Viennale, das bedeutet berstend volle Kinos, Napoli Drageekeksis soviel man möchte (weil diese
Süßigkeit vom Hauptsponsor, einer Telekomfirma, tonnenweise kostenlos zur Verfügung gestellt
wird), eine unübersichtlich große Filmauswahl innerhalb kurzer Zeit, Regisseure und Schauspieler,
die bei der Aufführung ihrer Filme anwesend sind, und vieles andere mehr. Kurz gesagt, das Festival
bietet einen besonderen Rahmen für besondere Filme. Und dies gilt wohl mehr oder minder für
alle Festivals dieser Welt. Und dieser besondere Rahmen ist für viele, mich eingeschlossen, recht
attraktiv. Denn während Programmkinos im Zeitalter der Digitalisierung und dem damit verbunden
leichten Zugang zu Filmen via Internet mit Zuschauerschwund zu kämpfen haben, boomen
Festivals (und Cinemathequen). So konnte die Viennale auch heuer wieder trotz des gewohnt sperrigen
Programms einen neuen Zuschauerrekord vermelden.(98T). Vier Filme habe ich gesehen, und kein
einziger hat mich enttäuscht. Allerdings konnte mich auch keiner so begeistern wie Vie d'Adele im
Vorjahr.
Clouds of Sils Maria Olivier Assayas OmU Gartenbaukino
Die Filme von Assayas, der für mich zu den besten und liebsten zeitgenössischen Regisseuren zählt,
haben eine unglaubliche stilistische Bandbreite. Sie reichen von actionreichen Filmen wie die beiden letzten(Carlos, Apres mai) bis zu an Rohmer erinnernde Filme, wo der Dialog wichtiger ist als der Plot.
Und zu dieser Kategorie kann man auch Clouds of Sils Maria zählen. Zwei Frauen stehen
hier im Mittelpunkt. Die eine ist die berühmte Schauspielerin Maria Enders in ihren Vierzigern
(Juliette Binoche), die andere ist ihre weit jüngere, sie verehrende Assistentin Valentine(Kirsten Stewart).
Gemeinsam studieren sie in der atemberaubenden Bergwelt von Sils Maria (Engadin, Schweiz)
Enders neue Rolle ein. Es handelt sich dabei um die Wiederaufnahme jenes Stückes, mit dem
Enders einst als junges Mädchen über Nacht berühmt wurde. Darin geht es um eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Frauen unterschiedlichen Alters, die für die ältere fatal endet. Wurde Enders durch
die Verkörperung der Jungen berühmt, muss sie nun widerwillig die Alte spielen. Dieses Grundgerüst
bietet Assayas die Möglichkeit für eine Unzahl von Spiegelungen und Verknüpfungen, für eine Unzahl von Fragen, die diesem Filmemacher, der sehr im Heute verhaftet ist, seit je her interessieren. Jene nach dem Verhältnis der Generationen ist da nur eine davon. Und selbstverständlich ist der Film auch eine Hommage an die große Juliette Binoche im speziellen und Schauspielerinnen im allgemeinen.
Das ganze wird in wunderbaren Breitwandbildkompositionen von Yorick Le Saux, mit dem
Assayas schon öfter gearbeitet hat(etwa Carlos) dargeboten.
So fiel es mir leicht, die für den Film notwendige Konzentration aufzubringen. Clouds of Sils Maria
ist kein dramatischer Film, der einem den Atem raubt, sondern ein leises Werk, dessen Wirkung
sich erst nach und nach entfaltet. Und am Ende der Vorstellung wurde ordentlich applaudiert.
P.S.
Dieser französische Film, koproduziert von Deutschland und der Schweiz ist in englischer Sprache,
was bei allen diesbezüglichen Bemühungen durch Assayas nur bedingt schlüssig ist. Aber englisch=
sprachige Filme sind auf den Weltmarkt halt leichter unterzubringen.
