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Restekiste

Mediale Prokrastination

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JFK (Oliver Stone, 1991)


Der erste Film in einer unrühmlichen Reihe von Werken, die ich während meiner bisherigen Restereise immer wieder nach hinten geschoben habe, was dazu geführt hat, dass ich jetzt, langsam aber sicher auf die Halbzeit des Projekt zugehend, von einer handvoll Filmen und einer epochalen Westernreihe, die ich mir für den Abschluss vorgenommen habe, abgesehen fast keinen Film mehr im Pogramm haben werde, der wesentlich unter zweieinhalb Stunden Laufzeit daherkommt. So zumindest will es meine selektive Wahrnehmung. Hier also der in Sachen Laufzeit längste, aber in Titelfragen kürzeste, Titel, den ich gefunden habe, in Gestalt von Stones JFK.

Kleine Anekdote (habe schon seit mindestens zwei Einträgen keine mehr zum Besten gegeben!): Ich habe JFK irgendwann im Alter zwischen 9 und 12 Jahren (eher 11 oder 12 als 9, aber genauer kann ich es keinesfalls spezifizieren) schon einmal gesehen oder zumindest angefangen. Wieso, weiß nur der Wind. Ich erinnere mich auch nur noch an die Meldung des Todes Kennedys, woraufhin in einer der zu Beginn gezeigten Kneipen applaudiert wurde. Das hatte mich damals kalt erwischt, ging ich doch davon aus, dass ein Volk stets im Einklang mit seinem Anführer stünde. Hat Eindruck hinterlassen.

Ich habe den Film heute ohne besondere Gefühlsregung angesehen, fand ihn weder besonders stark, noch besonders schwach. Ein grundsolider Laberfilm eben. Aber er labert sehr schön und trotz der Lauflänge recht effektiv und stringent. Schön fand ich vor allem die erste Hälfte, die in der Hauptsache eigentlich nur aus aneinandergereihten Gesprächen besteht, auf deren Basis nach und nach ein multiperspektivisches Gedankengemälde des Attentats entsteht. JFK nutzt die ihm hierfür zur Verfügung stehende Zeit voll aus ohne dabei zu verwirrend zu werden, wenngleich er die Schwelle hierzu immer wieder streift. Da kommt das Gespräch mit Donald Sutherland, das ohne Zweifel die hilfreichsten Einblicke bringt und den Nachbau der Ereignisse vor dem möglichen Abdriften in eine völlige Beliebigkeit so eben noch bewahren kann, wahrscheinlich genau zum richtigen Zeitpunkt.

Billig, aber effektiv auch der Schluss. Costner redet sich endlos lang den Mund fusselig, einem Verständnis von Gerechtigkeit hinterherjagend, das nicht durch den Handlungsspielraum der Judikative begrenzt ist, sondern einem über gesellschaftlichen Strukturen stehenden Rechtsprinzip verpflichtet ist. Er redet sich leer, zitiert wild um sich herum aus Literatur, Philosophie und Politik, stolpert in einen tränenreichen Plädoyerabschluss und erreicht die Grenzen seiner eigenen Handlungsmöglichkeiten. Geschätzte 30 Minuten Menschentleerung in den zwei kleinen Worten 'not guilty' jäh zerschmettert. Wie ich schon schrieb: Billig, aber effektiv und passend. Fein.


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Smog (Wolfgang Petersen, 1973)


Wieder so ein mediales Großereignis, bei dem mancher entsetzter Zuschauer dem halbdokumentarischen Stil des Films auf den Leim gegangen sein und beim ausstrahlenden Sender angerufen haben soll, um sich nach dem Ernst der Lage zu erkundigen. Sei es nun Welles' Hörspielfassung von WAR OF THE WORLDS, die viele US-Bürger in Panik versetzt haben soll oder das ebenso wie SMOG aus der Feder Wolfgang Menges stammende MILLIONENSPIEL, an dessen nächster Sendung sich übermütige Draufgänger im Anschluss an die Ausstrahlung gern beteiligt hätten, um selbst eine Million Mark im Kampf mit Didi Hallervorden erbeuten zu können. Ich weiß nicht so recht, was von solchen Medienmythen zu halten ist, zumal doch gerade DAS MILLIONENSPIEL oder auch der gestern gesehene SMOG etliche Szenen enthält, die dem Format einer Spielshow oder in diesem Fall einer Katastrophenberichterstattung vollkommen entgegenlaufen (Familie Rykalla als narrative Konstante des Films, überhaupt die Nähe zu vielen Figuren, die enttarnenden Kameraeinstellungen des 'Sonderstudios Köln', die sphärischen und genuin 'filmischen' Aufnahmen der Smogwolken zwischen den einzelnen Handlungssträngen). Allein schon die zeitlich geraffte Darstellung der Ereignisse, die scheinbar im Gewand einer Live-Übertragung daherkommt, aber dennoch einen Zeitraum von mehreren Tagen in knapp eineinhalb Stunden Laufzeit abdeckt, müsste eigentlich jegliche eventuelle Authentizitätsannahme seitens des Zuschauers verhindern. Und diese Zeichen zu erkennen, traue ich durchaus auch einem Fernsehzuschauer von 1973 zu. Aber nun. Wer weiß, was da tatsächlich dran ist. Der oben erwähnte Begriff des Mythos ist mir sicherlich nicht von ungefähr in den Sinn gekommen.

