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Gernguckers Filmtagebuch





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Einsamkeit der Primzahlen, Blue Valentine, Angèle und Tony



Die Einsamkeit der Primzahlen (Saverio Costanzo)
Blue Valentine (Derek Cianfrance)
Angèle und Tony (Alix Delaporte)

"Die Einsamkeit der Primzahlen" ist eine zeitgenössische Romanverfilmung. Als Nichtkenner des Buches blieben mir einige Andeutungen zu vage, die sich dem Kenner sicher besser erschließen. Die Geschichte handelt von zwei stillen Außenseiten, zu denen sie durch Kindheitstraumatas geworden sind, und ihrer Schwierigkeit zueinander zu finden. Costanzo arbeitet mit vielen Zeitebenen und Rückblenden, die mir mitunter eine Spur zu überambitioniert waren, und einer tollen Filmmusik, die die wirren Aufbruchsgefühle gut wiedergeben. Vereinzelt ergeben sich daraus richtig toll inszenierte Szenen. Weniger geglückt ist die Besetzung der Protagonistin in den einzelnen Zeitebenen, die nicht so recht zusammenpassen. Jede für sich, natürlich allen voran Alba Rohrwacher als die erwachsene Figur, spielt aber sehr gut, wie auch der komplette Cast gut agiert. Ein guter aber nicht absolut überzeugender Film über das Suchen und Finden der Liebe.

"Blue Valentine" erzählt ebenfalls mittels Rückblenden vom Zusammenfinden zweier junger Liebender und der tollen Zeit der Schmetterlinge im Bauch. Der vollkommen entromantisierte Hauptteil der Geschichte, also die Gegenwart, erzählt jedoch vom Auseinanderdriften und der Trennung dieses Paares. Williams und Gosling machen durch ihr bewegendes Spiel das Hoffen und Leiden ihrer Figuren und damit den Zusammensturz ihres gemeinsamen Glücks erfahrbar. Cianfrance erzählt nüchtern beobachtend und doch so, als wäre die Beziehungsmüdigkeit seines Paares etwas ganz besonderes. Leise lässt er auch anklingen wie der von der Gesellschaft aufdiktierte Alltag (Stress, Geld, Job, Haus, etc.) das Glück junger Familien vergiftet. Am Ende balanciert Cianfrance die Ernüchterung mit schönen Erinnerungen aus und formt daraus einen sehr schönen Abspann.

"Angèle und Tony" erzählt seine raue Liebesgeschichte am klassischsten und verhehlt dabei nicht das Streben nach einem bewegenden Happy End, welches ich hier auch dankbar angenommen habe. Der Film der jungen Französin ist kurz und ohne Längen angelegt, vielleicht sogar für eine so emotionale Geschichte ein klein wenig zu hastig. Dennoch nimmt sie sich die Zeit, die Geschichte als auch die Bilder voller romantischer Stimmungen und Sehnsüchte anzureichern, die sich ihren hindernisreichen Weg aus einer anfangs reinen Zweckbeziehung heraus finden müssen. Clotilde Hesme spielt ihre geheimnisvolle, unangepasste, verwundete und verzweifelt kämpfende Angèle absolut toll und macht aus ihrer angestrengten Suche nach einem Neuanfang einen schlichtweg ergreifenden Film. Clotilde Hesmes Angéle hat mich dabei angenehm an Martina Gusmans kämpferische Löwin erinnert.




Hey Gerngucker, den Kino.de-Crash gut überstanden?

Blue Valentine war ohnehin schon auf meiner "To-Watch"Liste, Deine Worte bestärken mich noch zusätzlich. Hört sich ja tatsächlich vielversprechend an.
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Filmtagebuch. Schön. Eigentlich kann ich Dir in allen Punkten nur zustimmen:

LA SOLITUDINE DEL NUMERI PRIME fand ich von der Inszenierung her wesentlich stärker als von der Erzählung/dem Inhalt her. Audiovisuell war das stellenweise nicht nur sehr kreativ, sondern - was wichtiger ist - atmosphärisch wirklich packend und elektrisierend. Schade daher dass der Film ansonsten die von Dir angesprochenen Schwächen hat. Insgesamt für mich kein wirklich runder und kein durchgängig überzeugender Film. Zumindest aber ein interessanter und kreativer.

BLUE VALENTINE hat mich außerordentlich positiv überrascht. Ich war regelrecht geflasht von diesem sehr eindringlichen Porträt einer Beziehung. Nachdem das amerikanische Arthouse-Kino mich zuletzt häufig enttäuscht hat, ist BLUE VALENTINE regelrecht eine kleine Perle. Es ist zwar kein leicht verdaulicher und kein einfacher Film, aber es ist ein Film, den man unbedingt gesehen haben sollte und der noch lange nach dem Sehen nachwirkt.

ANGELE ET TONY kenne ich nicht. Kürzlich lief auf Arte oder 3Sat ein Bericht über diesen Film. Hat mich ziemlich zwiegespalten und ratlos zurückgelassen.
Nach Deinen lobenden Worten könnte mir aber vorstellen, den Film mal zu sehen. Also Danke fürs Schmackhaftmachen.
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@Carlito
Ohne kino.de ist es anders als zuvor. Ich hatte mich sehr an das Forum dort gewöhnt und habe die Verbindung zur dortigen Datenbank sehr geschätzt. Hier muss ich mich erstmal eingewöhnen. Insofern hab ich weniger den Crash gut überstanden als den Neustart hier.
"Blue Valentine" lohnt sich in der Tat.

@Ubaldo
"Angele und Tony" ist sicher nicht so dicht und konzentriert wie "Blue Valentine", sollte Dir aber auch gefallen. Schon allein wegen Clotilde.
Den Köder mit Martina Gusman habe ich doch extra für dich ausgelegt. ;-)
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@Blue Valentine: hmm, vielleicht stimmt mit mir was nicht, aber der Film hat mich sehr kalt gelassen. Habe da auch emotional überhaupt nicht reingefunden und fand das, (sorry), aufdringlich erzählt. Die Nahaufnahms-Strategie hat mich echt genervt irgendwann.
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Auf der emotionalen Schiene hat mich "Blue Valentine" auch nicht direkt berührt (da war "Angele und Tony" deutlich "fühlbarer"), aber die Akribie und Unumkehrbarkeit, mit der der Zerfall des Paares nachgezeichnet wird, so als wäre es die tragischste Trennung überhaupt (deswegen vielleicht deine Empfindung von Aufdringlichkeit), war schon sehr gut beobachtet und authentisch eingefangen.
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Gerngucker
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