So, jetzt kommt es knüppelhart!
Ich fürchte, dass dieser Film in mancherlei Beziehung so manchem hier sauer aufstößt. Und wenn man ihn nicht schon als Kind ins Herz geschlossen hat, womöglich tut man sich später sehr viel schwerer mit ihm. Zum einen sollte man nicht allergisch gegen alte deutsche Filme sein. Die sind für viele allein schon ein rotes Tuch. Zum anderen haben wir Heinz Rühmann, der sich in seiner Karriere nicht unbedingt immer mit Ruhm bekleckert hat, wenn er aber meines Erachtens auch kein übler Schurke war, so lange man zumindest geneigt ist, die Kirche im Dorf zu lassen. Und dann sollte man selbstverständlich kein notorischer Schulbank-Hasser sein. So, nun aber zum Film selbst.
Eigentlich haben wir hier einen ganz zauberhaften, gut durchkomponierten Film (mit leicht schalem Beigeschmack hie und da), der alles in allem rund ist. Hübsche, wohlüberlegte Szenenwechsel geleiten uns zu liebenswerten Einfällen, die zwar oft albern anmuten, aber eigentlich überhöht und damit immer leicht ironisierend, oder halt wie aus dem Bilderbuch sind. Ein Märchenfilm über die Schule könnte man sagen, oder ein märchenhafter Paukerfilm. Zu Anfang heißt es gleich, dass es ein Loblied auf die Schule sei, es diese aber vielleicht nicht merkt. Dies ist der rote Faden, der sich bis zum Schluss erhält.
Alles beginnt mit einer Feuerzangenbowle, unter deren Einfluss sich die alten, um sie versammelten honorigen Gelehrten, allmählich in Lausbuben verwandeln, und die sie auf dumme Gedanken bringt. Sehr hübsch! Mann kennt das ja. Bierseligkeit macht nostalgisch. Dann die Ankunft des steifen Dichterfürsten Johannes Pfeiffer, der Opfer dieser Flausen wird, da er noch einmal die Schulbank drücken soll, zu Recherchezwecken…, aber eigentlich, um das „schönste Stück Jugend“ nachzuholen, „das er verpasst hat.“
Die Schule ist exakt wie aus dem Bilderbuch, erst recht sind es die Lehrer. Ein schöneres Ensemble hat ein Paukerfilm nie mehr hervorgebracht. Großartige Mimen verkörpern diese Archetypen mit großem Witz und genau auf den Punkt. Da wäre zum Beispiel Professor Schnauz, alias Crey, der den strengen alten Knochen gibt. Oder Professor Bömmel, das glatte Gegenteil. Des Weiteren der leicht verschrobene Direktor Knauer (Zeus) mit entfesselter Frisur und quasi eigener Büste in (womöglich) jedem Klassenzimmer (?), an dessen Verstand und Kompetenz Professor Crey zunehmend zweifelt – köstlich! Etwas gewöhnungsbedürftiger, nach heutigen Maßstäben, ist da Oberlehrer Dr. Brett (Boing!) mit seiner militanten Art die Klasse zu “führen“. Aber wenn man es genau betrachtet, ist er ebenfalls ganz okay, auch wenn sein Gewäsch vom geraden Wachstum des jungen Menschen aus heutiger Sicht und in Anbetracht der Entstehungszeit des Films, etwas Magenschmerzen bereitet. Man sollte da allerdings genauer hinsehen. Ihn ehrt zumindest sein Statement gegen Denunziantentum nach der Geschichte mit dem Schild…, äh, wegen des Schildes…, Tschuldigung. Das ist klar gegen den Geist der Zeit gerichtet. Das Schreckgespenst, in Form des Musiklehrers Fridolin ist ebenso eine Augen- und “Ohrenweide“.
Das Ensemble der Lehrkräfte ist superb gecastet, es deckt in etwa jeden Typ ab, der einem selbst mehr oder weniger vertraut ist, auch wenn man nicht das Glück hat, sie konzentriert in einer einzigen Schule vorzufinden. Aber sie begegnen einem im Laufe der Schulzeit. Also ich kenne die alle auch irgendwie persönlich…
Was „Die Feuerzangenbowle“ auszeichnet ist ihr wohlwollendes Statement bezüglich der Lehrer, das sich allerdings erst auf den zweiten Blick offenbart. Sie werden nicht zu albernen Clowns degradiert, wie in den späteren, eigentlich schlechten Pauker-Possen um Hansi Kraus. Die stärkste Szene ist für mich die, in der der harte alte Knochen Crey Pfeiffer zu sich bestellt, damit der ihm beichtet, wer „Großes ‚E’ Punkt“ ist - die Tochter des Direktors, mit der der Schööler rummacht. Er redet Pfeiffer ins Gewissen, doch der beichtet nicht. Am Ende der Szene offenbart sich, dass Crey es längst weiß. Doch er wird Pfeiffer nicht verraten: „Arme Eva…!“. Selbst der Drachen der Schule entpuppt sich damit als feiner Kerl. „Überhaupt alles feine Kerle…“ heißt es irgendwann aus Pfeiffers Mund. Recht hat er!
Die Musik ist stellenweise schön mit dem Geschehen gekoppelt. So zum Beispiel Direktor Knauers Opfergang durch das von den Schülern völlig verlassene Schulgebäude.
Gewöhnungsbedürftig sind lediglich so manche, arg antiquierten Momente, wie die Schulkinder, die samt Lehrerin geordnet in Reih und Glied durch Wald und Flur marschieren, deutsches Liedgut trällernd, während sich Pfeiffer und Eva züchtig näher kommen. Das ist schon so antiquiert, dass die Plomben in den Zähnen zu rotieren anfangen. Aber in einen Märchenfilm passt es irgendwie dann doch wieder, in dieser kindlichen Überzeichnung. Gewöhnungsbedürftig sind auch manche, eigentlich viel zu alten Darsteller in ihren Rollen als Pennäler, aber okay. Das mit Dr. Brett hatten wir ja schon…
Eine Frage beschäftigt mich allerdings bereits, beinahe seit ich den Film kenne. Was zum Kuckuck treibt dieser Hausmeister da in der großen Pause?! Der macht irgendwas sauber. Was ist das…?
Und warum so viel Text zu so einem alten Schinken? Ganz einfach. Neben „Evil Dead“ ist das sicher einer der Filme, die ich am meisten gesehen habe. Weil, ich hatte da mal einen ähnlichen Splin, als ich noch klein, aber schon im Besitz eines Videorekorders war.
Schließen möchte ich mit einer großen Weisheit, die uns unter anderem mit auf den Weg gegeben wird:
„Frauen muss man schlecht behandeln, dann fressen sie einem aus der Hand.“
Vielen Dank!
Die Feuerzangenbowle Deutschland 1944 Heinz Rühmann Pauker Schule