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Magical History Tour : Mr. Deeds goes to Town (Frank Capra) USA 1936
von Short Cut ·
18 November 2013
Aufrufe: 1.376
Magical History Tour :
Mr. Deeds goes to Town (Mr. Deeds geht in die Stadt)
Longfellow Deeds (Gary Cooper) erbt 20 Millionen Dollar. Um diese Erbschaft anzutreten muß das Landei seine Heimatstadt Mandrake Falls verlassen und sich nach New York begeben. Dort lernt er die Zeitungsreporterin Babe Bennet (Jean Arthur) kennen und verliebt sich in sie. Er weiß nichts davon, dass sie es ist, die verhöhnende Artikel über ihn und seine kindliche Naivität verfasst. Als Deeds beginnt sein Vermögen an notleidende Farmer umzuverteilen versucht man ihm in einem Prozeß sein Vermögen streitig zu machen.
Capras Film nimmt sofort ein enormes Tempo auf, indem er nicht erst mit einer langsamen Einführung beginnt sondern in Sekundenschnelle das Auto des Finanziers von der Brücke krachen läßt. Zeitungsmeldungen überschlagen sich in der Montage und wir sind sofort bei den Anwälten, die auf den Namen des Erben warten. Dieser ist schnell gefunden :
Longfellow Deeds, 28, wohnhaft in Mandrake Falls, Vermont.
Gespielt von Gary Cooper in einer absoluten Idealbesetzung. Drei Stadtmenschen der Kanzlei "Cedar, Cobby & Anderson" fahren persönlich nach Mandrake Falls um den Erben auszumachen. Am Bahnhof erblicken sie ein Schild auf dem geschrieben steht :
"Welcome to Mandrake Falls, where the scenery enthralls, where no hardship e´er befalls. Welcome to Mandrake Falls."
Welches schon sehr gut die Mentalität der einfachen Leute vom Lande zusammenfasst.
Als die New Yorker einen kauzigen, alten Mann nach Deeds ausfragen, zeigt sich sogleich die Arroganz und Herablässigkeit der Städter. Angekommen in Deeds Haus warten sie bis er von einer Wohltätigkeitsgala für die örtliche Feuerwehr zurückkommt. Sie erfahren von der Haushälterin, dass er zwar Mitbesitzer des Schmierenwerks ist, seinen Lebensunterhalt aber hauptsächlich mit Sprüchen und Gedichten für Glückwunschkarten verdient. Ein Schock für die drei Herren. Als Deeds eintrifft erfährt er, dass sein Onkle Semple bei einem Autounfall in Italien ums Leben kam und ihm als Alleinerbe 20 Millionen Dollar hinterläßt. Anstatt bei einer solchen Nachricht in Ohnmacht zu fallen oder zu jubeln zeigen sich Deeds und seine Haushälterin reichlich unbeeindruckt von dieser Nachricht. Viel wichtiger ist die Frage ob die Gentlemen zum Essen bleiben. Deeds probiert derweil ganz gelassen das neue Mundstück für seine Tuba aus. Als die Herren ihn auffordern Stellung zu beziehen sagt Deeds "I wonder why he left me all the money. I don´t need it."
Deeds, der noch nie die Stadt verlassen hat, soll um 16 Uhr den Zug nach New York nehmen um sein Erbe anzutreten. Am Bahnhof feiert die Menge Deeds, der sich aber nicht feiern lässt und stattdessen mit der Kapelle in der Menge Tuba spielt.
Angekommen in New York wetzen die Bürohaie ihre Zähne als der in ihren Augen, naive und kindische Deeds sagt, dass er das Geld am liebsten weggeben würde. Umringt von einem Haufen High Society Schnorrern will jeder etwas von Deeds großem Kuchen abhaben. Die Presse schickt Babe Bennet (Jean Arthur) ins Rennen um über ihn eine Story zu machen, sich unter falschem Namen an ihn ranmacht und genau weiß welche Knöpfe sie bei ihm drücken muß. Bevor er seine "Frau in Not" retten darf und es zu einer feucht-fröhlichen Nacht kommt, die ihm zum Verhängnis wird, gibt es noch diese schöne Szene in der Deeds von den Dienern seines Onkels angekleidet wird, sich das aber nicht gefallen läßt und sagt "Don´t ever get on your knees again."
