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Restekiste

Mediale Prokrastination

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Return to the 36th Chamber (Chia-Liang Liu, 1980)


Einsamer Rekordhalter. Zwar nicht der älteste ungesehene Film in meinem Besitz (das dürfte THE THIN RED LINE sein), aber in jedem Falle der älteste ungesehene und gleichzeitig noch eingeschweißte. Beim Ablösen der mittlerweile fast sieben Jahre alten Folie bildete ich mir gar ein, geheimnisvolle Gase zu riechen, die der Verpackung entströmten. So als öffnete man ein Pharaonengrab.

Es besteht die Gefahr, dass die semi-anekdotische Einleitung dieses Eintrags einmal mehr länger wird als der Rest. Schön, wie der Film das immertolle Konzept der Kampfkunstmeisterung durch geistige Ruhe und Überlegenheit propagiert und seinen betuckenden Möchtegern-Shaolin indirekt durch die verschiedenen Ausbildungsstationen treibt. Das dem Ganzen zugrunde liegende philosophische Konzept wird durch die stets ironische Inszenierung des Films leider immer mal wieder unnötiger Weise der Lächerlichkeit preisgegeben, driftet RETURN TO THE 36TH CHAMBER doch immer wieder in humorische Demonstrationen der alltäglichen Gebräuchlichkeit von Kung Fu (sei es zum Bauen von Gerüsten oder Waschen von Haaren) ab. Das macht auf dem Bildschirm zwar irgendwie Sinn und eine Menge Spaß doch beißt es sich arg mit dem an sich recht ernsten Thema des Films, der von einem aussichtslosen Arbeiterkampf handelt, dessen Gelingen letztlich durch den shaolinischen Erlöser herbeigeführt werden soll. Passt mir nicht ganz zusammen.

Trotz dieser Ungereimtheiten ein ziemlich spaßiges Unterfangen mit großartigem Endkampf samt überragendem Einsatz uriger Kampfbänke, die ich noch nie zuvor irgendwo gesehen habe.


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Dominion: Prequel to the Exorcist (Paul Schrader, 2005)


Klar, DOMINION hat insbesondere zum Ende hin mit einigen Szenen zu kämpfen, die einfach ziemlich bescheiden aussehen, was naürlich einzig auf seine ärgerliche Entstehungsgeschichte zurückzuführen ist. Trotzdem ein ziemlich ordentlicher Ausklang der Exorzistenreihe, der angenehm unaufgeregt inszeniert ist und auf den billigen Schock der Harlin-Version verzichtet. Ein Unterschied wie Tag und Nacht. Schön auch, wie Merrins Schuld hier tatsächlich und wesentlich überzeugender in Szene gesetzt und glaubhaft begründet ist. Auch dies wieder in konziser Entspanntheit. Kein wildes Hin- und Herhüpfen im merrinschen Geist. Sehr fein.

Alles Weitere (sprich: Häufungen weitgehend unzusammenhängender Eindrucksbekundungen mit Anschlussdiskussionen) im Cineclub, der den angenehmen Rahmen zur heutigen Sichtung stellte.


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The Exorcist III (William Peter Blatty, 1990)


Der dritte Exorzist ist immer genau dann zumindest anschaubar, wenn George C. Scott wahlweise nicht im Bild ist oder zumindest schweigt; das tapernde Desinteresse, mit dem er durch den Film stapft, ist kaum auszuhalten. Vielleicht tue ich ihm und dem Film auch unrecht, habe ich ihn doch in zwei zeitlich doch etwas unangenehm weit auseinanderliegenden Etappen angesehen.

Ein, zwei wirklich starke Einzelszenen bietet THE EXORCIST III aber durchaus, wie etwa die an die Grenzen des aushaltbaren getriebene Suspense unmittelbar vor dem Mord an Krankenschwester Amy oder alle Sequenzen mit dem leidenschaftlich aufspielenden Brad Dourif. Zusätzlich zeigt der Film ein paar unangenehm anzusehende religiöse Statuen direkt aus Uncanny Valley; sehr hübsche Ausstattung in diesem Fall (man denke etwa an den Christus, der angesichts des nahenden Dämons zu Beginn des Films die Augen aufschlägt).