Bande a part Jean-Luc Godard SW OmU Metro Kinokulturhaus Eric Pleskow Saal
"Cinque Fois Godard" hieß die Programmschiene in der dieser Klassiker lief. Fünf Filmemacher
wählten einen Godard-Film aus. Olivier Assayas entschied sich für Nouvelle Vague, und
Agnes Varda habe ich es zu verdanken, dass ich Bande a Part endlich sehen konnte.
Er entpuppte sich als leichtfüßiger, skizzenhafter Film im atemberaubenden Tempo
über jugendlichen Übermut und jugendliches Begehren. Die naiv kindliche Odile(Anna Karina), der schöne aber verträumte Franz(Samy Frey), und der entschlossene Arthur (Claude Brasseur) lernen sich
bei einem Englischkurs kennen. Zu dritt tanzen sie, zu dritt stürmen sie in neuer Bestzeit durch das Louvre, und zu dritt wollen sie das viele Geld holen, von dem Odile erzählte.
Ein amerikanischer Krimiroman diente Godard als Vorlage für diesen Film, der selbstverständlich
auch eine Genre-Dekonstruktion ist. Vieles erinnert hier am später gedrehten und von mir sehr geschätzten Alphaville, der aber sicherlich der bessere, weil tiefsinnigere Film ist.
Bande a Part ist wohl nur ein Nebenwerk Godards, aber eines das unglaublich viel Spaß macht,
und gerade deswegen nicht zu unterschätzen ist.
Pasolini Abel Ferrara OmU Gartenbaukino
Ferrara, der anwesend war, und sich anschließend den Fragen des Publikums stellte, beschränkt
sich in seinem Film über den von ihm verehrten italienischen Filmemacher, auf dessen letzten Tage.
Dazu verfilmt er auszugsweise Pasolinis letztes Drehbuch, das er nach Salo in Angriff nehmen wollte.
Diese beiden Ebenen ergänzen und kommentieren einander. Das ergibt in Summe einen ziemlich
eindrucksvollen Film, und das ist es auch was er macht, nämlich Eindrücke zu vermitteln, anstatt
wie bei einem gängigen Biopic üblich, die Biographie nachzuerzählen. So weiß ich nun genausowenig
über Pasolini wie zuvor, habe aber dafür viele interessante Eindrücke gewonnen. Einzig die Sprache
fand ich ein wenig gewöhnungsbedürftig. Pasolini (Defoe) spricht Englisch, alle anderen aber Italienisch,
was einen eigentümlichen Verfremdungseffekt ergibt.
Dies war übrigens mein erster Film von Abel Ferrara, und ich bedaure nicht ihn kennengelernt zu haben.
Bande de Filles OmU Celine Sciama Metro Kinokulturhaus Großer Saal
Dieser Film erzählt von der Entwicklung von Marieme, einem halbwüchsigen schwarzen Mädel
aus der Pariser Vorstadt, den berühmt berüchtigten Banlieu. Der Film beginnt damit, dass sie sich der titelgebenden (schwarzen) Mädchenbande anschließt. Gemeinsam zieht man durch Paris, stiehlt
Kleider, und mietet sich mit von weißen Mitschülerinnen erpresstem Geld in Hotelzimmer ein.
Sciamma, eine weiße lesbische Filmemacherin gelingen da wirklich großartige Bilder jugendlicher
Ausgelassenheit. Diese Ausgelassenheit kann aber nicht hinwegtäuschen, dass die Zukunfts=
aussichten Mariemes, und die der anderen Mädchen nicht die besten sind. Marieme bleibt
wegen schlechter Noten eine weiterführende Schulbildung verwehrt, und so wie ihre
Mutter als Putzfrau zu arbeiten, kommt für sie nicht in Frage.
Bande de Filles ist ein interessanter und sehenswerter Film über die Träume weiblicher
Jugendlicher in einer in vielfacher Beziehung schwierigen Umgebung. Und er ist definitiv
keine betroffen machende Sozialstudio.