Abends treffen die zwei in einem Restaurant auf eine Runde Literaten. Als Deeds merkt, dass diese sich über ihn lustig machen :"I guess i found out that all famous people aren´t big people. And if it weren´t for Miss Dawson, i´d bump your heads together." Worauf sie sagt :"Oh, i don´t mind." und Zack bekommen die arroganten Schreiberlinge eins auf die Nase.
Darauf folgt eine der schönsten Szenen des Films in der der sturzebesoffene Autor Morrow, Deeds seine Bewunderung ausspricht und die beiden auf eine Sauftour quer durch New York mitnehmen will.
Hier der O-Ton :
"Listen, you play saloon with me, and I'll introduce you to every wit, every nit-wit,every half-wit in New York. We'll go on a twister that'll make Omar the sousephilosopher of Persia look like an anemic on a goat's milk diet."
Am nächsten Morgen erfährt Deeds aus der Zeitung, dass er betrunken ohne Hosen Doughnuts an ein Pferd verfüttert hat. Ein sehr unschöner Klatschartikel, den Babe über diese Sauftour geschrieben hat, die wir leider nicht miterleben konnten. Da Deeds nichts über ihre wahre Identität weiß und ihm das blonde Mädchen, welches so bodenständig und ohne Allüren ist, nicht mehr aus dem Kopf geht, verabredet er sich mit ihr. Gemeinsam stehen sie Abends vor General Grants riesigem Mausoleum. Deeds resümiert, dass sowas nur in einem Land wie Amerika möglich ist. Ein Farmerjunge aus Ohio, der den Krieg gewinnt und zum Präsidenten gewählt wird. In dieser Aussprache meint Deeds sich natürlich auch selbst. Später wird er dann sagen :"Last night, after I left you, I was walking along and looking at the tall buildings and I got to thinking about what Thoreau said. They created a lot of grand palaces here - but they forgot to create the noblemen to put in them."
Nach diesem Abend befindet sich Babe in einer Zwickmühle, da sie sich immer mehr in den Mann verliebt über den sie Schmähartikel schreiben soll. Eine weitere schöne Szene folgt im Anschluß als Deeds seine Diener rauswirft, merkt er, dass man in der Eingangshalle seiner Villa ein wunderbares Echo hat. Bald befinden sich die anderen Butler in der Halle und Deeds dirigiert den Chor und alle lauschen verzückt ihrem Echo.
Als Deeds erfährt, dass Mary Dawson, Babe Bennet ist und die Artikel geschrieben hat, die ihn als "Cinderella Man" verhöhnen, ist er bitter enttäuscht und will nach Hause fahren. In seiner Eingangshalle wird er darauf mit dem Elend konfrontiert, welches in Form eines Mannes hereinstürmt und ihm Vorwürfe für seinen Reichtum macht. Zuerst hält Deeds ihn für einen weiteren Schnorrer, doch der Farmer, der nur eine Möglichkeit zur Arbeit will um seine Familie zu ernähren, öffnet Deeds die Augen.
Nun kommt die politische Komponente in Mr. Deeds zum tragen.
Mr. Deeds gibt dem Farmer ersteinmal etwas zu Essen und als dieser fragt ob er davon etwas für seine Familie mit nach Hause nehmen darf, antwortet Deeds mit seinem typischen, kecken Augenzwinkern, welches nun aber sofort in eine nachdenkliche und ernste Pose übergeht. Darauf folgen wieder Zeitungsschlagzeilen. Deeds will sein Vermögen an arme Farmer umverteilen indem er Land kauft, welches an die Farmer verteilt werden soll. Tausende Arbeitslose bewerben sich um ein Stück vom Land.
Deeds, der alles natürlich in Eigenregie macht und seit Wochen nicht geschlafen und gegessen hat, bekommt von einem Farmer ein Sandwich in die Hand gedrückt. Als er reinbeißt sieht er in eine Menge hungriger Gesichter hinter dem Mann und veranlaßt 2000 Mahlzeiten für alle zu bringen.
Den Krawattenträgern schmeckt das natürlich gar nicht. Deshalb wollen sie ihm schnell einen Riegel vorschieben und können dies nur erreichen indem sie den naiven und kindischen Deeds als unzurechnungsfähig darstellen, als verrückt.
Deeds bringt die Misere als man ihn Gewahrsam nehemn will auf den Punkt :"That's fine. Just because I want to give this money to people who need it, they think I'm crazy. That's marvelous. That makes everything complete."
