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Gernguckers Filmtagebuch





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Oktober 2012: “A Simple Life” und mehr



“A Simple Life” (Ann Hui)
Ein sehr berührender und feinfühliger Film über eine einfache, genügsame Frau am Lebensabend, die ihr ganzes Leben lang für andere Menschen da war und nun fernab von ihrer eigenen Familie selbst Hilfe, Pflege und Gesellschaft braucht. Deanie Ip schenkt ihrer Figur dabei alle erdenkliche Würde, verankert sie als ruhenden und disziplinierten Pol im schnellen Leben einer Großstadt und Ann Hui überträgt deren Wesen auf die Inszenierung als unaufgeregtes und humanes Drama.


“3 Zimmer/Küche/Bad” (Dietrich Brüggemann)
Stimmiges Porträt einer Generation im Aufbruch in die Zukunft und der Suche nach dem Platz im Leben und nach der Liebe. Unterhaltsam, humorvoll, nachvollziehbar und authentisch beobachtet. Die Konstruktion des Drehbuches wird dank den vielfältigen Details und Verflechtungen angenehm aufgebrochen.

“Ein griechischer Sommer” (Olivier Horlait)
Allzu simples Familienkino, das zudem einen ernstzunehmenden aktuellen Griechenlandbezug verweigert.

“Guilty of Romance”(Sion Sono)
Unbekümmert heftiges und deftiges Kino, klug verschachtelt erzähltes Porträt dreier unterschiedlicher Frauen über deren verborgenen Sehnsüchte miteinander verbunden. “Love Exposure” gefiel mir von der Trilogie dennoch am besten.

“Gnade” (Matthias Glasner)
Durch die Ausweitung ähnlicher moralischer Herausforderungen auf alle Mitglieder einer dreiköpfigen Familie tritt die Konstruktion der Geschichte ein wenig zu deutlich hervor. Zwei tolle Darsteller (Minichmaier und Vogel) spielen souverän dagegen an, unterstützt von der grandiosen Natur und Lichtstimmung Nordnorwegens.

“UFO in her Eyes” (Xiaolu Guo)
Aus deutlich westlicher Perspektive beobachtet die Autorin und Regisseurin ein chinesisches Dorf im globalen Wandel. Ein vermeintliches UFO ist Auslöser des einbrechenden Turbokapitalismus und Aufbruch in die Moderne, der die Traditionen und Lebensgrundlage der Bauern bedroht. Eine tragikomische Geschichte und formal sehr vielfältig gestaltetes Experiment, das etwas überambitioniert nur in kleineren Details stolpert.

“Robot & Frank” (Jake Schreier)
Gewitzte kleine und charmante Geschichte. Im gewissen Sinne ein sehr bedächtiger ScienceFiction, der vor zunehmender Technisierung und Verlust traditioneller Werte warnt. Eine wunderbare Susan Sarandon in der Nebenrolle.

“Das verborgene Gesicht” (Andres Baiz)
Hui! Da glaubte ich, im Trailer wäre schon der ganze Film verraten, und dann entpuppt sich das thrillerhafte Drama als durchweg hochspannendes Kinostück, das mit der Ahnung des Zuschauers spielt. Die Inszenierung ist einen Tick zu sehr aufgetragen (Donner, Licht), aber die Wirkung des klaustrophobischen Alptraumes ging bei mir letztlich sehr gut auf.

“Sushi in Suhl”(Carsten Fiebeler)
Die tragikomische historische Geschichte bleibt hinter ihrem Potential zurück, bleibt zu flach und uninteressant, gerät auch als Unterhaltungsfilm zu sehr ins Stocken und stellt seine Figuren unnötig heraus (besonders die Nebenrollen sind nah dran an peinlichen Karikaturen).

“Angels Share” (Ken Loach)
Eine der leichteren und humorbewussten Arbeiten von Ken Loach, der dennoch “seinen” Figuren der unteren sozialen Schichten treu bleibt und ihnen hier ein nahezu märchenhaftes Abenteuer gönnt.

“Skyfall” (Sam Mendes)
Bin mit relativ wenigen Erwartungen in das aktuelle James Bond Abenteuer gegangen und war von diesem für mich eher seltenen Ausflug ins Unterhaltungskino zumindest recht angetan. “Skyfall” war für mich ein angenehmer Spagat zwischen moderner und alter Welt oder besser 21. und 20. Jahrhundert, der mit einem Bein im Heute und einem im Gestern seine Standfestigkeit und gleichzeitig die Werte der Kinoreihe Bond beweist. Den wieder verstärkten Fokus auf M, Q und Moneypenny im Wandel der Zeiten fand ich sehr angenehm.