Der Rest ist ein beliebig aneinandergepappter Mix aus Krimi-, Spuk- und Laberfilm mit ein paar peinlichen Splattereinlagen. Zudem schwöre ich, dass einem der beim finalen Exorzismus benutzten Ritualbücher Konfetti entspringt.

Nicht toll, aber zumindest besser als das 2004er Geschoss.


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Exorcist: The Beginning (Renny Harlin, 2004)


Dabei fing alles so gelungen an: Großartiges Make-Up der Unterlippe des Priesters, der zu Beginn durch die Leichenberge stapft. Leider haut der Film wenige Momente später bereits die erste von vielen nutzlosen Bilddiagonalen raus, die dem Gesamtpaket wohl einen irgendwie entrückten oder bizarren (aber in diesem Fall ins Nichts führenden) Look verpassen sollen. Startsympathien also leichtfertig verschenkt.

Im weiteren Verlauf möchte EXORCIST: THE BEGINNING in der Hauptsache Dinge zeigen. Und dies auf marktschreierischst denkbare Weise, dabei besonders intensiv versuchend, seine Version eines umgedrehten Kruzifix als kulturelles Ikon für orientierungslose Teenager zu etablieren: "Schaut her, auch wir haben hier umgedrehte Kreuze. Aber noch mit Leichen dran! Und was noch besser ist: Wir verquicken das alles noch durch Nutzung narrativer Hintertürchen mit einer Nazigeschichte!" Zeigen möchte der Film aber noch mehr. Mancher mag das Phänomen unter "Körperlichkeit der satanischen Bedrohung" subsumieren, ich entscheide mich vorläufig für "billige Splattereinlagen". Im Angebot wäre aber auch noch eine sträflichst unterentwickelte Version des eigentlich überall immer ergiebigen 'Glaube vs. Wissenschaft'-Topos. Und wenn mein Geflickschustere in diesem Absatz schon konfus und ziellos wirkt, solle man sich doch den dazugehörigen Film ansehen!

Doch genug der billigen Polemik. Nein, doch nicht: Angesichts dieses willkürlichen Brummkreisels wünsche ich mir die Gedankenverschmelzungsmaschine aus THE EXORCIST II: THE HERETIC zurück. Das bringt's auf'n Punkt.

Näher als in diesem Fall werde ich einem blanken Verriss nicht mehr kommen. Ich fühle mich richtig schäbig.


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Star Trek (J.J. Abrams, 2009)


Ähnlicher Fall wie TERMINATOR SALVATION. Habe nichts Neues feststellen können, finde den Film weiterhin gelungen wie beim ersten Mal. Rücken an Rücken mit Terminator Nr. 4 geschaut, fallen interessante Ähnlichkeiten in der Mythisisierung der Figuren Kirk und Connor auf. Beide haben ein, wie soll man's nennen, mythisches Selbstbewusstsein. Und dies wird auch in beiden Fällen mithilfe uriger Zeitschleifen erklärt. Muss ich nochmal genauer nachfühlen, hat mich aber in jedem Falle aufmerken lassen, zumal bei zwei zeitlich so dicht aneinander erschienenen Filmen.


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Terminator Salvation (McG, 2009)


Ganz langweiliger Eintrag. TERMINATOR 4, wie ich mich den gesehenen Film stets erdreiste zu nennen, hatte ich als großer Fan der Reihe (wer in mein Profil klickt und meine sagenhafte drei Filme umfassende, alphabetisch geordnete Lieblingsfilmliste ansieht und sich ob eines fehlenden Qualitätsrankings vergrätzt fühlt, darf sich vor TERMINATOR 1 ruhigen gewissens eine Eins denken. Bester Film evarrr!) natürlich schon im Kino gesehen. Trotz einiger Mittelmäßigkeiten gefiel mir der Film recht gut, die entsprechende DVD lag unterm Christbaum (von meinen Bestimmtirgendwannmalschwiegereltern!), später dann auf dem Restestapel und jetzt im Player.

