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Blancanieves - Ein Märchen von Schwarz und Weiss (Spanien, 2012)
von Keitel ·
30 November 2013
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Blancanieves (Spanien, 2012): der berühmte Stierkämpfer, Antonio Villalta wird in der Arena bei einem Stierkampf schwer verletzt und ist seitdem vom Hals an abwärts gelähmt. Unmittelbar nach dem Stierkampf stirbt seine hochschwangere Frau, nachdem sie Tochter Carmencita gebärt. Da Villalta seine Tochter nicht annehmen kann, wächst sie bei der Oma auf. Bis die Oma stirbt und Carmencita bei der neuen Frau Villaltas, also bei ihrer Schwiegermutter Encarna, einziehen muß ...
Der spanische Stummfilm erzählt eine bittere Variante des Schneewittchen-Märchens. Bei diesem virtuosen Meisterwerk kommt man bei dem Zusammenspiel von Licht und Schatten, von den fundierten Kameraeinstellungen und der mimischen Ausdruckskraft der Akteure, von der bekannten und dennoch spannend erzählten (Liebes-)Geschichte und der genialen Filmmusik, nicht aus dem Staunen heraus!
Besondere Erwähnung verdient vor allem die Musikuntermalung: in jeder Sekunde verstärkt und perfektioniert jeder einzelne Ton, die ohnehin kraftvollen Bilder. Ich habe den Film am Donnerstag gesehen und seitdem frage ich mich, wann ich zuletzt einen so brillanten Filmsound genossen habe? Ich erinnere mich nicht daran, daß ich je von einer Filmmusik dermaßen begeistert war!
Zudem sind die Schauspielerinnen Maribel Verdú in der Rolle der bösen Schwiegermutter, bildhübsche Macarena García mit unvergesslicher Aura und der spanische Filmstar aus den 70ern und 80ern Ángela Molina („Dieses obskure Objekt der Begierde“) zu bewundern. Blancanieves (Gewinner von zehn Goyas) ist das, was „The Artist“ gerne sein wollte: Eine angemessene, poetische Huldigung der Stummfilmära und deren Wiederbelebung zugleich. Für mich: der Beste Film 2013! Note: 9,5/10 Punkte
PS: Geht bitte ins Kino! Wer diesen kunstvollen Film auf großer Leinwand verpasst, bereut es vermutlich lebenslang!
die wortlosigkeit hat mir freilich gefallen. zumal das zu pointierten bildern zwingt: oma fällt beim tanzen hin. schnitt. carmens weißes kommunionskleid wird in nen eimer farbe getaucht und kommt schwarz wieder raus. schnitt. carmen sitzt mit koffer auf der rückbank des taxis. dauert alles keine 30 sekunden. in nem normalen tonfilm wäre an dieser stelle vermutlich minutenlang gelabert und rumgemenschelt worden. da schafft BLANCANIEVES in den eben erwähnten drei kurzen, melancholischen einstellungen wesentlich mehr emotionalität. film in seiner reinsten form, so to speak.
leider geht diese konzentration in der letzten halben stunde für meine begriffe etwas flöten. da wird mir der film plötzlich zu fahrig. die schlussszene am dem jahrmarkt kippt den film aber wieder ins positive: versklavung und finanzielle ausbeutung, selbst wenn der körper schon tot ist. schaurig makaber!
in dem zusammenhang gefiel mir auch dass die erzählung auf so vielen ebenen immer wieder macht, kontrolle, masochismus, abhängigkeit, aber auch gewalt-voyeurismus verhandelt (zieht sich bei den unterschiedlichsten charakteren und in wechselnden formen wie ein roter faden durch den ganzen film) und verleiht der geschichte dadurch eine gewisse komplexität, das ist hier also mehr als eine eine einfache übersetzung des märchens (minus seiner paranormalen elemente) in eine zeitlos wirkende 20er-jahre szenerie.
das 4:3 format hat mir sehr gut gefallen, obwohl ich es normalerweise gar nicht mag. aber hier wurde die enge von 4:3 dermaßen ästhetisch mit teils penibel durchkomponierten bildern gefüllt dass ich sagen muss: hier wurde das bildformat bestmöglich verwendet, und viele der effekte hätte man bei einem breitbildformat gar nicht
erzählenerzielen können. und durch das weiche schwarzweiß wirkt einiges auch noch leicht surreal oder wie gemalt.und ja: THE ARTIST kann sich von diesem film in vielen bereichen eine scheibe abschneiden.
ps: in 3 minuten editiere ich das alles weg. hoffentlich hast du die emailbenachrichtigung aktiviert.