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Herr Settembrini schaltet das Licht an

Oberlehrerhafte Ergüsse eines selbsternannten Filmpädagogen




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Harry Potter und der Halbblutprinz



Zu diesem Film nur ein paar kurze Anmerkungen, die aber trotzdem so spoilerlastig sein dürften, daß der Kommentar sich nur für Leser eignet, die den Film bereits kennen, oder die es nicht stört, wenn sie hier wichtiges erfahren, solche Leute gibt es ja (so wie ja auch manche Leute bei Büchern das Ende zuerst lesen...).
Um erst mal was nettes zu sagen: ich hatte den Film als wesentlich schlechter in Erinnerung, diesmal hinterließ er mich vergleichsweise milde gestimmt. Die Inszenierung ist vielleicht nicht immer stimmig, aber doch an vielen Stellen, und gerade die Nebenhandlung um Draco Malfoy, der unter seinem Mordauftrag leidet, ist sogar richtig gut umgesetzt: Draco ist meistens allein im Bild, oder wenn er mit anderen zusammen ist, doch so, daß er trotzdem isoliert wirkt.
Dafür hat das Drehbuch aber gewaltige Macken. Manche davon sind praktisch unvermeidlich: daß Voldemorts Geheimnis darin besteht, daß er gleich eine ganze Reihe von Horkruxen erzeugt hat, ist durch die Buchvorlage bedingt: sicher war das keine besonders gute Idee von J.K. Rowling, weil dadurch der letzte Band (und seine zweigeteilte Filmadaption ebenso) über weite Strecken zu einer Art Schnitzeljagd geraten ist, aber ob gut oder schlecht, es ist ein essentieller Bestandteil der Geschichte, und wenn der Film hier grundlegend abgewichen wäre, dann wäre es eben nicht mehr Harry Potter gewesen.
Das Drehbuch weicht aber auch an etlichen Stellen vom Roman ab oder setzt die Schwerpunkte anders, und da kann man tatsächlich herummeckern. Wenn diese Detailänderungen dem Film gut getan hätten, wäre das ja in Ordnung gewesen, aber leider wirken sie sich praktisch alle nachteilig aus. Die eigens für den Film erfundene Szene, in der Bellatrix Lestrange den Fuchsbau in Schutt und Asche legt, ist unmotiviert und im Grunde genommen völlig sinnlos, offenbar sollten hier Harry und Ginny zusammen ganz doll in Gefahr geraten, aber danach wird sie nie wieder erwähnt. Und weil der Film ohnehin über Gebühr an dieser zarten Romanze interessiert ist (klar, schließlich wollen die Zuschauer ja Liebesgeschichten sehen, oder zumindest glauben das die Hollywoodproduzenten), vernachlässigt er dafür die Erforschung der Geschichte des dunklen Lords, die eigentlich das Zentrum des Romans darstellt, wovon im Film aber nicht viel zu merken ist. Auch die Änderungen kleiner Details sind oft ungeschickt: bei der Beerdigung der Riesenspinne Aragog verhält sich Prof. Slughorn zunächst so, daß er damit wohl kaum die Sympathie des Monsterliebhabers Hagrid gewinnen würde - die entsprechende Szene im Buch ist ganz anders, und die Änderungen sind hier von Nachteil, eben nicht, weil es Änderungen sind, sondern weil sie der psychologischen Glaubwürdigkeit schaden. Und auch (hier kommt jetzt der Ober-Spoiler!) die Schlüsselszene, in der Dumbledore stirbt, hat der Film verpatzt: im Buch macht Dumbledore selbst Harry noch bewegungsunfähig, und so sieht dieser gezwungenermaßen untätig zu, wie alles weitere geschieht. Dieses Detail fehlt im Film, wodurch die Sache aber unglaubwürdig wird: Dumbledore sagt zwar, daß Harry nichts tun solle, aber wer glaubt denn ersthaft, daß ein Hitzkopf wie Harry das je durchhielte? Genau so sieht die Szene nun aber aus. Daß dagegen der Kampf, der dann außerdem noch in Hogwarts stattfindet, sehr kurz gekommen ist, stört mich persönlich weniger.
Letztlich sind das nur die wichtigsten Beispiele dafür, wie das Drehbuch durch einige sehr ungeschickte Abweichungen (oder Verkürzungen) der Vorlage dem Film als ganzes schadet. Angehenden Drehbuchautoren sollte man "Harry Potter und der Halbblutprinz" als Beispiel vorführen, wie man ein Buch nicht adaptiert. Und das ist ziemlich schade, denn in anderen Belangen ist der Film gar nicht mal so übel, wie mir erneuten Sehen auffiel.

(Das Thema Literaturverfilmung werde ich wohl in einem eigenen Beitrag noch mal ansprechen, weil es mir bei diesem Film gerade wieder in den Sinn kam.)




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