Zum Inhalt wechseln


Restekiste

Mediale Prokrastination

Foto

Transporter 3 (Olivier Megaton, 2008)


Zum Glück bin ich oft genug auch Freund des einfachen Humors. Wie sonst hätte ich beim schönen, ins Metafiktionale driftenden Dialog am vermeintlichen Ende der Schlägerei in Ottos Werkstatt, der sich mit der Frage befasst, ob es sich beim unvermittelt auftauchenden Endboss der Schlägertruppe nun um 'the smart one' oder 'the big one' handelt, schelmisch in mich hinein schmunzeln können? (Ich gehe jede Wette ein, dass ich, wenn ich diesen Eintrag in ein paar Jahren lese, keine Ahnung habe, wovon ich da grad schrieb.)

Der dritte Teil der Reihe spielt nun wieder in Europa und setzt auf bondesques Schauplatzhopping durch die Mitte und den Osten des Kontinents, doch die französische Entspanntheit des Erstlings werden die Transporterfilme wohl nie wieder erlangen. Noch hektischer als in Teil 2 scheint es mir hier in den Actionsequenzen zuzugehen und das bekommt meinem Auge nicht alzu gut. Wann haben diese verteufelt schnellen Schnittfolgen während Schlägereien und Verfolgungsjagden eigentlich angefangen? Ich lese da seit Jahren von, hab da aber selbst noch nie drauf geachtet. Als ältestes Beispiel für einen Film, der mich aufgrund seines Schnittes die räumliche Ordnung der Szenen nicht mehr hat nachvollziehen lassen, fällt mir spontan TOP GUN ein, wobei das hier, sofern ich mich recht entsinne, nicht zwingend mit der Schnittfrequenz zu tun hatte, sondern mit der für Laien möglicherweise nicht nachvollziehbaren Manöverei eines Kampfjets in der Luft.

Von den Actionszenen hat mir uneingeschränkt nur die Verfolgungsjagd Stathams zu Fahrrad seinem Audi hinterher gefallen, was allerdings an dem großartigen 'I wanna be your dog' der Stooges gelegen haben könnte. Selbst ein Topfschlagduell unter Kleinkindern würde mit dieser Untermalung zum Reißer!

So dröge und egal mir der Film erschien, mir gefallen seine (zumindest für mich) originellen Ideen, wie etwa der schmissige Showdown auf/im fahrendem Zug oder die zuverlässigen Explosionsarmbänder. Und selbst wenn das alles nur zusammengeklaut sein sollte, so stimmt zumindest die Mischung.

(Jetzt kommt ein Satz mit "Eigentlich..., aber....". Ich liebe diese Dinger...) --> Eigentlich versuche ich meine Texte von solch billigem Gehechel frei zu halten, aber Natalya Rudakova ist, obgleich rothaarig und besommersprosst, ein Embodiment of Hotness. Das musste mal gesagt sein. <-- (Noch so 'ne dusselige Floskel.)

Hey, übrigens ist das Ganze eigentlich ein Öko-Thriller mit Geiselnahme, bei der das Lösegeld letztlich ein riesiger Haufen Giftmüll ist. Auch mal ganz schön.


Foto

Serial Experiments Lain [Ep.12-13] (Ryutaro Nakamura, 1998)


Gut, nun habe ich die letzten beiden Folgen doch noch nachgeschoben, um dem Treiben möglichst bald ein Ende zu setzen. Ich kann nicht sagen, dass ich nicht froh bin, dass LAIN nun zu Ende ist. Zwar visuell weiterhin überzeugend mit wahnsinnigen Bildern, aber eine seltsame Story, die in ihrer Wirrheit wohl einzig in einer Anime-Serie oder allenfalls noch in einem überambitionierten JRPG, das nur als Import erhältlich ist, ein Zuhause finden könnte.

Nun ist es also doch nicht Lain allein, die ihren Ursprung in der 'Wired' gefunden hat, sondern alle Menschen, nur: Die wissen das nicht. Oder? Ich räume ein, die letzten Folgen kaum in einem Sinnzusammenhang packen zu können. LAIN scheint narrative Komplexität mit möglichst starker Häufung möglichst undurchsichtiger Nebenhandlunsgsstränge zu verwechseln. Dennoch, ich werde unfair: Den Filmen David Lynchs vielleicht doch nicht völlig unähnlich (mein TWIN PEAKS-Kommentar im letzten Eintrag vielleicht doch nicht völlig nutzlos), mag das ein oder andere erst retrospektiv Sinn ergeben, mit dem Wissen um die Konzeption des Serienablaufs im Hinterkopf. So, als singuläres Ereignis, erscheint mir insbesondere der Schlusskniff, Lain mal eben aus dem kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft zu löschen und die Handlung praktisch von vorne beginnen zu lassen, ein wenig billig.

