RIGHT AT YOUR DOOR
Chris Gorak, 2006
Zugegeben, es mag einem ein wenig den Blick verstellen, so einen Film mit Foucaults "Geschichte der Gouvernementalität" auf dem Schoß anzuschauen. Mit diesem Büchlein im Hinterkopf jedenfalls mag es mir so gar nicht mehr gelingen, darin den zwar effizienten aber ideologisch doch in beträchtlicher Nähe zu 24 verorteten Paranoia-Thriller zu entdecken, als den ich den Film bei der Erstsichtung wahrgenommen habe.
Denn schauen wir noch einmal genau hin: Geht es hier wirklich um einen Anschlag und dessen Folgen? Die Handlung, klar, erzählt buchstäblich davon. Da gibt es den zuhause gebliebenen Ehemann, der im Radio von der Katastrophe erfährt, Rauchwolken über der Stadt sieht, von einer sofort verordneten Ausgangssperre in seinem Haus eingesperrt wird, krank vor Sorge um seine Frau, die irgendwo dort draußen ist. Und warum glauben wir das alles, warum glauben wir, dass das alles wahr ist? Diese Antwort bleibt uns RIGHT AT YOUR DOOR schuldig, und ich denke: keineswegs versehentlich! Eine echte Katastrophe bekommt der Zuschauer nämlich nie zu Gesicht, ist hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit komplett auf die mediale Vermittlung angewiesen. Und diese inszeniert Gorak ziemlich großartig: So lässt sich anhand der Radioübertragungen sogar eine Eskalation des Diskurses in Form der verwendeten Begriffe wahrnehmen, geschickt und subtil fließen in diese Berichterstattung entsprechende Metaphern und Sprachbilder ein, die unterbewusst vermeintliche Fakten vorwegnehmen und Ausweglosigkeit suggerieren: “all over the neighborhood”, “entire area (...) remains contained”, “engulfed in smoke”, “hundreds of people”, “all structures have been evacuated” - und dies steht, vielleicht schon wieder ein augenzwinkernder Hinweis auf den eigentlichen Kern der Geschichte, den Berichten von Revolutionsszenen gegenüber, von regelrechten riots, vorgeblich nur von Angst und Panik motiviert - doch stimmt das?
Ist RIGHT AT YOUR DOOR also ein Film über einen Terroranschlag und dessen Folgen? Reiht er sich ein in einen Diskurs zwischen Fox News und 24? Angst wird hier geschürt, klar, das verlangt ja schon das Genre - aber Angst vor was und vor wem? Die einzige Gewalttat, die wir wirklich sehen, wird von einem Polizisten verübt, der - ohne dass wir erfahren, warum das eigentlich notwendig sein soll - einen panischen Bürger erschießt, der die Sperrzone verlassen will. Ja, wir hören von einer obskuren Infektion, die sich über die Aschewolke verbreitet, aber ist diese Infektion auch ansteckend? Kann man den armen Kerl nicht ordentlich abduschen und dann zu seiner Familie lassen? Rechtfertigen können wir diesen Mord(?) nur dank der Berichterstattung im Radio, und die ist so vage, dass sie uns kein echtes eigenes Urteil erlaubt.
Vielmehr, so scheint mir - und an dieser Ansicht ist Monsieur Foucault sicher nicht unschuldig -, erzählt also RIGHT AT YOUR DOOR eine Geschichte von einer subtilen Diktatur, einer Diktatur biologischer Angst, und der Schluss des Films, der sich nur allzu leicht als doofer, aus dem Hut gezauberter Gag verurteilen lässt, passt da ganz hervorragend. Letztlich stirbt der gehorsame Bürger, erstickt in einem Gaszelt um sein Haus, dem zwar die Stars fehlen, das die Stripes aber schon hat - erstickt in einer riesigen amerikanischen Flagge. Überleben tut nur seine Frau, die eben nicht uneingeschränkt den Empfehlungen aus dem Radio gehorcht hat. Brad, der arme Kerl im Haus, war aber angeblich krank. Symptome hatte er keine gezeigt. Doch auch diese Diagnose, die ihm letztlich seine Euthanasie bescherte, müssen wir wohl glauben.
