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FakeShemp's Blog

Buchstaben, Wörter und Sätze. Sogar Satzzeichen!

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Boy Eats Girl, Irland 2005 – gesehen auf dem FFF’05


Ho Ho Ho, was haben wir gelacht…

Zumindest das Publikum hat schwer abgefeiert. Seltsam, weil ich dachte das Festival sei ab 18? Nun gut, ich will mal nicht unfair sein. Der Film war ja auch nicht unsympathisch, aber mehr, als ein zwei Grinser konnte er mir nicht abringen. Nichts Neues an der Funsplatter-Front, aber auch gar nichts. Wenn man noch nicht viel aus dieser Ecke gesehen hat, kann ich ja durchaus verstehen, dass man sich tierisch freut. Aber spätestens nach „Shaun of the Dead" bin ich einfach Besseres gewöhnt. Ich erwähne „Schaun" auch nur deswegen, weil thematisch natürlich eine Verwandtschaft besteht. Das, was in letzterem aber in 5 Minuten an Gags abgefeuert wird, davon lebt „BEG" 90 Minuten, also musste ich mich ja quasi langweilen. Nett fand ich den Einfall, in Anlehnung an „Night of the Living Dead" natürlich, eine Schwarze im Finale als diejenige bewundern zu dürfen, die mal so richtig aufräumt in dem Saustall. Da gibt es dann auch 30 Sekunden „Braindead", kollektives Abspritzen in den ersten Sitzreihen inklusive…! Na ja. Teenagerklamauk, der aber möglicherweise gemessen an der Zielgruppe gar nicht sooo schlecht war, wie gesagt. Aber ich bin halt auch kein Teenager mehr.

Fun-Splatter


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The Host, Südkorea 2006


Heute morgen habe ich mir „The Host“ nach einer verschlummerten Erstsichtung vor Wochen ein zweites Mal angesehen und die leichte Enttäuschung von damals wich nun großer Begeisterung. Der Film ist sensationell und doch so klassisch altmodisch unter seinem WETA-Gewand. Altmodisch aber auch intelligent. So intelligent, wie ein Monsterfilm diesen Schlages eigentlich nur sein kann, ohne seine Zunft zu verraten. Wiedermal so ein Werk, bei dem ich gerne mit meiner Schrankwand einziehen würde. Der dargebotene Humor ist ziemlich abgedreht, doch die drolligen Darsteller wandeln standsicher auf dem schmalen Grat zwischen melodramatischem Kasperletheater und darstellerischem Ernst dahin, was sie ihr Gesicht wahren lässt und sie nicht dazu bringt, das Werk etwa mit ihnen in niedere Gefilde zu reißen. Das funktioniert erstaunlich gut, ist aber auch Geschmackssache. Die Anfangssequenz, wenn das Monster mal so eben in den alltäglichen Freizeitrummel am Fluss einbricht und großes Geschrei und Chaos losbrechen, ist in meinen Augen einfach fantastisch und sollte, nein muss zu einem jener unsterblichem Momente seines Genres werden. „The Host“ zieht sein Ding durch bis zum Schluss. Er berstet wie gesagt weder vor Schnickschnack, noch muss er sich irgendwie bescheiden, die Produktion ist fett. Er hat Poesie, Witz und Verstand, ohne sein Sujet zu veralbern. Ach, der Streifen ist toll...!