Irgendwann nochmal. Meine Freundin wird mit meiner Einschätzung von LAIN nicht zufrieden sein.


Foto

Serial Experiments Lain [Ep.8-11] (Ryutaro Nakamura, 1998)


Eigentlich wollte ich den Rest von LAIN in einem Rutsch schauen und mit einem letzten Eintrag zur Serie abschließen, bevor ich mich wieder den anstehenden Filmen widme. Nun hat es mit dem Rutsch nicht ganz geklappt und die letzten beiden Folgen kommen später.

Ein paar Dinge, die ich nicht vergessen möchte, unsortiert, gestichpunket:

- jede Folge beginnt mit der Detailaufnahme einer Fußgängerampel, die auf Rot springt: Anspielung auf TWIN PEAKS oder metaphorisches Ende des Menschen?

- LAIN erweitert die üblichen Auffassungen des Posthumanismus um ihre Hauptfigur, die offenbar, sofern die Serie ehrlich zu ihrem Zuschauer ist, ihren Ursprung in der Virtualität hat und ihr Körper lediglich eine Zwischenstation für das Wesen Lains darstellt. Ein Fall von Prähumanismus?

Totales Durcheinander. Zum Glück scheint Lain sich in Folge 11 ihr Gedächtnis aus der 'Wired' herunterzuladen, was die Sendung zum Anlass nimmt, satte 50% der Folgenlaufzeit aus Erinnerungen Lains an die 10 vorherigen Folgen bestehen zu lassen. Hinsichtlich des nahenden Finals wahrscheinlich nicht die blödeste Idee.


Foto

Serial Experiments Lain [Ep.5-7] (Ryutaro Nakamura, 1998)


Wer ein paar Folgen LAIN hintereinander anschaut, wird ca. alle 23 Minuten von einer metallenen männlichen Stimme höhnisch ausgelacht, die zum Auftakt jeder Folge die Angaben "Present Day. Present Time." durchgibt, um danach in eben jenes Lachen zu verfallen. Aber über wen wird hier eigentlich gelacht? Über die Zeitangabe, mit deren Geordnetheit die Sendung nun wirklich nichts zu tun hat? Über den Zuschauer, der in diesem Bilder- und Informationswust eine räumliche wie zeitliche Ordnung zu finden sucht? Oder vielleicht doch über den anderen Zuschauer, den nämlich, der keine Lust hat, eine Ordnung ins Durcheinander zu bringen, sich stattdessen darüber freut, dass seine Posthumanismus-Prognose aus dem letzten Eintrag einigermaßen einzutreffen scheint, der desweiteren froh ist, dass bereits anno 1998 über den semantischen Verfall des Wortes 'Freund' nachgesonnen wurde (einen ähnlichen Absturz hat wohl nur 'genial' hingelegt), und sich ansonsten mit der Erklärung zufrieden gibt, dass die Räume der Erzählung ('Wired' und 'Realworld') unaufhaltsam miteinander verschmelzen und gespannt ist, ob das Ganze noch ein bisschen mehr Biss bekommt und LAIN in den restlichen sieben Folgen den Zuviel-Internet-Und-Fernsehen-Ist-Schlecht-Zeigefinger ein wenig besser umschifft. Doch jener Zuschauer ist trotz seiner Bedenken nicht allzu voreingenommen, was den noch bevorstehenden Rest der Serie betrifft und gibt durchaus zu bedenken, dass aus den Gedanken zur Virtualität des menschlichen Daseins innerhalb der Serie an sich noch was werden könnte. Mal sehen. Visuell bleibt LAIN so oder so ein Traum.


Foto

Serial Experiments Lain [Ep.1-4] (Ryutaro Nakamura, 1998)


LAIN ist die einzige TV-Serie, die über Jahre ihren Platz in meinem Restestapel aufrecht erhalten konnte, drum will ich auch hierzu dann und wann ein paar Zwischenstände ins FTB kritzeln, ohne dabei jede Folge einzeln zu betrachten. In meinen Besitz gelangt ist die Sendung in Form eines Geschenks meiner Freundin, die es mir bis heute nicht verziehen hat, dass ich NEON GENESIS EVANGELION als plakative Drogenwarnung abgetan habe. Jetzt habe ich den Salat.

Die ersten vier Folgen LAIN haben mich ähnlich orientierungslos zurückgelassen wie einst mein erster Ausflug in die Welt des Mangas, namentlich ANGEL SANCTUARY von Kaori Yuki. Die Serie scheint auf irgendein mittlerweile abgedroschenes Konzept von Posthumanismus hinauszulaufen und das Ganze ein bisschen mit den Mechanismen des Coming of Age Movies zu verquicken. In einfachen Worten: Ich steige durch LAIN (noch) nicht durch.

