Zum Inhalt wechseln


Ubaldo Terzanis Schreibstube Volume 2

Hier polemisiert der Meista!

Foto

J. EDGAR


J. EDGAR Nach der durchwachsenen und simplifizierenden Sozial-Schnulze "Gran Torino" und dem unfokussierten "Changeling" liefert Clint Eastwood mit "J. Edgar" einen wirklich tollen Film ab. Der einzige Kritikpunkt, und das sei schon mal vorweg genommen, sind am Ende des Films die Szenen mit dem gealterten Hoover, die mir zu einseitig jämmer- und weinerlich sind. Ansonsten bin ich aber recht begeistert. Der Film schafft es tatsächlich, ein umfangreiches und menschlich nachvollziehbares Persönlichkeitsbild des J. Edgar Hoover zu schaffen. Auch wenn vieles daran spekulativ ist, wie eine Texttafel am Ende aufklärt, wird die Figur des großen FBI-Direktors begreifbar und interessant gemacht. Durch die ruhigen Bilder, die einheitliche Farb-Dramaturgie sowie die Licht- und Schattenspiele erhält dieser Film zudem eine ganz eigene Textur und wirkt wie aus einem Guss. Mir gefiel mit wie viel Ruhe und Präzision Eastwood inszeniert hat. Selbst die Sprünge zwischen den Zeitebenen sind nahtlos und zerstören nicht den konstant ruhigen Flow des Films (alter Hoover steigt oben in den Fahrstuhl ein, junger Hoover steigt unten aus dem Fahrstuhl aus und wir befinden uns nun ein paar Dekaden früher). Gefallen hat mir auch wie Eastwood und Stern in prägnanten Bildern Macht skizzieren, z. B. wenn Hoover im Filmverlauf mehrmals von seinem Büro-Fenster auf die Inaugurations-Parade des jeweiligen neuen Präsidenten herabblickt. Manchmal besitzt dieser Film auch trockenen Humor, beispielsweise wenn nach Kennedy's Tod erst nur die Flaggen auf Halbmast gezeigt werden und die Kamera dann durch einen Schwenk ausgelassen feiernde Menschen auf der Rennbahn mit ins Bild nimmt. "J. Edgar" ist ein schöner und interessanter, packender und weitgehend runder Film, und Eastwoods bester seit Jahren. Ubaldo zufrieden.

8/10 (gut)

text nicht korrekturgelesen

Drama Biopic Politik Macht


Foto

UNDERWORLD AWAKENING


UNDERWORLD AWAKENING Nur kurz:

Die Diskrepanz zwischen der positiven User-Bewertung auf IMDB und dem verheerenden Kritiker-Urteil lässt sich ganz leicht erklären. Das ist kein Film für jedermann, und ein guter Film ist das schon mal gar nicht; es ist ein Film für Leute, die "Underworld" und seinen kalten, hölzernen Stil mögen. Wer das nicht mag, sollte zuhause bleiben, denn "Underworld: Awakening" wird ihm sicherlich nicht gefallen.

Ich jedenfalls bin sehr zufrieden. Nach dem missratenen "Underworld: Rise of The Lycans" kommt mit "Awakening" endlich wieder ein Film, der tonal und stilistisch Len Wisemans ersten beiden Filmen dieses Franchises gerecht wird. Mir gefiel die Unbarmherzigkeit und unerbitterte Kälte von "Awakening" (diesmal teilweise durchbrochen mit mutterlichen Gefühlen), die harte Gewalt, die gewisse Hölzernheit und der grimmige Ernst, mit dem eine hier eine submediokre Erzählung kommuniziert wird, die Action, die morbiden, kühlen Bilder, die grimmige quasi-apokalyptische Atmosphäre. Ist aber wie gesagt kein Film für jeden.

subjektive 8/10 (gut)

Vampire Action Gewalt Rache Muttergefühle


Foto

VIVA RIVA!


VIVA RIVA! Was den Film auszeichnet ist nicht etwa die durchwachsene, aber doch unterhaltsame Benzinmafia-Geschichte oder die verbotene Liebesgeschichte des Protags Riva mit Nora, der Braut des Gangstesbosses. Der eigentliche Verdienst von "Viva Riva!" liegt darin dass er Afrika anders zeigt als westliche Produktionen. Man erfährt als Zuschauer viel über Land und Leute, über Kultur, Gepflogenheiten und städtische Strukturen, wenngleich der Film fiktiv und seine Figuren natürlich überzeichnet sind. Die digitale Kamera erweckt Kinshasa plastisch zum Leben und die Wahl der Schauplätze vermittelt einen guten Eindruck über das Leben im Kongo. Zudem werden auf Handlungsebene diverse aktuelle Probleme des Kongo angeschnitten. "Viva Riva!" ist somit ein Film, den ich gerne gesehen habe und sehr interessant fand aufgrund der kulturellen Einblicke, die er gewährt.

