Eine insgesamt recht interessante und lohnenswerte Kinoausbeute im September:
"Liebe" (Michael Haneke) überträgt die Provokationen und Herausforderungen von Haneke so emotional und bedrückend wie noch nie. Zwei Menschen (wie immer in seinen eigenen Drehbüchern: Georges & Anne) am Abend ihres Lebens, in Liebe und trauter Zweisamkeit vereint. Haneke weiß, dass sich diesem Thema niemand entziehen kann, vor dem Alter bleibt niemand gefeit. Er bleibt so schonungslos nah dran an seinen Figuren wie gewohnt, wodurch auch ihre Geschichte von Treue und Aufopferung sich nur schwer durchstehen lässt. Bis auf eine Ausnahme bleibt das bewegende menschliche Drama ein Kammerspiel, bleibt hinter verschlossenen Türen für "die anderen" verborgen, ein absolut intimes letztes Zeugnis von Liebe. In der einzigen “Aussenszene” lässt uns Haneke übrigens nach seinen Figuren in der Masse fischen, wie bereits im Schlussbild von "Cache". Damals entließ er eine Söhnegeneration in ein neues hoffnungsvolles Nebeneinander, hier in "Liebe" sammelt er seine Protagonisten vom letzten Ausflug in das gesellschaftliche Leben ein.
"Herr Wichmann aus der dritten Reihe" (Andreas Dresen) macht den bodenständigen Lokalpolitiker aus Brandenburg echt sympathisch. Ein moderner Don Quixotte im Kampf mit den unglaublichsten Alltagsproblemen seiner Bürger, für die er so empfänglich bereitsteht. Eine politische Bestandsaufnahme an der schmerzhaft wahren Basis ohne "Parteinahme".
"Holy Motors" (Leos Carax) mit seinem labyrinthischen Aufbau und Metamorphosen könnte man als Hommage an das Kino, wo alles möglich, nichts real ist, deuten. Eine Hommage an die Fiktion auf der Leinwand, überbordend und grenzenlos, ein Zappen von Film zu Film, ein magischer Ort der Verwandlung, eine tolle Spielwiese für Maske, Kostüme und Kulissen. Oder ein verschlungener Traum, ein verästeltes, an den Rändern offenes Gedankenkonstrukt, ein Dutzend im Kopf herumspukender Ideen nicht realisierter Projekte. Oder ...
"The Exchange" (Eran Kolirin) verfolgt den Ausbruch eines jungen Uniprofessors aus seinen gewohnten Bahnen, der plötzlich sein Leben mit dem Blick eines Außenstehenden sieht. Ein ganzes Stück weit interessant, nachvollziehbar, herausfordernd und unbedingt diskussionsanregend, denn an einigen Stellen ist mir persönlich das Verständnis für den Protagonisten abhanden gekommen und hat sich regelrecht umgekehrt. Der Film ist ähnlich wie bereits "Die Band von nebenan" sehr ruhig und beobachtend gestaltet.
"Was bleibt" (Hans Christian Schmid) rückt eine Frau in seinen Mittelpunkt, die an Depressionen leidet (litt), die selbst unsichtbar bleiben und nur über das Verhalten der Familienmitglieder und den Verweis auf früher angedeutet werden. Das Familiendrama rüttelt am Beziehungsgefüge, offenbart allmählich die vorhandenen Risse im Vertrauensverhältnis der Familie, dem sich die Frau auf ihre Weise entzieht.
"Die Fee" (Dominique Abel & Co.) ist eine ganz wunderbar-schräge Groteske von den Machern von "Rumba", die sich in ähnlichem Stil erneut hoffnungslos für einzelne ganz urkomische Szenen verausgaben und dafür in Kauf nehmen, dass ihre kleine sympathische und mitunter sehr artistisch wirkende Aufheiterung keinen nennenswerten dramaturgischen oder erzählerischen Zielen folgt. Hab den Film trotzdem gemocht.
"To Rome with Love" (Woody Allen) dekliniert auf der nächsten Station von Woodys Europareise auf gewohnt witzig und charmante Weise Rom für die Leinwand durch (Liebe, Temperament, Architektur, Kunst, Familie, Touristen, Kochen & Essen, Cafes & Nebenstraßen, Medien & Kunst). Kurzweilig und unterhaltsam wie immer. Für mich leider kein so bleibender Film wie "Midnight in Paris".
"Suicide Room" (Jan Komasa) ist ein toller zeitgemäßer Jugendfilm der Generation Internet. Geschichte und Form gehen hier sehr gut zusammen und offenbaren ein sehr bewegendes und lebendiges Porträt auf Augenhöhe seines Protagonisten.
"Der Fluß war einst ein Mensch" (Jan Zabeil) ist ein bemerkenswertes deutsches Regiedebüt, das ohne Drehbuch als echtes Abenteuer in Afrika entstand, weniger ein Film statt einem todestraumwandlerischen(?) wie entbehrungsreichen Erfahrungstrip, den ein junger Deutscher in Afrika erlebt.