Fantasy Monster Godzilla Komödie Action WETA


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BROKEN, England 2006


Podcasts sind eine gute Sache, denn ab und zu bekommt man einen bemerkenswerten Tipp. Ich sage „bemerkenswert“, weil ob der Tipp gut oder schlecht war, weiß ich nicht so recht. Sehenswert zumindest war er. Empfehlen kann man ihn aber nicht jedem. „Broken“ ist ein äußerst unangenehmer englischer Horrorfilm, mit wirklich schmerzhaften Augenblicken. Schmerzhafte Augenblicke gibt es auch in anderen Horrorfilmen zu Hauf, aber hier tun sie mal weh beim Zugucken. Die für so eine Produktion gut gemachten Effekte werden nicht mit irgendwelchen stylischen Kapriolen verfremdet, die Kamera hält meistens einfach drauf. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu so vielen anderen "brutalen" Werken der letzten Zeit, wo versucht wird, durch wilde Schnitt-, Geräusch- und Blutkollagen, eine versprochene Härte lediglich vorzugaukeln. In Wahrheit wird damit aber das Gegenteil erreicht, es kommt zu einer Abmilderung des Gezeigten, damit man damit durchkommt. Das hat zur Folge, dass viele Filme der härteren Gangart heute zwar brutal aussehen, es aber von der Wirkung her gar nicht sind.
Dies dürfte eine recht kleine Produktion gewesen sein, ich muss aber sagen, dass der Film dafür optisch wie inszenatorisch ziemlich gut gemacht ist. Die einfache Geschichte, die er erzählt ist sicher etwas für Leute, die die Anspielungen auf Literatur, Psychologie und weiß der Teufel lesen können. Mir jedenfalls reichte schon dieses Spannungsgefälle von „Muss das sein?“ zu „irgendeinen tieferen Sinn wird es schon haben“, das mich mit Grauen bei der Stange hielt und nach eignen Interpretationen suchen ließ. Wer so krude auf den Zuschauer einschlägt, sich dabei aber auch noch künstlerisch Mühe gibt, der hat wohl ein Konzept im Hinterkopf und will nicht einfach nur schocken. Mich wundert wirklich, dass der Streifen ungeschnitten durch die FSK kam und zur Zeit in den Videotheken zu finden ist, wo er manchem bestimmt einen unerwarteten flauen Abend bereiten dürfte. Natürlich hat „Broken“ auch Schwächen. Oftmals ist das alles nicht mehr sonderlich glaubhaft. Die “gezähmte Widerspenstige“ ist schon verdammt hart im Nehmen. Ich schätze, der handelsübliche Geselle unter uns hätte schon sehr viel zeitiger als sie den Verstand an den Nagel gehängt. Das ist es vielleicht auch, was "Broken" dann noch so halbwegs erträglich macht. Man kann ihn noch als krudes Märchen nehmen, oder als überzogenen Thriller.
Wer also mal einen etwas rustikaleren DVD-Abend haben möchte, der sollte einen Blick riskieren. Allerdings sei deutlich vor der deutschen Synchro gewarnt, die wohl die schlechteste ist, die mir jemals unterkam. Ich musste nach einer Minute den Kanal wechseln und siehe da, die Knallchargen-Parade des ersten Eindrucks entpuppte sich als ganz brauchbare Schauspieler-Riege des zweiten Eindrucks. Die verheerende Macht der Synchro, aber das hatten wir ja schon so oft...

Fazit: kein unterhaltsamer Film, aber interessant irgendwie und sehr heftig. Eines jener Machwerke, das mancher auch gern, manchmal voreilig, als "kranken Scheiß" bezeichnet. Und eventuell nicht zu Unrecht, ich weiß es diesmal einfach nicht.... Vielleicht kann man sich auf einen "gut gemachten kranken Scheiß" einigen? :D Grindhouse-Kino...? Aber wie gesagt, vielleicht tue ich dem Werk damit doch Unrecht. Ich fordere alle Wissenschaftler dieses Boards dazu auf, mir diese Frage zu beantworten!

Psychothriller Drama Horror


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Die Brut des Bösen, Deutschland 1979


