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Restekiste

Mediale Prokrastination




Foto

Fata Morgana (Werner Herzog, 1971)



Werner Herzog ist mein Lieblingsregisseur. Kein Faktum meiner Mediensozialisation liegt so deutlich offen wie dieses. Und doch brauche ich nun schon ziemlich lange Zeit, mich durch sein Werk zu pflügen und habe dabei noch längst nicht (nein, nichtmal annähernd) zumindest die Hälfte der Titel gesehen. Dies gilt insbesondere für die Schaffensphase ab 1987, aus der mir einzig LITTLE DIETER NEEDS TO FLY und MEIN LIEBSTER FEIND bekannt sind (und natürlich der tolle INCIDENT AT LOCH NESS, der aber nunmal nicht von Herzog stammt (vermutlich zumindest!)). Ändern wird sich das noch. Aber wie lange das noch dauert? Keine Ahnung. Vielleicht scheue ich die Sichtung der mir unbekannten Filme, weil ich Angst habe, dass ein jeder möglicher nächster Film die ultimative Gurke darstellen könnte, die meine hohe Meinung von Herzog zu beschädigen droht.

Einer der letzten Filme aus den Siebzigern, die ich noch nicht kannte, ist also FATA MORGANA. Vor Jahren mal angefangen, nach zehn Minuten abgebrochen (vermutlich aufgrund obiger Gurkenangst!), später die entsprechende Sitzung in einem Herzog-Seminar geschwänzt und dem Film in der Folge wohl bewusst immer wieder aus dem Weg gegangen. Das Konzept der Restekiste verbot allerdings ein weiteres Ausweichen und da stehe ich nun, FATA MORGANA von Anfang bis Ende durchgehalten und beruhigt.

Herzog auf der Suche nach eksatischer Wahrheit und dem unmöglichen Bild hier in Reinform. Keine Narration, nur Stimmungsbilder, die grob in drei Abteilungen angeordnet sind, untermalt von Texten aus Maya-Schöpfungsmythen. Die ekstatische Wahrheit und Unmöglichkeit des Bildes, von der Herzog insbesondere in den Audiokommentaren zu eigentlich allen seinen früheren Filmen gern und ausgiebig erzählt, scheint sich mir in seinem ästhetischen Anliegen mittlerweile zwar nicht mehr allzu stark vom literarischen Verfremdungseffekt nach Šklovskij (Namedropping) zu unterscheiden, doch schreckt mich dies nicht, sondern lädt mich vielmehr dazu ein, beim nächsten Herzog nebenbei in einem beliebigen Roman von Tolstoj zu blättern. Mal sehen, was passiert.