Doch Rezeptionshysterie hin oder her: SMOG liefert ein gelungenes Portrait von Lernresistenz und dem Umherschieben von Verantwortlichkeiten in Krisensituationen, das zuweilen vielleicht etwas dick aufträgt (Smog-Katastrophe als Allegorie auf das Leiden Jesu?), aber seine Wirkung deshalb keinesfalls verfehlt. Die Darstellung eines älteren Autofahrers, der des morgens den Ruß von den Scheiben seines Fahrzeugs kratzen muss oder das marktschreierische Verteilen von Mundschutztüchern mag aus heutiger Sicht ein wenig naiv wirken. Damit ist es aber spätestens in dem Moment vorbei, wenn man einmal die Strukturen des Krisenmanagement von Politik, Industrie, Bürgern und Protestlern in SMOG mit der atomaren Katasrophe in Japan vergleicht. Mulmigkeit als Reaktion hierauf zu nennen, wäre noch vorsichtig ausgedrückt.


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Fallen Angels (Wong Kar-Wai, 1995)


Ich habe es befürchtet. FALLEN ANGELS geht an meiner ins Unermessliche gesteigerten Erwartungshaltung ein. Mit vernünfigerer Fassung des Films ausgestattet, stürzte ich mich heute in den zweiten Versuch. Vorweg: Leider habe ich die peckinpahische Melancholie dieses Mal vergeblich gesucht; es blieb bei der im Ersteintrag beschriebenen Szene. Das macht aber nichts, da der Film genug Anderes zu bieten hat und der erste Shoot-Out - Peckinpah hin oder her - eine elendig raffiniert zurechtgeschnittene Kiste bleibt, an der ich mich hoffentlich niemals werde sattgucken können.

Viele Spiegel. Und Menschen darin. Doch kaum einmal schauen die Reflektierten hinein. Das eigene Spiegelbild als einzige Gefährtenkonstante im Wust der gespenstisch ausgeleuchteten Großstadt. Doch genug des impressionistischen Kurzsatzgehabes: Die Verfremdungsmittel in FALLEN ANGELS sind in ihrer Häufung höchst bemerkenswert. Viele indirekte Wahrnehmungen etwa über besagte Spiegelbilder, gebrochene Gesichter im Kneipenqualm, Farb- bzw. SchwarzWeiß-Spielereien, aufgebrochen-verwinkelte Perspektiven, noch stärkerer Einsatz von Diagonalen als in CHUNGKING EXPRESS undsoweiterundsofort. Kann überhaupt noch von einer zuverlässigen diegetischen Umgebung gesprochen werden? Könnte in einer solchen Umgebung ein seit seiner Kindheit stummer Mensch mit der Stimme eines Erwachsenen als Erzählstimme durch seine eigene Episode führen? Wo verschmelzen die Sehnsüchte der Spiegelprojektion mit den tatsächlichen Handlungsorten?

Kein Zweifel: FALLEN ANGELS schmeißt einem so Vieles entgegen, das meine Neugier weckt, die Hoffnung in mir aufflammen lässt, in Wong Kar-Wai meine erste echte filmische Goldgrube seit Werner Herzog und davor Jim Jarmusch gefunden zu haben. Allein so richtig mitgerissen hat mich FALLEN ANGELS nicht. Ich empfand die Handlung um den Stummen als unheimlichen Ballast für den Film, die Episode um den desillusionierten Auftragsmörder (man verzeihe mir, dass ich mir die ganzen Namen nicht zu merken in der Lage bin - ist immer und bei den meisten Filmen so) hat mich rein auf der Affektebene stärker gepackt. Die allmähliche Verschwurbelung seiner selbst und der Partnerin (zunächst geht man noch einzeln den zukünftigen Tatort ab, danach lässt der Schnitt die einzelnen Gänge zu einem einzigen verschmelzen, später Parallelisierung im Sexualakt) schien mir so wohlfein gelungen, dass mich der zweite Handlungsstrang komplett rausgerissen und beinahe schon genervt hat in seiner Hektik, die von seinen Figuren ausgeht, die zwar als Kontrapunkt zur sonstigen Ruhe wahrscheinlich funktioniert, aber heute vielleicht einfach nicht das Richtige für mich war.

