Hugo Cabret
(Martin Scorsese)
Am hier allgemein vorherrschenden Tenor des Lobs über "Hugo Cabret" kann ich mich leider nicht beteiligen. Mein Eindruck vom Film ist gänzlich anders. Für mich hat der Film auf keiner der beiden Ebenen funktioniert. Die primäre Kindergeschichte fand ich erschreckend dünn, emotional kalt und uninteressant, der Versuch einer weiteren dickens'schen Waisenknaben-Geschichte. Weder die beiden Kinderfiguren (die ich auch noch schlecht gespielt, bzw. schlecht inszeniert empfand) und ihre schweren "Schicksale" konnten mich überzeugen, noch die marionettenartigen Nebenfiguren des Bahnhofs, die allesamt wieder fallengelassen und damit überflüssig wurden. Einzig interessant war die von Ben Kingsley wie gewohnt sehr gut verkörperte Figur des Melies. Aber da stößt der Film in die Tiefen jenseits des Familienfilmes vor, in die nur cinephile Zuschauer Scorsese folgen können. "Hugo Cabret" sitzt als Kinderfilm einerseits und Kinohommage andererseits irgendwie zwischen den Stühlen. Das Ansinnen, die Anfänge des Kinos mit seinem Jahrmarktcharakter wieder aufleben zu lassen, fand ich gut und teilweise erzählerisch auch recht nachvollziehbar im Film umgesetzt. Jedoch die Mittel, mit denen Scorsese in der audiovisuellen Gestaltung das tat, wollten mir nicht gefallen. In meinen Augen verriet Scorsese sich selbst, indem er dazu auf übertrieben-unecht wirkende Kulissenbauten zurückgriff, sich in Ausstattungsdetails und Effekten und (in meinen Augen) plumper Überwältigung erging. Er will dem Gestern des Zelluloids Ehrung erbringen, vergeht sich jedoch zu häufig am digitalen Overkill von Heute. Zeitlose Magie im Kino funktioniert für mich anders. Ich hab den Film (natürlich) in 2D gesehen und wurde vielleicht auch deshalb von der optischen Ebene nicht beeindruckt. Dennoch ist für mich "The Artist" bedeutend ehrlicher und fühlt sich "richtiger" an, der wirklich durch Reduktion auf Schwarzweiß, stummes mimisches Schauspielern, Normalbildformat dem Wechsel von der Stumm- auf die Tonfilmära eine kleine (natürlich nicht kritikfreie) Hommage widmet.
Vivan Las Antipodas
(Victor Kossakowsky)
Anfangs sehr interessantes und bildtechnisch beeindruckendes Porträt von Antipoden der Erde, das sich jedoch zunehmend erzählerisch wie optisch selbst erschöpft und mittels bald unnachvollziehbaren Ortswechseln mehr verwirrt als aufklärt.
Once upon a time in Anatolia
Biz zamanlar Anadolu'da
(Nuri Bilge Ceylan)
Noch während des Sehens zu später Nachtstunde hatte ich mich sehr gequält. Zäh, langsam und nebensächlich wurde hier ein Kriminalfall aufgeklärt. Ich war froh, als ich nach zweieinhalb Stunden den auf Dauer zu weichen Kinositzen entkam. Doch dann am nächsten Morgen, erinnerte ich mich plötzlich an einen ganz anderen Film, der sich auf eine stille, eindringliche Art den Menschen einer Provinz annäherte, ihr Innerstes langsam enthüllte und sie in ihre Heimat einbettete. Hat mir im Nachgang doch sehr gut gefallen.
Barbara
(Christian Petzold)
Erneut spielt eine großartige Nina Hoss in einem überzeugenden Film von Christian Petzold, der erstmals in der Zeit zurückgeht und seine Geschichte in der DDR von 1980 ansiedelt, wo eine Berliner Ärztin nach ihrem Ausreiseantrag an ein Provinzkrankenhaus versetzt wird. Wie in Petzolds anderen Filmen bleibt auch hier die Protagonistin ungreifbar, flüchtig, gespenstig. Sie sucht nach ihrem Weg, schottet sich ab, lässt andere Menschen nicht an sich heran, bis das Berufsethos ihre Haltung aufbricht und sie zwingt Stellung zu beziehen. Ihre Unnahbarkeit offenbart sich als Schutz statt Charakter. Über einen leeren Landstrich, an dem selbst das nahe Meer unsichtbar bleibt, weht ein Wind, von dem man glauben könnte, dass er das kommende "Turiner Pferd" ankündigen will. Auch gegen ihn "tritt" die Frau an, der ihrer nahezu geisterhaften Erscheinung die Physis zurückgibt und sie zu einer Getriebenen zwischen möglichen Lebensentwürfen macht.
