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Ornament & Verbrechen Redux

There is no charge for awesomeness. Or beauty.




Foto

Wunderland ist abgebrannt



Alice in Wonderland

Überall, wo man hinschaut, wird der neue Film von Tim Burton abgewatscht. Zu sanft, zu hart, zu bunt, zu wenig Vorlage, zu viel Vorlage. Eigentlich kann einem Burton leid tun. Denn in toto betrachtet ist sein Film im Lichte des kommerziellen Tagesgeschäfts betrachtet recht ordentlich geraten. Kein gruseliges Meisterwerk Burtonscher Prägung. Keine überragende Idee, die den Film trägt. Aber auch kein geistiger Dünnschiß, wie Finding Nemo, den man aber gefälligst gut finden mußte, weil von Pixar und sooo süß.

Meiner Meinung haben die meisten Kritiker von Burtons Film Probleme damit gehabt, sich in die Zielgruppe einzudenken. In meiner Vorführung waren ca. 96% Mädchen und ca. 80% Präpubertäre. Für die war der Film optimal angelegt. Selbstfindungsprobleme werden knapp an der Grenze zur Offensichtlichkeit erläutert, dabei diesen Aspekt des Carrollschen Werkes herausarbeitend und den abstrakt-paradoxen Aspekt weglassend. Sicherlich würde ich ein Werk wie Valerie and her week of wonders bevorzugen, aber die Identifikation mit Burton's Alice dürfte für die Angesprochenen deutlich leichter fallen trotz des betont viktorianischen Hintergrundes.

Wenn es etwas zu bemängeln gibt, dann sicherlich die Bildgestaltung, die desöfteren derart opulent ausfällt, daß das Auge gar nicht weiß, was es als wichtige Information weiterleiten soll. Auch der 3D-Einsatz ist wie schon bei Avatar auf eine bessere Fokusspielerei mit ein paar In-your-face-Effekten beschränkt. Kein erzählerischer Grund rechtfertigt hier den Einsatz. Wobei man gerechterweise erwähnen muß, daß die lächelnde Katze einige sehr elegante Bewegungen im Raum vollführt.
Gemessen an Burtons Oeuvre und den bisherigen Carrolladaptationen (allen voran natürlich Svankmajers verstörender Neco z Alenky von 1988) ein durchschnittliches Werk, das aber den Haß der Kritik nicht verdient hat. Ich werde den Eindruck nicht los, daß die Auseinandersetzungen um die Veröffentlichungspolitik sich aus der Filmwelt wellenartig in die Öffentlichkeit ausgebreitet haben.

Kino OV 3D



Bin ich ein präpubertäres Mädchen? Ist filmforen.de in erster Linie ein Forum für Väter von kleinen Mädchen, die Empfehlungen für Familien-Kinoausflüge brauchen? Worauf ich hinaus will: Du willst den Film (zumindest in Maßen) in Schutz nehmen, gibst erwachsenen Lesern aber keinen Grund, das Ding anzusehen. Ist aber auch egal, weil ich meiner Tante (ein großer Burton-Fan) eh versprochen habe, Montag in einer Woche mit ihr in den Film zu gehen.
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Woher soll ich wissen, ob Du ein präpubertäres Mädchen bist? Im Internet kannst Du alles sein, was Du willst.
Ich würde im übrigen erwachsenen Mitmenschen den Film auch nicht empfehlen. Er ist zu wenig pointiert und hat nicht genug Nachdenkpotential. Insofern solltest Du die Erwartungen Deiner Tante etwas dämpfen.
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Ich bin weniger gutmütig. Fand diese Mischung von Bestandteilen aus "Wonderland" und "Looking Glass" (nur halt als "Sequel" mit ner inzwischen erwachsen gewordenen Alice) wenig interessant. Hätte ein guter Film über (Realitäts)Wahrnehmung werden können, aber sowohl Drehbuch als auch Regie konzentrieren sich fast ausschließlich auf weibliche Emanzipation.
Visuell und atmosphärisch fand ich den Film stark schwankend. Hat mich nicht sonderlich angeprickelt, wenngleich ich mich nicht gelangweilt habe. War halt alles ganz nett, und nett ist die kleine Schwester von scheiße.
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Ich bin ja eher reaktiv Verteidiger des Filmes, den ich bekanntermaßen unausgegoren fand. Denke aber, daß die Wahrnehmungsstörungen deutlich im Film verarbeitet werden. Was da geraucht und geschluckt wird, könnte gut als Lexikon halluzinogener Drogen herhalten. Von den Wahnverzerrungen des mad hatters mal ganz abgesehen.
Mochte übrigens Deine Anmerkung zu Anne Hathaway. Finde diesen Aspekt von Burtons Film reichlich unterbewertet. Die beiden Schwestern repräsentieren zwei Entscheidungsmöglichkeiten in der Pubertät. Mochte sehr, wie die weiße Königin nur unter Mühen die Oberfläche der Reinheit aufrechterhalten konnte. Nicht schlecht, so etwas in dieser Art Film einzuschieben.
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Es mag geraucht und geschluckt werden, doch wirkte die Inszenierung auf mich nicht psychedelisierend genug, um mich die verzerrte Wahrnehmung der Figuren wirklich spüren zu lassen. Das war in Bild und Ton viel zu harmlos.

Aber vor allem bei Alice finde ich den Aspekt verschenkt, dass sie Unsicherheiten hat, was Traum ist und was Realität. Das hätte alles viel krasser ausfallen müssen als in dieser Selbstfindungs- und Selbsterkenntnis-Geschichte letztlich der Fall ist. Kinderfilm hin, Kinderfilm her.

Dass die beiden Königinnen Entscheidungsmöglichkeiten in der Pubertät repräsentieren, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich sah das im Kino auch viel einfacher: nämlich als simplen Appell gegen Schwarzweißdenken und als Mahnung, dass der erste Eindruck trügerisch ist: Aufgrund ihrer Komplexe ist die Rote nicht so einseitig böse wie es erst scheint, während die Weiße aufgrund ihrer unterdrückten Aggressionen nicht so gut ist wie es erst scheinen mag.
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