Clouds of Sils Maria Bande a part Pasolini Bande de Filles
Süßigkeit vom Hauptsponsor, einer Telekomfirma, tonnenweise kostenlos zur Verfügung gestellt
wird), eine unübersichtlich große Filmauswahl innerhalb kurzer Zeit, Regisseure und Schauspieler,
die bei der Aufführung ihrer Filme anwesend sind, und vieles andere mehr. Kurz gesagt, das Festival
bietet einen besonderen Rahmen für besondere Filme. Und dies gilt wohl mehr oder minder für
alle Festivals dieser Welt. Und dieser besondere Rahmen ist für viele, mich eingeschlossen, recht
attraktiv. Denn während Programmkinos im Zeitalter der Digitalisierung und dem damit verbunden
leichten Zugang zu Filmen via Internet mit Zuschauerschwund zu kämpfen haben, boomen
Festivals (und Cinemathequen). So konnte die Viennale auch heuer wieder trotz des gewohnt sperrigen
Programms einen neuen Zuschauerrekord vermelden.(98T). Vier Filme habe ich gesehen, und kein
einziger hat mich enttäuscht. Allerdings konnte mich auch keiner so begeistern wie Vie d'Adele im
Vorjahr.
Clouds of Sils Maria Olivier Assayas OmU Gartenbaukino
Die Filme von Assayas, der für mich zu den besten und liebsten zeitgenössischen Regisseuren zählt,
haben eine unglaubliche stilistische Bandbreite. Sie reichen von actionreichen Filmen wie die beiden letzten(Carlos, Apres mai) bis zu an Rohmer erinnernde Filme, wo der Dialog wichtiger ist als der Plot.
Und zu dieser Kategorie kann man auch Clouds of Sils Maria zählen. Zwei Frauen stehen
hier im Mittelpunkt. Die eine ist die berühmte Schauspielerin Maria Enders in ihren Vierzigern
(Juliette Binoche), die andere ist ihre weit jüngere, sie verehrende Assistentin Valentine(Kirsten Stewart).
Gemeinsam studieren sie in der atemberaubenden Bergwelt von Sils Maria (Engadin, Schweiz)
Enders neue Rolle ein. Es handelt sich dabei um die Wiederaufnahme jenes Stückes, mit dem
Enders einst als junges Mädchen über Nacht berühmt wurde. Darin geht es um eine sexuelle Beziehung zwischen zwei Frauen unterschiedlichen Alters, die für die ältere fatal endet. Wurde Enders durch
die Verkörperung der Jungen berühmt, muss sie nun widerwillig die Alte spielen. Dieses Grundgerüst
bietet Assayas die Möglichkeit für eine Unzahl von Spiegelungen und Verknüpfungen, für eine Unzahl von Fragen, die diesem Filmemacher, der sehr im Heute verhaftet ist, seit je her interessieren. Jene nach dem Verhältnis der Generationen ist da nur eine davon. Und selbstverständlich ist der Film auch eine Hommage an die große Juliette Binoche im speziellen und Schauspielerinnen im allgemeinen.
Das ganze wird in wunderbaren Breitwandbildkompositionen von Yorick Le Saux, mit dem
Assayas schon öfter gearbeitet hat(etwa Carlos) dargeboten.
So fiel es mir leicht, die für den Film notwendige Konzentration aufzubringen. Clouds of Sils Maria
ist kein dramatischer Film, der einem den Atem raubt, sondern ein leises Werk, dessen Wirkung
sich erst nach und nach entfaltet. Und am Ende der Vorstellung wurde ordentlich applaudiert.
P.S.
Dieser französische Film, koproduziert von Deutschland und der Schweiz ist in englischer Sprache,
was bei allen diesbezüglichen Bemühungen durch Assayas nur bedingt schlüssig ist. Aber englisch=
sprachige Filme sind auf den Weltmarkt halt leichter unterzubringen.