Christian Anders ist nicht Bruce Lee. Wenn er sein Hemd herunterstreift, sieht er aus wie eine Zahnbürste mit sehr dünnem Stiel. Die Borsten hat er auf dem Kopf. Aber man kann nicht behaupten, dass er nicht durchtrainiert wäre. Ähnlich wie die Todeskralle ist er ein Hemd geflochten aus drahtigen Muskelsträngen, die ihn in die Lage versetzen, mit den Brustwarzen Seil zu springen. Das demonstriert Anders an einer Stelle auch eindrucksvoll. Gut dass man sich im Klaren darüber war, dass es sich um eine kraftstrotzende Demonstration ultimativer Körperbeherrschung handelte, sonst hätte jemand am Set den Notarzt bestellt oder den Elektriker. Jedenfalls ist Christian Anders ein Freak. Er steht hundertprozentig hinter seinem Projekt, bei dem er auch Regie führte und für das er den treibenden Soundtrack schmiedete. Die Musik ist wie der ganze Film. Mal ganz gut, mal brutal Scheiße..., aber immer großartig. Nach dem sechsten Schlaganfall gibt's da kein Halten mehr. Na ja..., also gut ist der Film eigentlich nie, aber die entwaffnende Ehrlichkeit und Hingabe des Regisseurs, sowie die Gewissheit, dass er zweifelsohne die großen cineastischen Vorbilder studiert hat, erteilen dem Werk in all seiner grandiosen Schisselichkeit doch irgendwie das Zertifikat dazugehören zu dürfen. Da erinnert mich Anders an Ed Wood. Mächtig neben der Spur, aber weit im grünen Bereich. Die Kämpfe sind nicht spektakulär, der Regisseur war vermutlich der einzige, der Ahnung von der Materie hatte. Die imposanten Gegner hampeln mit ihren todbringenden Waffen durch die Arenen wie lobotomisierte Tanzbären und so sind die Prozesse, die Anders macht, meistens ziemlich kurz. Was will er auch zeigen gegen Gegner, die kaum laufen können? Dunja Rejter hat gar eine Sexszene mit dem Martial-Arts-Könner. Dort kann man ihre mit Pflastern abgeklebten Brustwarzen bewundern. Wie oft sie diese Szene geprobt haben müssen, wenn sich ihre Nippel an seinen Stahlbolzen blutig scheuerten...?
Der Showdown ist ein wahrer Endspurt. Der Hauptdarsteller rennt den ganzen Weg zu Fuß, um seine Feinde zu erledigen. Vorbei an Taxis, öffentlichen Verkehrsmitteln und nicht angeketteten Damenrädern. Er ist einzig getrieben vom Drang zu vergelten. Nochmal eben in einen Dornenbusch gehüpft, um das lästige Hemd in Fetzen zu reißen, herunter mit dem Fummel und nun beinahe unsichtbar, als schwebende blonde Perücke der Blutrache zum Endgegner gewetzt. Den kurz kaputt gehauen, letztes Standbild in der Luft, klassisch! "Macho Man" kann einpacken.