Es kommt zur Gerichtsverhandlung in der Deeds keinen Anwalt möchte und das ganze Prozedere über sich ergehen läßt. Die Ankläger wollen ihm sein Erbe streitig machen und befürchten seine Vermögensverteilung könnte einen politischen Erdrutsch bewirken. Deeds nimmt es hin.
Der Staatsanwalt Mr. Cedar :
"In these times, with the country incapacitated by economic ailments, and endangered with an undercurrent of social unrest, the promulgation of such a weird, fantastic and impractical plan as contemplated by the defendant, is capable of fomenting a disturbance from which the country may not soon recover. It is our duty to stop it! Our government is fully aware of its difficulties and can pull itself out of its economic rut without the assistance of Mr. Deeds, or any other crackpot."
Babe soll als erste Zeugin gegen Deeds aussagen und es bricht gleich aus ihr heraus indem sie das Gericht und die Verhandlung als lächerlich beschimpft und Deeds versucht zu verteidigen. Doch man läßt sie nicht reden. Mr. Deeds hört zu und schweigt, läßt die ganzen Aussagen über sich ergehen. Zum Schluß als der Doktor mit seinem Diagramm den Geisteszustand von Deeds erklärt, wirkt dieser wie eine Satire auf europäische Psychologen mit seiner Hausfrauenanalyse. Deeds scheint erledigt und das Gericht fragt ihn nochmal ob er irgendetwas dazu beizutragen hat. Doch Deeds schüttelt den Kopf. Das Gericht spricht das Urteil und empfiehlt Mr. Deeds in eine psychatrische Anstalt einzuweisen. Nachdem Babe nochmals eine kleine Verteidigungsrede, für den Mann den sie liebt, gehalten hat und die Farmer im Saal rufen, dass Deeds sie nicht hängen lassen soll, merkt er, dass er eine große Verantwortung zu tragen hat und nicht länger schweigen kann. Deeds rückt die zum sachlichen Gerichtsgegenstand gewordenen Dinge wieder ins richtige Licht, erklärt, dass nicht jeder der Tuba spielt eine Macke hat und macht das daran fest, dass jeder Mensch einen Tick hat. Weiterhin erklärt er das er zum ersten Mal richtig besoffen war, als er das Pferd ohne Hosen gefüttert hat und macht klar, das wenn zwei Ladys aus Mandrake Falls ihn als verschroben darstellen, sie damit eigentlich jeden Mann in Mandrake Falls meinen.
Dieses richtigzustellen ist allerdings ein Leichtes. Er muß das Gericht aber noch davon überzeugen sein Vermögen wegzugeben um es umzuverteilen.
Deeds : "Suppose you were living in a small town and getting along fine, and suddenly somebody dropped $20,000,000 in your lap. Supposing you discovered that all that money was messing up your life, was bringing a lot of vultures around your neck, and making you lose faith in everybody. You'd be a little worried, wouldn't you? You'd feel that you had a hot potato in your hand, and you'd want to drop it. I guess Dr. Von Holler would say you were riding on those bottom waves, 'cause you wanted to drop something that was burning your fingers."
Mr. Cedar :"If this man is permitted to carry out his plan, repercussions will be felt that will rock the foundations of our entire governmental system!"
Deeds : "Personally, I don't know what Mr. Cedar's raving about. From what I can see, no matter what system of government we have, there will always be leaders and always be followers. It's like the road out in front of my house. It's on a steep hill. Every day I watch the cars climbing up. Some go lickety-split up that hill on high, some have to shift into second - and some sputter and shake and slip back to the bottom again. Same cars - same gasoline - yet some make it and some don't. And I say the fellows who can make the hill on high should stop once in a while and help those who can't. That's all I'm trying to do with this money. Help the fellows who can't make the hill on high. What does Mr. Cedar expect me to do with it? Give it to him - and a lot of other people who don't need it?Mr. Cedar and that Mr. Semple don't need anything. They've got plenty! It's like I'm out in a big boat and I see one fellow in a rowboat who's tired of rowing and wants a free ride - and another fellow who's drowning. Who would you expect me to rescue? Mr. Cedar, who just got tired of rowing and wants a free ride? Or those men out there who are drowning? Any ten-year-old child will give you the answer to that."