(Martin Scorsese)
Am hier allgemein vorherrschenden Tenor des Lobs über "Hugo Cabret" kann ich mich leider nicht beteiligen. Mein Eindruck vom Film ist gänzlich anders. Für mich hat der Film auf keiner der beiden Ebenen funktioniert. Die primäre Kindergeschichte fand ich erschreckend dünn, emotional kalt und uninteressant, der Versuch einer weiteren dickens'schen Waisenknaben-Geschichte. Weder die beiden Kinderfiguren (die ich auch noch schlecht gespielt, bzw. schlecht inszeniert empfand) und ihre schweren "Schicksale" konnten mich überzeugen, noch die marionettenartigen Nebenfiguren des Bahnhofs, die allesamt wieder fallengelassen und damit überflüssig wurden. Einzig interessant war die von Ben Kingsley wie gewohnt sehr gut verkörperte Figur des Melies. Aber da stößt der Film in die Tiefen jenseits des Familienfilmes vor, in die nur cinephile Zuschauer Scorsese folgen können. "Hugo Cabret" sitzt als Kinderfilm einerseits und Kinohommage andererseits irgendwie zwischen den Stühlen. Das Ansinnen, die Anfänge des Kinos mit seinem Jahrmarktcharakter wieder aufleben zu lassen, fand ich gut und teilweise erzählerisch auch recht nachvollziehbar im Film umgesetzt. Jedoch die Mittel, mit denen Scorsese in der audiovisuellen Gestaltung das tat, wollten mir nicht gefallen. In meinen Augen verriet Scorsese sich selbst, indem er dazu auf übertrieben-unecht wirkende Kulissenbauten zurückgriff, sich in Ausstattungsdetails und Effekten und (in meinen Augen) plumper Überwältigung erging. Er will dem Gestern des Zelluloids Ehrung erbringen, vergeht sich jedoch zu häufig am digitalen Overkill von Heute. Zeitlose Magie im Kino funktioniert für mich anders. Ich hab den Film (natürlich) in 2D gesehen und wurde vielleicht auch deshalb von der optischen Ebene nicht beeindruckt. Dennoch ist für mich "The Artist" bedeutend ehrlicher und fühlt sich "richtiger" an, der wirklich durch Reduktion auf Schwarzweiß, stummes mimisches Schauspielern, Normalbildformat dem Wechsel von der Stumm- auf die Tonfilmära eine kleine (natürlich nicht kritikfreie) Hommage widmet.
Vivan Las Antipodas
(Victor Kossakowsky)
Anfangs sehr interessantes und bildtechnisch beeindruckendes Porträt von Antipoden der Erde, das sich jedoch zunehmend erzählerisch wie optisch selbst erschöpft und mittels bald unnachvollziehbaren Ortswechseln mehr verwirrt als aufklärt.
Once upon a time in Anatolia
Biz zamanlar Anadolu'da
(Nuri Bilge Ceylan)
Noch während des Sehens zu später Nachtstunde hatte ich mich sehr gequält. Zäh, langsam und nebensächlich wurde hier ein Kriminalfall aufgeklärt. Ich war froh, als ich nach zweieinhalb Stunden den auf Dauer zu weichen Kinositzen entkam. Doch dann am nächsten Morgen, erinnerte ich mich plötzlich an einen ganz anderen Film, der sich auf eine stille, eindringliche Art den Menschen einer Provinz annäherte, ihr Innerstes langsam enthüllte und sie in ihre Heimat einbettete. Hat mir im Nachgang doch sehr gut gefallen.
Barbara
(Christian Petzold)
Erneut spielt eine großartige Nina Hoss in einem überzeugenden Film von Christian Petzold, der erstmals in der Zeit zurückgeht und seine Geschichte in der DDR von 1980 ansiedelt, wo eine Berliner Ärztin nach ihrem Ausreiseantrag an ein Provinzkrankenhaus versetzt wird. Wie in Petzolds anderen Filmen bleibt auch hier die Protagonistin ungreifbar, flüchtig, gespenstig. Sie sucht nach ihrem Weg, schottet sich ab, lässt andere Menschen nicht an sich heran, bis das Berufsethos ihre Haltung aufbricht und sie zwingt Stellung zu beziehen. Ihre Unnahbarkeit offenbart sich als Schutz statt Charakter. Über einen leeren Landstrich, an dem selbst das nahe Meer unsichtbar bleibt, weht ein Wind, von dem man glauben könnte, dass er das kommende "Turiner Pferd" ankündigen will. Auch gegen ihn "tritt" die Frau an, der ihrer nahezu geisterhaften Erscheinung die Physis zurückgibt und sie zu einer Getriebenen zwischen möglichen Lebensentwürfen macht.
P.S.: Unbedingt SHAME angucken, empfehle ich