Die Präsentation des Gesamtpakets gefällt mir allerdings ausgesprochen gut: Die Omnipräsenz vibrierender Telefonleitungen über den Menschen strahlt eine stetige Unbehaglichkeit aus, die auch entsprechend in Szene gesetzt ist; ihre visuell särksten Momente hat LAIN immer dann, wenn sie ihre Hauptfigur durch die Straßen der Stadt laufen lässt: Surreale Bilder von stiller Leere paaren sich mit großstädtischer Hektik. Sehr hübsch.


Foto

Casino Royale (Val Guest [u.a.], 1967)


Tolle Sache: CASINO ROYALE präsentiert die Figur James Bond als Persona, die jederzeit einem anderen Charakter aufgedrückt werden kann; so zum Beispiel eben dem 'Namensvetter' David Nivens, der das Vermächtnis weiterführt. Das ist einzig insofern erwähnenswert, alsdass ich die Bond-Reihe, bevor ich sie denn in ihrer Gänze gesehen, just auf Basis dieses Konzepts wahrgenommen hatte. Stillschweigend war ich davon ausgegangen, dass es sich bei 007 um eine variable Identität handelt, die von Agent zu Agent weitergereicht wird. Erst während der Gesamtsichtung der Reihe begriff ich, dass alle Bonds von Connery bis Brosnan offenbar innerhalb der seben Continuity gewirkt haben, es sich also immer tatsächlich um ein und dieselbe Person handelte. Schön, dass mir zumindest CASINO ROYALE (nicht der neue) hier meine Vision erfüllt.

Tolle Sache: "Ich bin betrogen worden. Das Ding hat rückwärts geschossen. Ich hab' mich eben umgebracht."


Foto

Le Transporteur II (Louis Leterrier, 2005)


Der zweite Transporter hat nun leider gar nicht mehr diese südfranzösische Entspanntheit des ersten, was sicherlich nicht nur am Setting liegt. Um das auszugleichen habe ich dieses Mal den französischen Originaltitel in die Überschrift dieses Eintrags gepinselt. Mir mag nichts Rechtes einfallen zu diesem Film zu schreiben, drum will ich es dabei bewenden lassen, auf seine wesentlich stärkere Bondlastigkeit samt größenwahnsinnigem Bösewicht inklusive bescheuertem Plan sowie billigem Nuttenabklatsch der Rolle Famke Janssens aus GOLDENEYE hinzuweisen und LE TRANSPORTEUR II im Weiteren auf einige lustige Einfälle reduzieren, wie etwa dem fröhlichen Geplansche mit Wasserschlauch.


Foto

The Bourne Ultimatum (Paul Greengrass, 2007)


Ich mag es nicht, wie die Bourne-Filme sich gegenseitig retrospektiv umperspektivieren. Der zweite Teil offenbart, dass die Erinnerung des ersten Teils keine totale gewesen ist, was den Bourne-Charakter bemitleidenswert armwürstig gemacht hätte (auf eine gelungene Art und Weise!), der dritte Teil enttarnt Landys Identitätshappen, den sie Bourne am Schluss des zweiten hinwirft, nicht etwa als Akt der Barmherzigkeit, sondern als schnöde, kodierte Nachricht, die ihn zur Wurzel seines Übels, Dungeon Keeper Hirsch, führen soll. Das bringt meine ganze Rezeption durcheinander!

Unabhängig von diesem Detailgemoser fällt THE BOURNE ULTIMATUM verglichen mit den Vorgängern doch deutlich ab. Die Handlung noch ein bisschen verwirrter, die Kamera noch ein bisschen schneller, die unvermeidliche Autoverfolgungsjagd noch ein bisschen blöder. Wobei ich schon zugeben muss, dass die zeitliche Situierung der Filmhandlung mit Beginn irgendwo zwischen dem Showdown von THE BOURNE SUPREMACY und dem letztlichen Ende jenes Films und Schluss kurz danach (und natürlich ihre Offenbarung in der Narration des Films) schon recht clever geraten ist.

Gegen Ende vergreift THE BOURNE ULTIMATUM sich dann noch ein bisschen an einem schönen Motiv aus Horror und Science Fiction, namentlich der Wendung der Kreatur (also Bourne) gegen ihren Erschaffer (der Hirsch), was ich als Anschluss an das Wildern im Superheldenfilm in THE BOURNE IDENTITY ganz nett fand. Das war's dann aber auch schon.


