Fast ausschließlich innerhalb der Mauern eines Pariser Edel-Puffs zur Jahrhundertwende angesiedelt, betrachtet der Film, der gottseidank keine klassische Erzählung besitzt, die Befindlichkeiten der Frauen und ihrer Freier sowie die Funktionsweisen und Abläufe des Etablissments, welches die Frauen nicht verlassen dürfen und wo sie Tag und Nacht als Schicksalsgemeinschaft zusammen leben, auf eine bessere Zukunft hoffen, aber als Quasi-Sklaven gebunden sind, bis sie ihre Schulden bei der Madame des Hauses beglichen haben. Diese schonungslose und explizite Milieu-Studie von Autor-Regisseur Bertrand Bonello ist beklemmend, tragisch, elend und verführerisch zugleich. Die weiblichen Figuren werden vom Film allesamt gleich behandelt, eine Protagonistin gibt es nicht, und in den 2 Stunden Laufzeit wird viel menschliches Drama und Verzweiflung aufgetischt, Drogensucht und Geschlechtskrankheiten thematisiert, Gewalt gezeigt, das ambivalente Verhältnis der Mädchen zu manchen Freiern beleuchtet, Menschenhandel mit anderen Bordellen abgewickelt. Es gibt aber auch ausgelassene Momente der quasi-familiär zusammen lebenden Frauen und es wird auch Hoffnung gezeigt. Das Filmende mit dem Niedergang des Bordells ist allerdings pessimistisch und wagt auch einen Zeitsprung ins Nachtleben des heutigen Paris.
Bertrand Bonello ist ein sehr intensiver, absorbierender, wenn auch nicht immer leicht verdaulicher Film gelungen, der seine zwei Stunden auch ohne klassische Erzählung sehr sinnvoll füllt. Besonders bedrückend sind die klaustrophobischen, teils hässlichen, teils wunderschönen Bilder und Beleuchtung, welche in manchen Momenten ins Surreale überstilisiert sind. Damit dieses räumlich eingeengte und sehr oppulent ausgestattete & kostümierte Period Piece nicht zu statisch wirkt, tönen immer wieder mehr oder weniger moderne Rock-Songs auf der Tonspur. Alles in allem ein sehr runder und interessanter Film, der aufgrund seiner unkonventionellen Art jedoch nicht jedem gefallen wird.
9/10 (sehr gut)
text nicht korrekturgelesen
period piece Milieu-Studie Drogen Tod Sex.
Bertrand Bonello ist ein sehr intensiver, absorbierender, wenn auch nicht immer leicht verdaulicher Film gelungen, der seine zwei Stunden auch ohne klassische Erzählung sehr sinnvoll füllt. Besonders bedrückend sind die klaustrophobischen, teils hässlichen, teils wunderschönen Bilder und Beleuchtung, welche in manchen Momenten ins Surreale überstilisiert sind. Damit dieses räumlich eingeengte und sehr oppulent ausgestattete & kostümierte Period Piece nicht zu statisch wirkt, tönen immer wieder mehr oder weniger moderne Rock-Songs auf der Tonspur. Alles in allem ein sehr runder und interessanter Film, der aufgrund seiner unkonventionellen Art jedoch nicht jedem gefallen wird.
9/10 (sehr gut)
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period piece Milieu-Studie Drogen Tod Sex.
Bei dieser Vorführung war Bertrand Bonello anwesend. Er verglich dieses Bordell der Jahrhundertwende mit einem Theater.
Außerdem erzählte er, dass etwa die Briefe, die die Puffmutter ans Magistrat schreibt, oder das Bewerbungsschreiben eines Mädchens an das Bordell, historische Briefe dieser Zeit sind.
So wie er generell versucht hat, ein historisch korrektes Bild der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Mädchen wiederzugeben, zu denen auch die Jetons, der freie Tag und der Ausflug mit der Puffmutter gehörten. Ich finde die Fotografie atemberaubend schön(richtiger Film, nix digitales Zeugs), sie erinnert an Ölbilder klassischer Malerei. Wie du schreibst, verzichtet der Film darauf eine lineare Geschichte zu erzählen,sondern vermittelt auf meisterhafte Weise vielfälltige, höchst ambivalente Sinneseindrücke. Einerseits zeigt er den "Backstagebereich",(inklusive des "Tschurifetzens"), und wie die Mädchen ausgenützt
und missbraucht(das lachende Mädchen) wurden, andererseits präsentiert er das Bordell gleichzeitig als einen höchst sinnlichen Ort. Für mich war dieser cineastische Bordellbesuch auf alle Fälle eine äh sehr befriedigende Erfahrung, und kann ihn nur wärmstens weiterempfehlen. Eine gewisse Aufgeschlossenheit ist halt notwendig.
P.S.
Tschurifetzen
Bezeichnet im ö. Deutsch jenes Tuch, mit denen sich die Frauen
nach dem Geschlechtsverkehr die Vagina zwecks Empfängnisverhütung ausgewischt haben. Es gibt von Georg Danzer ein Lied gleichen Titels.
P.P.S.
Der 60iger Jahre Schmachtfetzen "Nights in white Satin" von the
Moody Blues ist für mich von nun an mit diesem Bordell verbunden.