
Die Beziehung zwischen Bruder und Schwester ist merkwürdig und vertauscht oft die Rollen von Kind und Erwachsener. Andererseits wird der abgebrühte Knabe in vielen Szenen aber als liebesbedürftiges Kind porträtiert. Die Beziehung zur Schwester hat zwar manchmal innige Momente, doch meistens stößt sie ihn fort, was den Jungen dazu veranlasst, die Nähe einer alleinerziehenden amerikanischen Touristin zu suchen.
Das Verhältnis zwischen dem kriminell abgebrühten, aber sich nach familiärer Geborgenheit sehenden Jungen und seiner überforderten, leichtsinnig agierenden und von ihrer traumatischen Vergangenheit gebrochenen Schwester ist nicht nur vielschichtig sondern wird zudem von Lea Seydoux und Kacey Mottet Klein ganz wunderbar gespielt.
Sehr früh, nämlich nach der Hälfte des Films, kommt wie aus dem Nichts eine plausible Enthüllung, die alles in einem neuen Licht erscheinen lässt und die folgende zweite Hälfte dieses "Familiendramas ohne Familie" (critic.de) umso aufwühlender werden lässt.
Im Gegensatz zu Ursula Meiers letztem Film HOME ist L'ENFANT D'EN HAUT weniger abgefahren und weniger skuril, dafür aber psychologisch ausgereifter und insgesamt nahegehender. Erwähnen muss man noch wie aus dem Setting in der morbiden Schneelandschaft in sehr ästhetischen und geschickt gestalteten Bildern eine Atmosphäre der ausweglosen Tristesse und Hoffnungslosigket erzeugt wird, welche die Befindlichkeiten der beiden Hauptfiguren wunderbar spiegeln.
7,5/10
hirnfurz nicht korrekturgelesen
p.s.: ab 08.11. im kino
Drama Familie Kriminalität Wohlstandsgefälle Sehnsucht Trauma
Abgesehen davon, dass mir die Symbolik von oben und unten nicht zu platt war, kommen wir doch recht gut überein.
PS: Ich sehe gerade, dass du "HAHITHALFUT - The Exchange" gesehen hast. Wie fandest du den Film? Ich hätte damals nach dem Film gern mit jemandem diskutiert, da mich das Verhalten des Protagonisten (und seines Nachbarn) teilweise sehr in rage versetzt hat. Für einige Szenen mangelte es mir an Verständnis, trotz meiner Bereitschaft, ihn auf seinem Ausbruch aus seinem Alltag zu begleiten.