Bande a part Jean-Luc Godard SW OmU Metro Kinokulturhaus Eric Pleskow Saal
"Cinque Fois Godard" hieß die Programmschiene in der dieser Klassiker lief. Fünf Filmemacher
wählten einen Godard-Film aus. Olivier Assayas entschied sich für Nouvelle Vague, und
Agnes Varda habe ich es zu verdanken, dass ich Bande a Part endlich sehen konnte.
Er entpuppte sich als leichtfüßiger, skizzenhafter Film im atemberaubenden Tempo
über jugendlichen Übermut und jugendliches Begehren. Die naiv kindliche Odile(Anna Karina), der schöne aber verträumte Franz(Samy Frey), und der entschlossene Arthur (Claude Brasseur) lernen sich
bei einem Englischkurs kennen. Zu dritt tanzen sie, zu dritt stürmen sie in neuer Bestzeit durch das Louvre, und zu dritt wollen sie das viele Geld holen, von dem Odile erzählte.
Ein amerikanischer Krimiroman diente Godard als Vorlage für diesen Film, der selbstverständlich
auch eine Genre-Dekonstruktion ist. Vieles erinnert hier am später gedrehten und von mir sehr geschätzten Alphaville, der aber sicherlich der bessere, weil tiefsinnigere Film ist.
Bande a Part ist wohl nur ein Nebenwerk Godards, aber eines das unglaublich viel Spaß macht,
und gerade deswegen nicht zu unterschätzen ist.
Pasolini Abel Ferrara OmU Gartenbaukino
Ferrara, der anwesend war, und sich anschließend den Fragen des Publikums stellte, beschränkt
sich in seinem Film über den von ihm verehrten italienischen Filmemacher, auf dessen letzten Tage.
Dazu verfilmt er auszugsweise Pasolinis letztes Drehbuch, das er nach Salo in Angriff nehmen wollte.
Diese beiden Ebenen ergänzen und kommentieren einander. Das ergibt in Summe einen ziemlich
eindrucksvollen Film, und das ist es auch was er macht, nämlich Eindrücke zu vermitteln, anstatt
wie bei einem gängigen Biopic üblich, die Biographie nachzuerzählen. So weiß ich nun genausowenig
über Pasolini wie zuvor, habe aber dafür viele interessante Eindrücke gewonnen. Einzig die Sprache
fand ich ein wenig gewöhnungsbedürftig. Pasolini (Defoe) spricht Englisch, alle anderen aber Italienisch,
was einen eigentümlichen Verfremdungseffekt ergibt.
Dies war übrigens mein erster Film von Abel Ferrara, und ich bedaure nicht ihn kennengelernt zu haben.
Bande de Filles OmU Celine Sciama Metro Kinokulturhaus Großer Saal
Dieser Film erzählt von der Entwicklung von Marieme, einem halbwüchsigen schwarzen Mädel
aus der Pariser Vorstadt, den berühmt berüchtigten Banlieu. Der Film beginnt damit, dass sie sich der titelgebenden (schwarzen) Mädchenbande anschließt. Gemeinsam zieht man durch Paris, stiehlt
Kleider, und mietet sich mit von weißen Mitschülerinnen erpresstem Geld in Hotelzimmer ein.
Sciamma, eine weiße lesbische Filmemacherin gelingen da wirklich großartige Bilder jugendlicher
Ausgelassenheit. Diese Ausgelassenheit kann aber nicht hinwegtäuschen, dass die Zukunfts=
aussichten Mariemes, und die der anderen Mädchen nicht die besten sind. Marieme bleibt
wegen schlechter Noten eine weiterführende Schulbildung verwehrt, und so wie ihre
Mutter als Putzfrau zu arbeiten, kommt für sie nicht in Frage.
Bande de Filles ist ein interessanter und sehenswerter Film über die Träume weiblicher
Jugendlicher in einer in vielfacher Beziehung schwierigen Umgebung. Und er ist definitiv
keine betroffen machende Sozialstudio.
Clouds of Sils Maria Bande a part Pasolini Bande de Filles