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The Cronicles of D.C.L. - Reloaded

Immer noch uninteressante Gedanken rund ums Thema Kino, häufig gestört durch geschwätzige Anekdoten und müde Kalauer




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The Help...



‎...ist auf formaler Ebene ein schörkellos inszeniertes, durch die Bank weg blendend gespieltes Melodram, dass trotz 2 Stunden Laufzeit niemals langweilig wird und auf inhaltlicher Ebene ein Unding.
Vorsichtig ausgedrückt bin ich es leid, Filme zu sehen, die mich für absolut blöde halten und mir im Stile des Erklärbären erzählen wollen, dass Rassismus ganz ganz böse ist und Zivilcourage ganz ganz gut. Danke, das weiß ich, und es wird nicht besser, sondern schlechter, wenn ein Film so ambitioniert ist, seine banale Botschaft zu predigen, dass genau diese Ambition durchgehend sichtbar und - schlimmer - spürbar ist und im Gegenteil sogar dann noch dazu führt, dass...doch dazu später mehr. Da ist mir die beiläufige, unkommentierte Schilderung in deutlich intelligenteren Kunstwerken wie "Mad Men" doch tausendmal lieber, weil man sich dort nicht hinter irgendwelchen klar getrennten gut-böse-Mätzchen verstecken kann, wie es hier ohne Weiteres möglich ist - man hat angesichts der lebensfrohen Guten und den hinterfotzigen, durchtriebenen Bösen nicht eine Sekunde lang das Dilemma, meinen zu müssen, man wäre in dieser Situation doch womöglich auf der falschen Seite gestanden - sondern ambivalente Figuren vorgesetzt bekommt, die einem durchaus nicht unsympathisch sind und die dann Minstrel-Shows abfeiern und den schwarzen Pagen beschimpfen, was so dermaßen viel widerlicher, unangenehmer ist, weil man zuvor streckenweise gar nicht anders konnte, als sich mit ihnen zu identifizieren und infolgedessen gar nicht anders kann, als die eigenen Dämonen zu hinterfragen, was viel spannender und zweckdienlicher ist, als eine enervierend eindimensionale Lehrstunde darin, was an Rassismus alles scheiße ist. Aber das ist ja noch gar nicht das Schlimmste.
Nicht vorsichtig, sondern aufgewühlt und polemisch ausgedrückt ist dieser Film so versucht, auch ja alles "richtig" zu machen, dass es in zweierlei Hinsicht unweigerlich im Rassismus mündet. Da wäre zum einen die Tatsache, dass sämtliche weiße Figuren schillernde Typen mit unheimlichen Macken und Abgründen, lies: Menschen, sind, während man derart vorsichtig mit den Schwarzen umging, dass dadurch immergleiche Schablonen entstanden, die auch das wirklich richtig tolle Spiel nicht verdecken konnten. Schwarze (Frauen) sind durch die Bank weg leidende, aber herzensgute, weise Opfer, die ihre Rollen im Haus der Unterdrücker perfekt ausfüllen, in der Küche sympathisch lästern und zu Hause die (Pseudo-)Revolution planen. Irgendwelche wirklich arschigen Züge? Fehlanzeige - und man komme mir nicht mit der Scheißekuchen-Nummer, die war nämlich, wie alles bei diesen wunder-wunder-wunderbaren Figuren, originell, witzig und hat die Goldrichtige getroffen. Ich übertreibe? Das Thema hier war nunmal die Unterdrückung von Menschen und der Widerstand dagegen und nicht die Ambivalenz, die in uns allen steckt? Dann hätte ich nur eine Frage: der Drecksack von Ehemann, der Octavia Spencer im Film regelmäßig blutig schlägt, wie bitteschön sah der aus? Antworten bitte unter der Überschrift "positiver Rassimus" an wen auch immer.
Aber das alles ist ja noch nichtmal das Schlimmste. Viel blöder ist ja, und hier wird es eklig, dass dieser Film zum x-ten mal das Hollywood-typische, oft genug geschichtsklitternde und grenzrassistische Klischee vom schwarzen/gelben/blauen Opfer, dass es ohne den schillernden weißen Helden (hier: der Heldin) niemals aus der wenn schon nicht selbstverschuldeten, so doch schweigend geduldeten Unmündigkeit geschafft hätte, munter weiterspinnt und somit mal wieder einen Film produziert hat, aus dem am Ende alle ein bisschen selbstzufriedener und viele ein bisschen gehirngewaschener und dümmer rausgehen als vorher. Peinlich ist es vor allem dadurch, weil man hier im Gegensatz zu anderen Werken gleicher Struktur nun wirklich kein Genie sein muss, um zu durchschauen, dass vom dramaturgischen Standpunkt her Emma Stone KEINE SAU braucht. Klar hätten es die schwarzen Frauen als schwarze Frauen zur damaligen Zeit schwer gehabt, einen Verleger zu finden, es sei denn, sie hätten am Telefon geschwindelt, und...öhm, ja, genau das hätten sie machen können. Wir reden ja hier weder von einer Geschichte, die sich wirklich so zugetragen hätte, noch von einem Film, der sich allzu viel Mühe um ein wirklich authentisches Setting gibt, also: warum nicht?
Die Antwort auf diese Frage ist so einfach wie traurig: weil Hollywood (beziehungsweise die Autorin der Buches) immer noch glaubt, dass die weiße Konsumentenmehrheit weiße Identifikationsfiguren braucht, dass niemand beim Überlebenskampf der Samurai mitfiebert, keiner die amerikanischen Ureinwohner beweint und keiner mit dem Schicksal von schwarzen Dienstmädchen in den 60ern mitfiebert, wenn nicht Tom Cruise, Kevin Costner und Emma Stone in die Kamera starren und die edlen Wilden ins gelobte Land führen. Das Traurigste dabei ist, dass bei Hollywood immer schon weniger ideologische als ökonomische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, sie also mit ihrer Theorie in irgendeiner Form recht haben müssen, weil sich sonst dieses ungute Schema niemals so lange hätte halten können.

D.C.L.