Einer dieser Filme wohl, bei denen in der Summe einiger Einzelteile das meiste stimmt, ihre Verschwurbelung aber nicht immer gelingt.

Ich bleibe trotzdem am Ball.


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Disciples of the 36th Chamber (Liu Chia Liang, 1985)


Wieder eine zeitlich bemerkenswert zerstückelte Sichtung (3x30 Minuten binnen 12 Stunden), doch tat dies dem Frohsinn des Films keinen Abbruch. Intensiv wie kein anderer Teil der Reihe predigt dieser von Bescheidenheit und gewaltlosem Umgang mit seinen Mitmenschen, es sei denn, man drohe einer Vergiftung durch Wein anheim zu fallen. In seinen Schulszenen ein bisschen Pepe Nietnagel, im Schlusskampf ein bisschen SpencerHill zu Westernzeiten (wenn auch wesentlich eleganter). Vertane Zeit sieht anders aus.


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Kairo (Kiyoshi Kurosawa, 2001)


Zweimal holt mich KAIRO aus den Socken.

Yabe begegnet einem Geist und versteckt sich hinter einem Sofa. Die unvorhersehbaren Bewegungen des auf Yabe zuwankenden Geschöpfs erzeugen ein beispielloses Unbehagen. Die beinahe noch verstörendere Verweigerung eines plumpen Schreckeffekts im Anschluss tut ihr Übriges.

Bei Harues Geisterbegegnung bricht der Film mit Hilfe der Ereignisdopplung auf dem Computerbildschirm mit jeder räumlichen Ordnung. Verunsicherndes Hin- und Herschwenken zwischen der scheinbaren Virtualität des Bildschirms und dem realen Grauen, dem Harue sich stellen muss. Auch das ist gruselig.

Zwei schöne Glanzpunkte in einem ansonsten ärgerlich zähen wie unnötig verwirrenden Gedankenkonstrukt.


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300 (Zack Snyder, 2007)


Der eine Makel des Cineclubs: Man ist dann doch meist ein bisschen zu sehr abgelenkt vom nebenbei Tippen und Seitenaktualisieren. Ist der Film nciht bekannt, geht zuweilen doch Einiges flöten. Juckt mich aber nicht weiter, ein paar Gedanken sind mir ja doch gekommen, die ich hier gern noch einmal festhalten möchte, im Anschluss an diese insgesamt vierten (oder doch nur dritten?) Sichtung von 300, der ersten, die länger als 30 Minuten gedauert hat.

Die persischen wie spartanischen Krieger machen hier einen seltsam in die sie umgebende Natur integrierten Eindruck, und das trotz der irren Künstlichkeit der Bewegungsräume. Anders aber als etwa in THE HORSE SOLDIERS oder VERA CRUZ kommt es hier zumindest auf Seiten der Perser zu keiner reinen Symbiose mit der Natur. Auch treten sie selbst als naturerschütternde wie -zerstörerische Instanz auf. Sehr spannend.

Aber was schreibe ich so vieles hier hinein, was an anderer Stelle ja doch schon durchgekaut ward. Der interessierte Leser sei der Einfachheit halber nochmals auf den entsprechenden Thread im Cineclub-Forum verwiesen.


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Fallen Angels (Wong Kar-Wai, 1995)


Zehn Minuten und fünfzig Sekunden. So lange hat es gedauert, bis ich FALLEN ANGELS entnervt abbrechen musste. Jede nur erdenkliche Miniaturmesslatte, die ich an die Qualität einer DVD lege, unterschritt diese Korea-Veröffenlichung von anno schluff noch mit traumwandlerischer Leichtigkeit. Da das Ding letztlich aber das bemerkenswerte Kunststück vollbringt, einen Film von 1995 wie einen von 1963 aussehen und 1938 klingen zu lassen, werde ich es sicherlich nicht aus der Sammlung verbannen, sondern ihm vielmehr einen mahnenden Ehrenplatz neben einer möglichst bald anzuschaffenden Neuauflage zuweisen. (Tipps bezüglich besagter Neuanschaffung sind natürlich herzlichst willkommen!)

