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Ubaldo Terzanis Schreibstube Volume 2

Hier polemisiert der Meista!




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170 HZ



170 HZ Zwei taubstumme Teenager aus zwei reichen, aber dysfunktionalen Elternhäusern verlieben sich in einander und beschließen, gemeinsam wegzulaufen und erst dann wieder zurückzukommen, wenn sie ein Kind gezeugt haben, weil sie der Meinung sind dass ihre Elternhäuser sie dann nicht mehr auseinanderreißen können und ihre Liebe und das gemeinsame Kind akzeptieren müssen. Also verstecken sie sich in einem sowjetischen U-Boot-Wrack, das irgendwo an der holländischen Küste liegt. Zwar wird das Mädchen dort wie geplant schwanger, aber die große Liebe der beiden Teenager zerbröckelt immer mehr, was primär daran liegt dass Er traumatisiert ist und sich seiner Freundin nicht öffnen kann und ihr nicht beichten kann/will dass er von seinem Vater sexuell missbraucht worden ist und ihn aus Rache umgebracht hat. Er entwickelt in der Enge des U-Boots immer destruktivere Züge, was seine schwangere Freundin immer mehr zu spüren bekommt...

Wer Untertitel-Lesen hasst und keine Zeichensprache beherrscht, ist in diesem Film angeschissen, weil es keine gesprochenen Dialoge gibt. Auf der exzellenten Tonspur findet statt dessen eine Überbetonung von Umgebungsgerräuschen statt: Knarzen des Wracks, metallische Klopftöne, Wassertropfen und fließende Elektrizität verbinden sich zu einer mysthischen und bedrohlichen Tonkulisse für das psychologische Kammerspiel der beiden Teenager in der klaustrophobischen Enge und völligen Isolation des U-Boot-Wracks.
Der Film entwickelt einen faszinierenden Trance-ähnlichen Fluß, dem man sich nur schwer entziehen kann und wie gebannt zuschaut wie die Szenen mal ins Romantisch-Poetische, mal ins Surreale, mal in schieren Horror abgleiten. Eine große Wirkung erzielt auch der beachtliche Schnitt, der eine zusammenhängende Szene auch mal unchronologisch montiert und durch das "Vertauschen" von Ursache und Wirkung zusätzliche Spannung und Deutungsmöglichkeiten schafft. Neben dem sehr guten Spiel der beiden Hauptdarsteller sind es vor allem die Bilder, die etwas über die Befindlichkeiten der beiden Protagonisten aussagen. Die Filmemacher schaffen es, die jeweiligen psychischen Befindlichkeiten der Figuren in filmische Atmosphäre umzumünzen und bisweilen mit markanten, bedeutungstragenden Bildkompositionen und Farbdramaturgie ein Ausrufezeichen zu setzen. Doch leider variiert die formale Qualität des Films, was ein Störfaktor ist. Auch wirkt die zweite Hälfte mit ihren ganzen Rückblenden etwas fragmentiert, lan, und hätte wesentlich dichter sein können.
Nichtsdestotrotz: Wer ein - aus meiner dilettantischen Sicht - psychologisch akkurates Jugenddrama getragen von zwei sehr guten Darstellern und einer überdurchschnittlichen audio-visuellen Gestaltung sehen will, dem sei 170HZ wärmstens empfohlen, biatchez.


7,5/10

hirnfurz nicht korrekturgelesen

Drama Liebe Jugend handicap Schwangerschaft no spoken dialogue Zeichensprache Missbrauch Diskriminierung Trauma Geheimnisse



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