Christian Anders Bruce Lee Martial Arts Eastern Guru


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The Fog, USA 1980


Vieles dreht sich um den Sound. Carpenter gehört zu den paar Hanseln im Horrorgeschäft, die gerade das am besten verinnerlicht zu haben scheinen. Nicht nur Musik, auch Geräusche oder bizarre Klangkollagen wurden hier mal wieder sorgfältig konstruiert und überflügeln sogar manch visuelle Spielerei. Die Story von „The Fog" ist handelsübliche Horrorware der gehobeneren Lagerfeuerklasse und bietet eine tolle Kulisse, damit ein (ehemaliges) Genie wie Carpenter gewohnt ökonomisch punkten kann. Logiklöcher fallen da nicht mal so ins Gewicht, beziehungsweise vermag das Wohlwollen sie selbst einigermaßen schlüssig zu schließen. Absolut begeistert bin ich nach wie vor von dem, was man auf die Ohrmuscheln bekommt. Wie Carpenter in Stimmungen schwelgt, indem er Elemente zusammenbringt, die man, wenn man es nicht selbst ausprobierte, wohl nicht als adäquate Komposition erahnen würde, ist toll. Wer hätte je gedacht, dass gewöhnliches Radiogewäsch im Hintergrund dem Grusel so gut auf die Beine hilft?
Nach der hübschen Einleitung durch den alten Seebären am Lagerfeuer, der große Kinderaugen gebannt folgen, wie das nun mal zu sein hat, bekommt man Eindrücke einer schlafenden kleinen amerikanischen Küstenstadt geboten, in der sich erste zarte Absonderlichkeiten ereignen, schließlich feiert man seit Mitternacht ein denkwürdiges Ereignis. Leere Straßen, vereinzeltes noch arbeitendes Volk und ständiges Radiogedudel ziehen den Zuschauer in ihren Bann. Schwer zu sagen, warum das so exzellent funktioniert, aber das tut es. Man kennt diese spezielle Stimmung vielleicht. In der Nacht spielen keine Orchester gruselige Stücke auf, wenn man mit dem Auto müde zum Zigarettenautomaten fährt, es dudelt allenfalls das Radio schlaftrunken vor sich hin. Als Zuschauer weiß man aber, dass da etwas echt Fieses im Dunkeln erwacht, somit vermischen sich vertraute Gemütszustände rasch mit bösen Vorahnungen. Man braucht eben einen Link zum Geschehen und das erfüllt der Geistesblitz mit der Radio-Geräuschkulisse.
Nebel ist ein feiner Stoff, der Film hantiert ganz geschickt damit. Generell gibt es wieder Momente, die ein guter Grusler einfach braucht. Raum und Zeit erhalten mit der Radiofrau im Leuchtturm eine nachvollziehbare Dimension. Mit ihr überblicken wir die Situation, oder glauben es zumindest, was ja schon reicht. Das ist schlicht und ergreifend ein guter Winkelzug. Viele Filme verlieren in meinen Augen genau dann, wenn sie schlampig mit den Dimensionen umgehen oder sie ganz vernachlässigen. Als Zuschauer sollte man schon eine Vorstellung vom Ort des Geschehens bekommen, sonst kann man da schlecht mit seiner Schrankwand einziehen. Dann ist Carpenter ein wirklich exzellenter Erzähler. Absolut super ist für mich nach wie vor die Sequenz, wenn Father Malone der Bürgermeisterin (?) und ihrer Tippse aus dem Logbuch der grimmen Verschwörer vorliest, während wir zeitgleich erfahren, wie es Curtis und Atkins auf der Suche nach den vermissten Saufkumpanen auf hoher See ergeht. Wie sich das gegenseitig trägt und verstärkt, schließlich in einem netten Schock entlädt, ist schon fantastisch gemacht.
Trotz des beinahe ständigen Radiogejingles und -gedudels gibt es natürlich einen typischen Soundtrack, der wunderbar minimalistisch, wie man das von Carpenter ja gewohnt ist, die kalte depressive Stimmung perfekt einrahmt. Man kann das Salz des kalten Meeres und des Windes irgendwie andauernd schmecken. Wohliges Frösteln lässt einen schon mal an einen dickeren Pullover denken, oder an eine gelbe Regenjacke, damit einen Gischt oder Nebel nicht nass machen.
Alles gipfelt in einen schönen klassischen Showdown in einer Kirche und auf dem Leuchtturm. Auch hier sollte man wieder auf die feine Geräuschkulisse achten. Visuelles erfährt seinen Ritterschlag erst durch den Sound. Eine runde Sache. Der Nebel zieht schließlich davon und man spürt selbst das nahende Morgengrauen, fühlt das Frösteln und den Raureif in den Wiesen. Morgenstund hat ihren eigenen Charakter. Man kann das schlecht beschreiben, aber Carpenter braucht das nicht, er lässt ihn uns einfach spüren. Oder tiefe Nacht, oder melancholische Nachmittage.
„The Fog" ist ein unheimlicher Film, der mit seiner netten kleinen Horrormär einen perfekten Evergreen für Halloween bereitstellt. Ich würde ihn als glitzerndes Gruselbonbon bezeichnen. Er vereint Pulp mit inszenatorischer Finesse. Was dabei herausspringt gehört eben meistens mit zum Besten, was der alte Horroronkel im Schrank hat. Nichts für verquastete Gehirnjogger, aber ordentliche Hausmannskost für Testikel-Cineasten.

Geister Horror John Carpenter USA 1980 The Fog


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A Blade In The Dark, Italien 1983


Regie-Assi Lambeddo, der auch den einen oder anderen Film als Chef allein inszenieren durfte, gab sich wie hier redlich Mühe. Nur, ordentliche Gialli und Horrorfilme sind seine Sache nicht. Aber der große Name verpflichtet halt und er hat ja schließlich schon den Besten über die Schulter geschaut. Trotzdem langt man sich ein ums andere Mal wieder heftig ans Hirn und fragt sich, warum nur so viel unnötiger Schmarren? „A Blade" hat nämlich durchaus einige klassische Zutaten parat, die eigentlich einen spannenden Giallo hätten ergeben können. Ein großes leeres Haus zum Beispiel, einen einsamen Filmkomponisten darin, eine hübsche Melodei und einen Michele Soavi, der am Schluss ganz klischee- und zunftgerecht den Transenmetzger gibt. Aber Lamberto ist nicht sein Vater und wenn mir dieser Giallo irgendwie gerade noch zusagt, dann eben allein wegen des Geborgenheitsgefühls, das die bloße Garnitur mir spendiert. Das riesig wirkende Haus wäre ein idealer Spielplatz für Argento oder besser noch Bava Sr. gewesen, die mit solchen architektonischen Gegebenheiten vorzüglich umgehen können/konnten. Sie verstehen/verstanden es, Räumen ein Gefühl der Bedrohung abzuringen, das Vorspiel des Sensenmannes darin besonders wirksam zur Entfaltung zu bringen. Argento zumindest, wenn er sich Mühe gibt. Gerade das schätzt man unter anderem an solchen Filmen ja, diese Spanne unmittelbar vor dem Morden, die am besten ewig lange ausgedehnt wird, den Drahtseilakt zwischen surrealer Mystery und schweren Tritten in die Magengrube. Aber bei Bava Jr. wird daraus nicht viel. Der Film bleibt ein mageres Unterfangen, das sich wohl an seine großen Vorbilder anlehnen möchte, aber es doch sehr an notwendigem Talent missen lässt. An Leidenschaft und gesundem Menschenverstand zuweilen auch. Ja, selbst ein Giallo verträgt nicht jede Absurdität, schon gar keine von dem Kaliber, wie sie in diesem Vertreter aus dem Wandschrank purzeln. Schade. Das Rohmaterial war sehr okay, der dafür erforderliche Kunstschmied aber leider nur Fliesenleger.