Langweiliger Eintrag deshalb, weil ich mich in meinem Ersteindruck komplett bestätigt sehe. Ich halte die Titeldopplung am Anfanng noch immer für völlig dämlich, der Charakter Marcus ist zum Niederknien und die Musik weiterhin recht dröppelig.

Es ist angesichts dieses vierten Teils ein absoluter Graus, dass 1.) die tolle TV-Serie eingestellt wurde (Dafür habe ich das reguläre TV-Programm eingeschaltet. Das will was heißen!) und 2.) die ursprünglich angedachte Trilogie anscheinend wohl nicht stattfindet. All die verschenkten Möglichkeiten! Den halbreligiösen Anstrich der Figur John Conner endlich mal über seine Initialen hinaus in der Zukunft der Fiktion ausspielen und schauen, was dort noch alles auf uns zu kommt. Nummer vier leistet da so viel. Wieso hat den im Kino keiner geguckt?

Trotz meines offensichtlichen Gefallens: Die kürzliche Sichtung von MYSTERY TRAIN hat mir gezeigt, dass mir mein filmischer Sinn derzeit nach anderen Dingen steht. Da hätte ich allerdings nur noch einen Herzog und zwei Wongs (oder Kar-Wais) im Stapel. Mal sehen.


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The Mummy (Karl Freund, 1932)


Und ein letzter Universal-Grusler aus meiner Restekiste. Auch hier gibt es eigentlich kaum etwas zu erzählen, wenngleich ich THE MUMMY qualitativ deutlich über THE WOLF MAN packen würde. Als großer Freund des Mad Scientist ist dieser Film für mich natürlich ein Fest, darf eben dieser doch im Ägypten anno schluff schon ebenso wirken wie in der Gegenwart der 1930er Jahre. Zudem ist er letztlich selbst auch ein Produkt fehlgeschlagenen Wissenschaftsspuks. Schön auch, dass Karloff während seiner Hypnosen tatsächlich bedrohlich-vereinnahmend dreinblickt, während etwa Lugosi in DRACULA nur, sorry, dämlich in die Kamera glotzt. Soviel hierzu. Genug gegruselt.


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The Wolf Man (George Waggner, 1941)


Eine recht tranige Angelegenheit. Der Film darf sich aber nicht damit rausreden, dass er schon 70 Jahre alt ist und sein Pacing deshalb mit heutigen Filmen nicht mehr mithalten kann, denn gerade THE INVISIBLE MAN, den ich vorgestern gesehen habe, beweist, dass die alten Universal-Monsterfilme auch heute noch durchaus funktionieren können. Die kurze Laufzeit von THE WOLF MAN macht seine Lahmarschigkeit natürlich nicht erträglicher. Großartig gefiel mir allerdings Lon Chaney Jr., der hier so ganz ohne Overacting ziemlich überzeugend traurig und ängstlich gucken kann. Wenn ich da an manchen Dorfmob aus ähnlich gelagerten Filmen denke... Doch sei's drum. Ist THE INVISIBLE MAN eine gelungene Frankenstein-Variante, so kann THE WOLF MAN seine Nähe zu Dracula kaum verbergen (alles dabei: Zigeuner, entlegenes Schloss, unerfüllbare Liebesgeschichte; alles bloß etwas sparflämmiger ausgearbeitet). Insgesamt eher mittelmäßig und ich merke, dass ich nur weiterschreibe, damit der Eintrag nicht so leer aussieht. Schluss.


