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Gernguckers Filmtagebuch





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Huhn mit Pflaumen



Huhn mit Pflaumen
Poulet Aux Prunes
(Marjane Satrapi, Vincent Paronnaud)

Der zweite Film des iranisch-französischen Regieduos war mir ein sehr angenehmer Einstieg in das neue Kinojahr. "Huhn mit Pflaumen" ist nach "Persepolis" erneut eine sehr schöne, bezaubernd illustrierte Verfilmung eines Comics von Satrapi, dem diesmal leider die persönliche Note fehlt. In dem als Realfilm mit animierten Ausschmückungen inszenierten Liebesmärchen verfällt ein Künstler einer schönen Frau, die ihm jedoch nicht gehören darf. In seinem Liebeskummer vollendet er seine Musik zur wahren Kunst - eine Behauptung, deren Überzeugung mir das Werk leider schuldig blieb. Der Film spielt mit seinen Figuren, dringt jedoch nicht tiefer in sie vor als nötig. Sie bleiben funktionelle Schablonen, was aber für einen Comic auf der Leinwand auch vollkommen ausreichen mag. Zumindest ich habe mich nicht daran gestört. Meine Faszination galt ohnehin viel mehr dem wunderbaren visuellen Zauber, der die Leinwand vereinnahmte - feines Kino zum Schauen und Staunen. Da sah ich gern über einige schwächelnde Momente hinweg, wie auch über den blassen Protagonisten, der zwischen den beiden Frauen an seiner Seite verblasste.




Obwohl ich von "Persepolis" ja überaus angetan war, ist bei mir bisher noch keine rechte Lust aufgekommen, "Huhn mit Pflaumen" zu sehen - und obwohl Deine Einschätzung ja insgesamt eher positiv ausfällt, bewirkt sie bei mir doch keinen richtigen Stimmungsumschwung. Dafür ist das Lob dann doch zu verhalten.
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Also ich werde ihn mir auf jeden Fall diese Woche ansehen. Danke für die überwiegend positiven Worte und indirekte Wahrnung, keinen Film vom Kalliber eines "Persepolis" zu erwarten.
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Danke Gerngucker für den Beitrag, ich habe mir den Film am Donnerstag im Kino angesehen und dachte ich muß mein FTB seinetwegen wieder aktivieren ... Stärke des Films: seine surreale, märchenhafte Bilder, die meiner Ansicht nach, besser und einfallsreicher als in "Die fabelhafte Welt der Amélie" in Szene gesetzt wurden. Auch die farbenprächtig, atmosphärische Darstellung der Hauptstadt Teheran der 60er Jahren konnte mich überzeugen. Übrigens der Film basiert auf die Tatsachen aus dem Leben von einem Großonkel von Marjane Satrapi.

Schwächen des Films: 1. Obwohl der Film von einem iranischen Musiker handelt, hört man hier keinen einzigen Ton von der iranischen Musik! Die Musik im Film spiegelt kein bißchen die iranische Musikkunst wider. Da hat den Filmemachern der Mut gefehlt, zumindest einige Minuten die typische iranische Geigenmusik spielen zu lassen.
2. Stichwörter für den Film: Poesie und Humor. Und genau da wollten die beiden Merkmale des Films miteinander nicht harmonieren. Die humoristischen Momente waren manchmal deplatziert und konnten selbst den Iranern nicht immer überzeugen, geschweige denn den Nicht-Iranern. Da die Themen des Films ernst waren (Liebe, Liebeskummer, Todessehnsucht, Sehnsucht nach Heimat(=Irâne)...), haben gerade in den ergreifenden Momenten, die unpassenden und unangemessenen "Witzen" die Zuschauer immer wieder aus der Filmwelt raus gerissen. Für mich hätte der Film besser funktioniert, wenn man die wunderschöne Melancholie, ab der Filmmitte nicht mehr von "Gags" unterbrechen ließe . Daher ist auch den Schauspielern schwer gemacht worden, ihre Charaktere lebendig und authentisch zu spielen, denn z.B. der Hauptdarsteller Mathieu Amalric mußte selbst nach den todtraurigen Momenten immer wieder wie ein Loser und nicht wie ein gebrochener Mann in die Kamera schauen. Satrapi beabsichtige das typisch iranische Verhaltensmuster (zumindest das dieser Generation) zu zeigen, das sich durch Melancholie (entstanden durch unerfüllte Liebe und Träume in einer nicht freien Gesellschaft) und Humor (zum Ertragen des Lebens) bezeichnet. Sie vergaß dabei, daß selbst der beste und traurigste Clown in seinem Schlussakt, wo er die Zuschauer mit einer Träne im Auge zum Beifallklatschen anregt, nur noch in Melancholie und Schwermut versenkt und nicht noch mal den Volltrottel raushängen läßt. Meine Bewertung: 7/10 Punkte

Fazit: die Filmfans, die sich von "Die fabelhafte Welt der Amélie" bezaubern ließen, dürfen sich "Huhn mit Pflaumen" auf der Großleinwand nicht entgehen lassen.

PS: interessant für Iraner: Chiara Mastroianni sieht in dem Film der iranischen Sängerin Googoosh zu verwechseln ähnlich aus!
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Gerngucker
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