YU (2003)
Drei ehemalige Schulfreunde wetten, dass sie es zu dritt per Porsche innerhalb von drei Stunden nach Triest schaffen: Alex (David Scheller), ein mitelloser, dauerbekiffter Dichter, der Kellner Tom (Gedeon Burkhard) und Chris (André Eisermann), ein koksender Yuppie, der seine Frau betrügt. An der österreichischen Grenze treffen sie auf die jugoslawische Autostopperin Sonja (Ana Maljevic), die auf dem Weg nach Krk ist. Spontan ändern die Drei ihre Reiseroute und fahren gemeinsam mit Sonja nach Krk. Doch eine Kleinigkeit haben sie dabei ganz außer Acht gelassen: In Kroatien tobt ein grausamer Bürgerkrieg, was sie schon sehr bald am eigenen Leib erfahren, als sie Bekanntschaft mit der Ustascha machen, speziell mit dem psychopathisch-mafiösen Offizier Ivan (Dejan Lutkic), welcher sogleich den Porsche beschlagnahmt und außerdem ein Auge auf Sonja geworfen hat, was die Gruppe in größte Gefahr bringt ...
Vor meinem Review noch ein kleiner filmhistorischer Exkurs: Franz Novotny, der Regisseur dieses Films, ist eine absolute Ausnahmeerscheinung in der österreichischen Filmlandschaft, und seine Werke sorgen immer wieder für großes Aufsehen: In seinem Filmdebüt, der "Staatsoperette", widmete er sich der österreichischen Geschichts-Aufarbeitung (Austrofaschismus 1934-38) in Form eines satirischen Musicals mit Sexploitation-Elementen und sorgte damit für einen Mega-Skandal, der schließlich Novotnys Rauswurf beim ORF zur Folge hatte. Was aber seiner weiteren Karriere keinen Abbruch tat, denn nun machte Franz Novotny die Kinoleinwand unsicher, und zwar, indem er in "Exit - Nur keine Panik" Hanno Pöschl, Paulus Manker und Eddie Constantine in ein österreichisches "Clockwork Orange" im nächtlichen Wien schickte. Mit der aufwändigen Action-Komödie "Coconuts", mit Mario Adorf, Rainhard Fendrich [sic!], Hanno Pöschl und Olivia Pascal im Dschungel, verzettelte er sich schließlich und landete einen bombastischen Flop. Seiner "Exit"-Fortsetzung Mitte der 90er-Jahre war ebenfalls kein allzu großer Erfolg beschieden, und mit "YU" versuchte er es nun ein letztes Mal ...
... und der Film war natürlich ein - vorprogrammierter - Flop. Zwar ein sehr, sehr guter Film, aber kommerziell betrachtet von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Und dass Franz Novotny ohne Rücksicht auf kommerzielle Ambitionen einfach drauflos gefilmt hat, um einen in dieser Form noch nie dagewesenen österreichischen Film auf die Leinwand zu bringen, dafür hat er meinen vollsten Respekt! Dieser Film dürfte wirklich mit Abstand die bizarrste Produktion der jüngeren österreichischen Filmgeschichte darstellen: Sex, Drogen, Krieg und Gewalt in dieser Form gab es bis dato in noch keinem Film zu sehen. Die Art, wie der Film gedreht wurde, die eher blassen Farben, erzeugen tatsächlich eine sehr apokalyptische Atmosphäre, die wirklich sehr intensiv rüberkommt. Und wie die zu Beginn hemmungslos blödelnden, zugekoksten österreichischen Wohlstandsbürger sich plötzlich mitten in der Hölle des Krieges befinden, wo sie irgendwie um ihr Überleben kämpfen müssen, mit der Ustascha unter der Führung des psychopathischen Gangsters Ivan (der Schauspieler Dejan Lutkic, der diese Rolle verkörpert, ist wirklich ein Überhammer sondergleichen!) im Nacken, das ist ein Kontrast, der hier - so bizarr das auch klingen mag - wirklich funktioniert. Der arrogante Yuppie Chris, der am nächsten Tag einen Gerichtstermin mit seiner Frau, wegen seiner Scheidung, hat und deshalb unbedingt seinen Porsche benötigt, ist wirklich unglaublich gespielt, und André Eisermann liefert neben Dejan Lutkic die wohl beeindruckendste Performance ab, speziell in jener Szene, als er plötzlich die Situation erst so richtig realisiert, dass