Richtig ! Jedes 10jährige Kind versteht das und deshalb wird Deeds auch als der normalste Mensch, der je einen Gerichtssaal betreten hat, freigesprochen und darf natürlich sein Babe am Ende in die Arme schließen.
Ein Happy End, welches urtypisch und natürlich uramerikanisch ist. Aber nun, wir befinden uns in einem Frank Capra Film und in einem Capra Film muß sich jeder um sein Happy End auch redlichst bemühen.
Mr. Deeds goes to Town ist ohne Frage einer der tollsten Capra Filmen. Er ist Romantic Comedy wie It happened one Night, leidenschaftliche Hymne wie Mr. Smith goes to Washington, die Figur der Reporterin, des Working Girls aus John Doe und selbst zwei alte Ladys wie in Arsenic and old Lace findet man hier. Mr. Deeds ist ein Prototyp im Capra Universum. Der leicht naive, grundehrliche und jungenhafte Mann vom Lande, der sich gegen die Verlockungen der korrupten Großstadt behaupten kann. Das selbstständige nicht auf den Kopf gefallene Working Girl Babe Bennett welches in Deeds ihre kleinstädtischen Ideale wiederfindet und sich auch deshalb in diesen Mann verliebt. Sowie Deeds sein Presseagent Cobbs, dargestellt von Lionel Stander, der politisch übrigens ausdrücklich rot war, aber dazu später und der Chef von Babe, die zwar dem System verfallen aber im Grunde anständige Kerle sind und Deeds am Ende natürlich beistehen. Cobbs ist übrigens der einzige der Deeds die Wahrheit sagt.
Und dann ist da der arbeitslose Farmer, der für tausende spricht. Die Stimme der kleinen Leute, die in jedem Capra Film aber besonders hier einen großen Raum erhält.
Mr. Deeds ist eine rote Hymne. Es geht um Vermögensumverteilung und Sozialismus in seiner reinsten Form. Während Mr. Smith die wahren amerikanischen Werte gegen ein korruptes politisches System verteidigt, in It´s a wonderful life auch wieder die Macht des Geldes kritisiert und Nächstenliebe gepredigt wird, in John Doe die Presse angegriffen wird und in It happened one night, eine Millionärstochter mit den Freuden des einfachen Lebens konfrontiert wird, verdammt Capra hier den degenerierten Kapitalismus in Grund und Boden und zeigt in seiner märchenhaften, wundervollen Weise, was geschieht, wenn ein Mann zuviel Geld besitzt und dieses überhaupt nicht benötigt. Er zeigt auch was passiert, wenn ein Mann, dieses Vermögen denjenigen gibt, die es benötigen. 1936 war so eine Geste unmöglich und wenn man sich den Film heute ansieht und vergewissert wie die Welt heute aussieht, dann möchte man einfach solche kämpferischen, frohsinnigen, Gutmenschen Filme nicht missen. Capras Filme sind nicht verklärt, sie sind grundauf ehrlich und aus ihnen spricht die selbe Stimme ihrer kleinen Helden die immer gegen Windmühlen zu kämpfen haben. Die Mär vom reinen Tor, dem Simplicissimus.
Capra selber war übrigens konservativer Republikaner und engagierte sich im Zweiten Weltkrieg durch einige Propagandafilme für das amerikanische Ehrgefühl. Wohingegen seine Drehbuschreiber fast alle immer links waren.
In der Neuzeit findet sich viel von Capras "Americana" wieder. Sei es bei Steven Spielberg, Robert Zemeckis, John Landis, den Coen Brüdern oder auch bei Mike Nichols und seinem 80er Aufsteigermärchen "Working Girl".
Sein Mr. Deeds ist ein so wunderbarer Film, der auf ganz leichte Weise eine wahnsinnig süße Love Story mit grandios, witzigen Szenen verbindet und eine tiefe humanistische Hymne schafft.
Oder wie Funxton in einem seiner Einträge schrieb "Laßt allen Zynismus fahren."
Stilistisch ist Deeds übrigens ziemlich schnell geschnitten. Capra zeigt unentwegt, was auf der Gegenseite bzw. währenddessen passiert. Es wird sehr viel hin und her geschnitten. Was den Film in der Montage sehr gestrafft aussehen läßt.
Ein ganz großer Film von einem großartigen Regisseur seiner Zeit.
