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Die 80er: eine Verteidigungsrede
von Settembrini ·
16 Mai 2013
Kategorie:
Allgemeines
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Beim flüchtigen Lesen der letzten Kurzkommentare stieß ich mal wieder auf die erstaunlich weit verbreitete Ansicht, die 80er Jahre seien die schlechteste Filmdekade überhaupt gewesen, und da fragte ich mich wieder einmal, was dieses Jahrzehnt nur verbrochen hat, daß mit solcher Hartnäckigkeit auf ihm herumgehackt wird.
Ich selbst halte die 80er nämlich keineswegs für ein besonders schlechtes Jahrzehnt, wobei ich natürlich voreingenommen bin: mit Blue Velvet, Fanny und Alexander und Der Kontrakt des Zeichners gehören gleich drei Filme der 80er dem engsten Kreis meiner Lieblingsfilme an, und manche Nachschlagewerke schlagen Louis Malles Eine Komödie im Mai dem Jahr 1989 (und nicht 1990) zu; wenn ich diesen Nachschlagewerken folge, dann sind es sogar vier meiner absoluten Lieblingsfilme, die aus den 80ern stammen. Schon durch diese Filme fühle ich mich den 80ern eng verbunden.
Und auch sonst fallen mir jede Menge großartiger Filme aus den 80ern ein: Sergio Leones gewaltiger Schwanengesang Es war einmal in Amerika wäre hier ebenso zu nennen wie die beiden großen Alterswerke Akira Kurosawas Kagemusha und Ran; mit Der Blade Runner hat das Jahrzehnt einen der bemerkenswertesten und einflußreichsten Science-Fiction-Filme zu bieten (und mit Der Terminator einen der finstersten, da ich gerade bei der Science Fiction bin); auch Brazil sollte in diesem Zusammenhang erwähnt werden; auch im Anime-Bereich hat die Dekade einiges zu bieten, wie etwa den erschütternden Die letzten Glühwürmchen; und keinesfalls sollte man, wenn man von den 80ern spricht, Shoah vergessen, der fraglos zu den bedeutendsten Dokumentarfilmen überhaupt gehört.
Auch vom osteuropäischen Film sollte man in diesem Zusammenhang sprechen: ich denke dabei etwa an Kieslowskis Ein kurzer Film über das Töten oder Elem Klimows Komm und sieh (bzw. Geh und sieh, beide deutschen Titel sind mir schon begegnet), aber auch an Briefe eines Toten (der mich persönlich mehr beeindruckt hat als sein amerikanisches Gegenstück The Day After). Auch Kubricks Full Metal Jacket, der mir bei der Kriegsthematik soeben in den Sinn kommt, ist vielleicht nicht gerade sein bester Film, aber auf alle Fälle doch ein bemerkenswerter Film.
Das Jahrzehnt hat so faszinierende Werke wie Vincent Wards Der Navigator oder John Boormans bildgewaltigen Excalibur zu bieten, dazu Claude Millers ungemein fesselnden Das Auge (und da ich gerade bei Michel Serrault bin, will ich gleich noch Die Fantome des Hutmachers, der sicher zu den Höhepunkten im Werk Claude Chabrols gehört, ergänzen). Diese Aufzählung bemerkenswerter Filme der 80er ist natürlich weit davon entfernt, vollständig zu sein, aber auch so wird, denke ich, schon mal deutlich: ein Jahrzehnt, das solche Filme zu bieten hat, kann ja wohl so schlecht gar nicht gewesen sein.
Natürlich hat es auch in den 80ern schlechte Filme gegeben, vermutlich sogar jede Menge. Das war aber in allen Jahrzehnten so. Man sehe sich nur mal im Kino der Gegenwart um, mit seinen unzähligen Remakes und Fortsetzungen und dem übermäßigen Einsatz von CGI und 3D - ist das nun so viel besser als das Mainstream-Kino der 80er?
Manchmal habe ich den Eindruck, daß einige Filmliebhaber den 80ern nicht verzeihen können, daß die Ära des New Hollywood zu dieser Zeit endgültig vorbei war und statt dessen Star Wars und das Spielberg-Kino ihren Siegeszug antraten. Mal ganz davon abgesehen, daß ich zumindest das Spielberg-Kino längst nicht so negativ sehe wie viele andere Filminteressierte: Beide Entwicklungen hatten aber schon in den 70ern begonnen, und New Hollywood konnte vermutlich nicht von Dauer sein (so wie es eben auch eine Zeit des Film Noir oder des neorealistischen Films gab).
Aber ich will nun gar nicht weiter irgendwelche Vermutungen anstellen, denn letztlich weiß ich wirklich nicht so recht, warum gerade die 80er so oft als das schlechteste Filmjahrzehnt bezeichnet werden. Worauf beruht diese Einschätzung? Oder ist es am Ende gar keine Einschätzung, sondern eine reine Behauptung ohne Substanz?