6/10 (ordentlich, sehenswert)

text nicht korrekturgelesen

Drama Kriminal


Foto

CARA OCULTA, LA


CARA OCULTA, LA Es beginnt wie ein Spukhaus-Film, aber durch eine Reihe von Twists in der Mitte des Films bekommen die Ereignisse eine ganz in der Realität verankerte Erklärung, die es in sich hat. In der zweiten Hälfte, wenn alles klar ist, geht es erst so richtig ab und der Fokus richtet sich auf die Tortur des Eingesperrtseins und der nicht vorhandenen Möglichkeit, Einfluss zu nehmen, um Eifersucht, Angst und Egoismus. Das war jetzt nicht nur wage, sondern auch unvollständig beschrieben, denn: Mehr zum Inhalt sollte man nicht schreiben.

Die Struktur ist sehr effektiv. Der Film spielt auf zwei Zeitebenen, die nach der Hälfte der Laufzeit zusammengeführt werden. Später gibt es dann noch Rückblenden, die bereits vorher gezeigte Ereignisse aus einer zweiten Perspektive beleuchten und ihnen so eine neue Bedeutung verleihen. Und genau wegen diesem geschickten Aufbau, dem Spiel mit Information und Vorenthaltung, funktioniert der Film überhaupt erst als spannender psychologischer Thriller. Über einige Logikschwächen und Konstruiertheiten kann man hinwegsehen, zumal das Ganze sehr schön gefilmt ist - gleicht bisweilen einer Innenarchitektur-Schau im kolumbianischen Landhaus - und die Thriller-Szenen ordentlich getimt sind.

Weil der Geschcihte eine sehr kreative Plottwist-Idee zugrunde liegt und weil der Film für einen Plottwist-Thriller durchaus komplex und psychologisch zudem hefig ist, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis die Amerikaner ein Remake dieses kreativen kolumbianischen Films drehen (das dürfte dann sexuell weniger explizit ausfallen).

7/10 (noch gut)

Thriller Plottwists Drama Psychologie gebrochenes Herz


Foto

RAZEND


Schlecht ausgearbeitet ist das alles nicht. Es besteht halt bloß aus hinlänglich bekannten Versatzstückchen (nerdiger, hobbyfilmender Schüler mit gewalttätigem Vater; vom Lehrer sexuell belästigte Schülerin, der keiner glaubt; unausgesprochene Geheimnisse in der Familiengeschichte; etc.). Neues wird hier also nicht geboten. Im Prinzip ist dieser Film ein Cautionary Tale für Schüler und sagt aus: wenn sich jemand in deinem Freundeskreis komisch und abweisend benimmt, wende dich nicht von ihm ab, denn hinter seinem Verhalten mag was Dramatisches stecken und vielleicht braucht er deine Hilfe.

Enttäuschend fand ich dass obwohl der Protag ein Hobby-Filmer ist, der Film es versäumt, etwas übers Filmemachen zu erzählen, oder besser noch etwas übers Filmemachen zu zeigen, was über das eh Offensichtliche hinaus ginge.

Wirklich prickelnd sind letztendlich bloß die mit subjektiver Kamera gefilmten Freestyler-Szenen. Aber wie in den meisten Filmen trauen sich die Macher nicht, die subjektive Kamera etwas länger auszukosten und den Zuschauer in einen Geschwindigkeitsrausch zu versetzen.

5/10 (kann man sich ansehen, muss man aber nicht)

text nicht korrekturgelesen

Jugend Drama


Foto

EXTREMELY LOUD & EXTREMELY CLOSE


EXTREMELY LOUD & EXTREMELY CLOSE Mir gefiel die Inszenierung New Yorks durch die Augen eines psychologisch herausgefordeten Jungen mit krassen Angstzuständen. Die Bilder dieses Films lassen die Stadt ungewöhnlich monströs, bedrohlich und einengend wirken, womit die Bilder des Films geschickt den Gemütszustand des Protagonisten visualisieren. Zwar fröhnt Stephen Daldry den ganzen Film über seinem üblichem Hang zum hemmungslosen Überinszenieren (nicht nur in der Stilisierung New Yorks, sondern auch und vor allem in den Szenen zwischenmenschlicher Dramatik), doch anders als im debakulösen "The Reader" ist diesmal die überelaborierte Inszenierung durchaus effektiv.

