Zum Inhalt wechseln


Short Cuts





Foto

Noah (Darren Aronofsky) USA 2014



Noah (3D)
2014
(Darren Aronofsky)
7/10

Es ist immer gut mit niederen Erwartungen ins Kino zu gehen. Mehr als enttäuscht werden kann man dann nicht und es tut vor allem nicht so weh. Perfekt, wenn man dann aus dem Film kommt und feststellt, dass der weit über den schlechten Erwartungen liegt, die man so hatte und bei weitem gar nicht so blöd ist, wie einem hiesige Kritiker weismachen wollen. Wobei der Film ja in Europa noch relativ gut weggekommen ist.

Jedenfalls ist Aronofskys Bibelfilm mitnichten der christlich-konservative Hollywood Blockbuster als den man ihn einerseits bezeichnet und gleichzeitig, besonders in den USA, ihm ankreidet, dass der das nicht geworden ist.
Jedenfalls verwundert es nicht, dass der Film einerseits von christlich-westlicher Seite kritisiert wird und von islamischer Seite verdammt wird.

Aronofsky streut nicht nur harsche Zivilisationskritik in seinen Film auch fanatische Gottgläubigkeit wird gescholten. Die Menschheit frisst sich selber auf, beutet die Erde aus, die ihnen gegeben wurde. Hat diese Menschheit es verdient zu leben ? Oder ist es nicht besser sich in den Kosmos einzufügen und mit der Natur zu leben, wie Noah und seine Familie es tut. Schwarz und weiße Seiten tun sich auf. Russel Crowe auf der einen, Ray Winstone auf der anderen. Genauer betrachtet sind diese Seiten dann aber doch eins, da der Film doch wesentlich komplexer ist, als man meinen möchte. Noah ist nämlich grausam in dem was er tut. Einem blinden Gott-Gehorsam folgend gibt er Befehle um die Tiere-die Unschuldigen vor der Apokalypse, der Strafe Gottes zu retten und die Arche zu bauen. Dabei ordnet er nicht nur sich sondern auch seine Familie totalitär dem Willen des, im Film, als Schöper betitelten, unter. Kurz vor dem Ende, als die Flut alles Leben von der Erde gefegt hat, kommt es zur Klimax zwischen ihm und seinem zuvor 2stündigen Gehorsam. Er widersetzt sich und tötet nicht seine neugeborenen Enkelkinder, die den Plan Gottes vom Leben ohne Menschen durchkreuzen. Was man als Prüfung Gottes deuten könnte ist hier die Menschwerdung: Freien Willen zu lernen und Barmherzigkeit. Letzteres, ein großes Thema im Neuen Testament.

Das alles ist äußerst archetypisch inszeniert. Was aber dem bombastischen Thema vollkommen angemessen ist. Aronofsky macht Zugeständnisse dem Fantasy Blockbuster-Publikum gegenüber, was man verschmerzen kann. Da gibt es gefallene Engel aus Stein, die über die Menschen wachen sollen, sog. "Wächter" und beim Arche-Bau helfen und am Ende diese auch verteidigen. Das sind dann (Schlachten)szenen wie man sie aus heutigen Fantasy-Blockbustern kennt. Jedenfalls ist das wesentlich rarer als ich, vor allem nach dem Trailer, erwartet habe und es ist auch nicht der Fantasy-Actioner, den man auch daraus machen könnte.
Ein anderer Kritikpunkt ist der, dass über dem Film ein Hauch des guten Veganers schwebt. Selbst wenn man nicht wüsste, dass der Mann (Aronofsky) mit seiner Familie autark vegan lebt und davon vollkommen überzeugt ist, fiel jedenfalls mir die Kritk am verdorbenen Menschen, der sich von Fleisch ernährt und die Zivilisation mit Füßen tritt, als ein wenig zu plakativ auf. Zudem kommt zu guter Letzt, dass Clint Mansells Score zwar passt aber dennoch nichts mehr als epische Klangmalung bietet, die man mittlerweile in jedem 2. Blockbuster Marke Hollywood zu hören bekommt. Das ist auch weit weg von den überbordernden Klängen eines The Fountain sondern leider doch recht konventionell aber auch nicht schlecht. 3D hätte es hier übrigens auch nicht gebraucht und das sage ich nicht weil ich mich dagegen stelle, sondern weil es hier absolut keinen Nutzen hat und wirklich nur ein weiteres Zugeständnis an mehr Publikumstauglichkeit ist.

Neben diesen Kritikpunkten ist es dennoch interessant dass der Film obwohl er als Big-Major-Production und Studio-Prestige-Produkt klar aus dem bisherigen Schaffen rausfällt, dann doch seine Linie zu den anderen Filmen aufrecht erhalten kann. Ich schrieb in unser damaligen Aronofsky Reihe von der "subjektiven Kamera" in seinen Filmen, was eher metaphorisch als technisch zu verstehen ist. In all seinen Filmen geht es um Versinnbildlichungen subjektiver Wahrnehmung (The Fountain, The Wrestler), oft Wahrnehmungsstörungen (Pi, Requiem for a Dream, Black Swan). Diese Linie zieht sich auch durch Noah, denn interessanterweise sind es seine nicht erklärten Visionen, die ihn antreiben, aufgetragen von einem Gott ohne Stimme, welche nebenbei ein echter Hingucker sind. Visuell hat der Film einiges zu bieten. Besonders abseits des Geschehens. Die Schöpfungsgeschichte im 2 minütigen Zeitraffer zb. ist großartig ! Aber auch sonst hat das auf Island und in Mexiko gedrehte Endzeit Szenario seinen Reiz.

Fazit : Insgesamt kann ich sagen, dass der Film mir ohne die Kritikpunkte noch besser gefallen hätte. Dennoch lohnte sich der Kinobesuch allemal. Aronofskys Noah ist gnadenlos unterbewertet, was wirklich schade ist, da er dann doch einen recht intelligenten Film gemacht hat und man in der Tat von einer Modernisierung des Bibelfilms sprechen kann und damit meine ich nicht nur die visuelle Ebene und kämpfende Stein-Riesen !

Darren Aronofsky Bibel Altes Testament Fanatismus Visionen Zivilisationskritik Clint Mansell Matthew Libatique



Neuste Kommentare

Kategorien

Letzte Besucher

Aktuelle Besucher

Mitglieder: 0, Gäste: 7, unsichtbare Mitglieder: 0

Filmtagebuch von...

Short Cut
  • Senior-Member
  • PIPPIPPIPPIP
  • 797 Beiträge