10/10
Magical History Tour Frank Capra Gary Cooper Jean Arthur Lionel Stander Humanismus Vermögen Erbe Umverteilung Sozialismus Amerika New York Komödie Romantic Comedy Farmer
Mr. Deeds goes to Town (Mr. Deeds geht in die Stadt)
Longfellow Deeds (Gary Cooper) erbt 20 Millionen Dollar. Um diese Erbschaft anzutreten muß das Landei seine Heimatstadt Mandrake Falls verlassen und sich nach New York begeben. Dort lernt er die Zeitungsreporterin Babe Bennet (Jean Arthur) kennen und verliebt sich in sie. Er weiß nichts davon, dass sie es ist, die verhöhnende Artikel über ihn und seine kindliche Naivität verfasst. Als Deeds beginnt sein Vermögen an notleidende Farmer umzuverteilen versucht man ihm in einem Prozeß sein Vermögen streitig zu machen.
Capras Film nimmt sofort ein enormes Tempo auf, indem er nicht erst mit einer langsamen Einführung beginnt sondern in Sekundenschnelle das Auto des Finanziers von der Brücke krachen läßt. Zeitungsmeldungen überschlagen sich in der Montage und wir sind sofort bei den Anwälten, die auf den Namen des Erben warten. Dieser ist schnell gefunden :
Longfellow Deeds, 28, wohnhaft in Mandrake Falls, Vermont.
Gespielt von Gary Cooper in einer absoluten Idealbesetzung. Drei Stadtmenschen der Kanzlei "Cedar, Cobby & Anderson" fahren persönlich nach Mandrake Falls um den Erben auszumachen. Am Bahnhof erblicken sie ein Schild auf dem geschrieben steht :
"Welcome to Mandrake Falls, where the scenery enthralls, where no hardship e´er befalls. Welcome to Mandrake Falls."
Welches schon sehr gut die Mentalität der einfachen Leute vom Lande zusammenfasst.
Als die New Yorker einen kauzigen, alten Mann nach Deeds ausfragen, zeigt sich sogleich die Arroganz und Herablässigkeit der Städter. Angekommen in Deeds Haus warten sie bis er von einer Wohltätigkeitsgala für die örtliche Feuerwehr zurückkommt. Sie erfahren von der Haushälterin, dass er zwar Mitbesitzer des Schmierenwerks ist, seinen Lebensunterhalt aber hauptsächlich mit Sprüchen und Gedichten für Glückwunschkarten verdient. Ein Schock für die drei Herren. Als Deeds eintrifft erfährt er, dass sein Onkle Semple bei einem Autounfall in Italien ums Leben kam und ihm als Alleinerbe 20 Millionen Dollar hinterläßt. Anstatt bei einer solchen Nachricht in Ohnmacht zu fallen oder zu jubeln zeigen sich Deeds und seine Haushälterin reichlich unbeeindruckt von dieser Nachricht. Viel wichtiger ist die Frage ob die Gentlemen zum Essen bleiben. Deeds probiert derweil ganz gelassen das neue Mundstück für seine Tuba aus. Als die Herren ihn auffordern Stellung zu beziehen sagt Deeds "I wonder why he left me all the money. I don´t need it."
Deeds, der noch nie die Stadt verlassen hat, soll um 16 Uhr den Zug nach New York nehmen um sein Erbe anzutreten. Am Bahnhof feiert die Menge Deeds, der sich aber nicht feiern lässt und stattdessen mit der Kapelle in der Menge Tuba spielt.
Angekommen in New York wetzen die Bürohaie ihre Zähne als der in ihren Augen, naive und kindische Deeds sagt, dass er das Geld am liebsten weggeben würde. Umringt von einem Haufen High Society Schnorrern will jeder etwas von Deeds großem Kuchen abhaben. Die Presse schickt Babe Bennet (Jean Arthur) ins Rennen um über ihn eine Story zu machen, sich unter falschem Namen an ihn ranmacht und genau weiß welche Knöpfe sie bei ihm drücken muß. Bevor er seine "Frau in Not" retten darf und es zu einer feucht-fröhlichen Nacht kommt, die ihm zum Verhängnis wird, gibt es noch diese schöne Szene in der Deeds von den Dienern seines Onkels angekleidet wird, sich das aber nicht gefallen läßt und sagt "Don´t ever get on your knees again."
