Einaym Pkuhot (Eyes Wide Open)
stand before the gates and watch metropolis
empires come and go we live forever
and eternity is in your hidden eyes
take my broken wings teach me to fly again
I stand alone
Jerusalem. Eine orthodoxe Nachbarschaft. Aaron eröffnet die Fleischerei seines Vaters wieder. Der Regen treibt ihm Ezri, einen heimatlosen jungen Mann, ins Geschäft. Sagt nicht Gott, daß man seinem Nächsten helfen soll? Und eine Aushilfskraft wird auch benötigt fürs Geschäft. Er darf im Zimmer über dem Laden schlafen, besucht die Familie Aarons zum Festtag, man arbeitet täglich zusammen und geht gemeinsam zur Talmudschule. Da geschieht das Unerhörte. Man spürt eine gegenseitige Anziehungskraft. Was nur tun?
Israel hatte mit Werken wie Waltz with Bashir, Close to Home oder Ajami einen unglaublichen Ausstoß an guten Filmen. Eyes Wide Open fügt sich nahtlos in obige Reihe ein. Der Film ist die Antithese zum klassischen Liebesfilm, aber auch zum typischen Schwulenfilm. Das Setting allein symbolisiert schon vollkommen einen Gegenentwurf zur Glorifizierung der Liebe und des schwulen Außenseiters im Hollywoodfilm - eine ärmliche Nachbarschaft, eine Gesellschaft voller unumstößlicher Rituale, die karge Wüstenlandschaft Israels, eine Fleischerei, gottesgläubige Männer. Er male nicht, sagt Ezri an einer Stelle, er skizziere. Das trifft auch auf Tabakmans Film zu. Alles wird mit wenigen Strichen angedeutet. Ein Blick in den Spiegel, ein armseliger Grabstein, eine auf die Schulter gelegte Hand, eine verschlossene Ladentür. All das reicht aus, um dem Zuschauer zu ermöglichen, das emotionale Bild dieser Gemeinschaft zu vervollständigen. Wenn dann mal der schwebende Soundtrack unterbrochen wird, kracht es aber wirklich. Das Firmament stürzt ein und der Boden öffnet sich. Himmel und Hölle berühren sich für einen Moment. Liebe eben.
Liebe, so wußte aber schon Ovid, ist nicht Lieb' allein. Die Augen der Anderen wachen in dieser Gesellschaft noch mehr über das Leben der Mitmenschen als anderswo. Welchem Entwurf also den Vorzug geben? Beides hat seine Berechtigung, seine Vorzüge - das Leben im gesellschaftlich sanktionierten Ritual und die Hingabe an das Gefühl. Wohin nur mit sich, wenn man beides nicht aufgeben will, aufgeben kann? Selten war die innige Verbindung von Eros und Thanatos so verzehrend in einem Liebesfilm zu spüren. Willkommen im Leben.
I stand alone
we stand alone
Covenant
Kino OmU