Foucault Biomacht Ideologie 24 Terror Chris Gorak
Chris Gorak, 2006
Zugegeben, es mag einem ein wenig den Blick verstellen, so einen Film mit Foucaults "Geschichte der Gouvernementalität" auf dem Schoß anzuschauen. Mit diesem Büchlein im Hinterkopf jedenfalls mag es mir so gar nicht mehr gelingen, darin den zwar effizienten aber ideologisch doch in beträchtlicher Nähe zu 24 verorteten Paranoia-Thriller zu entdecken, als den ich den Film bei der Erstsichtung wahrgenommen habe.
Denn schauen wir noch einmal genau hin: Geht es hier wirklich um einen Anschlag und dessen Folgen? Die Handlung, klar, erzählt buchstäblich davon. Da gibt es den zuhause gebliebenen Ehemann, der im Radio von der Katastrophe erfährt, Rauchwolken über der Stadt sieht, von einer sofort verordneten Ausgangssperre in seinem Haus eingesperrt wird, krank vor Sorge um seine Frau, die irgendwo dort draußen ist. Und warum glauben wir das alles, warum glauben wir, dass das alles wahr ist? Diese Antwort bleibt uns RIGHT AT YOUR DOOR schuldig, und ich denke: keineswegs versehentlich! Eine echte Katastrophe bekommt der Zuschauer nämlich nie zu Gesicht, ist hinsichtlich ihrer Glaubwürdigkeit komplett auf die mediale Vermittlung angewiesen. Und diese inszeniert Gorak ziemlich großartig: So lässt sich anhand der Radioübertragungen sogar eine Eskalation des Diskurses in Form der verwendeten Begriffe wahrnehmen, geschickt und subtil fließen in diese Berichterstattung entsprechende Metaphern und Sprachbilder ein, die unterbewusst vermeintliche Fakten vorwegnehmen und Ausweglosigkeit suggerieren: “all over the neighborhood”, “entire area (...) remains contained”, “engulfed in smoke”, “hundreds of people”, “all structures have been evacuated” - und dies steht, vielleicht schon wieder ein augenzwinkernder Hinweis auf den eigentlichen Kern der Geschichte, den Berichten von Revolutionsszenen gegenüber, von regelrechten riots, vorgeblich nur von Angst und Panik motiviert - doch stimmt das?
Ist RIGHT AT YOUR DOOR also ein Film über einen Terroranschlag und dessen Folgen? Reiht er sich ein in einen Diskurs zwischen Fox News und 24? Angst wird hier geschürt, klar, das verlangt ja schon das Genre - aber Angst vor was und vor wem? Die einzige Gewalttat, die wir wirklich sehen, wird von einem Polizisten verübt, der - ohne dass wir erfahren, warum das eigentlich notwendig sein soll - einen panischen Bürger erschießt, der die Sperrzone verlassen will. Ja, wir hören von einer obskuren Infektion, die sich über die Aschewolke verbreitet, aber ist diese Infektion auch ansteckend? Kann man den armen Kerl nicht ordentlich abduschen und dann zu seiner Familie lassen? Rechtfertigen können wir diesen Mord(?) nur dank der Berichterstattung im Radio, und die ist so vage, dass sie uns kein echtes eigenes Urteil erlaubt.
Vielmehr, so scheint mir - und an dieser Ansicht ist Monsieur Foucault sicher nicht unschuldig -, erzählt also RIGHT AT YOUR DOOR eine Geschichte von einer subtilen Diktatur, einer Diktatur biologischer Angst, und der Schluss des Films, der sich nur allzu leicht als doofer, aus dem Hut gezauberter Gag verurteilen lässt, passt da ganz hervorragend. Letztlich stirbt der gehorsame Bürger, erstickt in einem Gaszelt um sein Haus, dem zwar die Stars fehlen, das die Stripes aber schon hat - erstickt in einer riesigen amerikanischen Flagge. Überleben tut nur seine Frau, die eben nicht uneingeschränkt den Empfehlungen aus dem Radio gehorcht hat. Brad, der arme Kerl im Haus, war aber angeblich krank. Symptome hatte er keine gezeigt. Doch auch diese Diagnose, die ihm letztlich seine Euthanasie bescherte, müssen wir wohl glauben.
Foucault Biomacht Ideologie 24 Terror Chris Gorak