Abends treffen die zwei in einem Restaurant auf eine Runde Literaten. Als Deeds merkt, dass diese sich über ihn lustig machen :"I guess i found out that all famous people aren´t big people. And if it weren´t for Miss Dawson, i´d bump your heads together." Worauf sie sagt :"Oh, i don´t mind." und Zack bekommen die arroganten Schreiberlinge eins auf die Nase.
Darauf folgt eine der schönsten Szenen des Films in der der sturzebesoffene Autor Morrow, Deeds seine Bewunderung ausspricht und die beiden auf eine Sauftour quer durch New York mitnehmen will.
Hier der O-Ton :
"Listen, you play saloon with me, and I'll introduce you to every wit, every nit-wit,every half-wit in New York. We'll go on a twister that'll make Omar the sousephilosopher of Persia look like an anemic on a goat's milk diet."
Am nächsten Morgen erfährt Deeds aus der Zeitung, dass er betrunken ohne Hosen Doughnuts an ein Pferd verfüttert hat. Ein sehr unschöner Klatschartikel, den Babe über diese Sauftour geschrieben hat, die wir leider nicht miterleben konnten. Da Deeds nichts über ihre wahre Identität weiß und ihm das blonde Mädchen, welches so bodenständig und ohne Allüren ist, nicht mehr aus dem Kopf geht, verabredet er sich mit ihr. Gemeinsam stehen sie Abends vor General Grants riesigem Mausoleum. Deeds resümiert, dass sowas nur in einem Land wie Amerika möglich ist. Ein Farmerjunge aus Ohio, der den Krieg gewinnt und zum Präsidenten gewählt wird. In dieser Aussprache meint Deeds sich natürlich auch selbst. Später wird er dann sagen :"Last night, after I left you, I was walking along and looking at the tall buildings and I got to thinking about what Thoreau said. They created a lot of grand palaces here - but they forgot to create the noblemen to put in them."
Nach diesem Abend befindet sich Babe in einer Zwickmühle, da sie sich immer mehr in den Mann verliebt über den sie Schmähartikel schreiben soll. Eine weitere schöne Szene folgt im Anschluß als Deeds seine Diener rauswirft, merkt er, dass man in der Eingangshalle seiner Villa ein wunderbares Echo hat. Bald befinden sich die anderen Butler in der Halle und Deeds dirigiert den Chor und alle lauschen verzückt ihrem Echo.
Als Deeds erfährt, dass Mary Dawson, Babe Bennet ist und die Artikel geschrieben hat, die ihn als "Cinderella Man" verhöhnen, ist er bitter enttäuscht und will nach Hause fahren. In seiner Eingangshalle wird er darauf mit dem Elend konfrontiert, welches in Form eines Mannes hereinstürmt und ihm Vorwürfe für seinen Reichtum macht. Zuerst hält Deeds ihn für einen weiteren Schnorrer, doch der Farmer, der nur eine Möglichkeit zur Arbeit will um seine Familie zu ernähren, öffnet Deeds die Augen.
Nun kommt die politische Komponente in Mr. Deeds zum tragen.
Mr. Deeds gibt dem Farmer ersteinmal etwas zu Essen und als dieser fragt ob er davon etwas für seine Familie mit nach Hause nehmen darf, antwortet Deeds mit seinem typischen, kecken Augenzwinkern, welches nun aber sofort in eine nachdenkliche und ernste Pose übergeht. Darauf folgen wieder Zeitungsschlagzeilen. Deeds will sein Vermögen an arme Farmer umverteilen indem er Land kauft, welches an die Farmer verteilt werden soll. Tausende Arbeitslose bewerben sich um ein Stück vom Land.
Deeds, der alles natürlich in Eigenregie macht und seit Wochen nicht geschlafen und gegessen hat, bekommt von einem Farmer ein Sandwich in die Hand gedrückt. Als er reinbeißt sieht er in eine Menge hungriger Gesichter hinter dem Mann und veranlaßt 2000 Mahlzeiten für alle zu bringen.
Den Krawattenträgern schmeckt das natürlich gar nicht. Deshalb wollen sie ihm schnell einen Riegel vorschieben und können dies nur erreichen indem sie den naiven und kindischen Deeds als unzurechnungsfähig darstellen, als verrückt.
Deeds bringt die Misere als man ihn Gewahrsam nehemn will auf den Punkt :"That's fine. Just because I want to give this money to people who need it, they think I'm crazy. That's marvelous. That makes everything complete."
