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Ubaldo Terzanis Schreibstube Volume 2

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DARK SHADOWS



DARK SHADOWS Leider zu früh im Bioscoop eingetroffen und deshalb ganze 15 Minuten lang brutalisiert worden mit Trailern zu amerikanischen Sommerkino-Filmen, die allesamt gleich aussahen. Als der Hauptfilm endlich los ging, stellte ich zu meinem Entsetzen fest dass - obschon der Saal für digitale Projektion ausgerüstet sei - der Film analog von einer richtig, richtig schlechten Kopie gezeigt wurde. Das Bild sah aus wie Grütze. Zudem war der Ton so laut aufgedreht wie beim Treffen der schwerhörigen Rentner des CDU-Ortsverbands.

Aber nicht nur deshalb sah das alles nicht gut aus: Fürchterlich schwach ist die visuelle Ebene des Films. Der unverkennbare Burton'sche Stil ist zwar unübersehbar, doch es fehlt die Phantasie, die Kreativität und das Inspirierende von früheren Burton-Filmen. Nach dem mauen ALICE IN WONDERLAND fehlt schon wieder die Muse. DARK SHADOWS wirkt über weite Strecken wie ein Schaulaufen von Technicolor-Retro-Look, 70er Jahre-Mode und Hippie-Schlagern.

Und es fehlt das Herz: Zu lieblos angelegt sind die skurrilen Figuren, die allesamt so interessant hätten sein können und durchaus großes Potential haben, welches der Film aber nicht nutzt. Warum? Wie kann man das dermaßen verhunzen? Wenn ich einen Film über Menschen/Wesen mit übernatürlichen Kräften sehe, dann will ich dass meine Phantasie angeregt wird, ich will angeprickelt werden und in eine magische Welt entführt werden. Anstatt dessen habe ich dauernd auf die Uhr auf dem Blackberry geguckt, weil ich endlich nach Hause wollte.

Mag der Film auch wenig Mühe auf Atmosphäre, Phantasie und interessante Figuren verwenden, hat er für eine Sache offenbar viel Zeit: Redundantes Dummgefasel. Von einem visuell und atmosphärisch orientierten Regisseur wie Tim Burton hätte ich doch wesentlich mehr erwartet als so einen langen und weiligen, fürchterlich geschwätzigen Film, der sich dumm und dämlich erzählt und wirklich jede Information, jeden Plot Point in episch langen und meist uninteressant gescripteten Dialogen verhandelt. Die starke Fokussierung auf die Narration ist mir völlig unverständlich, weil die ganze Geschichte eh kalter Kaffee aus Genre-Versatzstückchen ist und weder etwas Überraschendes noch etwas Interessantes beinhaltet.

Selbst der Humor ist aufgrund seiner Trivialität immer vorhersehbar: Jeder, der schon mal einen Film gesehen hat über einen Mann aus der Vergangenheit, der plötzlich x Jahre später in der modernen Welt aufwacht, kann sich denken, was passieren wird, wenn dieser Mann eine asphaltierte, häufig frequentierte Straße überquert, oder einen Fernseher sieht, oder mit seiner altertümlichen Sprechweise auf moderne Menschen trifft. Das Publikum im Bioscoop hat heute trotzdem gelacht. Es hat auch über die zahlreichen Film- und Popkultur-Referenzen gelacht, die keinen tieferen Sinn erfüllen und nur deshalb im Film sind, damit das Publikum sich stolz darüber amüsieren kann dass es diese Referenzen erkannt hat.

Hätte die wunderbare Eva Green nicht so toll gespielt, hätte sie mich mit ihrer unvergleichlichen Ausstrahlung nicht hypnotisiert, wäre ich samt Begleitung (die DARK SHADOWS auch lang und weilig fand, btw) nach der Hälfte rausgegangen. Eva Green ist wunderbar aber die Synchro von Eva Green geht mal gar nicht: Ihre markante Stimme weicht in der deutschen Fassung einem dünnen, lispelnden Tussi-Stimmchen (ihr Synchro-Liebhaber, siktir lan, wenn ihr mir noch mal was von den angeblichen Vorzügen dojtscher Synchronisations-Kultur erzählen wollt: talk to the hand :bart:). Ubaldo unzufrieden ist. Außer mit Eva Green, denn sie rulez

4/10 (submedioker)

text nich korrekturgelesen

des Taggens unwerter Film



Meine Gedanken gehen in eine ähnliche Richtung, ich war anscheinend aber nicht ganz so gelangweilt wie Du, ich hab mich nicht nur an Eva Greens Spiel, sondern eigentlich am ganzen Cast erfreut. Aber die alte Burton-Magie fehlt, vielleicht lag es auch am mickrigen Drehbuch.
Ich muß gleich mal ein Eintrag in mein Tagebuch schreiben.
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Der Cast war in der Tat durchweg gut. Positiv überrascht hat mich vor allem Johnny Depp, weil sein Spiel hier reduziert / zurückhaltend ist (während er in früheren Rollen seine Filmfiguren oftmals mit den immer gleichen, übertriebenen Manierismen ausgestattet hat, so dass es keinen Unterschied machte, ob Jack Sparrow oder Kemp oder Willie Wonka nervöse Gesichtszuckungen hatten). In DARK SHADOWS fand ich Depp hingegen ganz gut.

Mein Problem ist aber dass Depps' Figur in diesem Film so angelegt ist dass ich damit nichts anfangen kann. So soll sich jemand benehmen, der 200 Jahre lang lebend in einem winzigen Sarg eingesperrt unter der Erde verbuddelt lag und unbeschreibliche psychische Qualen erleiden musste? Ich bin kein Psychologe, aber mich haben die Denke und das Benehmen dieses Mannes den ganzen Film hindurch nicht überzeugt.

Apropos psychische Qualen und im Sarg eingesperrt sein:

Warum zeigt der Film diese Qualen im Sarg nicht?! Warum wird das für den Zuschauer nicht plastisch veranschaulicht? Anstatt dessen hält der befreite Mann einen Monolog über die Qualen, die er da auf engstem Raum und in völliger Isolation hatte. Grauenhaft.
So kann ich keinen Draht zu dieser Figur aufbauen. Der Film geht aber mit allen Figuren sehr schlampig und lapidar um. Keine der Figuren kann ich als solche ernst nehmen, denn sie wirken nicht plastisch.


Enttäuscht war ich aber auch von den lächerlichen Gewalt-Szenen. Ich erwarte in einem Film FSK 12 *nicht* dass da Eingeweide durch die Luft und Blut durch die Gegend spritzt. Aber es gäbe durchaus Stilmittel, den Zuschauer glauben zu machen, er würde mehr sehen als eigentlich gezeigt wird. Die klinisch reinen Gewalttode in DARK SHADOWS wirkten auf mich sehr störend, aber nicht verstörend, und sie entfalten keinen Schrecken, keinen Horror.

Kein einziges Mal, als hier jemand gewaltsam zu Tode kam, hat es mich in irgendeiner Weise emotional tangiert. Es tut mir ja Leid, es zu schreiben, weil ich Tim Burton wirklich sehr mag, aber in diesem Film hat er einige inszenatorische Fehlleistungen hingelegt. Es lag meines Erachtens also nicht nur am geschwätzigen Drehbuch dass der Film nicht funktioniert.
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