Inhaltlich ist EXTREMELY LOUD & EXTREMELY CLOSE zwiespältig. Auf der einen Seite gibt es durchaus tolle "Episoden" wie die Erlebnisse zwischen dem Jungen und dem stummen Großvater (toll: Max Sydow), oder wenn der Film kindlichen Entdeckungsdrang zeigt, ist das auch toll, oder manche verbitterten Hassszenen zwischen dem Kind und seiner Mutter (gut: S. Bullock). Auf der anderen Seite drückt dieser 9/11-Bewältigungsfilm doch arg schnulzig auf die Tränendrüse und will Emotionen melken, was bei mir aber bloß Fremdschämen verursacht hat. Und der "Mutter und Sohn versöhnen sich"-Plottwist am Ende ist schon arg konstruiert. Und die "Episode" mit der weinerlichen Viola Davis ist ja mal komplett für die Tonne.

Trotzdem: Das Positive überwiegt und trotz vieler Schwächen ist "EXTREMELY LOUD & EXTREMELY CLOSE" ein interessanter und zumindest in manchen Szenen menschlich involvierender Film.

6/10 (ordentlich, sehenswert)

text nicht korrekturgelesen

Drama Vergangenheitsbewältigung Psychologie weinerliches Rumgemenschel


Foto

CHRONICLE


CHRONICLE Eine Gruppe männlicher Teenager bekommt unvermittelt Superkräfte und kann Kraft ihrer Gedanken Gegenstände bewegen. Diese Fähigkeiten setzen die Jungs für das Spielen von pubertären Streichen sowie opportunistisch zum eigenen Vorteil ein. Aus Spaß wird bald Ernst, da die Superkräfte an emotionale Impulse gekoppelt sind und man, wenn man einen Moment wütend und unaufmerksam ist, großen Schaden anrichten und Menschen verletze kannn. Zudem hat einer der pubertierenden, mit den Kräften ausgestatten Jungs voll die Komplexe und ist agro, weil Papa ihn nicht lieb hat und ihn alle in der Schule gemobbt haben...

Interessant an diesem Found Footage Film ist dass er die Limitierungen des Genres aufzeigt, indem er sie bricht: Da der filmende Protagonist übernatürliche Kräfte besitzt, kann er seine Kamera in der Luft schweben lassen, kann Kraft seiner Gedanken Kameraflüge auslösen, kann sich selbst filmen, etc. Des Weiteren hat eine der Nebenfiguren ebenfalls eine Kamera. Das macht CHRONICLE zum einzigen mir bekannten Found Footage Film, der Schnitt und Gegenschnitt Szenen besitzt. Ferner sind in manchen Szenen Aufnahmen von Überwachungskameras, etc. hinein geschnitten. So wie ihn diesem Film mit den Limitierungen des Genres gespielt wird, könnte man CHRONICLE fast schon als Plädoyer gegen die inflationäre Welle der Found Footage Filme der letzten Jahren interpretieren.

Was ist sonst los? Verantwortung(slosigkeit), Selbstwahrnehmung und (mangelnde) Impuls-Kontrolle in der Pubertät werden thematisiert, die Psychologie eines werdenden Amokläufers wird thematisiert, es gibt viele pseudo-alltagsrealistische Dialoge und Schauspiel und am Ende gibt es einen lustigen und oppulenten Action-Showdown auf Dächern und in der Luft, wo die Kamera des Protagonisten mit ihm mitfliegt.

7/10 (noch gut)

text nicht korrekturgelesen

Drama Fantasy Action Psychologie found footage


Foto

IRON LADY, THE


IRON LADY, THE Hört, hört. Die privatisierungswütige, gewerkschaftsbrechende, kriegstreibende gläubige Kapitalistin hat also auch menschliche Gefühle und seelische Wehwehchen und familiäre Probleme wie du und ich? Das hätte ja niemand für möglich gehalten. Wie bereichernd also dass der Film so ausgiebig die Leiden und seelischen Buhbuhs der Frau zur Schau stellt. Darauf hat die Welt gewartet: 100 Minuten senil-sentimentales Rumgemenschel mit M. Thatcher. Ach wie herrlich, sie ist auch nur ein Mensch mit Gefühlen. Mich deucht die Tränen kommen mir gleich. Und bei der nächsten Bundestagswahl wähle ich CDU.