um ihn herum ein Krieg tobt und er den Gerichtstermin und den Porsche wirklich endgültig vergessen kann - die Intensität, mit der er diese Rolle rüberbringt, ist wirklich phänomenal. Wobei ich jetzt die anderen schauspielerischen Leistungen nicht schmälern möchte, denn was Gedeon Burkhard, David Scheller und Ana Maljevic hier abliefern, ist auch ganz große Klasse. Und die zahlreichen mir namentlich nicht bekannten Nebendarsteller sind auch ein Glücksgriff sondergleichen. Und obwohl der Film insgesamt eher eine grelle Farce darstellt und trotz der sehr bizarren Charaktere der drei Österreicher, kann man sich als Zuschauer am Ende des Films dennoch irgendwie ein bisschen mit den Figuren identifizieren, was eine inszenatorische Großleistung sondergleichen darstellt. Außerdem sieht das ganze in der Bebilderung der Kriegsszenen erstaunlich aufwändig aus, was man von einer österreichischen Produktion ja auch nicht unbedingt erwarten würde. Ferner wartet der Film auch noch mit einigen Exploitation-Elementen und surrealen Momenten auf - hier werden echt sämtliche filmischen Register gezogen, die es nur gibt!
Für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den historischen Geschehnissen (z. B. im Rahmen des Geschichteunterrichts) ist dieser Film ob seines Exploitation-Farce-Charakters natürlich gänzlich ungeeignet, aber aufgeschlossene Cineasten können hier wirklich eine Tour de Force sondergleichen erleben.
(Sofern sie irgendwie in Besitz dieses Films gelangen, denn eine DVD-Veröffentlichung gibt es bis dato nicht; lediglich im österreichischen Fernsehen war der Film vor einigen Jahren ein einziges Mal zu sehen.)
Drei ehemalige Schulfreunde wetten, dass sie es zu dritt per Porsche innerhalb von drei Stunden nach Triest schaffen: Alex (David Scheller), ein mitelloser, dauerbekiffter Dichter, der Kellner Tom (Gedeon Burkhard) und Chris (André Eisermann), ein koksender Yuppie, der seine Frau betrügt. An der österreichischen Grenze treffen sie auf die jugoslawische Autostopperin Sonja (Ana Maljevic), die auf dem Weg nach Krk ist. Spontan ändern die Drei ihre Reiseroute und fahren gemeinsam mit Sonja nach Krk. Doch eine Kleinigkeit haben sie dabei ganz außer Acht gelassen: In Kroatien tobt ein grausamer Bürgerkrieg, was sie schon sehr bald am eigenen Leib erfahren, als sie Bekanntschaft mit der Ustascha machen, speziell mit dem psychopathisch-mafiösen Offizier Ivan (Dejan Lutkic), welcher sogleich den Porsche beschlagnahmt und außerdem ein Auge auf Sonja geworfen hat, was die Gruppe in größte Gefahr bringt ...
Vor meinem Review noch ein kleiner filmhistorischer Exkurs: Franz Novotny, der Regisseur dieses Films, ist eine absolute Ausnahmeerscheinung in der österreichischen Filmlandschaft, und seine Werke sorgen immer wieder für großes Aufsehen: In seinem Filmdebüt, der "Staatsoperette", widmete er sich der österreichischen Geschichts-Aufarbeitung (Austrofaschismus 1934-38) in Form eines satirischen Musicals mit Sexploitation-Elementen und sorgte damit für einen Mega-Skandal, der schließlich Novotnys Rauswurf beim ORF zur Folge hatte. Was aber seiner weiteren Karriere keinen Abbruch tat, denn nun machte Franz Novotny die Kinoleinwand unsicher, und zwar, indem er in "Exit - Nur keine Panik" Hanno Pöschl, Paulus Manker und Eddie Constantine in ein österreichisches "Clockwork Orange" im nächtlichen Wien schickte. Mit der aufwändigen Action-Komödie "Coconuts", mit Mario Adorf, Rainhard Fendrich [sic!], Hanno Pöschl und Olivia Pascal im Dschungel, verzettelte er sich schließlich und landete einen bombastischen Flop. Seiner "Exit"-Fortsetzung Mitte der 90er-Jahre war ebenfalls kein allzu großer Erfolg beschieden, und mit "YU" versuchte er es nun ein letztes Mal ...
