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Gernguckers Filmtagebuch





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Halt auf freier Strecke



Halt auf freier Strecke (Andreas Dresen)

Andreas Dresen beweist ein weiteres Mal seine Ausnahmestellung in der deutschen Filmlandschaft. Er widmet sich dem Tabuthema Sterben im Film und überzeugt dabei erneut mit einer sehr sensiblen, bodenständigen, aus der Spontanität durch Improvisationen innerhalb eines Gemeinschaftswerkes schöpfenden, ja fast dokumentarischen Inszenierung und Nähe zu den Figuren. Nur an ganz wenigen Stellen löst er sich von seinen Protagonisten, schwebt einige Zentimeter über dem Erdboden, indem er z.B. der todbringenden Krankheit ein Gesicht gibt. "Halt auf freier Strecke" bleibt unbarmherzig und ungeschönt, er bewegt aber lindert auch, geht seinen bitteren Weg bis zum Ende und verweist ausgangs dann trotz aller Trauer auf das Leben zurück. Kein leichter, aber ein ganz großartiger Film.




Hi Gerngucker, habe den Film im leeren Kino beim London FilmFestival gesehen. Unschön, daß man Dresen außerhalb Deutschlands (und vermutlich auch: innerhalb) kaum kennt. Konnte doch letztens polnische Freunde für Wolke 9 erwärmen und die waren schwer begeistert.
Toll, wie Dresen in Halt auf freier Strecke seinem Realismus mit magischer Note treu geblieben ist. Aus persönlichen Gründen hat mir noch gefallen, daß er Christine Schorn als Mutter besetzt hat, die habe ich schon lange nicht mehr gesehen - auch wenn seine Eltern nicht so gut bei weggekommen sind im Film. Andererseits - was gibt es Schlimmeres für Eltern als ihrem Kind beim Sterben zusehen zu müssen. Wer will da den ersten Stein werfen?
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Christine Schorn war ja selbst mal beunruhigend "an Krebs erkrankt". Das war vielleicht auch als Verweis auf einen vergessenen Film gedacht.
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@The Critic
Ein herzliches Hallo an dich zurück. Schön, mal wieder etwas von Dir zu lesen.
Schade um den Dresen-Film in einem leeren Kino. Nach zwei Einladungen nach Cannes sollte der deutsche eigentlich kein Unbekannter auf der internationalen Filmbühne mehr sein. Gewiss, das Thema ist schwierig, aber die sanfte und ehrliche Annäherung von Dresen ist zweifelsfrei gelungen. Ich selbst habe einen der wenigen Termine wahrnehmen können, bei denen Dresen auf seiner Premierentour den Film persönlich dem Publikum vorstellte. Der Saal war ausverkauft, ein ca. 1,5-stündiges, fesselndes Regisseursgespräch war eine sehr schöne Zugabe. Dresen kann halt (wie immer) viel zu seiner Arbeitsweise erzählen, oder wie einzelne Szenen aus der Spontanität heraus entstanden sind. Wir können uns übrigens als nächstes auf "Herrn Wichmann in der dritten Reihe" vorfreuen.
Christine Schorn hat meines Erachtens die tragischste Figur des Filmes verkörpert. Die Mutter, die nicht die Kraft findet, sich von ihrem Sohn zu verabschieden. Obwohl sie nicht mehr erschien, war sie dennoch am Sterbebett präsent.

@Nemo
Ich glaub nicht, dass die Besetzung von Christine Schorn ein Verweis auf "Die Beunruhigung" sein sollte. Christine Schorn hatte schon mal einen wunderbaren Kurzauftritt bei Andreas Dresen, die anstrengende Kundin in der Parfümerie in "Halbe Treppe". Und da Andreas Dresen häufig auf "seine" Schauspieler zurückgreift, kam vermutlich die Minirolle für Christine Schorn zustande (was für alle drei Eltern-Darsteller zutrifft).
Ein weiteres interessantes Besetzungsdetail ist die Konstellation Ursula Werner / Steffi Kühnert als Mutter-Tochter-Gespann, wie schon aus "Wolke 9" bekannt.
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Gerngucker
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