Ach ja, die Nummer mit der Perücke war jedoch ein (der einzige) Volltreffer!

Michele Soavi Lamberto Bava Giallo


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CANNIBAL - Aus dem Tagebuch eines Kannibalen, Deutschland 2005 (gesehen auf dem WOF'06)


Meine Fresse, damit rechnete bestimmt keiner mehr, so früh am Morgen. Oft werden sie angepriesen und doch nur selten finden sie tatsächlich statt, cineastische Erfahrungen, die einem das Mark gerinnen lassen. Und dann noch ein kleiner Film aus Deutschland. Sich angeblich nah an den realen Begebenheiten des Falls aus Rotenburg bewegend, wird ohne Zurückhaltung Punkt für Punkt geschildert, was sich im Hause des dank der Medien berühmtesten deutschen Kannibalen wohl zugetragen hat. Im Gegensatz zum „Rohtenburg“-Film mit Kretschmer wollte man aber nicht werten oder verurteilen, sondern alles unkommentiert so zeigen, wie es eben war, so einer der beiden anwesenden Darsteller. Damit bin ich nicht ganz einverstanden, weil ein Werten lässt sich so gut wie nie vermeiden und gerade in „Cannibal“ wird ästhetisch sehr stark manipuliert. Formal hat man hier schon einen Horrorfilm. Es gibt also entsprechend verstörende Musik und eine Bildsprache, die das Wahrgenommene in eine gewollte Richtung noch verstärkt, wie beim Horrorfilm eben üblich. Somit könnte man das ja durchaus als Werten verstehen, aber Schwamm drüber.
„Cannibal“ ist wahrlich kein Film, der mir Freude oder eine unterhaltsame Zeit bereitete, dafür ist er einfach zu konsequent und in Verbindung mit dem Thema zu unangenehm. Dennoch muss man seinen Machern und den Schauspielern großen Mut attestieren. Trotz seines geringen Budgets fand ich ihn formal brillant, selten habe ich besser Gemachtes aus dieser Ecke gesehen und ich meine jetzt nicht irgendwelche Effekte, die, man muss es sagen, ebenfalls erschreckend realistisch ausfielen. Ich würde behaupten, „Cannibal“ ist filmisch ein reifes Werk, aber eben keines, das man sich gerne öfter zumutet. Hätten Deodato und Fassbinder zusammen einen Film gedreht, wäre „Cannibal“ wohl dabei herausgekommen. So gesehen war es ein “großes“ Glück (mit dicken Anführungszeichen), ihn auf dem WOF’06 zu Gesicht (eher ins Gesicht) bekommen zu haben, denn die Beteiligten meinten selbst, dass der Streifen nach dem rechtlichen Heckmeck von „Rohtenburg“ und aufgrund seiner Drastik wahrscheinlich erst recht, länger in der Versenkung verschwinden dürfte. Ein Film, der sich dahin zu gehen traut, wo andere sich eher auf die sichere Insel des Verurteilens und sich Distanzierens flüchten. Ich würde sagen, man sollte ihn mal gucken, so denn irgendwo die Gelegenheit dazu besteht und wenn man einiges ab kann...