... und der Film war natürlich ein - vorprogrammierter - Flop. Zwar ein sehr, sehr guter Film, aber kommerziell betrachtet von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Und dass Franz Novotny ohne Rücksicht auf kommerzielle Ambitionen einfach drauflos gefilmt hat, um einen in dieser Form noch nie dagewesenen österreichischen Film auf die Leinwand zu bringen, dafür hat er meinen vollsten Respekt! Dieser Film dürfte wirklich mit Abstand die bizarrste Produktion der jüngeren österreichischen Filmgeschichte darstellen: Sex, Drogen, Krieg und Gewalt in dieser Form gab es bis dato in noch keinem Film zu sehen. Die Art, wie der Film gedreht wurde, die eher blassen Farben, erzeugen tatsächlich eine sehr apokalyptische Atmosphäre, die wirklich sehr intensiv rüberkommt. Und wie die zu Beginn hemmungslos blödelnden, zugekoksten österreichischen Wohlstandsbürger sich plötzlich mitten in der Hölle des Krieges befinden, wo sie irgendwie um ihr Überleben kämpfen müssen, mit der Ustascha unter der Führung des psychopathischen Gangsters Ivan (der Schauspieler Dejan Lutkic, der diese Rolle verkörpert, ist wirklich ein Überhammer sondergleichen!) im Nacken, das ist ein Kontrast, der hier - so bizarr das auch klingen mag - wirklich funktioniert. Der arrogante Yuppie Chris, der am nächsten Tag einen Gerichtstermin mit seiner Frau, wegen seiner Scheidung, hat und deshalb unbedingt seinen Porsche benötigt, ist wirklich unglaublich gespielt, und André Eisermann liefert neben Dejan Lutkic die wohl beeindruckendste Performance ab, speziell in jener Szene, als er plötzlich die Situation erst so richtig realisiert, dass um ihn herum ein Krieg tobt und er den Gerichtstermin und den Porsche wirklich endgültig vergessen kann - die Intensität, mit der er diese Rolle rüberbringt, ist wirklich phänomenal. Wobei ich jetzt die anderen schauspielerischen Leistungen nicht schmälern möchte, denn was Gedeon Burkhard, David Scheller und Ana Maljevic hier abliefern, ist auch ganz große Klasse. Und die zahlreichen mir namentlich nicht bekannten Nebendarsteller sind auch ein Glücksgriff sondergleichen. Und obwohl der Film insgesamt eher eine grelle Farce darstellt und trotz der sehr bizarren Charaktere der drei Österreicher, kann man sich als Zuschauer am Ende des Films dennoch irgendwie ein bisschen mit den Figuren identifizieren, was eine inszenatorische Großleistung sondergleichen darstellt. Außerdem sieht das ganze in der Bebilderung der Kriegsszenen erstaunlich aufwändig aus, was man von einer österreichischen Produktion ja auch nicht unbedingt erwarten würde. Ferner wartet der Film auch noch mit einigen Exploitation-Elementen und surrealen Momenten auf - hier werden echt sämtliche filmischen Register gezogen, die es nur gibt!
Für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den historischen Geschehnissen (z. B. im Rahmen des Geschichteunterrichts) ist dieser Film ob seines Exploitation-Farce-Charakters natürlich gänzlich ungeeignet, aber aufgeschlossene Cineasten können hier wirklich eine Tour de Force sondergleichen erleben.
(Sofern sie irgendwie in Besitz dieses Films gelangen, denn eine DVD-Veröffentlichung gibt es bis dato nicht; lediglich im österreichischen Fernsehen war der Film vor einigen Jahren ein einziges Mal zu sehen.)