Warum die vermurkste Sichtung dennoch mit einem FTB-Eintrag würdigen statt diese zu einem späteren Zeitpunkt in angemessenerer Form nachzuholen?

Darum: Ein Mann betritt eine Bar/ein Cafe/wasauchimmer, weitgehend ausdrucksloser Blick, nur unmittelbar vor Betreten ein kurzes Lächeln, danach das völlige Chaos, alles um ihn herum fliegt in völliger Roh- und Wildheit auseinander. Körper, Patronen, Glas und Blut. Aber so schön, so ungeheuer effektiv in wenigen Sekunden zusammengeschnitten, dabei für die maximale räumliche Desorientierung sorgend und dennoch irgendwie meditativ. Was für eine Szene. Wie einem Peckinpah entsprungen. Weniger vom Arrangement als vielmehr von der melancholischen Stimmung her. Ich habe sofort an RIDE THE HIGH COUNTRY denken müssen. Endlich wieder zünftiges, unhaltbares Assoziationspingpong in meinem Kopf. Den Beginn des folgenden Gesprächs im Bus (sinngemäßer Inhalt: Auch ein Auftragsmörder ging mal zur Schule.) sah ich mir noch an, doch noch vor dessen Ende stieg ich aus.

Ich begreife die heutige Erfahrung als Schmuddeltrailer für eine sicherlich höchst berauschende Neusichtung, die unbedignt erfolgen muss. Leider nur wird der Erwartungshaltung, die ich nun an FALLEN ANGELS in gescheitem Zustand stelle, kaum entsprochen werden können.


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Chungking Express (Wong Kar-Wai, 1994)


Wong Kar-Wai gehört zu der illüstren Runde von Filmemachern, in deren Werk ich mich ziemlich gut auszukennen glaube, doch nach kurzem Überlegen zu dem Schluss kommen muss, dass ich eigentlich nur den abartig grandiosen IN THE MOOD FOR LOVE und den wenigstens noch entspannt hingejarmuschten MY BLUEBERRY NIGHTS kenne. Die Fehleinschätzung rührt schlicht daher, dass wesentlich mehr Filme Wong Kar-Wais in meinem Regal stehen als die zwei, die ich bisher gesehen habe (ok, 'viel mehr' heißt hier neben den genannten genau zwei!). Eine frühere Sichtung und vielleicht die nächste filmische Großliebe hat ganz ähnlich wie bei Jarmusch der olle Wörnör verhindert.

Ich habe ein Problem mit der Struktur des Films, das natürlich wieder hausgemacht ist. Emmesche Erwartungshaltung (woher auch immer sie im konkreten Einzelfall rühren mag) verträgt sich oft nicht mit der tatsächlich dargebotenen Ausführung, was sich bei CHUNGKING EXPRESS etwa daran zeigt, dass er offenkundig (oder scheinbar?) als Episodenfilm beginnt, sich die erste Episode (wenn man sie denn so nennen darf) um den jungen Mann mit Ananasproblem (Polizist 223) aber vielmehr als vierzigminütiges Präludium für den Hauptteil des Films entpuppt, als dessen Protagonisten sich Polizist 663 und Faye herausstellen. Klar, die diegetischen Verbindungen zwischen den beiden Teilen finden sich in den beiden Polizisten bzw. ihrer Tätigkeit und dem Fressbude gewordenen Strukturgeber des Films. Doch wie hängen die beiden Teile darüber hinaus zusammen? Der typische Episodenfilm läuft ja in etwa so ab, dass erst die verschiedenen Episoden (meist drei) geschildert werden und alles am Ende (oder auch zwischendrin) irgendwie zusammenläuft. Das veranstaltet CHUNGKING EXPRESS freilich nicht, zumindest nicht auf den ersten Blick, was mich natürlich aufhorchen lässt (siehe eingangs erwähnte Erwartungshaltung).

