In My Skin (Frankreich 2002)
Inhalt: Esther, eine Karrierefrau um 30 verletzt sich unbemerkt auf einer Party. Erst Stunden später merkt sie die Fleischwunde an ihrem Bein, worauf sie einen Arzt aufsucht. Verwundert über ihre mangelnde Schmerzempfindlichkeit fummelt sie an den Verletzungen herum. Die anfänglichen Spielereien um die Wunde, die deren Verheilung verhindern, schaffen Esther ein neues Bewusstsein zu ihrem Körper. Sie entdeckt eine Art sexueller Lust an Selbstverstümmelung. Sie findet ihre eigene Haut, ihr eigenes Fleisch und ihr eigenes Blut höchst anregend. Diese perverse Selbstverliebtheit zerstört nicht nur ihren Körper, sondern ihre berufliche Zukunft und ihre Beziehung zu ihrem Freund Vincent (gespielt von Laurent Lucas) sind durch diese Perversion ernsthaft gefährdet, denn die Umgebung von Esther nur mit Entsetzen auf diese Obsession reagieren kann …
Marina de Van, die bis dahin als Schauspielerin und Drehbuchautorin aus den Kultfilmen von François Ozon bekannt war, drehte hier ihren ersten abendfüllenden Film, wobei sie nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch gleich die Hauptrolle übernahm.
In dem Film wird den Ausbruch eines seltenen Selbstverletzendes Verhaltens (SSV) beobachtet, der Film liefert aber keine sichtlichen Gründe für diese Krankheit. Da aber das was man sieht, extrem bizarr und fremd dem "normalen" Zuschauer scheint, möchte er unbedingt herausfinden, was eine erfolgreiche glückliche Frau dazu bringt, zwanghaft solche abartige Handlungen auszuüben. Marina de Van läßt aber diese Frage konsequent bis zum Schluß unbeantwortet. Die Erklärungsversuche, die Esthers Verhalten allein auf ihrer beengenden Beziehung zu ihrem Partner oder auf dem Streß bei ihrer Arbeit zurückführen, halte ich für unzureichend. Obwohl bei einer Szene ("das Geschäftsessen") verdeutlicht wird, daß Esther ernsthaft krank ist und unter einer Psychose mit Wahrnehmungsstörung leidet, erfährt man gleichzeitig, daß Esther die Selbstverletzung nicht nur aus der Depression heraus oder zwecks Streßabbau sich zufügt, sondern zunehmend aus purer Triebhaftigkeit. Da aber bei anderen Filmen über andere sexuelle Abnormitäten wie z.B. Nekrophilie (Nekromantik, Aftermath, …) auch die Hintergründe verschwiegen bleiben, kann ich auch bei "In My Skin" es verschmerzen, daß die Ursachen der Krankheit nicht explizit erklärt werden. Nur im Gegensatz zu den erwähnten Filmen handelt es sich bei "In My Skin" nicht um einen Horrorfilm. Hier weigert sich Marina de Van konsequent Kompromisse zu Gunsten eines "Unterhaltungsfilms" zu machen. Dem Film fehlt jegliche Spannungskurve, trotz vielen angedeuteten oder gezeigten drastischen Bildern gibt es aufgrund der sehr ruhigen und unspektakulären (jedoch durchdachte) Inszenierung keine voyeuristische Perspektive aus dem Schlüsselloch. Das Schauspiel von Marina de Van ist sehr zurückhaltend und dadurch sehr intensiv und glaubhaft. Während die Karrierefrau bei der Arbeit sehr diszipliniert und streng erscheint, ihre Verzweiflung ja gar ihre Angst gegenüber den Mitmenschen bei der Geheimhaltung ihrer Perversion bzw. ihr Ausgeliefertsein gegenüber dem zwanghaften SSV werden überzeugend dargestellt.
Man kann natürlich am Ende nach dem Sinn eines solchen Filmes fragen? Spannend ist er nicht, den Voyeurismus befriedigend ist er auch nicht und ein Thema, das den normalen Zuschauer betrifft, behandelt er auch nicht.
In einer Zeit, in der die vollkommene Kontrolle über das eigene Leben gepriesen wird, und den Menschen den Eindruck vermittelt wird, daß jeder (durch seine Leistungsbereitschaft) seines Glückes Schmied ist, verdeutlicht Marina de Van in "In My Skin" wie brüchig und unbeherrschbar das Leben sein kann, und wirbt damit fürs Verständnis und fürs Mitgefühl für die Kranken und andere Leute, die die Kontrolle über ihr Leben und somit ihr Schicksal verloren haben.
Auch wenn der Debütfilm "In My Skin" nicht jedermanns Sache ist, er wird sein Publikum finden und er weckte jedenfalls meine Neugier für die zukünftigen Filme von Marina de Van.