ANGELS' SHARE ist für ken loach verhältnisse beschämend, weil im mainstreamkino angekommen. GUILTY OF ROMANCE rulez.

ubaldo empfiehlt noch wärmstens DEADFALL, außerdem L'EXERCICE DE L'ETAT und leicht eingeschränkt L'ENFANT D'EN HAUT. allesamt diesen monat im kino.

p.s.: von ROBOT & FRANK hab ich noch nix gehört. danke für den tipp.
von A SIMPLELIFE habe ich schon gehört. ich werde mal ausschau nach dem film halten..


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Daß unsere aktuelle Schnittmenge leer ist, betrübt mich.
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Ubaldo Terzani sagte am 04. November 2012, 22:24:

.ubaldo empfiehlt noch wärmstens DEADFALL, außerdem L'EXERCICE DE L'ETAT und leicht eingeschränkt L'ENFANT D'EN HAUT. allesamt diesen monat im kino

“L’enfant d’en Haut” (den ich bei der Berlinale ausgelassen hatte) gehört für mich neben “Pieta” zum Pflichtprogramm für den November. Auf “Der Aufsteiger” bin ich auch schon recht neugierig geworden. Aber deine Empfehlung für “Deadfall” lenkt meine Aufmerksamkeit auf einen Film, den ich bislang gar nicht wahrgenommen habe. Ruzowitzky’s “Siebtelbauern” hat mir damals sehr imponiert, bevor er sich dann für “Anatomie” hergab und für “Die Fälscher” in meinen Augen maßlos überschätzt wurde.
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The Critic sagte am 05. November 2012, 11:42:

Daß unsere aktuelle Schnittmenge leer ist, betrübt mich.
Welche Schnittmenge meinst Du?
Die der uns beiden bekannten Filme oder jene der von uns beiden ähnlich gesehenen Filme?
Meine Oktoberfilmauswahl liest sich sicher etwas mainstreamig aber dafür sitze ich quasi schon auf gepackten Cottbus-Koffern. ;-)
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Gerngucker sagte am 05. November 2012, 21:31:

“L’enfant d’en Haut” (den ich bei der Berlinale ausgelassen hatte) gehört für mich neben “Pieta” zum Pflichtprogramm für den November. Auf “Der Aufsteiger” bin ich auch schon recht neugierig geworden. Aber deine Empfehlung für “Deadfall” lenkt meine Aufmerksamkeit auf einen Film, den ich bislang gar nicht wahrgenommen habe. Ruzowitzky’s “Siebtelbauern” hat mir damals sehr imponiert, bevor er sich dann für “Anatomie” hergab und für “Die Fälscher” in meinen Augen maßlos überschätzt wurde.

DEADFALL bewegt sich irgendwo zwischen der dramatik von WINTER'S BONE und der kompromisslosen härte von NO COUNTRY FOR OLD MAN. ich finde den film jedenfalls besser als den allseits gehypten KILLER JOE. und eric bana und olivia wilde liefern tolle performances, wie auch charlie hunman. den film zu sehen lohnt sich also, lan. ich will aber keine übergroßen erwartungen schüren. besser wenig wissen und dann positiv überrascht werden. :)

ist bei weitem nicht über alles erhaben, dieser film. aber jedenfalls habe ich in den letzten zwei, drei, vielleicht vier wochen nix besseres gesehen als DEADFALL.
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Gerngucker sagte am 05. November 2012, 21:33:

Welche Schnittmenge meinst Du?Die der uns beiden bekannten Filme oder jene der von uns beiden ähnlich gesehenen Filme?

Letzteres wäre betrüblich genug, aber leider ist es ersteres. Wobei das eher in meine als in Deine Richtung gemeint war - ich komme kaum noch ins aktuelle Kinoprogramm.
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Leider bin ich da in genau derselben Lage wie Critic - soll heißen, ich habe keinen dieser Filme gesehen. Insofern war es zwar schon interessant für mich, Deine Einschätzungen zu lesen, kann diese aber mit keiner eigenen abgleichen.
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Gerngucker
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