Was will dieser Film von mir? Soll ich jetzt berührt sein, oder was? :immo:
Oder soll ich dieses arg einseitige und unvollständige Persönlichkeits-Porträt bereichernd finden? Soll ich es informativ finden wie der Film mehrere Jahrzehnte persönlicher und britischer Geschichte in 100 Minuten durch den Fleischwolf dreht, bis das Ganze so löchrig ist wie schweizer Käse und keine genügende Korrelation zwischen Protagonistin und gesellschaftlichem/historischen Kontext geschaffen wird, die ihr Handeln, ihren Antrieb nachvollziehbar machen würde?
Oder soll ich die Regisseurin loben, weil sie so strebsam ist und sich wirklich jeden einzelnen ihrer inszenatorischen Kniffe aus anderen Biopics und Historienfilmen abgeguckt hat?
Ehrlich: Was will dieses Filmchen von mir?


3/10 (kolossal gutes OSCAR-Material)

text nicht korrekturgelesen

Drama Biopic weinerliches Rumgemenschel


Foto

PUSSIKALJAELOKUVA


PUSSIKALJAELOKUVA Der Film zeigt einen Tag im Leben von 3 arbeitsfaulen Männern, die mit ihren 30 Jahren bloß rumgammeln und sich "organisieren", was sie dringend zum Leben brauchen. In dieser Apaption von Mikki Rimminens gefeiertem Roman passiert wenig klassische Erzählung und wenig Entwicklung, sondern tatsächlich nur das: ein Tag im Leben von 3 "Losern", die am Ende des Tages dort stehen, wo sie schon am Anfang des Tages standen -- nur dass sie sich nicht mehr in die Tasche lügen, was ihr Unglücklichsein betrifft.

Was "PUSSIKALJAELOKUVA" erstmal auszeichnet, ist dass er ein sehr menschlicher Film über Freundschaft ist, der zudem ein Herz für seine Außenseiter-Figuren hat. Toll gelungen an diesem Film sind auch die präzisen Beobachtungen der finnischen Gesellschaft durch die Augen der am sozialen Rand stehenden Protagonisten; da gibt es sowohl lustig skurrile als auch traurige Alltags-Momente.

Neben reichlich Situations-Komik dominiert vor allem Melancholie und Nachdenklichkeit, was die Filmbetrachtung zu einer gleichermaßen lustig-charmanten wie auch anrührenden Sache macht. Habe ich sehr gerne gesehen und die 3 Typen sehr gerne bei ihrem Ausflug durch Helsinki begleitet.

8/10 /gut)

text nicht korrekturgelesen

P.S.: Eines der Mädels, die die Drei im Park treffen, erinnert von den Gesichtszügen her entfernt an Natalie Portman - nur halt wesentlich schöner, sympathischer und charismatischer.

Komödie Drama Gesellschaftskommentar Melancholie Freundschaft Bier Dope Polizeibrutalität


Foto

1920 BITWA WARSZAWSKA


1920 BITWA WARSZAWSKA Nur kurz:

Das beste das man über dieses Erster Weltkrieg-Epos sagen kann ist dass es historisch akkurat ist. Ansonsten fällt diese Mischung aus Drama, Kriegsactionfilm und Musical jedoch vor allem durch unangenehme Extravaganz auf. Die Personenregie ist überkandidelt, das Schauspiel gekünstelt, die Handlung schräg, ohne cool zu sein, der visuelle Stil exzentrisch, besonders die krass übersättigten Farben und die permanente Grünfilterei will sich mir vom Sinn her nicht erschließen, wenngleich die Kameraführung an sich ordentlich ist. Es ist im Prinzip ein hoch budgetiertes B-Movie. Die Filmemacher haben sichtlich ordentlich auf die Kacke gehauen, ohne dass dabei jedoch etwas für mich Bereicherndes herausgekommen wäre. Bis auf wenige Szenen, bis auf einige Einstellungen hat mich das Ganze nicht so recht tangiert.

4/10 (submedioker)

text nicht korrekturgelesen

Krieg Drama Musical überkandidelt





Neuste Kommentare

Filmtagebuch von...

Ubaldo Terzani

    Reader discretion is advised, lan

  • Senior-Member
  • PIPPIPPIPPIPPIP
  • 1.391 Beiträge

Filmtagebuch durchsuchen

Aktuelle Besucher

Mitglieder: 0, Gäste: 4, unsichtbare Mitglieder: 0

Letzte Besucher

Dezember 2024

M D M D F S S
      1
2345678
9101112131415
16171819202122
232425 26 272829
3031