Fazit: Kein Horrorfilm, sondern eine Psycho-Studie, die den unaufhaltsamen Verfall einer Frau infolge einer psychischen Erkrankung, eindringlich jedoch spannungsarm dokumentiert: schwermütig, ehrlich und unbegreiflich aber ohne erzählerische Höhepunkte. 7,5/10 Punkte
Frankreich 2002 Marina de Van
Inhalt: Esther, eine Karrierefrau um 30 verletzt sich unbemerkt auf einer Party. Erst Stunden später merkt sie die Fleischwunde an ihrem Bein, worauf sie einen Arzt aufsucht. Verwundert über ihre mangelnde Schmerzempfindlichkeit fummelt sie an den Verletzungen herum. Die anfänglichen Spielereien um die Wunde, die deren Verheilung verhindern, schaffen Esther ein neues Bewusstsein zu ihrem Körper. Sie entdeckt eine Art sexueller Lust an Selbstverstümmelung. Sie findet ihre eigene Haut, ihr eigenes Fleisch und ihr eigenes Blut höchst anregend. Diese perverse Selbstverliebtheit zerstört nicht nur ihren Körper, sondern ihre berufliche Zukunft und ihre Beziehung zu ihrem Freund Vincent (gespielt von Laurent Lucas) sind durch diese Perversion ernsthaft gefährdet, denn die Umgebung von Esther nur mit Entsetzen auf diese Obsession reagieren kann …
Marina de Van, die bis dahin als Schauspielerin und Drehbuchautorin aus den Kultfilmen von François Ozon bekannt war, drehte hier ihren ersten abendfüllenden Film, wobei sie nicht nur das Drehbuch schrieb, sondern auch gleich die Hauptrolle übernahm.
In dem Film wird den Ausbruch eines seltenen Selbstverletzendes Verhaltens (SSV) beobachtet, der Film liefert aber keine sichtlichen Gründe für diese Krankheit. Da aber das was man sieht, extrem bizarr und fremd dem "normalen" Zuschauer scheint, möchte er unbedingt herausfinden, was eine erfolgreiche glückliche Frau dazu bringt, zwanghaft solche abartige Handlungen auszuüben. Marina de Van läßt aber diese Frage konsequent bis zum Schluß unbeantwortet. Die Erklärungsversuche, die Esthers Verhalten allein auf ihrer beengenden Beziehung zu ihrem Partner oder auf dem Streß bei ihrer Arbeit zurückführen, halte ich für unzureichend. Obwohl bei einer Szene ("das Geschäftsessen") verdeutlicht wird, daß Esther ernsthaft krank ist und unter einer Psychose mit Wahrnehmungsstörung leidet, erfährt man gleichzeitig, daß Esther die Selbstverletzung nicht nur aus der Depression heraus oder zwecks Streßabbau sich zufügt, sondern zunehmend aus purer Triebhaftigkeit. Da aber bei anderen Filmen über andere sexuelle Abnormitäten wie z.B. Nekrophilie (Nekromantik, Aftermath, …) auch die Hintergründe verschwiegen bleiben, kann ich auch bei "In My Skin" es verschmerzen, daß die Ursachen der Krankheit nicht explizit erklärt werden. Nur im Gegensatz zu den erwähnten Filmen handelt es sich bei "In My Skin" nicht um einen Horrorfilm. Hier weigert sich Marina de Van konsequent Kompromisse zu Gunsten eines "Unterhaltungsfilms" zu machen. Dem Film fehlt jegliche Spannungskurve, trotz vielen angedeuteten oder gezeigten drastischen Bildern gibt es aufgrund der sehr ruhigen und unspektakulären (jedoch durchdachte) Inszenierung keine voyeuristische Perspektive aus dem Schlüsselloch. Das Schauspiel von Marina de Van ist sehr zurückhaltend und dadurch sehr intensiv und glaubhaft. Während die Karrierefrau bei der Arbeit sehr diszipliniert und streng erscheint, ihre Verzweiflung ja gar ihre Angst gegenüber den Mitmenschen bei der Geheimhaltung ihrer Perversion bzw. ihr Ausgeliefertsein gegenüber dem zwanghaften SSV werden überzeugend dargestellt.
Man kann natürlich am Ende nach dem Sinn eines solchen Filmes fragen? Spannend ist er nicht, den Voyeurismus befriedigend ist er auch nicht und ein Thema, das den normalen Zuschauer betrifft, behandelt er auch nicht.
In einer Zeit, in der die vollkommene Kontrolle über das eigene Leben gepriesen wird, und den Menschen den Eindruck vermittelt wird, daß jeder (durch seine Leistungsbereitschaft) seines Glückes Schmied ist, verdeutlicht Marina de Van in "In My Skin" wie brüchig und unbeherrschbar das Leben sein kann, und wirbt damit fürs Verständnis und fürs Mitgefühl für die Kranken und andere Leute, die die Kontrolle über ihr Leben und somit ihr Schicksal verloren haben.
Auch wenn der Debütfilm "In My Skin" nicht jedermanns Sache ist, er wird sein Publikum finden und er weckte jedenfalls meine Neugier für die zukünftigen Filme von Marina de Van.
Fazit: Kein Horrorfilm, sondern eine Psycho-Studie, die den unaufhaltsamen Verfall einer Frau infolge einer psychischen Erkrankung, eindringlich jedoch spannungsarm dokumentiert: schwermütig, ehrlich und unbegreiflich aber ohne erzählerische Höhepunkte. 7,5/10 Punkte
Frankreich 2002 Marina de Van