SAW
Ich habe ja nie so recht verstanden, wie dieser etwas unbeholfen erzählte, durchweg fehlbesetzte und leicht zähe Serienmörderstreifen zum Auslöser des populärsten und (nach HOSTEL) interessantesten Franchise des neuen amerikanischen Splatterkinos werden konnte. Die dritte Sichtung freilich hat mir nun endlich zumindest einen Zugang offenbart, der mir überhaupt das Funktionieren dieses Films für ein Publikum erklärbar macht. Ziemlich interessant ist tatsächlich die Raumstruktur, die diesen eben gerade nicht als Kammerspiel inszenierten Film dann doch, unter Überwindung der Einheit von Raum und Zeit, zu einem solchen macht. Die Narration springt wild zwischen Außen- und Rückblenden umher, verknüpft dann aber doch alle (in identischer Düsternis in Szene gesetzte) Innenräume des Films zu einem einzigen, labyrinthischen Komplex. Somit wird SAW im Grunde zu einer Art topographisch und chronologisch entfesseltem Home-Invasion-Thriller. Aller Holprigkeit und unfreiwilligen Komik zum Trotz: das kann ich nun zumindest respektieren.
SAW 2
Im Bezug auf die hyperaffektive Inszenierung mindestens eine Klasse besser als der erste SAW, und zudem eine kluge Variation auf dessen chronologische Struktur. Wo James Wan die zeitliche und räumliche Einheit des oberflächlich als Kammerspiel gestalteten Stoffes offen zerschlug, um so eine neue (im Kern paradoxe) filmische Raumordnung zu gestalten, da erzählt Darren Lynn Bousman hier mit starker Betonung auf Frist, Countdown und die Annäherung von erzählter Zeit und Erzählzeit vorgeblich äußerst stringent, um als effektive finale Pointe das chronologische Auseinanderklaffen der filmisch verdichteten Geschehnisse zu offenbaren. Dieser Kniff ist aber nicht nur Selbstzweck, sondern dient auch der politischen Allegorie, die Bousman mit seinem ersten von drei Beiträgen in die SAW-Reihe einführt und die diese fortan prägen wird, als eine Art von Closure: Die Frage nach der Angemessenheit von Gewaltausübung durch die staatliche Macht ist das Grundproblem von SAW 2, welches in der zentralen Verhörsituation deutlich zum Ausdruck kommt und den Film in das Post-9/11-Splatterkino einordnet. Abu Ghraib, Folterverhöre, Waterboarding - die eigentlichen Themen von Bousmans Film, und ebendiese erhalten in der Schlusspointe einen bitterbösen Dreh. Somit entwickelt Bousman hier sogar eine recht komplexe Schuldstruktur und führt sein Thema, allen Vorwürfen von Plakativität zum Trotz, im Grunde mustergültig durch.
SAW 3
Als eigenständiger Film vermutlich der stärkste der SAW-Reihe, und zudem auch derjenige, der mit der Reflexion seiner eigenen Philosophie und seiner Mechanismen beginnt. Die chronologisch-räumlichen Verwirrspiele der ersten beiden Filme sind hier passé und treten zurück hinter einem sehr geradlinigen Prüfungs-Parcours und einer klaren Rückblendenstruktur. Inhaltlich spielt Darren Lynn Bousman hier unterschiedlich motivierte Formen der Selbstjustiz gegeneinander aus: Töten aus Rache, aus Liebe, aus Sadismus treffen auf den Schwarzmoralismus des "Jigsaw" John Kramer, der hier in doppelter Hinsicht endgültig ins Jenseitige entrückt wird. Am Ende des Filmes stirbt Kramer, und mit dem ersten Scheitern von Nachfolgekandidatin Amanda schafft SAW 3 im Grunde die Philosophie, die die ersten beiden Filme noch halbwegs unkritisch mit aufgebaut haben, ab. Eigentlich hätte hier auch Schluss sein können mit der Reihe, die sich zu diesem Zeitpunkt (auch in dem barocken Schwelgen in den Folterszenarien, die freilich - und hier wird die Schaulust des Zuschauers selbst mit ins Spiel geholt - der Philosophie Kramers entsprechend "falsch" gebaut sind) zu einem Monument aufgeschwungen hat.