Zum Inhalt wechseln


und die Erde ist doch eine Scheibe ...

Sehen, ob das FTB gegen den Alzheimer hilft ...




Foto

7 Days



7 Days - Les 7 jours du talion (Kanada 2010)

Eingefügtes Bild

Inhalt: Glückliches Elternpaar: Mann Chirurg, Frau Galeristin, Tochter ein liebes 8 jähriges Kind, leben zusammen in der idyllischen Gegend in Kanada. Eines Morgens schicken die Eltern wie üblich die Tochter in die Schule. Am Nachmittag erfahren sie, daß die Tochter gar nicht in der Schule anwesend war. Aufgeregt rufen sie die Polizei an. Zwei Polizisten und der Vater gehen den Schulweg einmal durch. In einem naheliegenden Park findet der Vater die Leiche seiner Tochter. Blass, leblos und teilweise ausgezogen mit blutigen Flecken am Unterleib! … Tage später verhaftet die Polizei einen angeblich pädophilen Verdächtigen. Der Vater hat nur noch einen Gedanken: 7 Tage lang Rache nehmen …

Ein heikles Thema: Kann ein Vater, der abrupt sein geliebtes Kind und damit seinen Lebenssinn auf diese grauenhafte Weise verliert und nur noch aus Wut und Trauer besteht, den vermeintlichen Täter dem Justiz überlassen (und sich mit den möglichen 15 Jahren Haft zufrieden geben) oder vielmehr hat man Verständnis für sein Vergeltungsbedürfnis. Und das bei einem Verdächtigen, der gar keine Reue zeigen kann. So ein Thema verdient sicherlich eine besonders sorgfältige Inszenierung. Bei so einem Film darf niemand Unterhaltung erwarten, nein hier ist Betroffenheit und Nachdenklichkeit angebracht. Der Zuschauer soll hier in das Seelenleben des Opfers bzw. des Täters eintauchen. (Wobei die Täter-/Opfer-Rolle hier interessanterweise nicht immer eindeutig bestimmt ist). Das Thema beansprucht die Aufmerksamkeit des Betrachters zwangsläufig. Filmische Manipulationstricks sind fehl am Platz. Passenderweise setzt man solche Geschichten in einem lakonischen Film um!
Patrick Senécal der mit Stephen King in seinen besten Zeiten verglichen wird, ist verantwortlich für die Romanvorlage und das Drehbuch. Er macht eigentlich alles richtig: kein Satz zu viel, kurze prägnante Dialoge, wortkarge Charaktere. Das Drehbuch von „7 Days" ist hervorragend. Der Film liefert am Ende keine plausiblen endgültigen Antworten auf die gestellten kontroversen Fragen, was ich positiv bewerte.

Hier sollen die Emotionen weniger über das Gesprochene als vielmehr über den Gesichtsausdruck der Schauspieler transportiert werden. Dies geschieht jedoch ungenügend, denn vor allem Claude Legault (spielt den Vater) wie auch Rémy Girard (spielt den Polizisten) spielen höchst durchschnittlich. Anstatt traurig, wütend, depressiv agieren die beide eher unbeteiligt, uninteressiert oder nervös vor der Kamera. Dass der Film jedoch voll gescheitert ist, liegt nicht in erster Linie an den Beiden, sondern das Kinodebüt vom TV-Regisseur Daniel Grou (sieht wie Zwillingsbruder von Van Trier aus) ist inszenatorisch missglückt! Wie ein kleines Kind, das zum ersten Mal eine Kamera in der Hand hält, und sämtliche Funktionen der Kamera ausprobiert, tobt sich Herr Grou mit allen Spielereien aus, die man mit der Kamerabewegung zustande bringen kann. Mal ein Schwung von links nach rechts, dann wieder umgekehrt von rechts nach links, mal harte Schnitte mit langen Blenden, dann wieder kurze Schnitte, meist aber unnötige Schnitte, mal Einzoomen zum Mittelpunkt des Bildes, dann wieder Auszoomen, mal kreisförmiges Umgehen mit der Kamera, dann geradlinige Kamerafahrt usw. usf. und das alles ohne Sinn und Verstand! Bei den Szenenwechseln sind plötzlich die Personen am äußersten Rand des Bildes oder gar nicht im Bild, sondern erst sichtbar durch einen dummen Kameraschwung von der Raum-Ecke zum Darsteller. Die Gesichter werden meist nicht in Großaufnahmen frontal, sondern mit störendem Abstand von der Seite gefilmt. Herr Grou möchte gerne zeigen was er alles bei den TV-Produktionen gelernt (bzw. nicht gelernt) habe, nur schade, daß es in seinem Film nicht um einen lustigen Tag mit seinem Hund geht, sondern um ein verdammt ernstes Thema, von dem man durch diese Dummheiten abgelenkt wird. Lakonisch heißt eben nicht nur wortkarg und ohne Hintergrundmusik, sondern auch mit minimalem, ruhigem Perspektive-Wechsel beschränkt auf wenigen Schauplätzen. Zwar sind die Kamerabewegungen/Schnitte nie hektisch aber meist überflüssig!

Fazit: Trotz des guten Drehbuches scheitert der Film an dem unerfahrenen Regisseur (schlecht geschnitten, falsche Kameraperspektive gewählt …) und an den mittelmäßigen Schauspielern. Einige starke Dialoge und krasse Bilder hinterlassen jedoch das Gefühl der Betroffenheit bei den Zuschauern. Daher: 4/10 Punkte

PS: Regisseur Michael Haneke hätte bei dem Thema mit dem Drehbuch ein einmaliges Meisterwerk geliefert.

Kanada 2010 Daniel Grou