Marian Dora Rotenburg Kannibalismus True Crime


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The Heart Is Deceitful Above All Things, USA/England/Frankreich/Japan 2004 (Weekend Of Fear 2006)


Größte Überraschung des diesjährigen Festivals für mich. Asia Argento liefert die beste Performance ab, die ich bisher von ihr sah und dann hat sie diesen deprimierenden, aber trotzdem mitreißenden wilden Film auch noch selbst inszeniert. Selten sah man so überzeugende Kinderdarsteller, die alle anderen noch an die Wand spielen und man muss als Regisseur schon etwas drauf haben, um ihnen die Bühne zu bereiten. "Nette" Gastauftritte gibt es von Peter Fonda, Marilyn Manson und Winona Ryder. Beim Manson sollte man allerdings genau hinsehen, weil ohne Schminke. Ich küre dieses unangenehme Werk zu meinem persönlichen Favoriten des WOF’06!

Asia Dario Argento Drama


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Bagman, Kanada 2004 (gesehen auf dem WOF'06)


Eigentlich wollte ich mir Einträge zu den gezeigten Kurzfilmen sparen, weil hauptberuflich bin ich schreibfaul. Und dann kommt aus der Funsplatter-Ecke ja meist Kram, der eher diejenigen erfreut, die von Alters wegen eigentlich noch gar nicht im Kino sitzen dürften. Aber wenn es mit solcher Freude geschieht und man den frühen Geist Peter Jacksons dermaßen gepachtet hat, dann schafft man sogar mich noch ein drittes Mal vor die Leinwand. Sind ja auch nur 20 Minuten Blutfontänen, Geschrei und Gehampel. Ein kleiner hysterischer Seelenaufheller aus dem Kindergarten des Horrors. :D

Fun Splatter Kurzfilm Bad Taste


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Ittenbach's Familienradgeber, Deutschland 2006 (Weekend Of Fear'06)


Ach Olaf, Mönsch…! Der Olaf ist ja wirklich ein sympathischer Zeitgenosse und ich finde es nett, dass er uns an seinem privaten Familienglück teilhaben lässt, aber wie üblich kommt da irgendwann der Punkt, wo das höfliche Lächeln zu einer schmerzenden Grimasse gefriert, hinter der sich Höllenqualen abspielen. Wer kennt sie nicht, die schlauchenden Urlaubsdias, die in schier unerschöpflichen Massen einen Abend zur Tortur machen. So ungefähr ist „Ittenbach's Familienradgeber“. Manche "Dias" sind ja recht witzig, leider überwiegt die Zahl der belanglosen. Ich weiß nicht, wie lange der Film dauerte, aber ich hatte den Eindruck mehrere Tage. Man kann jeden Gag zu Tode reiten, nicht so unser Olaf! Der reitet die Gags nicht nur tot, er gräbt sie noch tausendmal wieder aus. Das alles zieht sich so dermaßen und offenbart mehr, als bei seinen anderen Werken, sein Unvermögen in Sachen Rhythmus und Maß. Der Ittenbach ist ein Kindskopf, nach wie vor halte ich ihn für talentiert, aber da umflutet noch immer viel zu viel unreifer Schmodder sein Gehirn. Wenn man seinen „Familienradgeber“ auf 30 Minuten Gesamtspeilzeit straffen würde, hätte man womöglich tatsächlich einen partytauglichen Kracher. Ittenbach, der wie früher schon Mut zur Hässlichkeit beweist, ist als abgefucktes Familienoberhaupt eigentlich eine Augenweide und seine Gattin nicht minder sympathisch. Als privater Spaß für die eigene Familie ist das ganze noch tragbar, aber für eine richtige Veröffentlichung eigentlich untauglich. Es sei denn, Ittenbach wirft sehr viel Ballast ab. Anfangen kann er ja schon mal mit dem “bebilderten“ Abspann, der neben einigen Höhepunkten, die ich ungern missen würde, doch zur ultimativen Geduldsprobe wird, weil er will und will einfach nicht mehr aufhören. Obwohl ich selbst hier einige Male gut lachen konnte, bin ich irgendwann aufgestanden und gegangen. Okay, auch weil ich die Gelegenheit, Buttgereits „Todesking“ auf großer Leinwand zu sehen, nicht verpassen wollte. Ich denke, es gibt keinen besseren Film, um sich anschaulich mit Ittenbachs Schwächen auseinanderzusetzen.

Klamotte Splatter Ittenbach





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