Foto

Mr. Bean's Holiday (Steve Bendelack, 2007)


War Bestandteil einer Sammelbox, die die komplette TV-Serie und eben diesen Film enthielt, und mir vor ein paar Jahren geschenkt wurde. Während ich die Serie in Erinnerung goldener Freitagabende im Ersten umgehend inhalierte und mich in der Hauptsache an der zuweilen überaus kraftvollen Misanthropie der Hauptfigur erfreute (sowie einem Krippenspiel mit Wehrmachtspanzer, das ich im Fernsehen verpasst haben musste!), wanderte die Ausgabe des zweiten Bean-Spielfilms erstmal auf unbestimmte Zeit auf dem Stapel (heute als 'Restekiste' bekannt). Die Erinnerung an die zu dem Zeitpunkt bereits zehn Jahre zurückliegende Sichtung des ersten Films war noch zu frisch, die Angst zu groß. Eben dieser musste ich mich nun aber stellen.

Sicherlich hat MR. BEAN'S HOLIDAY verglichen mit dem ersten Film die weitaus bessere Grundanlage: Statt zu versuchen, Mr. Bean mit einem vollwertigen Charakter auszustatten sowie grandios daran zu scheitern, diesen in eine längere filmische Erzählung einzubinden, dient der Plot hier lediglich als grobes Verbindungssück zwischen den einzelnen komödiantischen Episoden, die Bean zu bestreiten hat. Dies steht seiner Anlage als Sketch-Figur natürlich wesentlich besser zu Gesicht. Einziges Problem dabei: Während ich mir die gleiche Geschichte immer wieder gern erzählen lasse und mich an ihrer Variation erfreue(denn auch wenn es mancher immer noch nicht wahrhaben möchte: Es gibt keine neuen Geschichten mehr. Nirgends! Die kommen auch nicht noch von irgendwo nach! Aus! Vorbei!), fällt es mir im Gegensatz dazu schwer, mehrfach über den gleichen Witz zu lachen. Und das ist das Problem des Films: Zu häufig bedient er sich verschiedener Invarianten der Fernsehserie und fügt zu wenig Eigenes hinzu (z.B. 'Bean will unliebsames Gericht im Restaurant entsorgen', 'Bean verpasst öffentliches Verkehrsmittel', 'Bean mimt den Straßenmusiker für Kleingeld' etc.pp. Man könnte leicht eine kleine Morphologie des Bean erstellen). Obwohl: MR. BEANS HOLIDAY als Bean-Mythographie interpretiert und schon sitzt zumindest mein Philologenherz wieder im Sattel! Der mangelnden Kurzweil des Films kann dies aber leider auch nicht abhelfen.

Ein Wort noch zum Look des Films: Ich konnte mich kaum an den Aufnahmen satt sehen! Muss am südfranzösischen Setting gelegen haben, sieht einfach fantastisch aus. Allein die Sequenz vor dem Rapsfeld, mit diesem immer wieder durchsickernden, prätentiösen 'Independent Look', will so gar nicht in die reduzierte Bildsprache der Serie passen. So ergibt sich eine höchst seltsame Mischung aus und Diskrepanz zwischen Gezeigtem und der Art seiner Darstellung. Aber ein gutes Seltsam.


Foto

Beneath the 12-Mile Reef (Robert D. Webb, 1953)


Habe ich nach 20 Minuten abgebrochen, weil der Film mich tierisch gelangweilt hat und ich schlicht und ergreifend den Seefahrerslang der meisten Beteiligten nicht habe verstehen können (eine DVD-Ausgabe bar jeder Austattung hilft da ebenfalls nur wenig weiter). Ob das Sprachproblem der einzige Grund für die Langeweile war? Keine Ahnung. Will ich auch gar nicht weiter drüber grübeln.

Völlig frei von Erkenntnis blieb aber diese Kurzsichtung zum Glück nicht, sodass ich mich trotz meines Ausstiegs zu einem Filmtagebucheintrag hinreißen lassen kann. Als ich eben nach den Produktionsnotizen gesucht habe, um die Klammer in der Überschrift dieses Eintrags füllen zu können, stieß ich auf die Information, das Drehbuch des Films sei von 'Romeo and Juliet' inspiriert gewesen, was mir zumindest die Sicht auf den seltsam fremdartigen Einstieg des Films etwas geklärt hat: Die Kamera beobachtet einen Taucher, wie er unter Wasser an einem Riff herumschwimmt und Schwämme sammelt. Dabei ertönt eine Stimme aus dem Off, die in bester Grzimek- oder Sielmann-Manier erläutert, was dort vor sich geht. Ohne jede Emotion im Vortrag, ganz wie in einem Lehrfilm für die Schule. Vielleicht eine Variante, den berühmten Prolog des veronischen Chors Richtung Film zu transmedialisieren? Hierbei geht es mir ausdrücklich um die distanzierte Erzählweise (Luhrmann sollte vier Jahrzehnte später zur Fernsehreportage greifen, um diesen Effekt hervorzurufen), die mit dem Chor einer Tragödie durchaus vergleichbar erscheint, denn inhaltlich haben die beiden Passagen nichts miteinander zu tun.