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Mystery Train (Jim Jarmusch, 1989)


Ende 2003 hat mich ein Mitglied dieses Forums in einen Jarmusch-Wahn getrieben, der vielleicht noch hätte beispiellos werden können. Mit reichlich DVDs ausgestattet begann die Reise durch das Jarmusch-Werk fulminant-euphorisch mit DOWN BY LAW, um danach mit STRANGER THAN PARADISE einen kleinen Dämpfer zu erleiden (der Film selbst ist mittlerweile längst wieder rehabilitiert) und eine gelungene Rettung durch DEAD MAN und GHOST DOG zu erfahren. Durststrecken konnten mithilfe der ersten drei COFFEE&CIGARETTES-Episoden und dem zumindest artverwandten FISHING WITH JOHN erfolgreich überwunden werden. MYSTERY TRAIN stand als nächstes auf dem Programm, doch kam da leider Werner Herzog mit seiner unglaublichen Filmographie im Gepäck vorbei und veränderte meine Filmwahrnehmung für immer. Abstellgleis also für MYSTERY TRAIN. Ganz knapp. Zurück zu Jarmusch kam ich erst 2008 wieder, nachdem ich feststellte, dass MY BLUEBERRY NIGHTS eigentlich genauso gut von Jarmusch hätte stammen können und Herzog mir im Audiokommentar von STROSZEK erklärte, weshalb er mit diesem Film STRANGER THAN PARADISE bereits vorweggenommen hätte (habe ich ihm natürlich geglaubt, den Jarmusch nochmal gesehen und doch noch verstanden; siehe oben erwähnte Rehabilitierung). Schon drei Jahre später habe ich nun den letzten in meinem Besitz befindlichen Jarmusch-Film gesehen. Hiermit sei dieses für Außenstehende beispiellos langweilige Geschwafel auch beendet. Ich habe mich lediglich über ein neues 'Warum' gefreut, das von "Was gibt's sonst so im Action-Genre?" und "Meine Freundin will, dass ich das gucke, ich wollte aber nicht" angenehm abweicht. Mea culpa!

MYSTERY TRAIN konnte kaum ein besseres Kontrastprogramm zum hektischen TRANSPORTER 3 von gestern darstellen. Schön lange, langsame Einstellungen und Kamerafahrten, zuweilen entfleuchen die Figuren dem Bild, was die Kamera nicht zu scheren scheint, melancholische Stadtbilder im Dämmerlicht, ein entspannter John Lurie-Soundtrack. Diese fantastische Jarmusch-Ruhe eben, der ich mich in den letzten Jahren viel zu selten ausgesetzt habe.

Ohne Zweifel also ein Jarmusch-Lehrfilm. Kaum ein anderer Film legt die Methodik dieses Kerls besser offen und erfreut sich an ihr. Irgendwann muss ich noch rausfinden, was Jarmusch nach GHOST DOG verbrochen hat. Aber da komme ich ja doch nicht zu.

Ein Lehrfilm also. Aber auch ein Film über falsche/enttäuschte Mythen Amerikas (das darf hier keinesfalls in die Klischee- oder Vorurteilskiste fallen, die mithilfe eines Clash of Cultures gegenseitig abgetastet werden, um sie dann im Film komödiantisch in Szene zu setzen; hier geht es um Mythen, exzemplifiziert an Elvis Presley und der Stadt Memphis), der Stadt und dem Menschen an sich.

Sollte ich ihn jemals wiedersehen, wandert MYSTERY TRAIN in die Liste meiner Lieblingsfilme.


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The Invisible Man (James Whale, 1933)


Der Film ist ein einziges Kreischen. Dabei klingen die Angstschreie der Herbergsmutter und das verrückte Gelächter des Unsichtbaren in ihren hohen Fequenzen zum Verwechseln ähnlich. Gleicher Effekt im TEXAS CHAINSAW MASSACRE. Ich muss mich endlich mal systematisch mit diesem Phänomen befassen, fasziniert es mich doch immer wieder.

Der Rest ist eine düstere Version von Whales FRANKENSTEIN, mit Mad Scientist und Monster in Personalunion. Die herzlichen Momente besagten Films weichen hier einer ordentlichen Portion schwarzhumorigen Kammerspiels.

Die Stimme des Unsichtbaren ist unglaublich. So voller Hass, Verachtung und Größenwahn. Niemals synchronisiert gucken!