Ist es am Ende das im ersten Teil des Films (nebenbei: großartiger Abschluss auf dem verregneten Sportplatz. Hier passt alles!) vorgeführte Erinnerungskonzept, das im zweiten Anwendung finden könnte? Falls ja, wie gelingt dies? Naürlich werde ich mich am Ende auf der völlig falschen Spur befinden. Und ich muss endlich damit aufhören, Filme des spätabends anzufangen, nur um sie dann am nächsten Tag an entsprechender Stelle fortzusetzen statt sie von vorne zu gucken. Gerade bei einem vollgepackten Biest wie CHUNGKING EXPRESS, bei dem ich förmlich spüre, dass er mir gefallen muss (!), ist so eine gestückelte Rezeption doch zum Kotzen und ich ärgere mich maßlos darüber, dass ich mich durch mein schelmisches Einschlummern am gestrigen Abend womöglich selbst, wenn auch unbeabsichtigt um den vollen Genuss von CHUNGING EXPRESS gebracht habe. Bei FALLEN ANGELS, der in Kürze folgen wird, will ich es besser machen.


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Natural Born Killers (Oliver Stone, 1994)


Im selben Ramsch wie einen Exorzistenkarton, der mir in den letzten Tagen einiges an Ungemach bereitet hat, fand ich vor ein paar Jahren auch einen Stonekarton, der seine fünf vielleicht uninteressantesten Filme vereint (ob das wirklich so ist, weiß ich natürlich nicht, diejenigen, die mich von Stone interessierten (PLATOON und WALL STREET), sind jedenfalls nicht dabei). Wird nun Zeit, auch diesen Krempel abzuarbeiten, mit dem einzigen Film der Box startend, den ich schonmal gesehen habe. Und dies in früheren Jahren auch nicht zu knapp, denn einer immer wieder (aus irgendwelchen Skandalgründen) verschobenen TV-Ausstrahlung sei Dank, durfte NATURAL BORN KILLERS der erste Film sein, den ich von einem dieser für mich als Landei damals neuen TV-Sendern (ProSieben!!), anno '99 aufzeichnen durfte (klar, an sowas erinnere ich mich (könnte aber auch RTL und ein Jahr früher gewesen sein, meine Jugend war manchmal etwas öd)). Ich fand ihn früher eher langweilig, hab ihn aber trotzdem immer wieder geschaut; ob ich das Genie dahinter finden oder mich an dem bisschen Blut erfreuen wollte, kann ich beim besten Willen nicht mehr sagen, doch trotz der vielen Sichtungen blieb mir NATURAL BORN KILLERS immer etwas fremd. Klar, in meinem jugendlichen Geist funktionierte das Konstrukt als ziemlich brutales Road-Movie mit einigermaßen geschmeidigen Sprüchen an sich schon ganz gut, aber die hektische Inszenierung, die vielen Diagonalen, die unzählbaren Stilbrüche, die Nachrichteneinspieler, die Werbespots und die widerliche bis ekelhafte Zeichnung der Figuren Sizemores, Downeys und Jones' (und damit meine ich wirklich nur ihre Körperinszenierung, insbesondere widerliche Close-Ups irgendwelcher Bärte mit lippenumsorgenden Zungen!) standen immer zwischen mir und dem Film. Zuletzt in meinen Geist geschlichen hat sich NATURAL BORN KILLERS Ende 2003, im Laufe einer zutiefst aufregenden Diskussion während eines Trink- und Musikabends, in der es darum ging, ob nun Stones Film oder EDWARD SCISSORHANDS die ultimative Liebesgeschichte erzählt (auch mein frühes Erwachsenenleben ließ zuweilen zu wünschen übrig). Während der heutigen Sichtung habe ich übrigens hauptsächlich über obige Erlebnisse nachgedacht. Wer also meine unvermeidlichen Anekdötchen übersprungen hat, weil ihm die Chose mitlerweile zum Halse raushängt, müsste nun wieder von vorn beginnen, um irgendwas über NATURAL BORN KILLERS erfahren zu können.


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Juno (Jason Reitman, 2007)


Heute zum ersten Mal seit dem Kinobesuch gesehen, ganz ohne "Emo!"-Zwischenrufe während der gesamten Laufzeit. Nett.

Dieser große, kleine Moment recht zu Beginn des Films. Juno, den mittlerweile dritten 'pee stick' nervös in ihrer Hand schüttelnd, knallt unmittelbar vor der Enthüllung des unheilvollen Ergebnisses eine Fruchtgummischlange auf den Tresen, ein letzter verzweifelter Versuch, kindlichen Unbeschwertheit ihres Daseins verhaftet zu bleiben, das Baby, diese elendige Verkomplizierungsapparatur, doch noch zu verjagen, ihm ausweichen zu können. Hat nicht geklappt. Die Kindheit stranguliert sich am Baum vor dem väterlichen Haus. Zum Niederknien.

Der seinem unerreichbaren Traum nachhängende Mark heute mit unangenehmem Identifikationspotenzial.