Es kommt zur Gerichtsverhandlung in der Deeds keinen Anwalt möchte und das ganze Prozedere über sich ergehen läßt. Die Ankläger wollen ihm sein Erbe streitig machen und befürchten seine Vermögensverteilung könnte einen politischen Erdrutsch bewirken. Deeds nimmt es hin.
Der Staatsanwalt Mr. Cedar :
"In these times, with the country incapacitated by economic ailments, and endangered with an undercurrent of social unrest, the promulgation of such a weird, fantastic and impractical plan as contemplated by the defendant, is capable of fomenting a disturbance from which the country may not soon recover. It is our duty to stop it! Our government is fully aware of its difficulties and can pull itself out of its economic rut without the assistance of Mr. Deeds, or any other crackpot."
Babe soll als erste Zeugin gegen Deeds aussagen und es bricht gleich aus ihr heraus indem sie das Gericht und die Verhandlung als lächerlich beschimpft und Deeds versucht zu verteidigen. Doch man läßt sie nicht reden. Mr. Deeds hört zu und schweigt, läßt die ganzen Aussagen über sich ergehen. Zum Schluß als der Doktor mit seinem Diagramm den Geisteszustand von Deeds erklärt, wirkt dieser wie eine Satire auf europäische Psychologen mit seiner Hausfrauenanalyse. Deeds scheint erledigt und das Gericht fragt ihn nochmal ob er irgendetwas dazu beizutragen hat. Doch Deeds schüttelt den Kopf. Das Gericht spricht das Urteil und empfiehlt Mr. Deeds in eine psychatrische Anstalt einzuweisen. Nachdem Babe nochmals eine kleine Verteidigungsrede, für den Mann den sie liebt, gehalten hat und die Farmer im Saal rufen, dass Deeds sie nicht hängen lassen soll, merkt er, dass er eine große Verantwortung zu tragen hat und nicht länger schweigen kann. Deeds rückt die zum sachlichen Gerichtsgegenstand gewordenen Dinge wieder ins richtige Licht, erklärt, dass nicht jeder der Tuba spielt eine Macke hat und macht das daran fest, dass jeder Mensch einen Tick hat. Weiterhin erklärt er das er zum ersten Mal richtig besoffen war, als er das Pferd ohne Hosen gefüttert hat und macht klar, das wenn zwei Ladys aus Mandrake Falls ihn als verschroben darstellen, sie damit eigentlich jeden Mann in Mandrake Falls meinen.
Dieses richtigzustellen ist allerdings ein Leichtes. Er muß das Gericht aber noch davon überzeugen sein Vermögen wegzugeben um es umzuverteilen.
Deeds : "Suppose you were living in a small town and getting along fine, and suddenly somebody dropped $20,000,000 in your lap. Supposing you discovered that all that money was messing up your life, was bringing a lot of vultures around your neck, and making you lose faith in everybody. You'd be a little worried, wouldn't you? You'd feel that you had a hot potato in your hand, and you'd want to drop it. I guess Dr. Von Holler would say you were riding on those bottom waves, 'cause you wanted to drop something that was burning your fingers."
Mr. Cedar :"If this man is permitted to carry out his plan, repercussions will be felt that will rock the foundations of our entire governmental system!"
Deeds : "Personally, I don't know what Mr. Cedar's raving about. From what I can see, no matter what system of government we have, there will always be leaders and always be followers. It's like the road out in front of my house. It's on a steep hill. Every day I watch the cars climbing up. Some go lickety-split up that hill on high, some have to shift into second - and some sputter and shake and slip back to the bottom again. Same cars - same gasoline - yet some make it and some don't. And I say the fellows who can make the hill on high should stop once in a while and help those who can't. That's all I'm trying to do with this money. Help the fellows who can't make the hill on high. What does Mr. Cedar expect me to do with it? Give it to him - and a lot of other people who don't need it?Mr. Cedar and that Mr. Semple don't need anything. They've got plenty! It's like I'm out in a big boat and I see one fellow in a rowboat who's tired of rowing and wants a free ride - and another fellow who's drowning. Who would you expect me to rescue? Mr. Cedar, who just got tired of rowing and wants a free ride? Or those men out there who are drowning? Any ten-year-old child will give you the answer to that."
Richtig ! Jedes 10jährige Kind versteht das und deshalb wird Deeds auch als der normalste Mensch, der je einen Gerichtssaal betreten hat, freigesprochen und darf natürlich sein Babe am Ende in die Arme schließen.
