilung auftaucht. Unsere Welt wird förmlich von dieser falschen Idee strukturiert. Aber auch der Regisseur hat erheblichen Anteil an der Überzeugungskraft der seltsam anmutenden Konstruktion. Die Verwandlung der sich recht ähnlich sehenden Ralph Bates und Martine Beswick ist ohne großen technischen Aufwand dank einiger cleverer Ideen umgesetzt, wobei die Schlußeinstellung dem Film mehr schadet als nutzt. Sehr gelungen ebenfalls die Austarierung von komischen Dialogen und der Härte, in der manche der Tötungen inszeniert werden.
Wirklich ein positives Beispiel, daß man das Verlassen der vermeintlich natürlichen Geschlechterrolle nicht vorrangig der schenkelklopfenden Komödie überlassen sollte. Und man sich nicht auf Judith Butler kaprizieren muß, um sinnvoll über Sex und Gender reden zu können.
Kino OV