"Liebe" (Michael Haneke) überträgt die Provokationen und Herausforderungen von Haneke so emotional und bedrückend wie noch nie. Zwei Menschen (wie immer in seinen eigenen Drehbüchern: Georges & Anne) am Abend ihres Lebens, in Liebe und trauter Zweisamkeit vereint. Haneke weiß, dass sich diesem Thema niemand entziehen kann, vor dem Alter bleibt niemand gefeit. Er bleibt so schonungslos nah dran an seinen Figuren wie gewohnt, wodurch auch ihre Geschichte von Treue und Aufopferung sich nur schwer durchstehen lässt. Bis auf eine Ausnahme bleibt das bewegende menschliche Drama ein Kammerspiel, bleibt hinter verschlossenen Türen für "die anderen" verborgen, ein absolut intimes letztes Zeugnis von Liebe. In der einzigen “Aussenszene” lässt uns Haneke übrigens nach seinen Figuren in der Masse fischen, wie bereits im Schlussbild von "Cache". Damals entließ er eine Söhnegeneration in ein neues hoffnungsvolles Nebeneinander, hier in "Liebe" sammelt er seine Protagonisten vom letzten Ausflug in das gesellschaftliche Leben ein.
"Herr Wichmann aus der dritten Reihe" (Andreas Dresen) macht den bodenständigen Lokalpolitiker aus Brandenburg echt sympathisch. Ein moderner Don Quixotte im Kampf mit den unglaublichsten Alltagsproblemen seiner Bürger, für die er so empfänglich bereitsteht. Eine politische Bestandsaufnahme an der schmerzhaft wahren Basis ohne "Parteinahme".
"Holy Motors" (Leos Carax) mit seinem labyrinthischen Aufbau und Metamorphosen könnte man als Hommage an das Kino, wo alles möglich, nichts real ist, deuten. Eine Hommage an die Fiktion auf der Leinwand, überbordend und grenzenlos, ein Zappen von Film zu Film, ein magischer Ort der Verwandlung, eine tolle Spielwiese für Maske, Kostüme und Kulissen. Oder ein verschlungener Traum, ein verästeltes, an den Rändern offenes Gedankenkonstrukt, ein Dutzend im Kopf herumspukender Ideen nicht realisierter Projekte. Oder ...
"The Exchange" (Eran Kolirin) verfolgt den Ausbruch eines jungen Uniprofessors aus seinen gewohnten Bahnen, der plötzlich sein Leben mit dem Blick eines Außenstehenden sieht. Ein ganzes Stück weit interessant, nachvollziehbar, herausfordernd und unbedingt diskussionsanregend, denn an einigen Stellen ist mir persönlich das Verständnis für den Protagonisten abhanden gekommen und hat sich regelrecht umgekehrt. Der Film ist ähnlich wie bereits "Die Band von nebenan" sehr ruhig und beobachtend gestaltet.
"Was bleibt" (Hans Christian Schmid) rückt eine Frau in seinen Mittelpunkt, die an Depressionen leidet (litt), die selbst unsichtbar bleiben und nur über das Verhalten der Familienmitglieder und den Verweis auf früher angedeutet werden. Das Familiendrama rüttelt am Beziehungsgefüge, offenbart allmählich die vorhandenen Risse im Vertrauensverhältnis der Familie, dem sich die Frau auf ihre Weise entzieht.
"Die Fee" (Dominique Abel & Co.) ist eine ganz wunderbar-schräge Groteske von den Machern von "Rumba", die sich in ähnlichem Stil erneut hoffnungslos für einzelne ganz urkomische Szenen verausgaben und dafür in Kauf nehmen, dass ihre kleine sympathische und mitunter sehr artistisch wirkende Aufheiterung keinen nennenswerten dramaturgischen oder erzählerischen Zielen folgt. Hab den Film trotzdem gemocht.
"To Rome with Love" (Woody Allen) dekliniert auf der nächsten Station von Woodys Europareise auf gewohnt witzig und charmante Weise Rom für die Leinwand durch (Liebe, Temperament, Architektur, Kunst, Familie, Touristen, Kochen & Essen, Cafes & Nebenstraßen, Medien & Kunst). Kurzweilig und unterhaltsam wie immer. Für mich leider kein so bleibender Film wie "Midnight in Paris".
"Suicide Room" (Jan Komasa) ist ein toller zeitgemäßer Jugendfilm der Generation Internet. Geschichte und Form gehen hier sehr gut zusammen und offenbaren ein sehr bewegendes und lebendiges Porträt auf Augenhöhe seines Protagonisten.
"Der Fluß war einst ein Mensch" (Jan Zabeil) ist ein bemerkenswertes deutsches Regiedebüt, das ohne Drehbuch als echtes Abenteuer in Afrika entstand, weniger ein Film statt einem todestraumwandlerischen(?) wie entbehrungsreichen Erfahrungstrip, den ein junger Deutscher in Afrika erlebt.
LA FEE mochte ich. das war mein erster film dieser leute. alles sehr märchenhaft, sympathisch, humoristisch teilweise wahnwitzig kreativ. aber leider halt auch etwas gefällig/anbiedernd. aber egal: würde ich mir wieder angucken.
SUICIDE ROOM hatte ich mal auf dem radar. letztendlich habe ich ihn nicht angesehen, weil das nicht so interessant für mich klang. nach deiner empfehlung werde ich den film aber nachholen! danke.
TO ROME WITH LOVE werde ich mir auch ansehen, natürlich.
p.s.: von THE EXCHANGE höre ich hier zum ersten mal. ist wohl völlig an mir vorübergegangen.