Ich selbst halte die 80er nämlich keineswegs für ein besonders schlechtes Jahrzehnt, wobei ich natürlich voreingenommen bin: mit Blue Velvet, Fanny und Alexander und Der Kontrakt des Zeichners gehören gleich drei Filme der 80er dem engsten Kreis meiner Lieblingsfilme an, und manche Nachschlagewerke schlagen Louis Malles Eine Komödie im Mai dem Jahr 1989 (und nicht 1990) zu; wenn ich diesen Nachschlagewerken folge, dann sind es sogar vier meiner absoluten Lieblingsfilme, die aus den 80ern stammen. Schon durch diese Filme fühle ich mich den 80ern eng verbunden.
Und auch sonst fallen mir jede Menge großartiger Filme aus den 80ern ein: Sergio Leones gewaltiger Schwanengesang Es war einmal in Amerika wäre hier ebenso zu nennen wie die beiden großen Alterswerke Akira Kurosawas Kagemusha und Ran; mit Der Blade Runner hat das Jahrzehnt einen der bemerkenswertesten und einflußreichsten Science-Fiction-Filme zu bieten (und mit Der Terminator einen der finstersten, da ich gerade bei der Science Fiction bin); auch Brazil sollte in diesem Zusammenhang erwähnt werden; auch im Anime-Bereich hat die Dekade einiges zu bieten, wie etwa den erschütternden Die letzten Glühwürmchen; und keinesfalls sollte man, wenn man von den 80ern spricht, Shoah vergessen, der fraglos zu den bedeutendsten Dokumentarfilmen überhaupt gehört.
Auch vom osteuropäischen Film sollte man in diesem Zusammenhang sprechen: ich denke dabei etwa an Kieslowskis Ein kurzer Film über das Töten oder Elem Klimows Komm und sieh (bzw. Geh und sieh, beide deutschen Titel sind mir schon begegnet), aber auch an Briefe eines Toten (der mich persönlich mehr beeindruckt hat als sein amerikanisches Gegenstück The Day After). Auch Kubricks Full Metal Jacket, der mir bei der Kriegsthematik soeben in den Sinn kommt, ist vielleicht nicht gerade sein bester Film, aber auf alle Fälle doch ein bemerkenswerter Film.
Das Jahrzehnt hat so faszinierende Werke wie Vincent Wards Der Navigator oder John Boormans bildgewaltigen Excalibur zu bieten, dazu Claude Millers ungemein fesselnden Das Auge (und da ich gerade bei Michel Serrault bin, will ich gleich noch Die Fantome des Hutmachers, der sicher zu den Höhepunkten im Werk Claude Chabrols gehört, ergänzen). Diese Aufzählung bemerkenswerter Filme der 80er ist natürlich weit davon entfernt, vollständig zu sein, aber auch so wird, denke ich, schon mal deutlich: ein Jahrzehnt, das solche Filme zu bieten hat, kann ja wohl so schlecht gar nicht gewesen sein.
Natürlich hat es auch in den 80ern schlechte Filme gegeben, vermutlich sogar jede Menge. Das war aber in allen Jahrzehnten so. Man sehe sich nur mal im Kino der Gegenwart um, mit seinen unzähligen Remakes und Fortsetzungen und dem übermäßigen Einsatz von CGI und 3D - ist das nun so viel besser als das Mainstream-Kino der 80er?
Manchmal habe ich den Eindruck, daß einige Filmliebhaber den 80ern nicht verzeihen können, daß die Ära des New Hollywood zu dieser Zeit endgültig vorbei war und statt dessen Star Wars und das Spielberg-Kino ihren Siegeszug antraten. Mal ganz davon abgesehen, daß ich zumindest das Spielberg-Kino längst nicht so negativ sehe wie viele andere Filminteressierte: Beide Entwicklungen hatten aber schon in den 70ern begonnen, und New Hollywood konnte vermutlich nicht von Dauer sein (so wie es eben auch eine Zeit des Film Noir oder des neorealistischen Films gab).
Aber ich will nun gar nicht weiter irgendwelche Vermutungen anstellen, denn letztlich weiß ich wirklich nicht so recht, warum gerade die 80er so oft als das schlechteste Filmjahrzehnt bezeichnet werden. Worauf beruht diese Einschätzung? Oder ist es am Ende gar keine Einschätzung, sondern eine reine Behauptung ohne Substanz?
Zitat
Um es ganz kurz zu halten, ich glaube die allgemeine Einschätzung bezieht sich in der Regel nur auf Hollywood und das US Kino dieses Jahrzehnts. Nicht auf das Weltkino. Denn in Europa und vielen anderen Ländern platzte das Kino aus den Nähten, sehr viele interessante FIlme erblickten das Licht.
Was so eine Aussage per se angeht, halte ich das für ziemlich groben Unfug. Aber ich persönlich würde so eine Aussage weder über das US-Kino der 80er, der 90er, der 00er machen. Vielleicht noch über das, der Gegenwart, aber eigentlich auch nicht. Gute Filme gibt es nämlich nachwievor.