Ein Happy End, welches urtypisch und natürlich uramerikanisch ist. Aber nun, wir befinden uns in einem Frank Capra Film und in einem Capra Film muß sich jeder um sein Happy End auch redlichst bemühen.
Mr. Deeds goes to Town ist ohne Frage einer der tollsten Capra Filmen. Er ist Romantic Comedy wie It happened one Night, leidenschaftliche Hymne wie Mr. Smith goes to Washington, die Figur der Reporterin, des Working Girls aus John Doe und selbst zwei alte Ladys wie in Arsenic and old Lace findet man hier. Mr. Deeds ist ein Prototyp im Capra Universum. Der leicht naive, grundehrliche und jungenhafte Mann vom Lande, der sich gegen die Verlockungen der korrupten Großstadt behaupten kann. Das selbstständige nicht auf den Kopf gefallene Working Girl Babe Bennett welches in Deeds ihre kleinstädtischen Ideale wiederfindet und sich auch deshalb in diesen Mann verliebt. Sowie Deeds sein Presseagent Cobbs, dargestellt von Lionel Stander, der politisch übrigens ausdrücklich rot war, aber dazu später und der Chef von Babe, die zwar dem System verfallen aber im Grunde anständige Kerle sind und Deeds am Ende natürlich beistehen. Cobbs ist übrigens der einzige der Deeds die Wahrheit sagt.
Und dann ist da der arbeitslose Farmer, der für tausende spricht. Die Stimme der kleinen Leute, die in jedem Capra Film aber besonders hier einen großen Raum erhält.
Mr. Deeds ist eine rote Hymne. Es geht um Vermögensumverteilung und Sozialismus in seiner reinsten Form. Während Mr. Smith die wahren amerikanischen Werte gegen ein korruptes politisches System verteidigt, in It´s a wonderful life auch wieder die Macht des Geldes kritisiert und Nächstenliebe gepredigt wird, in John Doe die Presse angegriffen wird und in It happened one night, eine Millionärstochter mit den Freuden des einfachen Lebens konfrontiert wird, verdammt Capra hier den degenerierten Kapitalismus in Grund und Boden und zeigt in seiner märchenhaften, wundervollen Weise, was geschieht, wenn ein Mann zuviel Geld besitzt und dieses überhaupt nicht benötigt. Er zeigt auch was passiert, wenn ein Mann, dieses Vermögen denjenigen gibt, die es benötigen. 1936 war so eine Geste unmöglich und wenn man sich den Film heute ansieht und vergewissert wie die Welt heute aussieht, dann möchte man einfach solche kämpferischen, frohsinnigen, Gutmenschen Filme nicht missen. Capras Filme sind nicht verklärt, sie sind grundauf ehrlich und aus ihnen spricht die selbe Stimme ihrer kleinen Helden die immer gegen Windmühlen zu kämpfen haben. Die Mär vom reinen Tor, dem Simplicissimus.
Capra selber war übrigens konservativer Republikaner und engagierte sich im Zweiten Weltkrieg durch einige Propagandafilme für das amerikanische Ehrgefühl. Wohingegen seine Drehbuschreiber fast alle immer links waren.
In der Neuzeit findet sich viel von Capras "Americana" wieder. Sei es bei Steven Spielberg, Robert Zemeckis, John Landis, den Coen Brüdern oder auch bei Mike Nichols und seinem 80er Aufsteigermärchen "Working Girl".
Sein Mr. Deeds ist ein so wunderbarer Film, der auf ganz leichte Weise eine wahnsinnig süße Love Story mit grandios, witzigen Szenen verbindet und eine tiefe humanistische Hymne schafft.
Oder wie Funxton in einem seiner Einträge schrieb "Laßt allen Zynismus fahren."
Stilistisch ist Deeds übrigens ziemlich schnell geschnitten. Capra zeigt unentwegt, was auf der Gegenseite bzw. währenddessen passiert. Es wird sehr viel hin und her geschnitten. Was den Film in der Montage sehr gestrafft aussehen läßt.
Ein ganz großer Film von einem großartigen Regisseur seiner Zeit.
10/10
Magical History Tour Frank Capra Gary Cooper Jean Arthur Lionel Stander Humanismus Vermögen Erbe Umverteilung Sozialismus Amerika New York Komödie Romantic Comedy Farmer